Urteilskopf

2009/8

Auszug aus dem Urteil der Abteilung IV i. S. A. gegen Bundesamt für Migration
D-395/2009 vom 12. Mai 2009


Regeste Deutsch

Asylverfahren. Nichteintreten auf ein Asylgesuch gestützt auf Art. 34 Abs. 2 Bst. a AsylG. Auslegung der Ausnahmebestimmung von Art. 34 Abs. 3 Bst. a AsylG. Grundsatzurteil.
Art. 34 Abs. 2 Bst. a und Abs. 3 Bst. a AsylG.
1. Der Begriff « nahe Angehörige » in Art. 34 Abs. 3 Bst. a AsylG ist gleich zu verstehen, wie derjenige in Art. 51
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 51 Familienasyl - 1 Ehegatten von Flüchtlingen und ihre minderjährigen Kinder werden als Flüchtlinge anerkannt und erhalten Asyl, wenn keine besonderen Umstände dagegen sprechen.146
1    Ehegatten von Flüchtlingen und ihre minderjährigen Kinder werden als Flüchtlinge anerkannt und erhalten Asyl, wenn keine besonderen Umstände dagegen sprechen.146
1bis    Hat das SEM während des Asylverfahrens Anhaltspunkte dafür, dass ein Ungültigkeitsgrund nach Artikel 105 Ziffer 5 oder 6 des Zivilgesetzbuchs147 (ZGB) vorliegt, so meldet es dies der nach Artikel 106 ZGB zuständigen Behörde. Das Verfahren wird bis zur Entscheidung dieser Behörde sistiert. Erhebt die Behörde Klage, so wird das Verfahren bis zum Vorliegen des rechtskräftigen Urteils sistiert.148
2    ...149
3    In der Schweiz geborene Kinder von Flüchtlingen werden auch als Flüchtlinge anerkannt, sofern keine besonderen Umstände dagegen sprechen.150
4    Wurden die anspruchsberechtigten Personen nach Absatz 1 durch die Flucht getrennt und befinden sie sich im Ausland, so ist ihre Einreise auf Gesuch hin zu bewilligen.151
5    ...152
AsylG. « Nahe Angehörige » im Sinne dieser Bestimmungen sind - neben den Ehegatten, den eingetragenen Partnerinnen und Partnern sowie den minderjährigen Kindern - beispielsweise auch die Geschwister, die Grosseltern und die Pflegekinder (E. 5.3.2).
2. Aus der Auslegung von Art. 34 Abs. 3 Bst. a AsylG ergibt sich, dass für die Anwendung dieser Ausnahmebestimmung in jedem Fall Voraussetzung ist, dass die asylsuchende Person in einer engen Beziehung zu einer in der Schweiz lebenden Bezugsperson steht, sei dies nun ein naher Angehöriger oder eine andere Person (E. 7.5.5).
3. Innerhalb der Kernfamilie (Ehegatten, eingetragene Partnerinnen oder Partner und ihre minderjährigen Kinder) besteht die Vermutung, dass eine enge Beziehung im Sinne von Art. 34 Abs. 3 Bst. a AsylG vorliegt. Ausserhalb dieser Kernfamilie, so auch zwischen den übrigen nahen Angehörigen, besteht eine solche Vermutung jedoch nicht. In diesen Fällen müssen deshalb besondere Umstände gegeben sein, die dazu führen, dass von einer engen Beziehung zwischen der asylsuchenden Person und der in der Schweiz lebenden Bezugsperson auszugehen ist. Zu denken ist dabei beispielsweise an eine besondere Abhängigkeit einer der beiden Personen aufgrund einer schweren Krankheit, die die Fürsorge der anderen Person erfordert beziehungsweise wünschbar macht, oder an nachgewiesene regelmässige und intensive Kontakte. Ob eine enge Beziehung vorliegt, ist aufgrund der konkreten Vorbringen im Einzelfall zu prüfen (E. 8.5).


Regeste en français

Procédure d'asile. Non-entrée en matière sur une demande d'asile fondée sur l'art. 34 al. 2 let. a LAsi. Interprétation de la disposition dérogatoire de l'art. 34 al. 3 let. a LAsi. Arrêt de principe.
Art. 34 al. 2 let. a et al. 3 let. a LAsi.
1. L'expression « proches parents » de l'art. 34 al. 3 let. a LAsi doit être comprise dans le même sens que celle de l'art. 51 LAsi. Les « proches parents » au sens de ces dispositions sont - outre les conjoints, les partenaires enregistrés et leurs enfants mineurs - notamment les frères et soeurs, les grands-parents et les enfants placés (consid. 5.3.2).
2. Il résulte de l'interprétation de l'art. 34 al. 3 let. a LAsi que cette disposition dérogatoire, n'est applicable qu'à la condition que le requérant d'asile ait des liens étroits avec une personne vivant en Suisse; peu importe que cette personne soit un proche parent ou une autre personne (consid. 7.5.5).
3. Au sein du noyau familial (conjoints ou partenaires enregistrés et leurs enfants mineurs) l'existence de liens étroits au sens de l'art. 34 al. 3 let. a LAsi est présumée. En dehors de ce noyau familial, notamment entre les autres proches parents, une telle présomption fait défaut. Dans ces cas, d'autres circonstances particulières sont alors nécessaires pour admettre l'existence de liens étroits entre le requérant d'asile et la personne vivant en Suisse. De tels liens pourraient, par exemple, résulter d'un lien de dépendance particulier de l'une des deux personnes, dû à une grave maladie et rendant nécessaire ou souhaitable l'aide de l'autre personne, ou de la preuve de contacts réguliers et intenses. La question de l'existence de liens étroits doit, dans chaque cas d'espèce, être examinée sur la base des allégations concrètes (consid. 8.5).


Regesto in italiano

Procedura d'asilo. Non entrata nel merito di una domanda d'asilo giusta l'art. 34 cpv. 2 lett. a LAsi. Interpretazione della disposizione derogatoria dell'art. 34 cpv. 3 lett. a LAsi. Sentenza di principio.
Art. 34 cpv. 2 lett. a e art. 34 cpv. 3 lett. a LAsi.
1. La nozione di « parenti prossimi » giusta l'art. 34 cpv. 3 lett. a LAsi equivale a quella dell'art. 51 LAsi. I « parenti prossimi » ai sensi di dette disposizioni sono - oltre ai coniugi, ai partner registrati ed ai figli minorenni - ad esempio anche i fratelli e sorelle, i nonni ed i minori affiliati (consid. 5.3.2).
2. Dall'interpretazione dell'art. 34 cpv. 3 lett. a LAsi risulta che per l'applicazione di questa disposizione derogatoria è in ogni caso necessario che il richiedente l'asilo intrattenga rapporti stretti con una persona di riferimento che vive in Svizzera, che si tratti di un parente prossimo o di un'altra persona (consid. 7.5.5).
3. All'interno del nucleo familiare (coniugi, partner registrati ed i loro figli minorenni) l'esistenza di rapporti stretti ai sensi dell'art. 34 cpv. 3 lett. a LAsi è presunta. All'infuori di detto nucleo familiare, segnatamente tra gli altri parenti prossimi, tale presunzione non esiste. In questi casi è quindi necessario che vi siano delle circostanze particolari tali da ammettere l'esistenza di rapporti stretti tra il richiedente l'asilo e la persona di riferimento che vive in Svizzera. A tal proposito è ad esempio immaginabile un rapporto di dipendenza particolare di una delle due persone a causa di una malattia grave, che esige o rende auspicabile l'assistenza dell'altra persona, oppure l'esistenza comprovata di contatti regolari ed intensi. L'esistenza di rapporti stretti va esaminata sulla base delle allegazioni concrete nel singolo caso (consid. 8.5).


Sachverhalt

Am 8. Dezember 2008 stellte der aus Sri Lanka stammende Beschwerdeführer in der Schweiz ein Asylgesuch. Anlässlich der Kurzbefragung machte der Beschwerdeführer unter anderem geltend, er habe eine Schwester, die seit über zehn Jahren in der Schweiz lebe, zu der er jedoch keinen Kontakt mehr gehabt habe und von der er weder den Aufenthaltsstatus noch den Aufenthaltsort kenne.
Mit Verfügung vom 13. Januar 2009 trat das Bundesamt für Migration (BFM) gestützt auf Art. 34 Abs. 2 Bst. a des Asylgesetzes vom 26. Juni 1998 (AsylG, SR 142.31) auf das Asylgesuch des Beschwerdeführers nicht ein. Zur Begründung führte die Vorinstanz im Wesentlichen an, Frankreich als sicherer Drittstaat im Sinne von Art. 6a Abs. 2 Bst. b
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 6a Zuständige Behörde - 1 Das SEM entscheidet über Gewährung oder Verweigerung des Asyls sowie über die Wegweisung aus der Schweiz.14
1    Das SEM entscheidet über Gewährung oder Verweigerung des Asyls sowie über die Wegweisung aus der Schweiz.14
2    Der Bundesrat bezeichnet neben den EU/EFTA-Staaten weitere Staaten, in denen nach seinen Feststellungen:15
a  Sicherheit vor Verfolgung besteht, als sichere Heimat- oder Herkunftsstaaten;
b  effektiver Schutz vor Rückschiebung im Sinne von Artikel 5 Absatz 1 besteht, als sichere Drittstaaten.
3    Er überprüft die Beschlüsse nach Absatz 2 periodisch.
4    Er unterbreitet den zuständigen Kommissionen der eidgenössischen Räte die Liste nach Absatz 2 Buchstabe a vor jeder beabsichtigten Änderung, mindestens aber einmal pro Jahr zur Konsultation.16
AsylG habe der Rückübernahme des Beschwerdeführers zugestimmt. Gründe im Sinne von Art. 34 Abs. 3
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 6a Zuständige Behörde - 1 Das SEM entscheidet über Gewährung oder Verweigerung des Asyls sowie über die Wegweisung aus der Schweiz.14
1    Das SEM entscheidet über Gewährung oder Verweigerung des Asyls sowie über die Wegweisung aus der Schweiz.14
2    Der Bundesrat bezeichnet neben den EU/EFTA-Staaten weitere Staaten, in denen nach seinen Feststellungen:15
a  Sicherheit vor Verfolgung besteht, als sichere Heimat- oder Herkunftsstaaten;
b  effektiver Schutz vor Rückschiebung im Sinne von Artikel 5 Absatz 1 besteht, als sichere Drittstaaten.
3    Er überprüft die Beschlüsse nach Absatz 2 periodisch.
4    Er unterbreitet den zuständigen Kommissionen der eidgenössischen Räte die Liste nach Absatz 2 Buchstabe a vor jeder beabsichtigten Änderung, mindestens aber einmal pro Jahr zur Konsultation.16
AsylG seien nicht ersichtlich. Insbesondere sei festzustellen, dass es in der Schweiz keine Personen gebe, zu denen der Beschwerdeführer eine enge Beziehung habe. Zudem habe er hier auch keine nahe Angehörige. Auch bei seiner Schwester handle es sich nicht um eine nahe Angehörige, da sie der einst in Sri Lanka allenfalls bestehenden Kernfamilie längst entwachsen sei.
Mit Eingabe vom 19. Januar 2008 liess der Beschwerdeführer gegen diese Verfügung Beschwerde erheben und beantragen, die angefochtene Verfügung sei gestützt auf Art. 34 Abs. 3 Bst. a AsylG aufzuheben und das Verfahren zwecks materieller Prüfung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Das Bundesverwaltungsgericht (BVGer) weist die Beschwerde ab.
Die unter den Ziffern 5.3.2 und 7.2-7.5 aufgeführten Erwägungen bildeten Gegenstand eines von der Vereinigung der Abteilungen IV und V im Sinne von Art. 25 Abs. 2
SR 173.32 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesverwaltungsgericht (Verwaltungsgerichtsgesetz, VGG) - Verwaltungsgerichtsgesetz
VGG Art. 25 Praxisänderung und Präjudiz - 1 Eine Abteilung kann eine Rechtsfrage nur dann abweichend von einem früheren Entscheid einer oder mehrerer anderer Abteilungen entscheiden, wenn die Vereinigung der betroffenen Abteilungen zustimmt.
1    Eine Abteilung kann eine Rechtsfrage nur dann abweichend von einem früheren Entscheid einer oder mehrerer anderer Abteilungen entscheiden, wenn die Vereinigung der betroffenen Abteilungen zustimmt.
2    Hat eine Abteilung eine Rechtsfrage zu entscheiden, die mehrere Abteilungen betrifft, so holt sie die Zustimmung der Vereinigung aller betroffenen Abteilungen ein, sofern sie dies für die Rechtsfortbildung oder die Einheit der Rechtsprechung für angezeigt hält.
3    Beschlüsse der Vereinigung der betroffenen Abteilungen sind gültig, wenn an der Sitzung oder am Zirkulationsverfahren mindestens zwei Drittel der Richter und Richterinnen jeder betroffenen Abteilung teilnehmen. Der Beschluss wird ohne Parteiverhandlung gefasst und ist für die Antrag stellende Abteilung bei der Beurteilung des Streitfalles verbindlich.
des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (VGG, SR 173.32) getroffenen Entscheides.


Aus den Erwägungen:

4.

4.1 Gemäss Art. 34 Abs. 2 Bst. a AsylG wird auf Asylgesuche in der Regel nicht eingetreten, wenn Asylsuchende in einen sicheren Drittstaat nach Art. 6a Abs. 2 Bst. b
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 6a Zuständige Behörde - 1 Das SEM entscheidet über Gewährung oder Verweigerung des Asyls sowie über die Wegweisung aus der Schweiz.14
1    Das SEM entscheidet über Gewährung oder Verweigerung des Asyls sowie über die Wegweisung aus der Schweiz.14
2    Der Bundesrat bezeichnet neben den EU/EFTA-Staaten weitere Staaten, in denen nach seinen Feststellungen:15
a  Sicherheit vor Verfolgung besteht, als sichere Heimat- oder Herkunftsstaaten;
b  effektiver Schutz vor Rückschiebung im Sinne von Artikel 5 Absatz 1 besteht, als sichere Drittstaaten.
3    Er überprüft die Beschlüsse nach Absatz 2 periodisch.
4    Er unterbreitet den zuständigen Kommissionen der eidgenössischen Räte die Liste nach Absatz 2 Buchstabe a vor jeder beabsichtigten Änderung, mindestens aber einmal pro Jahr zur Konsultation.16
AsylG zurückkehren können, in welchem sie sich vorher aufgehalten haben. Die Bestimmung findet gemäss Art. 34 Abs. 3
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 6a Zuständige Behörde - 1 Das SEM entscheidet über Gewährung oder Verweigerung des Asyls sowie über die Wegweisung aus der Schweiz.14
1    Das SEM entscheidet über Gewährung oder Verweigerung des Asyls sowie über die Wegweisung aus der Schweiz.14
2    Der Bundesrat bezeichnet neben den EU/EFTA-Staaten weitere Staaten, in denen nach seinen Feststellungen:15
a  Sicherheit vor Verfolgung besteht, als sichere Heimat- oder Herkunftsstaaten;
b  effektiver Schutz vor Rückschiebung im Sinne von Artikel 5 Absatz 1 besteht, als sichere Drittstaaten.
3    Er überprüft die Beschlüsse nach Absatz 2 periodisch.
4    Er unterbreitet den zuständigen Kommissionen der eidgenössischen Räte die Liste nach Absatz 2 Buchstabe a vor jeder beabsichtigten Änderung, mindestens aber einmal pro Jahr zur Konsultation.16
AsylG keine Anwendung, wenn Personen, zu welchen die asylsuchende Person enge Beziehungen hat, oder nahe Angehörige in der Schweiz leben (Bst. a), wenn die asylsuchende Person offensichtlich die Flüchtlingseigenschaft nach Art. 3
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 3 Flüchtlingsbegriff - 1 Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
1    Flüchtlinge sind Personen, die in ihrem Heimatstaat oder im Land, in dem sie zuletzt wohnten, wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Anschauungen ernsthaften Nachteilen ausgesetzt sind oder begründete Furcht haben, solchen Nachteilen ausgesetzt zu werden.
2    Als ernsthafte Nachteile gelten namentlich die Gefährdung des Leibes, des Lebens oder der Freiheit sowie Massnahmen, die einen unerträglichen psychischen Druck bewirken. Den frauenspezifischen Fluchtgründen ist Rechnung zu tragen.
4    Keine Flüchtlinge sind Personen, die Gründe geltend machen, die wegen ihres Verhaltens nach der Ausreise entstanden sind und die weder Ausdruck noch Fortsetzung einer bereits im Heimat- oder Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung sind. Vorbehalten bleibt die Flüchtlingskonvention vom 28. Juli 1951.6
erfüllt (Bst. b), oder wenn Hinweise darauf bestehen, dass im Drittstaat kein effektiver Schutz vor Rückschiebung nach Art. 5 Abs. 1
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 5 Rückschiebungsverbot - 1 Keine Person darf in irgendeiner Form zur Ausreise in ein Land gezwungen werden, in dem ihr Leib, ihr Leben oder ihre Freiheit aus einem Grund nach Artikel 3 Absatz 1 gefährdet ist oder in dem sie Gefahr läuft, zur Ausreise in ein solches Land gezwungen zu werden.
1    Keine Person darf in irgendeiner Form zur Ausreise in ein Land gezwungen werden, in dem ihr Leib, ihr Leben oder ihre Freiheit aus einem Grund nach Artikel 3 Absatz 1 gefährdet ist oder in dem sie Gefahr läuft, zur Ausreise in ein solches Land gezwungen zu werden.
2    Eine Person kann sich nicht auf das Rückschiebungsverbot berufen, wenn erhebliche Gründe für die Annahme vorliegen, dass sie die Sicherheit der Schweiz gefährdet, oder wenn sie als gemeingefährlich einzustufen ist, weil sie wegen eines besonders schweren Verbrechens oder Vergehens rechtskräftig verurteilt worden ist.
AsylG besteht (Bst. c).

4.2 Aufgrund des Ergebnisses der Abklärungen bei den französischen Behörden, welches vom Beschwerdeführer nicht bestritten wurde, steht fest, dass er sich vor seiner Einreise in die Schweiz in Frankreich aufgehalten und dort um Asyl nachgesucht hat, welches abgelehnt worden ist. Nachdem die französischen Behörden der Rückübernahme des Beschwerdeführers zugestimmt haben, kann davon ausgegangen werden, dass er nach Frankreich zurückkehren kann.
Frankreich wurde zusammen mit allen anderen EU- und EFTA Staaten am 14. Dezember 2007 vom Bundesrat als sicherer Drittstaat gemäss Art. 6a Abs. 2 Bst. b
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 6a Zuständige Behörde - 1 Das SEM entscheidet über Gewährung oder Verweigerung des Asyls sowie über die Wegweisung aus der Schweiz.14
1    Das SEM entscheidet über Gewährung oder Verweigerung des Asyls sowie über die Wegweisung aus der Schweiz.14
2    Der Bundesrat bezeichnet neben den EU/EFTA-Staaten weitere Staaten, in denen nach seinen Feststellungen:15
a  Sicherheit vor Verfolgung besteht, als sichere Heimat- oder Herkunftsstaaten;
b  effektiver Schutz vor Rückschiebung im Sinne von Artikel 5 Absatz 1 besteht, als sichere Drittstaaten.
3    Er überprüft die Beschlüsse nach Absatz 2 periodisch.
4    Er unterbreitet den zuständigen Kommissionen der eidgenössischen Räte die Liste nach Absatz 2 Buchstabe a vor jeder beabsichtigten Änderung, mindestens aber einmal pro Jahr zur Konsultation.16
AsylG bezeichnet. Daraus ergibt sich die Vermutung, dass die asylsuchende Person dort vor einer Verletzung des Non-Refoulement-Gebotes sicher ist. Der Beweis des Gegenteils, das heisst, das Umstossen dieser Vermutung, obliegt der asylsuchenden Person (vgl. dazu Botschaft des Bundesrates zur Änderung des Asylgesetzes zur Änderung des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung sowie zur Änderung des Bundesgesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung vom 4. September 2002, BBl 2002 6884; nachfolgend: Botschaft des BR).
Aus diesen Ausführungen folgt, dass im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für ein Nichteintreten gemäss Art. 34 Abs. 2 Bst. a AsylG gegeben sind.

5.

5.1 Im Folgenden bleibt jedoch zu prüfen, ob vorliegend eine der Ausnahmebestimmungen gemäss Art. 34 Abs. 3
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 6a Zuständige Behörde - 1 Das SEM entscheidet über Gewährung oder Verweigerung des Asyls sowie über die Wegweisung aus der Schweiz.14
1    Das SEM entscheidet über Gewährung oder Verweigerung des Asyls sowie über die Wegweisung aus der Schweiz.14
2    Der Bundesrat bezeichnet neben den EU/EFTA-Staaten weitere Staaten, in denen nach seinen Feststellungen:15
a  Sicherheit vor Verfolgung besteht, als sichere Heimat- oder Herkunftsstaaten;
b  effektiver Schutz vor Rückschiebung im Sinne von Artikel 5 Absatz 1 besteht, als sichere Drittstaaten.
3    Er überprüft die Beschlüsse nach Absatz 2 periodisch.
4    Er unterbreitet den zuständigen Kommissionen der eidgenössischen Räte die Liste nach Absatz 2 Buchstabe a vor jeder beabsichtigten Änderung, mindestens aber einmal pro Jahr zur Konsultation.16
AsylG erfüllt ist, mit der Folge, dass Art. 34 Abs. 2 Bst. a AsylG keine Anwendung findet.

5.2 Vorab ist festzuhalten, dass in der Beschwerde lediglich beantragt wird, die angefochtene Verfügung sei gestützt auf Art. 34 Abs. 3 Bst. a AsylG aufzuheben. Eine Aufhebung der Beschwerde gestützt auf Art. 34 Abs. 3
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 6a Zuständige Behörde - 1 Das SEM entscheidet über Gewährung oder Verweigerung des Asyls sowie über die Wegweisung aus der Schweiz.14
1    Das SEM entscheidet über Gewährung oder Verweigerung des Asyls sowie über die Wegweisung aus der Schweiz.14
2    Der Bundesrat bezeichnet neben den EU/EFTA-Staaten weitere Staaten, in denen nach seinen Feststellungen:15
a  Sicherheit vor Verfolgung besteht, als sichere Heimat- oder Herkunftsstaaten;
b  effektiver Schutz vor Rückschiebung im Sinne von Artikel 5 Absatz 1 besteht, als sichere Drittstaaten.
3    Er überprüft die Beschlüsse nach Absatz 2 periodisch.
4    Er unterbreitet den zuständigen Kommissionen der eidgenössischen Räte die Liste nach Absatz 2 Buchstabe a vor jeder beabsichtigten Änderung, mindestens aber einmal pro Jahr zur Konsultation.16
Bstn. b und c AsylG wird hingegen nicht beantragt und auch nicht begründet, weshalb das Gericht diesbezüglich auf eine Prüfung der vorinstanzlichen Erwägungen mangels Bestreitung verzichtet, zumal sich auch aus den Akten nichts ergibt, das auf das Bestehen eines entsprechenden Ausnahmetatbestandes hinwiese. Im Folgenden beschränkt sich daher die weitere Prüfung darauf, ob das BFM im konkreten Fall Art. 34 Abs. 3 Bst. a AsylG zu Recht als nicht erfüllt erachtet hat.

5.3

5.3.1 Gemäss Art. 34 Abs. 3 Bst. a AsylG finden Art. 34 Abs. 2
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 6a Zuständige Behörde - 1 Das SEM entscheidet über Gewährung oder Verweigerung des Asyls sowie über die Wegweisung aus der Schweiz.14
1    Das SEM entscheidet über Gewährung oder Verweigerung des Asyls sowie über die Wegweisung aus der Schweiz.14
2    Der Bundesrat bezeichnet neben den EU/EFTA-Staaten weitere Staaten, in denen nach seinen Feststellungen:15
a  Sicherheit vor Verfolgung besteht, als sichere Heimat- oder Herkunftsstaaten;
b  effektiver Schutz vor Rückschiebung im Sinne von Artikel 5 Absatz 1 besteht, als sichere Drittstaaten.
3    Er überprüft die Beschlüsse nach Absatz 2 periodisch.
4    Er unterbreitet den zuständigen Kommissionen der eidgenössischen Räte die Liste nach Absatz 2 Buchstabe a vor jeder beabsichtigten Änderung, mindestens aber einmal pro Jahr zur Konsultation.16
Bstn. a, b, c und e AsylG keine Anwendung, wenn Personen, zu denen die asylsuchende Person enge Beziehungen hat, oder nahe Angehörige in der Schweiz leben.
Da in der Beschwerde geltend gemacht wird, bei der Schwester des Beschwerdeführers handle es sich um dessen nahe Angehörige gemäss Art. 34 Abs. 3 Bst. a AsylG, was demgegenüber in der Verfügung der Vorinstanz verneint wird, ist vorab zu klären, ob es sich bei der Schwester des Beschwerdeführers um eine nahe Angehörige im Sinne des Gesetzes handelt oder nicht.

5.3.2 Der Begriff « nahe Angehörige » findet sich im Asylgesetz ausser in Art. 34
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 6a Zuständige Behörde - 1 Das SEM entscheidet über Gewährung oder Verweigerung des Asyls sowie über die Wegweisung aus der Schweiz.14
1    Das SEM entscheidet über Gewährung oder Verweigerung des Asyls sowie über die Wegweisung aus der Schweiz.14
2    Der Bundesrat bezeichnet neben den EU/EFTA-Staaten weitere Staaten, in denen nach seinen Feststellungen:15
a  Sicherheit vor Verfolgung besteht, als sichere Heimat- oder Herkunftsstaaten;
b  effektiver Schutz vor Rückschiebung im Sinne von Artikel 5 Absatz 1 besteht, als sichere Drittstaaten.
3    Er überprüft die Beschlüsse nach Absatz 2 periodisch.
4    Er unterbreitet den zuständigen Kommissionen der eidgenössischen Räte die Liste nach Absatz 2 Buchstabe a vor jeder beabsichtigten Änderung, mindestens aber einmal pro Jahr zur Konsultation.16
AsylG nur noch in Art. 51
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 51 Familienasyl - 1 Ehegatten von Flüchtlingen und ihre minderjährigen Kinder werden als Flüchtlinge anerkannt und erhalten Asyl, wenn keine besonderen Umstände dagegen sprechen.146
1    Ehegatten von Flüchtlingen und ihre minderjährigen Kinder werden als Flüchtlinge anerkannt und erhalten Asyl, wenn keine besonderen Umstände dagegen sprechen.146
1bis    Hat das SEM während des Asylverfahrens Anhaltspunkte dafür, dass ein Ungültigkeitsgrund nach Artikel 105 Ziffer 5 oder 6 des Zivilgesetzbuchs147 (ZGB) vorliegt, so meldet es dies der nach Artikel 106 ZGB zuständigen Behörde. Das Verfahren wird bis zur Entscheidung dieser Behörde sistiert. Erhebt die Behörde Klage, so wird das Verfahren bis zum Vorliegen des rechtskräftigen Urteils sistiert.148
2    ...149
3    In der Schweiz geborene Kinder von Flüchtlingen werden auch als Flüchtlinge anerkannt, sofern keine besonderen Umstände dagegen sprechen.150
4    Wurden die anspruchsberechtigten Personen nach Absatz 1 durch die Flucht getrennt und befinden sie sich im Ausland, so ist ihre Einreise auf Gesuch hin zu bewilligen.151
5    ...152
AsylG. In diesem Artikel wird in Abs. 1 festgehalten, dass Ehegatten, eingetragene Partnerinnen oder Partner von Flüchtlingen und ihre minderjährigen Kinder als Flüchtlinge anerkannt werden und Asyl erhalten, wenn keine besonderen Umstände dagegen sprechen. In Abs. 2 derselben Bestimmung wird ausgeführt, dass andere nahe Angehörige von in der Schweiz lebenden Flüchtlingen in das Familienasyl eingeschlossen werden können, wenn besondere Gründe für die Familienvereinigung sprechen. Aus der Formulierung von Art. 51
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 51 Familienasyl - 1 Ehegatten von Flüchtlingen und ihre minderjährigen Kinder werden als Flüchtlinge anerkannt und erhalten Asyl, wenn keine besonderen Umstände dagegen sprechen.146
1    Ehegatten von Flüchtlingen und ihre minderjährigen Kinder werden als Flüchtlinge anerkannt und erhalten Asyl, wenn keine besonderen Umstände dagegen sprechen.146
1bis    Hat das SEM während des Asylverfahrens Anhaltspunkte dafür, dass ein Ungültigkeitsgrund nach Artikel 105 Ziffer 5 oder 6 des Zivilgesetzbuchs147 (ZGB) vorliegt, so meldet es dies der nach Artikel 106 ZGB zuständigen Behörde. Das Verfahren wird bis zur Entscheidung dieser Behörde sistiert. Erhebt die Behörde Klage, so wird das Verfahren bis zum Vorliegen des rechtskräftigen Urteils sistiert.148
2    ...149
3    In der Schweiz geborene Kinder von Flüchtlingen werden auch als Flüchtlinge anerkannt, sofern keine besonderen Umstände dagegen sprechen.150
4    Wurden die anspruchsberechtigten Personen nach Absatz 1 durch die Flucht getrennt und befinden sie sich im Ausland, so ist ihre Einreise auf Gesuch hin zu bewilligen.151
5    ...152
AsylG wird deutlich, dass unter dem Begriff « nahe Angehörige » zum einen die in Abs. 1 dieser Bestimmung aufgezählten Ehegatten, die eingetragenen Partnerinnen und Partner sowie die minderjährigen Kinder zu verstehen sind. Diese nahen Angehörigen werden in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch als Kernfamilie bezeichnet (vgl. dazu BVGE 2008/47 E. 4.1.1). Neben den Mitgliedern dieser Kernfamilie gibt es aber noch andere nahe Angehörige, was aus Abs. 2 von Art. 51 deutlich wird, ist doch dort ausdrücklich von anderen nahen Angehörigen die Rede. Hier ist beispielsweise an die Geschwister, die
Grosseltern und die Pflegekinder zu denken (vgl. dazu Urteil des BVGer E-5627/2006 vom 8. Dezember 2008 E. 2.1; Entscheide und Mitteilungen der Schweizerischen Asylrekurskommission EMARK 1996 Nr. 4). Da kein Grund ersichtlich ist, weshalb der Begriff « nahe Angehörige » in Art. 34 Abs. 3 Bst. a AsylG anders verstanden werden müsste, als der Begriff « nahe Angehörige » in Art. 51
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 51 Familienasyl - 1 Ehegatten von Flüchtlingen und ihre minderjährigen Kinder werden als Flüchtlinge anerkannt und erhalten Asyl, wenn keine besonderen Umstände dagegen sprechen.146
1    Ehegatten von Flüchtlingen und ihre minderjährigen Kinder werden als Flüchtlinge anerkannt und erhalten Asyl, wenn keine besonderen Umstände dagegen sprechen.146
1bis    Hat das SEM während des Asylverfahrens Anhaltspunkte dafür, dass ein Ungültigkeitsgrund nach Artikel 105 Ziffer 5 oder 6 des Zivilgesetzbuchs147 (ZGB) vorliegt, so meldet es dies der nach Artikel 106 ZGB zuständigen Behörde. Das Verfahren wird bis zur Entscheidung dieser Behörde sistiert. Erhebt die Behörde Klage, so wird das Verfahren bis zum Vorliegen des rechtskräftigen Urteils sistiert.148
2    ...149
3    In der Schweiz geborene Kinder von Flüchtlingen werden auch als Flüchtlinge anerkannt, sofern keine besonderen Umstände dagegen sprechen.150
4    Wurden die anspruchsberechtigten Personen nach Absatz 1 durch die Flucht getrennt und befinden sie sich im Ausland, so ist ihre Einreise auf Gesuch hin zu bewilligen.151
5    ...152
AsylG, ist vorliegend in Übereinstimmung mit der soeben erwähnten Rechtsprechung festzustellen, dass die in der Schweiz lebende Schwester des Beschwerdeführers als dessen nahe Angehörige im Sinne von Art. 34 Abs. 3 Bst. a AsylG anzusehen ist. Der Beschwerdeführer verfügt somit in der Schweiz über eine nahe Angehörige.

5.4 Der Vollständigkeit halber sei hier noch darauf hingewiesen, dass es gemäss Art. 34 Abs. 3 Bst. a AsylG nicht genügt, dass sich die Schwester als nahe Angehörige lediglich in der Schweiz aufhält, sie muss vielmehr hier leben. Leben in diesem Sinne kann nur heissen, dass ein bestimmtes Bleiberecht oder ein Anspruch, sich in einem Staat nicht bloss vorübergehend aufhalten zu dürfen, besteht (vgl. dazu EMARK 1999 Nr. 21 E. 4 S. 136; TARKAN GÖKSU, Vorsorgliche Wegweisung in einen Drittstaat im Flughafenverfahren [Art. 23 Abs. 1
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 23 Entscheide am Flughafen - 1 Bewilligt das SEM die Einreise in die Schweiz nicht, so kann es auf das Asylgesuch nicht eintreten oder dieses ablehnen.66
1    Bewilligt das SEM die Einreise in die Schweiz nicht, so kann es auf das Asylgesuch nicht eintreten oder dieses ablehnen.66
2    Der Entscheid ist innert 20 Tagen nach Einreichung des Gesuches zu eröffnen. Dauert das Verfahren länger, so weist das SEM die asylsuchende Person einem Kanton oder einem Zentrum des Bundes zu.67
AsylG], in: ASYL 2004/1 S. 19; WALTER KÄLIN, Grundriss des Asylverfahrens, Basel/Frankfurt am Main 1990, S. 170, insbes. Fn. 88). Da die Schwester des Beschwerdeführers das Schweizer Bürgerrecht besitzt, sind auch diesbezüglich die Anforderung von Art. 34 Abs. 3 Bst. a AsylG erfüllt.

6.

6.1 Im Folgenden ist nun zu prüfen, ob der Umstand, dass der Beschwerdeführer eine in der Schweiz lebende, nahe Angehörige hat, für sich alleine zur Anwendbarkeit der Ausnahmebestimmung von Art. 34 Abs. 3 Bst. a AsylG führt, oder ob weitere Voraussetzungen für deren Anwendung gegeben sein müssen.

6.2 Da die Vorinstanz ihr Nichteintreten auf das Asylgesuch des Beschwerdeführers auch mit der fehlenden engen Beziehung zu seiner Schwester begründet hat und vom Beschwerdeführer in der Beschwerde implizit bestritten wird, dass für die Anwendung von Art. 34 Abs. 3 Bst. a AsylG überhaupt eine enge Beziehung zu seiner Schwester gegeben sein muss, ist durch Auslegung zu ermitteln, ob es für die Anwendung der Ausnahmebestimmung von Art. 34 Abs. 3 Bst. a AsylG ausreicht, dass eine nahe Angehörige des Beschwerdeführers in der Schweiz lebt, oder ob zusätzlich eine enge Beziehung zu dieser nahen Angehörigen bestehen muss.

7.

7.1 Ziel der Auslegung ist die Ermittlung des wahren Sinngehalts einer gesetzlichen Regelung. Das BVGer schliesst sich dabei der höchstrichterlichen Auslegungsmethodik an, welche wie folgt zusammengefasst zitiert sei: Das Gesetz muss in erster Linie aus sich selbst heraus, das heisst nach Wortlaut, Sinn und Zweck und den ihm zugrunde liegenden Wertungen auf der Basis einer teleologischen Verständnismethode ausgelegt werden. Auszurichten ist die Auslegung auf die ratio legis, die zu ermitteln dem Gericht allerdings nicht nach seinen eigenen, subjektiven Wertvorstellungen, sondern nach den Vorgaben des Gesetzgebers aufgegeben ist. Die Auslegung des Gesetzes hat zwar nicht entscheidend historisch zu erfolgen, ist im Grundsatz aber dennoch auf die Regelungsabsicht des Gesetzgebers und die damit erkennbar getroffenen Wertentscheidungen auszurichten, da sich die Zweckbezogenheit des rechtsstaatlichen Normverständnisses nicht aus sich selbst begründen lässt, sondern aus den Absichten des Gesetzgebers abzuleiten ist, die es mit Hilfe der herkömmlichen Auslegungselemente zu ermitteln gilt. Die Gesetzesauslegung hat sich vom Gedanken leiten zu lassen, dass nicht schon der Wortlaut die Rechtsnorm darstellt, sondern erst das an Sachverhalten
verstandene und konkretisierte Gesetz. Gefordert ist die sachlich richtige Entscheidung im normativen Gefüge, ausgerichtet auf ein befriedigendes Ergebnis aus der ratio legis. Dabei befolgt das Bundesgericht einen pragmatischen Methodenpluralismus und lehnt es namentlich ab, die einzelnen Auslegungselemente einer hierarchischen Prioritätenordnung zu unterstellen (vgl. dazu BGE 131 III 35 E. 2, BGE 130 II 211 f. E. 5.1, BGE 119 II 186 E. 4b/aa; BVGE 2007/7 E. 4.1, BVGE 2007/24 E. 2.3, BVGE 2008/9 E. 6; ULRICH HÄFELIN/WALTER HALLER/HELEN KELLER, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 7. Aufl., Zürich u. a. 2008, Rn. 80 ff.).

7.2

7.2.1 Die grammatikalische Auslegung ist Ausgangspunkt jeder Auslegung. Sie stellt auf Wortlaut, Wortsinn und Sprachgebrauch ab. Unter Sprachgebrauch ist dabei in der Regel der allgemeine Sprachgebrauch zu verstehen (HÄFELIN/HALLER/KELLER, a. a. O., Rn. 91 f.). Im Wortlaut von Art. 34 Abs. 3 Bst. a AsylG ergeben sich in der deutschen, französischen und italienischen Fassung der Gesetzestexte keine wesentlichen Unterschiede, die Anlass zu einer weiteren Erörterung geben, weshalb im Folgenden auf den deutschen Text abgestellt wird. Die nachfolgend auszulegende Bestimmung von Art. 34 Abs. 3 Bst. a AsylG hat im deutschen Text folgenden Wortlaut:
« Absatz 2 Buchstaben a, b, c und e findet keine Anwendung, wenn:
a. Personen, zu denen die asylsuchende Person enge Beziehungen hat, oder nahe Angehörige in der Schweiz leben; »

7.2.2 Nach dem Wortlaut beziehungsweise der Satzstellung der Bestimmung bezieht sich der Begriff « enge Beziehungen » lediglich auf das Wort « Personen », nicht jedoch auf « nahe Angehörige ». Das bedeutet, dass nach der grammatikalischen Auslegung der Bestimmung von Art. 34 Abs. 3 Bst. a AsylG lediglich zu Personen, die nicht nahe Angehörige sind, eine enge Beziehung bestehen muss, damit die Ausnahmebestimmung zur Anwendung kommt. Bezüglich der nahen Angehörigen wird eine solche zusätzliche enge Beziehung nach dem Wortlaut beziehungsweise der Satzstellung der Bestimmung nicht verlangt. Der Wortlaut der Bestimmung ist vorliegend grundsätzlich als klar zu beurteilen. Vom klaren Wortlaut eines Rechtssatzes darf nur abgewichen werden, wenn triftige Gründe dafür bestehen, dass er nicht den wahren Sinn der Bestimmung wiedergibt. Solche triftigen Gründe können sich aus der Entstehungsgeschichte, aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift und aus dem Zusammenhang mit anderen Normen ergeben (BGE 131 II 221 E. 2.3).

7.2.3 Bestimmte Formulierungen in der Botschaft des BR (BBl 2002 6845 ff.), der Sinn und Zweck der Vorschrift von Art. 34 Abs. 3 Bst. a AsylG sowie die unterschiedliche Formulierung von Art. 42 Abs. 2 Bst. c
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 42 Aufenthalt während des Asylverfahrens - Wer ein Asylgesuch in der Schweiz gestellt hat, darf sich bis zum Abschluss des Verfahrens in der Schweiz aufhalten.
des Asylgesetzes vom 5. Oktober 1979 deuten darauf hin, dass der an sich klare Wortlaut von Art. 34 Abs. 3 Bst. a AsylG nicht dessen wahren Sinn wiedergibt. Daher ist im Folgenden unter Zuhilfenahme von weiteren Auslegungsmethoden zu prüfen, ob triftige Gründe bestehen, um vom Wortlaut von Art. 34 Abs. 3 Bst. a AsylG abzuweichen.

7.3

7.3.1 Bei der systematischen Auslegung wird der Sinn einer Rechtsnorm bestimmt durch ihr Verhältnis zu anderen Rechtsnormen und durch den systematischen und logischen Zusammenhang, in dem sie sich in einem Gesetz präsentiert (vgl. HÄFELIN/HALLER/KELLER, a. a. O., Rn. 97).

7.3.2 Die vorliegend zu beurteilende Norm findet sich in Art. 34
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 6a Zuständige Behörde - 1 Das SEM entscheidet über Gewährung oder Verweigerung des Asyls sowie über die Wegweisung aus der Schweiz.14
1    Das SEM entscheidet über Gewährung oder Verweigerung des Asyls sowie über die Wegweisung aus der Schweiz.14
2    Der Bundesrat bezeichnet neben den EU/EFTA-Staaten weitere Staaten, in denen nach seinen Feststellungen:15
a  Sicherheit vor Verfolgung besteht, als sichere Heimat- oder Herkunftsstaaten;
b  effektiver Schutz vor Rückschiebung im Sinne von Artikel 5 Absatz 1 besteht, als sichere Drittstaaten.
3    Er überprüft die Beschlüsse nach Absatz 2 periodisch.
4    Er unterbreitet den zuständigen Kommissionen der eidgenössischen Räte die Liste nach Absatz 2 Buchstabe a vor jeder beabsichtigten Änderung, mindestens aber einmal pro Jahr zur Konsultation.16
AsylG, der die Regelung über das Nichteintreten bei Sicherheit vor Verfolgung im Ausland enthält. In Abs. 2 dieses Artikels findet sich die Drittstaatenregelung, während Abs. 3 drei gesetzliche Ausnahmebestimmungen dazu enthält. Ist eine dieser Ausnahmebestimmungen erfüllt, kommt die Drittstaatenregelung gemäss Art. 34 Abs. 2
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 6a Zuständige Behörde - 1 Das SEM entscheidet über Gewährung oder Verweigerung des Asyls sowie über die Wegweisung aus der Schweiz.14
1    Das SEM entscheidet über Gewährung oder Verweigerung des Asyls sowie über die Wegweisung aus der Schweiz.14
2    Der Bundesrat bezeichnet neben den EU/EFTA-Staaten weitere Staaten, in denen nach seinen Feststellungen:15
a  Sicherheit vor Verfolgung besteht, als sichere Heimat- oder Herkunftsstaaten;
b  effektiver Schutz vor Rückschiebung im Sinne von Artikel 5 Absatz 1 besteht, als sichere Drittstaaten.
3    Er überprüft die Beschlüsse nach Absatz 2 periodisch.
4    Er unterbreitet den zuständigen Kommissionen der eidgenössischen Räte die Liste nach Absatz 2 Buchstabe a vor jeder beabsichtigten Änderung, mindestens aber einmal pro Jahr zur Konsultation.16
Bstn. a, b, c und e AsylG nicht zur Anwendung und es darf kein Nichteintreten gestützt auf diese Bestimmungen erfolgen, sondern es muss auf das Asylgesuch (materiell) eingetreten werden.

7.3.3 Bei der Ausnahmebestimmung von Art. 34 Abs. 3 Bst. a AsylG handelt es sich um die spiegelbildliche Bestimmung von Art. 34 Abs. 2 Bst. e
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 42 Aufenthalt während des Asylverfahrens - Wer ein Asylgesuch in der Schweiz gestellt hat, darf sich bis zum Abschluss des Verfahrens in der Schweiz aufhalten.
AsylG (vgl. JÜRG SCHERTENLEIB, Zur Teilrevision des Asylgesetzes, in: ASYL 2003/1 S. 12). Letztere bildet die gesetzliche Grundlage für einen Nichteintretensentscheid, wenn in einem Drittstaat die in Art. 34 Abs. 3 Bst. a AsylG genannten Personen leben. Daher wurde in Bezug auf Art. 34 Abs. 3 Bst. a AsylG bei der Gesetzesrevision ausgeführt, « Buchstabe a ist die logische Ergänzung zu Absatz 3 [heute: Absatz 2] Buchstabe e: Ist ein Drittstaat bereit, eine asylsuchende Person zu übernehmen, weil dort nahe Angehörige leben oder weil sie dort andere Personen hat, zu denen enge Beziehungen bestehen, muss dies umgekehrt auch für die Schweiz gelten » (Botschaft des BR, BBl 2002 6885). Auch die Botschaft des BR hält somit fest, dass ein sehr enger Zusammenhang zwischen der Drittstaatenregelung von Art. 34 Abs. 2 Bst. e
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 42 Aufenthalt während des Asylverfahrens - Wer ein Asylgesuch in der Schweiz gestellt hat, darf sich bis zum Abschluss des Verfahrens in der Schweiz aufhalten.
AsylG sowie der Ausnahmebestimmung von Art. 34 Abs. 3 Bst. a AsylG besteht. Aufgrund des engen Zusammenhangs dieser beiden Bestimmungen ist auch für die im vorliegenden Fall vorzunehmende Auslegung zu berücksichtigen, dass in der Botschaft des BR zu Art. 34 Abs. 2 Bst. e
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 42 Aufenthalt während des Asylverfahrens - Wer ein Asylgesuch in der Schweiz gestellt hat, darf sich bis zum Abschluss des Verfahrens in der Schweiz aufhalten.
AsylG
festgehalten wird, dass diese Bestimmung inhaltlich dem bisherigen Art. 42 Abs. 2 Bst. c
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 42 Aufenthalt während des Asylverfahrens - Wer ein Asylgesuch in der Schweiz gestellt hat, darf sich bis zum Abschluss des Verfahrens in der Schweiz aufhalten.
AsylG entspreche (BBl 2002 6885). Art. 42 Abs. 2 Bst. c
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 42 Aufenthalt während des Asylverfahrens - Wer ein Asylgesuch in der Schweiz gestellt hat, darf sich bis zum Abschluss des Verfahrens in der Schweiz aufhalten.
des AsylG regelte die vorsorgliche Wegweisung und war bis Ende 2007 in Kraft. Die Norm lautete folgendermassen:
« Das Bundesamt kann Asylsuchende jedoch vorsorglich wegweisen, wenn ihre Weiterreise in einen Drittstaat zulässig, zumutbar und möglich ist, namentlich wenn:
(...)
c. dort nahe Angehörige oder andere Personen leben, zu denen sie enge Beziehungen haben. »

7.3.4 Der Wortlaut und die Satzstellung dieser Bestimmung legen nahe, dass sich der Begriff « enge Beziehungen » auch auf nahe Angehörige bezieht. Das bedeutet, dass gemäss dieser Norm eine asylsuchende Person in einen Drittstaat nur dann vorsorglich weggewiesen werden konnte, wenn sie zu einem dort lebenden nahen Angehörigen auch eine enge Beziehung hatte. Einzig die Anwesenheit eines nahen Angehörigen in einem Drittstaat sollte demnach für eine Wegweisung nicht genügen. WALTER KÄLIN hielt zu Art. 6 Abs. 1 Bst. b beziehungsweise Art. 19 Abs. 2 Bst. c des Asylgesetzes vom 5. Oktober 1979 - letztere Bestimmung war inhaltlich identisch mit der soeben erwähnten Nachfolgenorm aArt. 42 Abs. 2 Bst. c
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 42 Aufenthalt während des Asylverfahrens - Wer ein Asylgesuch in der Schweiz gestellt hat, darf sich bis zum Abschluss des Verfahrens in der Schweiz aufhalten.
AsylG - Folgendes fest: « Wer unter den Begriff < nahe Angehörige oder andere Personen > fällt, zu denen der Gesuchsteller < enge Beziehungen > hat, lässt sich nicht mit Verwandtschaftsgrad und ähnlichen Kriterien bestimmen. Ausschlaggebend ist vielmehr, ob der Drittstaat den Gesuchsteller - z. B. im Rahmen einer Familienzusammenführung - gerade wegen dieser Beziehungen aufnehmen wird, bzw. ob die Integration des Flüchtlings wegen der verwandtschaftlichen und sozialen Bindungen im Drittstaat leichter sein wird als in der Schweiz. Eine
teleologische Interpretation von lit. b [hier: Bst. c] verbietet also eine mechanische Anwendung dieser Ausschlussklausel [hier handelt es sich nicht um eine Ausschlussklausel], die z. B. allein auf die Nähe der Verwandtschaftsbeziehung abstellt, ohne die Verhältnisse im Einzelfall zu prüfen » (KÄLIN, a. a. O., S. 195 Fn. 28 mit Verweis auf S. 169 f.).
WALTER STÖCKLI führte zu Art. 19 Abs. 2 Bst. c des Asylgesetzes vom 5. Oktober 1979 das Folgende aus: « Der Sinn dieser Bestimmung ist natürlich, dass der Gesuchsteller im Falle einer Einreise in den betreffenden Drittstaat auf die Hilfe seiner Verwandten oder Freunde zurückgreifen könnte. Es ist also nicht nur abstrakt zu überlegen, ob solche Personen dort leben, sondern auch, ob mit ihrer Hilfe gerechnet werden kann. Ein noch so naher Verwandter oder Freund ist beispielsweise < nutzlos > im Sinne des Zwecks dieses Kriteriums, wenn er im Gefängnis sitzt oder im Spital liegt » (WALTER STÖCKLI, Asylgesuche am Flughafen - Praxisübersicht und Gedanken zum Verfahren, in: ASYL/1996 Nr. 4 S. 106).

7.3.5 Aus diesen Ausführungen zu Art. 19 Abs. 2 Bst. c des Asylgesetzes vom 5. Oktober 1979 - die selbstverständlich auch für die inhaltlich identische Nachfolgenorm aArt. 42 Abs. 2 Bst. c
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 42 Aufenthalt während des Asylverfahrens - Wer ein Asylgesuch in der Schweiz gestellt hat, darf sich bis zum Abschluss des Verfahrens in der Schweiz aufhalten.
AsylG Geltung beanspruchen - wird deutlich, dass es für die Anwendbarkeit der zuletzt genannten Bestimmung primär auf die enge Beziehung ankam und nicht auf das Vorhandensein von nahen Angehörigen. Einzig die Anwesenheit von nahen Angehörigen in einem Drittstaat sollte nicht dazu führen, dass die asylsuchende Person weggewiesen werden konnte. Immer musste zusätzlich auch noch eine enge Beziehung zu diesen nahen Angehörigen bestehen. Denn nur wenn auch diese Voraussetzung erfüllt ist, kann auch mit der Unterstützung der nahen Angehörigen gerechnet werden.

7.3.6 Da gemäss Botschaft des BR Art. 34 Abs. 2 Bst. e
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 42 Aufenthalt während des Asylverfahrens - Wer ein Asylgesuch in der Schweiz gestellt hat, darf sich bis zum Abschluss des Verfahrens in der Schweiz aufhalten.
AsylG inhaltlich dem aArt. 42 Abs. 2 Bst. c
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 42 Aufenthalt während des Asylverfahrens - Wer ein Asylgesuch in der Schweiz gestellt hat, darf sich bis zum Abschluss des Verfahrens in der Schweiz aufhalten.
AsylG entspricht, genügt es aufgrund der obigen Ausführungen für ein Nichteintreten gemäss Art. 34 Abs. 2 Bst. e
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 42 Aufenthalt während des Asylverfahrens - Wer ein Asylgesuch in der Schweiz gestellt hat, darf sich bis zum Abschluss des Verfahrens in der Schweiz aufhalten.
AsylG folglich nicht, dass Asylsuchende in einen Drittstaat weiterreisen können, in dem nahe Angehörige leben. Wie bei aArt. 42 Abs. 2 Bst. c
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 42 Aufenthalt während des Asylverfahrens - Wer ein Asylgesuch in der Schweiz gestellt hat, darf sich bis zum Abschluss des Verfahrens in der Schweiz aufhalten.
AsylG muss auch hier zu den nahen Angehörigen zusätzlich eine enge Beziehung bestehen. Fehlt es an diesem zusätzlichen Element der engen Beziehung, darf gestützt auf Art. 34 Abs. 2 Bst. e
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 42 Aufenthalt während des Asylverfahrens - Wer ein Asylgesuch in der Schweiz gestellt hat, darf sich bis zum Abschluss des Verfahrens in der Schweiz aufhalten.
AsylG kein Nichteintretensentscheid erfolgen, sondern es muss auf das Asylgesuch eingetreten werden.

7.3.7 Was für die Bestimmung Art. 34 Abs. 2 Bst. e
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 42 Aufenthalt während des Asylverfahrens - Wer ein Asylgesuch in der Schweiz gestellt hat, darf sich bis zum Abschluss des Verfahrens in der Schweiz aufhalten.
AsylG gilt, muss aufgrund des engen Zusammenhangs und der weitgehend identischen Formulierung auch für die Ausnahmebestimmung von Art. 34 Abs. 3 Bst. a AsylG gelten. Dementsprechend ist davon auszugehen, dass die Ausnahmebestimmung von Art. 34 Abs. 3 Bst. a AsylG nur dann zur Anwendung kommen kann, wenn zu den in der Schweiz lebenden nahen Angehörigen zusätzlich auch eine enge Beziehung besteht. Übereinstimmend mit dieser Auslegung findet sich in der Botschaft des BR zu Art. 34 Abs. 3 Bst. a AsylG folgender Satz: « Leben also nahe Angehörige oder andere Personen, zu denen eine asylsuchende Person eine enge Beziehung haben [hat], in der Schweiz, so soll keine Wegweisung in einen Drittstaat angeordnet werden » (BBl 2002 6885). Auch diese Formulierung weist stark darauf hin, dass nicht entsprechend dem Wortlaut von Art. 34 Abs. 3 Bst. a AsylG die Anwesenheit von nahen Angehörigen in der Schweiz für die Anwendung dieser Ausnahmebestimmung genügen soll, sondern in jedem Fall zusätzlich auch eine enge Beziehung zu diesen Angehörigen gegeben sein muss, damit von einem Nichteintretensentscheid gemäss Art. 34 Abs. 2
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 6a Zuständige Behörde - 1 Das SEM entscheidet über Gewährung oder Verweigerung des Asyls sowie über die Wegweisung aus der Schweiz.14
1    Das SEM entscheidet über Gewährung oder Verweigerung des Asyls sowie über die Wegweisung aus der Schweiz.14
2    Der Bundesrat bezeichnet neben den EU/EFTA-Staaten weitere Staaten, in denen nach seinen Feststellungen:15
a  Sicherheit vor Verfolgung besteht, als sichere Heimat- oder Herkunftsstaaten;
b  effektiver Schutz vor Rückschiebung im Sinne von Artikel 5 Absatz 1 besteht, als sichere Drittstaaten.
3    Er überprüft die Beschlüsse nach Absatz 2 periodisch.
4    Er unterbreitet den zuständigen Kommissionen der eidgenössischen Räte die Liste nach Absatz 2 Buchstabe a vor jeder beabsichtigten Änderung, mindestens aber einmal pro Jahr zur Konsultation.16
Bstn. a, b, c und e AsylG abgesehen werden kann.

7.4

7.4.1 Die historische Auslegung stellt auf den Sinn ab, den man einer Norm zur Zeit ihrer Entstehung gab. Die Norm soll somit gelten, wie sie vom Gesetzgeber vorgesehen war. Insbesondere bei neueren Erlassen - wie dies vorliegend der Fall ist - darf der Wille des historischen Gesetzgebers nicht übergangen werden (BGE 128 I 288 E. 2.4).

7.4.2 Der Botschaft des BR und den Wortprotokollen der Räte ist nicht zu entnehmen, dass es gemäss Art. 34 Abs. 3 Bst. a AsylG - im Unterschied zum bereits oben erwähnten, sehr ähnlich formulierten aArt. 42 Abs. 2 Bst. c
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 42 Aufenthalt während des Asylverfahrens - Wer ein Asylgesuch in der Schweiz gestellt hat, darf sich bis zum Abschluss des Verfahrens in der Schweiz aufhalten.
AsylG - genügen soll, dass lediglich nahe Angehörige vorhanden sind, ohne dass zusätzlich noch eine enge Beziehung zwischen diesen und der asylsuchenden Person gegeben ist. Es ist davon auszugehen, dass es in der Botschaft deutlich hervorgehoben beziehungsweise anlässlich der parlamentarischen Beratungen diskutiert worden wäre, hätte man tatsächlich beabsichtigt - wie es der Wortlaut von Art. 34 Abs. 3 Bst. a AsylG vermuten lässt -, dass für die Anwendung dieser Ausnahmebestimmung keine enge Beziehung mehr zwischen den nahen Angehörigen und der asylsuchenden Person nötig ist. Beides ist jedoch nicht geschehen. An dieser Einschätzung vermag auch die Tatsache nichts zu ändern, dass in der Botschaft des BR an einer Stelle ausgeführt wird, dass eine Wegweisung in einen Drittstaat beispielsweise dann nicht verfügt werde, wenn die asylsuchende Person über nahe Angehörige in der Schweiz verfüge (BBl 2002 6850), da auch aus dieser Formulierung nicht klar hervor geht, dass keine enge Beziehung mehr vorhanden sein muss für
den Fall, dass nahe Angehörige der asylsuchenden Person in der Schweiz leben.

7.4.3 Zusammenfassend ist festzuhalten, dass sich auf Grund der Materialien kein abschliessendes Bild erkennen lässt, ob gemäss Art. 34 Abs. 3 Bst. a AsylG zusätzlich zur Existenz von nahen Angehörigen in der Schweiz noch eine enge Beziehung zwischen diesen und der asylsuchenden Person gegeben sein muss.

7.5

7.5.1 Im Rahmen der teleologischen Auslegung ist nun unter Einbezug der bisherigen Erwägungen der wahre Sinngehalt der zu beurteilenden Regelung zu ermitteln. Dabei wird - wie bereits ausgeführt - auf die der Rechtsnorm zugrundeliegenden Zweckvorstellungen nach den Vorgaben des Gesetzgebers und die von diesem erkennbar getroffenen Wertentscheidungen abgestellt. Dem Willen des Gesetzgebers und dessen Wertentscheidungen kommt dabei grosse Bedeutung zu, da es sich vorliegend um einen sehr jungen Erlass handelt.

7.5.2 Nach der Drittstaatenregelung von Art. 34 Abs. 2
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 6a Zuständige Behörde - 1 Das SEM entscheidet über Gewährung oder Verweigerung des Asyls sowie über die Wegweisung aus der Schweiz.14
1    Das SEM entscheidet über Gewährung oder Verweigerung des Asyls sowie über die Wegweisung aus der Schweiz.14
2    Der Bundesrat bezeichnet neben den EU/EFTA-Staaten weitere Staaten, in denen nach seinen Feststellungen:15
a  Sicherheit vor Verfolgung besteht, als sichere Heimat- oder Herkunftsstaaten;
b  effektiver Schutz vor Rückschiebung im Sinne von Artikel 5 Absatz 1 besteht, als sichere Drittstaaten.
3    Er überprüft die Beschlüsse nach Absatz 2 periodisch.
4    Er unterbreitet den zuständigen Kommissionen der eidgenössischen Räte die Liste nach Absatz 2 Buchstabe a vor jeder beabsichtigten Änderung, mindestens aber einmal pro Jahr zur Konsultation.16
AsylG soll grundsätzlich auf Asylgesuche von Personen nicht mehr eingetreten werden, die sich vor der Gesuchsstellung in der Schweiz in einem sicheren Drittstaat aufgehalten haben oder in einen solchen zurückkehren können. Im Rahmen des Vernehmlassungsverfahrens wurde in zahlreichen Stellungnahmen gefordert, dass gesetzliche Ausnahmebestimmungen zur Drittstaatenregelung vorgesehen werden sollten. Dieser Forderung wurde im Gesetz unter anderem mit der Bestimmung von Art. 34 Abs. 3 Bst. a AsylG Rechnung getragen (vgl. Botschaft des BR, BBl 2002 6850). Mit der Drittstaatenregelung wird vom Gesetzgeber grundsätzlich das Ziel verfolgt, dass die Schweiz nur noch Asylverfahren durchführt, wenn sich die Zuständigkeit keinem anderen Staat überbinden lässt oder wenn eine der drei Ausnahmebestimmungen erfüllt ist (vgl. SCHERTENLEIB, a. a. O., S. 12). Das bedeutet, dass grundsätzlich auf ein Asylgesuch nicht eingetreten werden soll, wenn die Voraussetzungen von Art. 34 Abs. 2
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 6a Zuständige Behörde - 1 Das SEM entscheidet über Gewährung oder Verweigerung des Asyls sowie über die Wegweisung aus der Schweiz.14
1    Das SEM entscheidet über Gewährung oder Verweigerung des Asyls sowie über die Wegweisung aus der Schweiz.14
2    Der Bundesrat bezeichnet neben den EU/EFTA-Staaten weitere Staaten, in denen nach seinen Feststellungen:15
a  Sicherheit vor Verfolgung besteht, als sichere Heimat- oder Herkunftsstaaten;
b  effektiver Schutz vor Rückschiebung im Sinne von Artikel 5 Absatz 1 besteht, als sichere Drittstaaten.
3    Er überprüft die Beschlüsse nach Absatz 2 periodisch.
4    Er unterbreitet den zuständigen Kommissionen der eidgenössischen Räte die Liste nach Absatz 2 Buchstabe a vor jeder beabsichtigten Änderung, mindestens aber einmal pro Jahr zur Konsultation.16
AsylG erfüllt sind. Dies kann insbesondere aus der in dieser Bestimmung verwendeten Formulierung « in der Regel » herausgelesen werden. Nur ausnahmsweise soll in einem solchen Fall dennoch auf ein Asylgesuch
eingetreten werden, wenn eine der Ausnahmebestimmungen von Art. 34 Abs. 3
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 6a Zuständige Behörde - 1 Das SEM entscheidet über Gewährung oder Verweigerung des Asyls sowie über die Wegweisung aus der Schweiz.14
1    Das SEM entscheidet über Gewährung oder Verweigerung des Asyls sowie über die Wegweisung aus der Schweiz.14
2    Der Bundesrat bezeichnet neben den EU/EFTA-Staaten weitere Staaten, in denen nach seinen Feststellungen:15
a  Sicherheit vor Verfolgung besteht, als sichere Heimat- oder Herkunftsstaaten;
b  effektiver Schutz vor Rückschiebung im Sinne von Artikel 5 Absatz 1 besteht, als sichere Drittstaaten.
3    Er überprüft die Beschlüsse nach Absatz 2 periodisch.
4    Er unterbreitet den zuständigen Kommissionen der eidgenössischen Räte die Liste nach Absatz 2 Buchstabe a vor jeder beabsichtigten Änderung, mindestens aber einmal pro Jahr zur Konsultation.16
AsylG gegeben ist. Die Abs. 2 und 3 von Art. 34
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 6a Zuständige Behörde - 1 Das SEM entscheidet über Gewährung oder Verweigerung des Asyls sowie über die Wegweisung aus der Schweiz.14
1    Das SEM entscheidet über Gewährung oder Verweigerung des Asyls sowie über die Wegweisung aus der Schweiz.14
2    Der Bundesrat bezeichnet neben den EU/EFTA-Staaten weitere Staaten, in denen nach seinen Feststellungen:15
a  Sicherheit vor Verfolgung besteht, als sichere Heimat- oder Herkunftsstaaten;
b  effektiver Schutz vor Rückschiebung im Sinne von Artikel 5 Absatz 1 besteht, als sichere Drittstaaten.
3    Er überprüft die Beschlüsse nach Absatz 2 periodisch.
4    Er unterbreitet den zuständigen Kommissionen der eidgenössischen Räte die Liste nach Absatz 2 Buchstabe a vor jeder beabsichtigten Änderung, mindestens aber einmal pro Jahr zur Konsultation.16
AsylG stehen somit in einem Regel - Ausnahmeverhältnis zueinander, weshalb die Ausnahmebestimmungen nur restriktiv als erfüllt zu betrachten sind. Das deutet darauf hin, dass der Gesetzgeber nicht beabsichtigte, es für die Anwendbarkeit von Art. 34 Abs. 3 Bst. a AsylG genügen zu lassen, dass nahe Angehörige in der Schweiz leben, ohne dass zu diesen zusätzlich noch eine enge Beziehung besteht, würde dies doch eine weitgehende Aushöhlung des Regelfalles bedeuten. Wie oben bereits dargelegt, finden sich in den Materialien keine Hinweise für eine derartige Absicht des Gesetzgebers.

7.5.3 Der Sinn der Ausnahmebestimmung von Art. 34 Abs. 3 Bst. a AsylG liegt darin, dass asylsuchende Personen dann nicht im Rahmen eines Nichteintretensverfahrens aus der Schweiz weggewiesen werden sollen, wenn sie enge soziale Bande zu in der Schweiz lebenden Personen unterhalten. Man will dadurch verhindern, dass diese sozialen Bande durch eine Wegweisung aus der Schweiz unterbrochen werden. Insbesondere, da man sich bewusst ist, dass die Integration der asylsuchenden Person wegen der sozialen Bindungen in der Schweiz leichter sein wird, als in einem Drittstaat, wo keine derartigen sozialen Bindungen bestehen (vgl. dazu auch KÄLIN, a. a. O., S. 170).

7.5.4 Zudem ist kein überzeugender Grund ersichtlich, der es rechtfertigen würde, dass die asylsuchende Person zu Personen, die nicht ihre nahen Angehörigen sind, eine enge Beziehung haben muss, wohingegen bei nahen Angehörigen für die Anwendbarkeit der Ausnahmebestimmung von Art. 34 Abs. 3 Bst. a AsylG darauf verzichtet werden kann. Aufgrund der vorangehenden Erwägungen ist nicht davon auszugehen, dass der Gesetzgeber im letzteren Fall das Vorhandensein eines verwandtschaftlichen Verhältnisses für die Anwendung der Ausnahmebestimmung von Art. 34 Abs. 3 Bst. a AsylG genügen lassen wollte.

7.5.5 Aus diesen Erwägungen folgt, dass eine auf die Zielvorstellungen des Gesetzgebers ausgerichtete Auslegung nahelegt, dem klaren, aber zu weit gefassten, mithin über den angestrebten Zweck hinausgeheden Wortlaut von Art. 34 Abs. 3 Bst. a AsylG eine dem Zweck dieser Bestimmung entsprechende, restriktive Deutung zu geben. Der Wortlaut von Art. 34 Abs. 3 Bst. a AsylG - wonach es genügen soll, dass nahe Angehörige der asylsuchenden Person in der Schweiz leben - bedarf deshalb der teleologischen Reduktion in dem Sinne, dass für die Anwendung dieser Ausnahmebestimmung in jedem Fall Voraussetzung ist, dass die asylsuchende Person in einer engen Beziehung zu einer in der Schweiz lebenden Bezugsperson steht, sei diese nun ein naher Angehöriger oder eine andere Person (vgl. wohl ebenso, SCHERTENLEIB, a. a. O., S. 14). Würde bei der Anwesenheit von nahen Angehörigen in der Schweiz auf das zusätzliche Erfordernis der engen Beziehung verzichtet, müsste die Ausnahmebestimmung von Art. 34 Abs. 3 Bst. a AsylG beispielsweise auch dann zur Anwendung kommen, wenn eine asylsuchende Person im Asylgesuch geltend machen würde, sie habe mit ihrem in der Schweiz lebenden Geschwister seit Jahren keinen Kontakt mehr und beabsichtige auch in Zukunft,
keine Beziehung mit diesem zu unterhalten. Dass dies nicht die Absicht des Gesetzgebers gewesen sein kann, leuchtet ohne Weiteres ein. Auf das zusätzliche Erfordernis der engen Beziehung kann daher auch unter nahen Verwandten nicht verzichtet werden.

8.

8.1 In der Beschwerdeschrift wird geltend gemacht, der Beschwerdeführer unterhalte eine « faktische » Beziehung zu seiner in der Schweiz lebenden Schwester. Daher ist nun zu prüfen, ob es sich bei dieser geltend gemachten Beziehung um eine « enge Beziehung » im Sinne des Art. 34 Abs. 3 Bst. a AsylG handelt.

8.2 Anlässlich der Kurzbefragung machte der Beschwerdeführer geltend, er habe eine Schwester, die seit über zehn Jahren in der Schweiz lebe, zu der er jedoch keinen Kontakt mehr gehabt habe und von der er weder den Aufenthaltsstatus noch den Aufenthaltsort kenne (...). In der angefochtenen Verfügung der Vorinstanz wird diesbezüglich vorgebracht, dass der Beschwerdeführer zu seiner in der Schweiz lebenden Schwester keine enge Beziehung unterhalte, da er gemäss eigenen Angaben seit Jahren zu ihr keinen Kontakt mehr gehabt habe. In der Beschwerde wurde dem entgegengehalten, dass das Protokoll der Kurzbefragung lediglich summarischen Charakter habe und die Antworten zu Familienangehörigen meist nur zusammengefasst wiedergegeben würden, weshalb sich der einschlägigen Protokollstelle auch nicht eindeutig entnehmen lasse, ob der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Kurzbefragung tatsächlich keinen Kontakt zu seiner Schwester unterhalten habe. Die protokollierte Zeitform (« hatte ») lasse nämlich den Schluss zu, dass der Beschwerdeführer zwar in Sri Lanka keinen Kontakt zu seiner Schwester gehabt habe, nicht jedoch, ob er seit seiner Einreise in die Schweiz Kontakt mit dieser aufgenommen habe. Es stehe fest, dass der Beschwerdeführer zu
seiner in der Schweiz lebenden Schwester tatsächlich eine Beziehung unterhalte, habe diese doch am 13. Januar 2009 zusammen mit ihrem Mann die vorliegend tätig gewordene Beratungsstelle aufgesucht und um Rechtshilfe für den Beschwerdeführer ersucht. Damit bestehe erwiesenermassen ein Kontakt zu einem in der Schweiz lebenden « nahen Angehörigen » im Sinne von Art. 34 Abs. 3 Bst. a AsylG.

8.3 Vorab ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer nach der wörtlichen Rückübersetzung des Kurzbefragungsprotokolls vom 15. Dezember 2008 unterschriftlich bestätigte, dass dieses Protokoll seinen Aussagen und der Wahrheit entspreche. Dementsprechend muss sich der Beschwerdeführer bei seinen Vorbringen, wie sie in das Kurzbefragungsprotokoll Eingang gefunden haben, behaften lassen. Deshalb kann der Einwand in der Beschwerde, wonach das Kurzbefragungsprotokoll lediglich summarischen Charakter habe und die Antworten zu den Familienangehörigen meist nur zusammengefasst wiedergebe, nicht dazu führen, dass vorliegend nicht auf die anlässlich der Kurzbefragung gemachten Aussagen abgestellt werden kann.

8.4 Wie bereits oben in E. 7.5.2 dargelegt, stehen die Abs. 2 und 3 von Art. 34
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 6a Zuständige Behörde - 1 Das SEM entscheidet über Gewährung oder Verweigerung des Asyls sowie über die Wegweisung aus der Schweiz.14
1    Das SEM entscheidet über Gewährung oder Verweigerung des Asyls sowie über die Wegweisung aus der Schweiz.14
2    Der Bundesrat bezeichnet neben den EU/EFTA-Staaten weitere Staaten, in denen nach seinen Feststellungen:15
a  Sicherheit vor Verfolgung besteht, als sichere Heimat- oder Herkunftsstaaten;
b  effektiver Schutz vor Rückschiebung im Sinne von Artikel 5 Absatz 1 besteht, als sichere Drittstaaten.
3    Er überprüft die Beschlüsse nach Absatz 2 periodisch.
4    Er unterbreitet den zuständigen Kommissionen der eidgenössischen Räte die Liste nach Absatz 2 Buchstabe a vor jeder beabsichtigten Änderung, mindestens aber einmal pro Jahr zur Konsultation.16
AsylG in einem Regel - Ausnahmeverhältnis zueinander, weshalb die Ausnahmebestimmungen von Art. 34 Abs. 3
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 6a Zuständige Behörde - 1 Das SEM entscheidet über Gewährung oder Verweigerung des Asyls sowie über die Wegweisung aus der Schweiz.14
1    Das SEM entscheidet über Gewährung oder Verweigerung des Asyls sowie über die Wegweisung aus der Schweiz.14
2    Der Bundesrat bezeichnet neben den EU/EFTA-Staaten weitere Staaten, in denen nach seinen Feststellungen:15
a  Sicherheit vor Verfolgung besteht, als sichere Heimat- oder Herkunftsstaaten;
b  effektiver Schutz vor Rückschiebung im Sinne von Artikel 5 Absatz 1 besteht, als sichere Drittstaaten.
3    Er überprüft die Beschlüsse nach Absatz 2 periodisch.
4    Er unterbreitet den zuständigen Kommissionen der eidgenössischen Räte die Liste nach Absatz 2 Buchstabe a vor jeder beabsichtigten Änderung, mindestens aber einmal pro Jahr zur Konsultation.16
AsylG nur restriktiv als erfüllt zu betrachten sind. Es war insbesondere nicht der Wille des Gesetzgebers, Art. 34 Abs. 3 Bst. a AsylG schon dann zur Anwendung kommen zu lassen, wenn zwischen einer asylsuchenden Person und einer in der Schweiz lebenden Bezugsperson eine irgendwie geartete Beziehung besteht. Vielmehr muss eine « enge » Beziehung vorhanden sein, die es rechtfertigt, vom Grundsatz abzuweichen, dass bei erfüllten Voraussetzungen von Art. 34 Abs. 2
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 6a Zuständige Behörde - 1 Das SEM entscheidet über Gewährung oder Verweigerung des Asyls sowie über die Wegweisung aus der Schweiz.14
1    Das SEM entscheidet über Gewährung oder Verweigerung des Asyls sowie über die Wegweisung aus der Schweiz.14
2    Der Bundesrat bezeichnet neben den EU/EFTA-Staaten weitere Staaten, in denen nach seinen Feststellungen:15
a  Sicherheit vor Verfolgung besteht, als sichere Heimat- oder Herkunftsstaaten;
b  effektiver Schutz vor Rückschiebung im Sinne von Artikel 5 Absatz 1 besteht, als sichere Drittstaaten.
3    Er überprüft die Beschlüsse nach Absatz 2 periodisch.
4    Er unterbreitet den zuständigen Kommissionen der eidgenössischen Räte die Liste nach Absatz 2 Buchstabe a vor jeder beabsichtigten Änderung, mindestens aber einmal pro Jahr zur Konsultation.16
AsylG ein Nichteintretensentscheid ergeht.

8.5 Innerhalb der Kernfamilie (Ehegatten, eingetragene Partnerinnen oder Partner und ihre minderjährigen Kinder) besteht aufgrund der zwischen solchen Personen oftmals vorhandenen Abhängigkeiten sowie der in der Regel beabsichtigten Zweckgemeinschaft die Vermutung, dass eine enge Beziehung im Sinne von Art. 34 Abs. 3 Bst. a AsylG vorliegt. Besondere Umstände können diese Vermutung jedoch beseitigen, so dass auch innerhalb der Kernfamilie nicht von einer engen Beziehung auszugehen ist. Dies beispielsweise dann, wenn Ehegatten seit Jahren getrennt leben und kaum noch Kontakt pflegen. Ausserhalb dieser Kernfamilie, so auch zwischen den übrigen nahen Angehörigen, besteht eine solche Vermutung jedoch nicht mehr, da bei diesen Verhältnissen in der Regel keine Abhängigkeiten mehr vorliegen und keine Zweckgemeinschaft beabsichtigt ist. In diesen Fällen müssen deshalb besondere Umstände gegeben sein, die dazu führen, dass von einer engen Beziehung zwischen der asylsuchenden Person und der in der Schweiz lebenden Bezugsperson auszugehen ist. Zu denken ist dabei beispielsweise an eine besondere Abhängigkeit einer der beiden Personen aufgrund einer schweren Krankheit, die die Fürsorge der anderen Person erfordert beziehungsweise wünschbar
macht, oder an nachgewiesene regelmässige und intensive Kontakte. Ob eine enge Beziehung vorliegt, ist aufgrund der konkreten Vorbringen im Einzelfall zu prüfen.

8.6 Aus den anlässlich der Kurzbefragung gemachten Aussagen des Beschwerdeführers ist in Übereinstimmung mit der Vorinstanz zu schliessen, dass er vor seiner Einreise in die Schweiz seit Jahren keinen Kontakt mehr zu seiner in der Schweiz lebenden Schwester unterhalten hat. Da der Beschwerdeführer bei der Kurzbefragung auch in Bezug auf den Aufenthaltsstatus beziehungsweise den Aufenthaltsort seiner Schwester keine Angaben machen konnte, ist zu folgern, dass er bis zu diesem Zeitpunkt mit seiner Schwester noch keinen Kontakt aufgenommen hat, ansonsten er sehr wahrscheinlich darüber mindestens teilweise hätte Auskunft geben können. Es ist deshalb davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer erst nach der Kurzbefragung vom 15. Dezember 2008, somit vor wenigen Wochen, mit seiner in der Schweiz lebenden Schwester wieder Kontakt aufgenommen hat.

8.7 Wie bereits ausgeführt, gehört die in der Schweiz lebende Schwester des Beschwerdeführers nicht zu dessen Kernfamilie, weshalb eine enge Beziehung zwischen ihnen nicht zu vermuten ist. Aus den Akten sind zudem keine besonderen Umstände ersichtlich, die dazu führen würden, dass ausnahmsweise von einer engen Beziehung zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Schwester auszugehen ist. Auch in der Beschwerdeschrift wird nichts vorgebracht, was eine gegenteilige Annahme rechtfertigen würde, insbesondere wird keine besondere Abhängigkeit zwischen den Geschwistern geltend gemacht. Gegen das Vorhandensein einer engen Beziehung spricht auch die Tatsache, dass der Beschwerdeführer erst seit kurzer Zeit wieder den Kontakt mit seiner Schwester aufgenommen hat, ebenso der Umstand, dass der Beschwerdeführer vor dieser Kontaktaufnahme mit seiner Schwester jahrelang keinen Kontakt gepflegt hat. An dieser Einschätzung ändert nichts, dass die Schwester des Beschwerdeführers sich um Rechtshilfe für ihren Bruder bemüht haben soll, da eine derartige einmalige Hilfeleistung nicht automatisch bedeutet, dass eine enge Beziehung zwischen dem Beschwedeführer und seiner Schwester besteht.

9. Diesen Erwägungen gemäss ist festzustellen, dass die Voraussetzungen zum Nichteintreten gemäss Art. 34 Abs. 2 Bst. a AsylG vorliegend erfüllt sind und die ausnahmsweise Nichtanwendung der besagten Norm, insbesondere aufgrund von Art. 34 Abs. 3 Bst. a AsylG, nicht in Betracht fällt. Der Nichteintretensentscheid des BFM vom 13. Januar 2009 ist dementsprechend zu bestätigen.
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 2009/8
Date : 12. Mai 2009
Published : 01. Januar 2009
Source : Bundesverwaltungsgericht
Status : 2009/8
Subject area : Abteilung IV (Asylrecht)
Subject : Nichteintreten auf Asylgesuch und Wegweisung; Verf...


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BGE-register
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