Urteilskopf

99 V 31

8. Auszug aus dem Urteil vom 9. März 1973 i.S. X gegen Eidgenössische Ausgleichskasse und Versicherungsgericht des Kantons Bern
Regeste (de):

Regeste (fr):

Regesto (it):


Erwägungen ab Seite 31

BGE 99 V 31 S. 31

Aus den Erwägungen:
Nach Art. 7 Abs. 1
SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG)
IVG Art. 7 Pflichten der versicherten Person - 1 Die versicherte Person muss alles ihr Zumutbare unternehmen, um die Dauer und das Ausmass der Arbeitsunfähigkeit (Art. 6 ATSG64) zu verringern und den Eintritt einer Invalidität (Art. 8 ATSG) zu verhindern.
1    Die versicherte Person muss alles ihr Zumutbare unternehmen, um die Dauer und das Ausmass der Arbeitsunfähigkeit (Art. 6 ATSG64) zu verringern und den Eintritt einer Invalidität (Art. 8 ATSG) zu verhindern.
2    Die versicherte Person muss an allen zumutbaren Massnahmen, die zur Erhaltung des bestehenden Arbeitsplatzes oder zu ihrer Eingliederung ins Erwerbsleben oder in einen dem Erwerbsleben gleichgestellten Aufgabenbereich (Aufgabenbereich) dienen, aktiv teilnehmen. Dies sind insbesondere:
a  Massnahmen der Frühintervention (Art. 7d);
b  Integrationsmassnahmen zur Vorbereitung auf die berufliche Eingliederung (Art. 14a);
c  Massnahmen beruflicher Art (Art. 15-18 und 18b);
d  medizinische Behandlungen nach Artikel 25 KVG65;
e  Massnahmen zur Wiedereingliederung von Rentenbezügerinnen und Rentenbezügern nach Artikel 8a Absatz 2.
IVG können die Geldleistungen der Invalidenversicherung dauernd oder vorübergehend verweigert, gekürzt oder entzogen werden, wenn der Versicherte seine Invalidität vorsätzlich oder grobfahrlässig oder bei der Verübung eines Verbrechens oder Vergehens herbeigeführt oder verschlimmert hat. Damit soll verhütet werden, dass die Invalidenversicherung über Gebühr mit Schäden belastet wird, welche die Leistungsansprecher hätten vermeiden können, wenn sie die ihnen zumutbare Sorgfalt angewandt hätten. Dieses Ziel wird dadurch erreicht, dass die Versicherten die gesetzliche Leistung entsprechend ihrem Verschulden ganz oder teilweise einbüssen. In EVGE 1962 S. 307 hat das Gericht erklärt,
BGE 99 V 31 S. 32

die dauernde Kürzung werde "wenigstens die Regel darstellen", soweit Renten in Frage stehen. Diese Auffassung hat es in EVGE 1967 S. 98 bestätigt mit der Begründung, dass wegen des aleatorischen Charakters von Höhe und Dauer der einzelnen Rente nur die prozentuale Kürzung während der ganzen Rentendauer den gesetzlichen Zweck gewährleiste. Würde man eine Invalidenrente von unbekannter Dauer zum vornherein nur für eine bestimmte Zeitspanne kürzen, so verzichtete man darauf, die Sanktion der Höhe des Schadens anzupassen, welchen die Versicherung wegen des schuldhaften Verhaltens des Anspruchsberechtigten zu tragen habe. Ein solcher Verzicht liefe daraufhinaus, die Kürzung vor allem nach strafrechtlichen Kriterien zu gestalten. Dies widerspräche dem Sinn der Kürzung, der keine Straffunktion zukomme (EVGE 1966 S. 98). Immerhin anerkannte das Gericht schon in EVGE 1962 S. 307, dass Abweichungen von der Regel der dauernden Rentenkürzung möglich seien. In EVGE 1967 S. 98 beschränkte es diese möglichen Abweichungen ausdrücklich auf Ausnahmefälle. An dieser Rechtsprechung, welche die Kürzungsdauer grundsätzlich von der Dauer der zeitlichen Einwirkung des schuldhaften Verhaltens auf die Invalidität abhängig macht, ist festzuhalten. Die abweichende Auffassung des Bundesamtes, die insbesondere in Rz. 258 der Wegleitung über Invalidität und Hilflosigkeit ihren Niederschlag gefunden hat, entspricht nicht dem Zweckgedanken der Kürzungsnorm des Art. 7 Abs. 1
SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG)
IVG Art. 7 Pflichten der versicherten Person - 1 Die versicherte Person muss alles ihr Zumutbare unternehmen, um die Dauer und das Ausmass der Arbeitsunfähigkeit (Art. 6 ATSG64) zu verringern und den Eintritt einer Invalidität (Art. 8 ATSG) zu verhindern.
1    Die versicherte Person muss alles ihr Zumutbare unternehmen, um die Dauer und das Ausmass der Arbeitsunfähigkeit (Art. 6 ATSG64) zu verringern und den Eintritt einer Invalidität (Art. 8 ATSG) zu verhindern.
2    Die versicherte Person muss an allen zumutbaren Massnahmen, die zur Erhaltung des bestehenden Arbeitsplatzes oder zu ihrer Eingliederung ins Erwerbsleben oder in einen dem Erwerbsleben gleichgestellten Aufgabenbereich (Aufgabenbereich) dienen, aktiv teilnehmen. Dies sind insbesondere:
a  Massnahmen der Frühintervention (Art. 7d);
b  Integrationsmassnahmen zur Vorbereitung auf die berufliche Eingliederung (Art. 14a);
c  Massnahmen beruflicher Art (Art. 15-18 und 18b);
d  medizinische Behandlungen nach Artikel 25 KVG65;
e  Massnahmen zur Wiedereingliederung von Rentenbezügerinnen und Rentenbezügern nach Artikel 8a Absatz 2.
IVG. Deshalb vermag ihr das Eidg. Versicherungsgericht nicht beizupflichten. Es wird zunächst Aufgabe des Bundesamtes sein, unter Berücksichtigung der geltenden Rechtsprechung Richtlinien betreffend die Ausnahmen vom Grundsatz der dauernden Rentenkürzung aufzustellen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 99 V 31
Datum : 09. März 1973
Publiziert : 31. Dezember 1974
Quelle : Bundesgericht
Status : 99 V 31
Sachgebiet : BGE - Sozialversicherungsrecht (bis 2006: EVG)
Gegenstand : Dauer der Rentenkürzung bei grobfahrlässig verursachter Invalidität (Art. 7 IVG). Die Kürzung soll grundsätzlich so lange
Einordnung : Bestätigung der Rechtsprechung


Gesetzesregister
IVG: 7
SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG)
IVG Art. 7 Pflichten der versicherten Person - 1 Die versicherte Person muss alles ihr Zumutbare unternehmen, um die Dauer und das Ausmass der Arbeitsunfähigkeit (Art. 6 ATSG64) zu verringern und den Eintritt einer Invalidität (Art. 8 ATSG) zu verhindern.
1    Die versicherte Person muss alles ihr Zumutbare unternehmen, um die Dauer und das Ausmass der Arbeitsunfähigkeit (Art. 6 ATSG64) zu verringern und den Eintritt einer Invalidität (Art. 8 ATSG) zu verhindern.
2    Die versicherte Person muss an allen zumutbaren Massnahmen, die zur Erhaltung des bestehenden Arbeitsplatzes oder zu ihrer Eingliederung ins Erwerbsleben oder in einen dem Erwerbsleben gleichgestellten Aufgabenbereich (Aufgabenbereich) dienen, aktiv teilnehmen. Dies sind insbesondere:
a  Massnahmen der Frühintervention (Art. 7d);
b  Integrationsmassnahmen zur Vorbereitung auf die berufliche Eingliederung (Art. 14a);
c  Massnahmen beruflicher Art (Art. 15-18 und 18b);
d  medizinische Behandlungen nach Artikel 25 KVG65;
e  Massnahmen zur Wiedereingliederung von Rentenbezügerinnen und Rentenbezügern nach Artikel 8a Absatz 2.
BGE Register
99-V-31
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
dauer • verhalten • eidgenössisches versicherungsgericht • begründung des entscheids • planungsziel • zweck • sanktion • eidgenössische ausgleichskasse • charakter • frage • invalidenrente • versicherungsgericht • schaden • geldleistung