99 IV 100
21. Urteil des Kassationshofes vom 27. August 1973 i.S. Bähler gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn.
Regeste (de):
- Art. 26 Abs. 1
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 26 - 1 Jedermann muss sich im Verkehr so verhalten, dass er andere in der ordnungsgemässen Benützung der Strasse weder behindert noch gefährdet.
1 Jedermann muss sich im Verkehr so verhalten, dass er andere in der ordnungsgemässen Benützung der Strasse weder behindert noch gefährdet. 2 Besondere Vorsicht ist geboten gegenüber Kindern, Gebrechlichen und alten Leuten, ebenso wenn Anzeichen dafür bestehen, dass sich ein Strassenbenützer nicht richtig verhalten wird. - Wer das Bremspedal seines Motorfahrzeuges so antippt, dass die Bremslichter aufleuchten, das Fahrzeug aber nicht oder nur unwesentlich verzögert wird, um den viel zu nahe aufgeschlossen folgenden Fahrzeuglenker auf sein gefährliches Verhalten aufmerksam zu machen, verletzt keine Verkehrsregel.
Regeste (fr):
- Art. 26 al. 1 LCR.
- Qui actionne la pédale de frein de façon à allumer les feux-stop de son véhicule, en ne ralentissant toutefois celui-ci que très peu ou pas du tout, pour attirer l'attention du conducteur qui le suit de beaucoup trop près sur le danger offert par son comportement, ne commet aucune infraction aux règles de la circulation.
Regesto (it):
- Art. 26 cpv. 1 LCStr.
- Chi preme sul pedale del freno in modo da azionare il segnale luminoso posteriore dell'autoveicolo, rallentando tuttavia solo lievemente o affatto e solo per attirare l'attenzione del conducente che lo segue da presso sul pericolo causato dal tale comportamento, non commette alcuna infrazione alle regole sulla circolazione.
Sachverhalt ab Seite 100
BGE 99 IV 100 S. 100
A.- Am 5. März 1972 um die Mittagszeit fuhren Bähler und Schaltenbrand mit ihren Personenwagen hintereinander von Riedholz kommend auf der Hauptstrasse Nr. 5/12 in Richtung Flumenthal. Nachdem beide östlich der Hinterriedholzkreuzung mit einer Geschwindigkeit von ca. 100 km/h einen anderen Personenwagen überholt hatten, betrug der Abstand zwischen den beiden Fahrzeugen noch 2-3 m. Als Bähler im Rückspiegel sah, dass Schaltenbrand so nahe hinter ihn aufgeschlossen hatte, tippte er sein Bremspedal kurz an. Darauf reagierte Schaltenbrand mit einer brüsken Bremsung, so dass sein Wagen schleuderte und auf die Gegenfahrbahn geriet. Dies veranlasste den aus der Gegenrichtung herannahenden Berrocoso, sein Fahrzeug stark abzubremsen, um nicht mit Schaltenbrands Wagen zusammenzustossen. Dabei schleuderte aber auch das Auto von Berrocoso, geriet auf die Gegenfahrbahn und stiess mit dem
BGE 99 IV 100 S. 101
korrekt entgegenkommenden Personenwagen von Schenk zusammen. Dieser wurde dadurch leicht und dessen Mitfahrerin tödlich verletzt. Berrocoso und seine Mitfahrerin erlitten schwere Verletzungen.
B.- Das Amtsgericht Solothurn-Lebern sprach Bähler am 3. November 1972 der fahrlässigen Tötung und der Gefährdung Dritter durch grobe Verletzung der Verkehrsregeln schuldig und verurteilte ihn zu einer bedingt aufgeschobenen Gefängnisstrafe von 2 Monaten unter Ansetzung einer Probezeit von 4 Jahren. Auf Appellation hin bestätigte das Obergericht des Kantons Solothurn am 26. April 1973 den erstinstanzlichen Schuldspruch und bestrafte Bähler mit 3 Monaten Gefängnis unter Gewährung des bedingten Strafvollzugs mit einer Probezeit von 3 Jahren.
C.- Bähler führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben, soweit es ihn betrifft, und die Sache zu seiner Freisprechung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die Staatsanwaltschaft und das Obergericht beantragen Abweisung der Beschwerde.
Erwägungen
Der Kassationshof zieht in Erwägung:
1. Das Obergericht wirft Bähler vor, er habe durch das Antippen des Bremspedals bzw. durch das Aufleuchtenlassen der Bremslichter Verkehrsregeln (Art. 26 Abs. 1
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 26 - 1 Jedermann muss sich im Verkehr so verhalten, dass er andere in der ordnungsgemässen Benützung der Strasse weder behindert noch gefährdet. |
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1 | Jedermann muss sich im Verkehr so verhalten, dass er andere in der ordnungsgemässen Benützung der Strasse weder behindert noch gefährdet. |
2 | Besondere Vorsicht ist geboten gegenüber Kindern, Gebrechlichen und alten Leuten, ebenso wenn Anzeichen dafür bestehen, dass sich ein Strassenbenützer nicht richtig verhalten wird. |
SR 741.11 Verkehrsregelnverordnung vom 13. November 1962 (VRV) VRV Art. 12 Hintereinanderfahren - (Art. 34 Abs. 4 und 37 Abs. 1 SVG) |
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1 | Der Fahrzeugführer hat beim Hintereinanderfahren einen ausreichenden Abstand zu wahren, so dass er auch bei überraschendem Bremsen des voranfahrenden Fahrzeugs rechtzeitig halten kann. |
2 | Brüskes Bremsen und Halten sind nur gestattet, wenn kein Fahrzeug folgt und im Notfall. |
3 | Stockt der Verkehr, so darf der Fahrzeugführer nicht auf Fussgängerstreifen und, bei Strassenverzweigungen, nicht auf der Fahrbahn für den Querverkehr halten. |
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 26 - 1 Jedermann muss sich im Verkehr so verhalten, dass er andere in der ordnungsgemässen Benützung der Strasse weder behindert noch gefährdet. |
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1 | Jedermann muss sich im Verkehr so verhalten, dass er andere in der ordnungsgemässen Benützung der Strasse weder behindert noch gefährdet. |
2 | Besondere Vorsicht ist geboten gegenüber Kindern, Gebrechlichen und alten Leuten, ebenso wenn Anzeichen dafür bestehen, dass sich ein Strassenbenützer nicht richtig verhalten wird. |
SR 741.11 Verkehrsregelnverordnung vom 13. November 1962 (VRV) VRV Art. 12 Hintereinanderfahren - (Art. 34 Abs. 4 und 37 Abs. 1 SVG) |
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1 | Der Fahrzeugführer hat beim Hintereinanderfahren einen ausreichenden Abstand zu wahren, so dass er auch bei überraschendem Bremsen des voranfahrenden Fahrzeugs rechtzeitig halten kann. |
2 | Brüskes Bremsen und Halten sind nur gestattet, wenn kein Fahrzeug folgt und im Notfall. |
3 | Stockt der Verkehr, so darf der Fahrzeugführer nicht auf Fussgängerstreifen und, bei Strassenverzweigungen, nicht auf der Fahrbahn für den Querverkehr halten. |
SR 741.11 Verkehrsregelnverordnung vom 13. November 1962 (VRV) VRV Art. 12 Hintereinanderfahren - (Art. 34 Abs. 4 und 37 Abs. 1 SVG) |
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1 | Der Fahrzeugführer hat beim Hintereinanderfahren einen ausreichenden Abstand zu wahren, so dass er auch bei überraschendem Bremsen des voranfahrenden Fahrzeugs rechtzeitig halten kann. |
2 | Brüskes Bremsen und Halten sind nur gestattet, wenn kein Fahrzeug folgt und im Notfall. |
3 | Stockt der Verkehr, so darf der Fahrzeugführer nicht auf Fussgängerstreifen und, bei Strassenverzweigungen, nicht auf der Fahrbahn für den Querverkehr halten. |
2. Schaltenbrand fuhr hinter Bähler mit einem Abstand von nur 2-3 m, wobei die Geschwindigkeit der beiden Fahrzeuge ca. 100 km/h betrug. Dieses vorschriftswidrige Verhalten Schaltenbrands setzte Bähler einer erheblichen Gefahr aus. Wäre dieser nämlich aus irgend einem Grund gezwungen
BGE 99 IV 100 S. 102
gewesen, stark zu bremsen, so hätte das Fahrzeug Schaltenbrands unvermeidlich dasjenige Bählers gerammt. Dieser Gefahr versuchte der Beschwerdeführer dadurch zu entgehen, dass er durch Antippen des Bremspedals die Bremslichter kurz aufleuchten liess, um Schaltenbrand auf sein gefährliches Verhalten aufmerksam zu machen. Bei diesem Manöver wurde sein Wagen nach der für den Kassationshof verbindlichen Feststellung des angefochtenen Entscheides (Art. 277bis Abs. 1
SR 741.11 Verkehrsregelnverordnung vom 13. November 1962 (VRV) VRV Art. 12 Hintereinanderfahren - (Art. 34 Abs. 4 und 37 Abs. 1 SVG) |
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1 | Der Fahrzeugführer hat beim Hintereinanderfahren einen ausreichenden Abstand zu wahren, so dass er auch bei überraschendem Bremsen des voranfahrenden Fahrzeugs rechtzeitig halten kann. |
2 | Brüskes Bremsen und Halten sind nur gestattet, wenn kein Fahrzeug folgt und im Notfall. |
3 | Stockt der Verkehr, so darf der Fahrzeugführer nicht auf Fussgängerstreifen und, bei Strassenverzweigungen, nicht auf der Fahrbahn für den Querverkehr halten. |
Dispositiv
Demnach erkennt der Kassationshof:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts - Strafkammer - des Kantons Solothurn vom 26. April 1973 aufgehoben, soweit es Ulrich Bähler betrifft, und die Sache zur Freisprechung des Beschwerdeführers an die Vorinstanz zurückgewiesen.