99 Ia 473
58. Urteil vom 7. März 1973 i.S. Allmend-Korporation Horgen gegen Gemeinde Horgen und Verwaltungsgericht des Kantons Zürich.
Regeste (de):
- Art. 22ter
BV; Enteignung, Verhältnismässigkeit des Eingriffs.
- Zulässig ist derjenige Eingriff ins Eigentum, der zur zweckmässigen Realisierung des öffentlichen Werkes erforderlich ist.
- Für die Erstellung eines Schulhauses muss sich das Gemeinwesen nicht mit einer Baurechtsdienstbarkeit begnügen. Es ist das volle Eigentum abzutreten.
Regeste (fr):
- Art. 22ter Cst.; expropriation, proportionnalité de l'atteinte.
- Est admissible l'atteinte à la propriété qui est nécessaire à la réalisation d'un ouvrage public conforme à sa destination.
- Pour la construction d'un bâtiment scolaire, la collectivité ne doit pas se contenter d'un droit de superficie; la propriété complète doit être expropriée.
Regesto (it):
- Art. 22ter CF; espropriazione, proporzionalità delle misure che colpiscono la proprietà.
- Sono ammissibili le misure che colpiscono la proprietà necessarie alla realizzazione di un'opera pubblica in modo conforme alla sua destinazione.
- Per la costruzione di un edificio scolastico, la collettività non deve contentarsi di un diritto di superficie; espropriato dev'essere l'intero diritto di proprietà.
Sachverhalt ab Seite 473
BGE 99 Ia 473 S. 473
A.- Die politische Gemeinde Horgen will im Gebiet der Allmend eine Schulhausanlage mit 40 Klassenzimmern und Nebeneinrichtungen erstellen. Sie beansprucht dafür einen Teil des Grundstücks Kat. Nr. 7349, welches der Allmend-Korporation Horgen, einer dem kantonalen öffentlichen Recht unterstehenden privatrechtlichen Körperschaft, gehört. Die Allmend-Korporation ist bereit, der Gemeinde ein Baurecht einzuräumen, weigert sich jedoch, das volle Eigentum am Land abzutreten. Am 30. Dezember 1971 wies der Regierungsrat des Kantons Zürich in zweiter Instanz die von der Allmend-Korporation Horgen gegen das Enteignungsgesuch erhobene Einsprache ab und erteilte der Gemeinde Horgen das Enteignungsrecht für den Erwerb von ca. 34'000 m2 Land im südlichen Teil des
BGE 99 Ia 473 S. 474
genannten Grundstückes. Die Allmend-Korporation Horgen gelangte hiergegen an das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, das die Beschwerde am 23. Juni 1972 abwies. Das Verwaltungsgericht fand, dass die Erstellung einer Schulhausanlage im Baurecht mit Nachteilen verbunden sei, die dem öffentlichen Interesse zuwiderliefen und von keinem besonders gewichtigen Privatinteresse an einer solchen rechtlichen Lösung überwogen würden. Die Erteilung des vollen Enteignungsrechts stelle deshalb keinen unverhältnismässigen Eingriff in die Eigentumsrechte der Allmend-Korporation Horgen dar.
B.- Die Allmend-Korporation Horgen (im folgenden kurz "Allmend-Korporation" genannt) führt gegen diesen Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 23. Juni 1972 staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung der Eigentumsgarantie (Art. 22ter
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SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
C.- Die politische Gemeinde Horgen, vertreten durch die Schulpflege, und das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich beantragen die Abweisung der Beschwerde.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. (Kassatorische Natur der staatsrechtlichen Beschwerde).
2. a) Die Beschwerdeführerin macht eine Verletzung der Eigentumsgarantie geltend und beruft sich dabei auf Art. 22ter
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SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
BGE 99 Ia 473 S. 475
Rechtsverweigerung gemeint ist. Denn nach § 67 des zürcherischen Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959 (VRG) kann man sich dagegen auf dem Wege der Revision wenden. Von diesem kantonalen Rechtsbehelf hat die Beschwerdeführerin keine Gebrauch gemacht, weshalb es für die staatsrechtliche Beschwerde am Erfordernis der Erschöpfung des kantonalen Instanzenzugs fehlt (Art. 87
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SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
3. Die Allmend-Korporation anerkennt das Bedürfnis der Gemeinde nach einem neuen Schulhaus und wendet sich auch nicht gegen die Wahl des Standortes und das Ausmass der beanspruchten Fläche. Sie macht einzig geltend, das Schulhaus lasse sich ohne weiteres im Baurecht erstellen, weshalb die volle Enteignung ihres Bodens einen unverhältnismässigen und daher verfassungswidrigen Eingriff darstelle. Damit wird das öffentliche Interesse an der Beanspruchung des vollen Eigentums am Boden bestritten, und zwar in dem Sinne, dass dies weder notwendig noch verhältnismässig sei. Wie es sich damit verhält, prüft das Bundesgericht grundsätzlich frei (BGE 97 I 796 Erw. 4, 648, je mit Verweisungen).
4. Eine Enteignung darf nur so weit gehen, als dies zur Erreichung des im öffentlichen Interesse liegenden Zweckes notwendig ist. Dieses Prinzip der Verhältnismässigkeit des staatlichen Eingriffes ergibt sich unmittelbar aus Art. 22ter
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BGE 99 Ia 473 S. 476
öffentlichrechtlichen Eigentumsbeschränkung erreichen lässt (Urteil des Bundesgerichts vom 12. Juli 1971 i.S. G., Erw. 3, in ZBl 73/1972 S. 19; IMBODEN, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, 4. unver. Aufl., Basel 1971, Nr. 342 III c, 433 II c; GRISEL, Droit administratif suisse, Neuchâtel 1970, S. 369; OSKAR BOSSHARDT, Der Grundsatz der Verhältnismässigkeit im Enteignungsrecht, ZBl 65/1964 S. 399; HESS, Das Enteignungsrecht des Bundes, Art. 1 N 5). a) Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts sind bei der Anwendung des Verhältnismässigkeitsprinzips im konkreten Fall die Interessen des Grundeigentümers an der Erhaltung des Resteigentums dem Interesse des Enteigners am vollen Eigentumserwerb gegenüberzustellen. Das öffentliche Interesse verlange klare Verhältnisse. Wenn der Wert des Hauses offenbar den des Bodens übersteige, so solle keine Spaltung des Eigentums an Bau und Boden eintreten; entsprechend dem in Art. 673
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 673 - Übersteigt der Wert des Baues offenbar den Wert des Bodens, so kann derjenige, der sich in gutem Glauben befindet, verlangen, dass das Eigentum an Bau und Boden gegen angemessene Entschädigung dem Materialeigentümer zugewiesen werde. |
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 675 - 1 Bauwerke und andere Vorrichtungen, die auf fremdem Boden eingegraben, aufgemauert oder sonstwie dauernd auf oder unter der Bodenfläche mit dem Grundstücke verbunden sind, können einen besonderen Eigentümer haben, wenn ihr Bestand als Dienstbarkeit in das Grundbuch eingetragen ist. |
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1 | Bauwerke und andere Vorrichtungen, die auf fremdem Boden eingegraben, aufgemauert oder sonstwie dauernd auf oder unter der Bodenfläche mit dem Grundstücke verbunden sind, können einen besonderen Eigentümer haben, wenn ihr Bestand als Dienstbarkeit in das Grundbuch eingetragen ist. |
2 | Die Bestellung eines Baurechtes an einzelnen Stockwerken eines Gebäudes ist ausgeschlossen. |
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 779 - 1 Ein Grundstück kann mit der Dienstbarkeit belastet werden, dass jemand das Recht erhält, auf oder unter der Bodenfläche ein Bauwerk zu errichten oder beizubehalten. |
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1 | Ein Grundstück kann mit der Dienstbarkeit belastet werden, dass jemand das Recht erhält, auf oder unter der Bodenfläche ein Bauwerk zu errichten oder beizubehalten. |
2 | Dieses Recht ist, wenn es nicht anders vereinbart wird, übertragbar und vererblich. |
3 | Ist das Baurecht selbständig und dauernd, so kann es als Grundstück in das Grundbuch aufgenommen werden. |
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 779 - 1 Ein Grundstück kann mit der Dienstbarkeit belastet werden, dass jemand das Recht erhält, auf oder unter der Bodenfläche ein Bauwerk zu errichten oder beizubehalten. |
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1 | Ein Grundstück kann mit der Dienstbarkeit belastet werden, dass jemand das Recht erhält, auf oder unter der Bodenfläche ein Bauwerk zu errichten oder beizubehalten. |
2 | Dieses Recht ist, wenn es nicht anders vereinbart wird, übertragbar und vererblich. |
3 | Ist das Baurecht selbständig und dauernd, so kann es als Grundstück in das Grundbuch aufgenommen werden. |
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 779 - 1 Ein Grundstück kann mit der Dienstbarkeit belastet werden, dass jemand das Recht erhält, auf oder unter der Bodenfläche ein Bauwerk zu errichten oder beizubehalten. |
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1 | Ein Grundstück kann mit der Dienstbarkeit belastet werden, dass jemand das Recht erhält, auf oder unter der Bodenfläche ein Bauwerk zu errichten oder beizubehalten. |
2 | Dieses Recht ist, wenn es nicht anders vereinbart wird, übertragbar und vererblich. |
3 | Ist das Baurecht selbständig und dauernd, so kann es als Grundstück in das Grundbuch aufgenommen werden. |
BGE 99 Ia 473 S. 477
der von der Verfassung gebotenen restriktiven Handhabung öffentlicher staatlicher Eigentumsbeschränkungen einen unverhältnismässigen Eingriff dar. Ob die volle Enteignung oder nur die Einräumung eines Baurechts zulässig sei, entscheide sich einzig darnach, was zur Erreichung des öffentlichen Zweckes notwendig sei und dürfe nicht aufgrund einer Interessenabwägung zwischen Grundeigentümer und Gemeinwesen beurteilt werden. b) Seit jeher hat in Praxis und Lehre die Beanspruchung von privatem Boden für den Bau einer Schulhausanlage zu den typischen Fällen gehört, in denen die volle Enteignung zulässig ist. Die Beschwerdeführerin glaubt jedoch, dass sich angesichts der zunehmenden Bodenverknappung und insbesondere auch mit Rücksicht auf die Bedeutung, die das Rechtsinstitut des Baurechts seit seiner Neugestaltung im Jahre 1965 gewonnen hat (Art. 779
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 779 - 1 Ein Grundstück kann mit der Dienstbarkeit belastet werden, dass jemand das Recht erhält, auf oder unter der Bodenfläche ein Bauwerk zu errichten oder beizubehalten. |
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1 | Ein Grundstück kann mit der Dienstbarkeit belastet werden, dass jemand das Recht erhält, auf oder unter der Bodenfläche ein Bauwerk zu errichten oder beizubehalten. |
2 | Dieses Recht ist, wenn es nicht anders vereinbart wird, übertragbar und vererblich. |
3 | Ist das Baurecht selbständig und dauernd, so kann es als Grundstück in das Grundbuch aufgenommen werden. |
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 779 - 1 Ein Grundstück kann mit der Dienstbarkeit belastet werden, dass jemand das Recht erhält, auf oder unter der Bodenfläche ein Bauwerk zu errichten oder beizubehalten. |
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1 | Ein Grundstück kann mit der Dienstbarkeit belastet werden, dass jemand das Recht erhält, auf oder unter der Bodenfläche ein Bauwerk zu errichten oder beizubehalten. |
2 | Dieses Recht ist, wenn es nicht anders vereinbart wird, übertragbar und vererblich. |
3 | Ist das Baurecht selbständig und dauernd, so kann es als Grundstück in das Grundbuch aufgenommen werden. |
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts fordert das öffentliche Interesse an einem Werk unter anderem auch, dass dieses auf möglichst zweckmässige Weise erstellt wird. Das gilt nicht nur in technischer Hinsicht, sondern es müssen auch die rechtlichen Belange so ausgestaltet sein, dass das Gemeinwesen nicht mit unverhältnismässigen Lasten und Kosten beschwert wird (BGE 90 I 331; Urteil des Bundesgerichts vom 12. Juli 1971 i.S. G., Erw. 3 c, in ZBl 73/1972 S. 20). Der Grundsatz der Notwendigkeit des Eingriffs bedeutet somit entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht, dass nur gerade der Eingriff ins Eigentum zulässig sei, der zur Verwirklichung des öffentlichen Werkes unbedingt notwendig ist, sondern es ist der zur zweckmässigen Realisierung des Werkes erforderliche
BGE 99 Ia 473 S. 478
Eingriff zulässig. Eine Missachtung der gebotenen restriktiven Handhabung staatlicher Eigentumsbeschränkungen liegt darin nicht. Das Prinzip der Verhältnismässigkeit erschöpft sich jedoch nicht in dem Erfordernis, dass der Eingriff in die Eigentumsrechte zur Erreichung des verfolgten Zwecks notwendig sein muss, sondern verlangt auch eine Abwägung der im konkreten Fall einander entgegenstehenden öffentlichen und privaten Interessen. Je gewichtiger das öffentliche Interesse an einer Eigentumsbeschränkung ist, desto mehr tritt das private Interesse an der Erhaltung des Grundeigentums in den Hintergrund. Eine solche Interessenabwägung hat das Bundesgericht stets vorgenommen (das genannte Urteil vom 12. Juli 1971 in ZBl 73/1972 S. 20; BGE 97 I 647 Erw. 5, 799, BGE 93 I 250 Erw. 3; BOSSHARDT a.a.O. S. 399). Die Behauptung der Beschwerdeführerin, es sei einzig auf den Gesichtspunkt der Notwendigkeit des Eingriffs abzustellen und eine Interessenabwägung zwischen Gemeinwesen und Privatem dürfe nicht erfolgen, geht fehl und kann denn auch nicht näher dargetan werden. c) Wie das Verwaltungsgericht im angefochtenen Entscheid zutreffend ausführt, enthält die Baurechtsdienstbarkeit alle zivilrechtlichen Befugnisse, deren das Gemeinwesen bedarf, um eine Verwaltungsbaute, wie z.B. ein Schulhaus, zu erstellen und zu betreiben; Inhalt und Umfang des Baurechts können so umschrieben werden, dass der Bau im Laufe der Jahre wenn nötig erneuert und erweitert werden kann. Das Baurecht gewährleistet auch den Fortbestand dieser Befugnisse, sofern ihm keine Grundpfandrechte im Range vorgehen und damit die Gefahr einer vorzeitigen Löschung des Baurechts ausgeschaltet ist (vgl. die Botschaft des Bundesrates zum Entwurf eines Bundesgesetzes über die Änderung der Vorschriften betreffend das Baurecht und den Grundstückverkehr vom 9. April 1963, BBl 1963 I 993; Komm. HAAB zum ZGB Art. 675 N 3; MEIER-HAYOZ, Komm. zum ZGB, Art. 675 N 14). Das Baurecht kann jedoch als selbständiges Recht auf höchstens hundert Jahre begründet werden (Art. 779
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 779 - 1 Ein Grundstück kann mit der Dienstbarkeit belastet werden, dass jemand das Recht erhält, auf oder unter der Bodenfläche ein Bauwerk zu errichten oder beizubehalten. |
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1 | Ein Grundstück kann mit der Dienstbarkeit belastet werden, dass jemand das Recht erhält, auf oder unter der Bodenfläche ein Bauwerk zu errichten oder beizubehalten. |
2 | Dieses Recht ist, wenn es nicht anders vereinbart wird, übertragbar und vererblich. |
3 | Ist das Baurecht selbständig und dauernd, so kann es als Grundstück in das Grundbuch aufgenommen werden. |
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 779c - Geht das Baurecht unter, so fallen die bestehenden Bauwerke dem Grundeigentümer heim, indem sie zu Bestandteilen seines Grundstückes werden. |
BGE 99 Ia 473 S. 479
und der dafür beanspruchte Boden wird durch das Werk voll ausgenützt. Der Wert des Baues übersteigt denn auch, wie in der Beschwerde gleichfalls nicht bestritten wird, den Wert des Bodens. Die Gemeinde müsste somit das Baurecht nach seinem Ablauf verlängern und dafür allenfalls wiederum den Enteignungsweg beschreiten (Art. 779
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 779 - 1 Ein Grundstück kann mit der Dienstbarkeit belastet werden, dass jemand das Recht erhält, auf oder unter der Bodenfläche ein Bauwerk zu errichten oder beizubehalten. |
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1 | Ein Grundstück kann mit der Dienstbarkeit belastet werden, dass jemand das Recht erhält, auf oder unter der Bodenfläche ein Bauwerk zu errichten oder beizubehalten. |
2 | Dieses Recht ist, wenn es nicht anders vereinbart wird, übertragbar und vererblich. |
3 | Ist das Baurecht selbständig und dauernd, so kann es als Grundstück in das Grundbuch aufgenommen werden. |
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 779 - 1 Ein Grundstück kann mit der Dienstbarkeit belastet werden, dass jemand das Recht erhält, auf oder unter der Bodenfläche ein Bauwerk zu errichten oder beizubehalten. |
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1 | Ein Grundstück kann mit der Dienstbarkeit belastet werden, dass jemand das Recht erhält, auf oder unter der Bodenfläche ein Bauwerk zu errichten oder beizubehalten. |
2 | Dieses Recht ist, wenn es nicht anders vereinbart wird, übertragbar und vererblich. |
3 | Ist das Baurecht selbständig und dauernd, so kann es als Grundstück in das Grundbuch aufgenommen werden. |
BGE 99 Ia 473 S. 480
bedeutende öffentliche Mittel in ein Werk zu investieren auf das Risiko hin, mit dem Enteigneten nach Jahr und Tag über die weitere Benützungsberechtigung erneut verhandeln zu müssen (Verwaltungspraxis der Bundesbehörden Heft 32/1964-1965 Nr. 100). Nach der Praxis zum deutschen Bundesbaugesetz, welches in § 92 ausdrücklich bestimmt, dass die Enteignung auf die Belastung des Grundstücks mit einem Recht zu beschränken ist, sofern dies zur Verwirklichung des Enteignungszweckes ausreicht, ist ein Baurecht bzw. Erbbaurecht auf dem beanspruchten Grundstück überhaupt nicht möglich, wenn es sich um sogenannte Gemeinbedarfsflächen handelt (Kommentar HEITZER-ÖSTERREICHER zum Bundesbaugesetz, 2. Aufl. Berlin 1965, § 92 Anm. 2). Diese Gründe des öffentlichen Interesses, die der Erstellung einer Schulhausanlage im Baurecht entgegenstehen, sind allerdings zu einem wesentlichen Teil finanzieller Natur. Dem Gebot einer zweckmässigen und rationellen Verwaltung kommt aber doch eine solche Bedeutung zu, dass nur ein ganz besonderes privates Interesse an der Beibehaltung eines Restes der Verfügungsgewalt am Eigentum es überwiegen und den Eingriff der vollen Enteignung als unverhältnismässig und damit verfassungswidrig erscheinen lassen könnte. Der Enteignete müsste dartun können, dass die ihm neben der Baurechtsdienstbarkeit verbleibende Verfügungsbefugnis noch eine erhebliche Restnutzung des Grundstücks ermögliche, an der ein schützenswertes Interesse anzuerkennen wäre. So wäre z.B. denkbar, dass sich der Enteignete eine unter- oder oberirdische Nutzungsmöglichkeit vorbehalten möchte, die sich neben dem öffentlichen Werk ohne weiteres vertragen würde und angesichts deren Bedeutung dem Gemeinwesen die Beschränkung auf die Enteignung bloss einer Baurechtsdienstbarkeit zuzumuten wäre (vgl. das Urteil des Bundesgerichts i.S. Gauger vom 12. Juli 1971 Erw. 3 c in ZBl 73/1972 S. 20). Auch in solchen Fällen, wie z.B. dann, wenn der Enteignete eine unterirdische Parkgarage erstellen will, wird diesem privaten Interesse in der Regel aber wohl damit hinreichend Rechnung getragen werden, dass der Staat als Enteigner ihm die Einräumung eines Baurechts zusichert. Wie es sich damit verhält, kann jedoch offen bleiben, da im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für einen Verzicht der Gemeinde auf das volle Eigentum offensichtlich nicht erfüllt sind. Die Beschwerdeführerin macht überhaupt nicht geltend,
BGE 99 Ia 473 S. 481
einen neben der geplanten Schulhausanlage verbleibenden Rest des Grundstückes noch nutzen zu wollen. Sie beruft sich einzig auf ihr Interesse an der Erhaltung des Eigentums als solchen. Die Erhaltung der "nuda proprietas" ist jedoch ein Interesse, das angesichts desjenigen des Gemeinwesens am vollen Verfügungsrecht unerheblich ist. Der damit verbundene Vorteil ist der, dass die Enteignete statt zu einer Enteignungsentschädigung in der Höhe des Verkehrswertes des Bodens zur Zeit des Enteignungsverfahrens in den Genuss eines den steigenden Bodenwerten sich anpassenden Baurechtszinses käme und somit an einer künftigen Wertsteigerung ihres Bodens noch teilhaben könnte. Auf eine solche Leistung seitens des Staates besteht aufgrund der Eigentumsgarantie aber kein Anspruch, weshalb darin auch kein schützenswertes privates Interesse gesehen werden kann. Es lässt sich sogar sagen, dass die Beanspruchung des vollen Eigentums wirtschaftlich gar keinen schwereren Eingriff darstellt als die Enteignung einer Baurechtsdienstbarkeit (so auch das deutsche Bundesverfassungsgericht in einem in DöV 1964 S. 611 publizierten Urteil). Die Beschwerdeführerin stellt zwar in Abrede, mit ihrem Begehren einen solchen wirtschaftlichen Vorteil zu verfolgen. Wie ihren Ausführungen zu entnehmen ist, soll ihr schützenswertes besonderes Interesse an der Erhaltung der "nuda proprietas" in der Tatsache liegen, dass sie als eine seit alters her bestehende Korporation statutarisch verpflichtet sei, ihr Eigentum zu erhalten. Abgesehen davon, dass eine Erhaltung des nackten Eigentums einzig aus diesem Grunde sich in einer rein abstrakten Bedeutung erschöpfen würde, kann die Beschwerdeführerin keine andere Behandlung für sich beanspruchen als andere private Grundeigentümer, die nicht weniger bestrebt sein können, ihr Eigentum zu erhalten. Als eine dem kantonalen öffentlichen Recht unterstehende privatrechtliche Körperschaft unterliegt die Beschwerdeführerin dem Enteignungsrecht wie alle andern privaten und öffentlichen Eigentümer. Freilich kann der Enteigner aus irgendwelchen politischen Überlegungen gegenüber einer solchen Korporation auf die volle Enteignung verzichten und sich mit einer komplizierteren und aufwendigeren rechtlichen Lösung abfinden. Das Bundesgericht hat unter dem Gesichtspunkt der Eigentumsgarantie nur zu prüfen, ob die volle Enteignung einen unverhältnismässigen Eingriff darstellt, was nach dem Gesagten nicht der Fall ist.
BGE 99 Ia 473 S. 482
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.