97 II 309
43. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 4. November 1971 i.S. Reinmann gegen Reinmann und Allemann.
Regeste (de):
- Gewinnanteilsrecht der Miterben (Art. 619
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 619 - Für die Übernahme und Anrechnung von landwirtschaftlichen Gewerben und Grundstücken gilt das Bundesgesetz vom 4. Oktober 1991554 über das bäuerliche Bodenrecht.
- 1. Die seit dem 1. Juli 1965 in Kraft stehende Fassung von Art. 619
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 619 - Für die Übernahme und Anrechnung von landwirtschaftlichen Gewerben und Grundstücken gilt das Bundesgesetz vom 4. Oktober 1991554 über das bäuerliche Bodenrecht.
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 619 - Für die Übernahme und Anrechnung von landwirtschaftlichen Gewerben und Grundstücken gilt das Bundesgesetz vom 4. Oktober 1991554 über das bäuerliche Bodenrecht.
- 2. Eine rechtskräftige Schätzung des Verkehrs- und Ertragswerts landwirtschaftlicher Grundstücke durch die gemäss Art. 7 LEG bezeichnete kantonale Schätzungsbehörde darf abgeändert werden, wenn seit dem Schätzungsbefund für diesen erhebliche Tatsachen bekannt geworden sind.
Regeste (fr):
- Droit des cohéritiers à une part au gain (art. 619 CC).
- 1. La teneur de l'art. 619 CC, en vigueur depuis le 1er juillet 1965, entend simplement clarifier et perfectionner la réglementation existante jusqu'alors. Aussi bien d'après l'ancienne que d'après la nouvelle teneur de l'art. 619 CC, le droit des cohéritiers à une part au gain existe lorsque le changement d'affectation d'un immeuble agricole présente un caractère semblable à une aliénation. C'est le cas lorsque le changement d'affectation est durable et que le gain qu'on en tire se trouve dans une disproportion évidente avec le revenu agricole de l'immeuble. L'exploitation de gisements de gravier sur un immeuble agricole pendant une longue période donne naissance au droit à une part au gain.
- 2. L'estimation définitive de la valeur vénale et de rendement d'immeubles agricoles effectuée par l'autorité cantonale d'estimation désignée conformément à l'art. 7 LDDA peut être modifiée si depuis l'estimation des faits importants sont devenus connus.
Regesto (it):
- Partecipazione dei coeredi all'utile (art. 619 CC).
- 1. Il tenore dell'art. 619 CC, in vigore dal 10 luglio 1965, intende semplicemente chiarire e perfezionare la regolamentazione sino allora esistente. Sia secondo il vecchio, sia secondo il nuovo tenore dell'art. 619 CC, il diritto dei coeredi a una parte dell'utile esiste quando il cambiamento della destinazione di un immobile agricolo presenta un carattere simile ad un'alienazione. Questo caso si avvera allorchè il cambiamento della destinazione è duraturo e l'utile ricavato si trova in una sproporzione evidente con il reddito agricolo dell'immobile. Lo sfruttamento di giacimento di ghiaia su di un immobile agricolo durante un lungo periodo fa sorgere il diritto a una parte dell'utile.
- 2. La stima definitiva del valore venale e di reddito di immobili agricoli effettuata dall'autorità cantonale di stima designata giusta l'art. 7 LSPA può essere modificata se, dopo la stima medesima, si son conosciuti fatti importanti.
Sachverhalt ab Seite 310
BGE 97 II 309 S. 310
A.- Der am 20. September 1958 verstorbene Robert Reinmann hinterliess als gesetzliche Erben seine vier Kinder Marie Allemann-Reinmann sowie Karl, Hedwig und Walter Reinmann. Zum Nachlass gehörte ein landwirtschaftliches Heimwesen mit insgesamt 21 Parzellen. Die Gültschatzungskommission schätzte am 20. Oktober 1958 den Ertragswert dieses Heimwesens auf Fr. 108 200.-- und den Verkehrswert auf Fr. 140 700.--. Am 29. November 1958 verkauften die Erben das Heimwesen dem Walter Reinmann zum Ertragswert von Fr. 108 200.--. In Ziff. 5 der Vertragsbestimmungen wurde das folgende Gewinnbeteiligungsrecht statuiert: "Der Käufer räumt seinen Mitverkäufern, Frau Marie Allemann geb. Reinmann, Fräulein Hedwig Reinmann und Herrn Karl Reinmann-Leuenberger, alle vorgenannt, auf die Dauer von 12 Jahren, d.h. vom 20. September 1958 bis 20. September 1970 an den vorbeschriebenen Liegenschaften ein Gewinnbeteiligungsrecht gemäss Art. 619
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BGE 97 II 309 S. 311
B.- Am 15. Januar 1963 schloss Walter Reinmann mit der Firma Marti AG einen Dienstbarkeits- und einen Baurechtsvertrag ab, worin er dieser Firma das Recht einräumte, auf seinen beiden Parzellen Nr. 115 und 118 Kies und Sand auszubeuten sowie die für die Ausbeutung nötigen technischen Einrichtungen und die für den Betrieb erforderlichen Verwaltungsgebäude zu errichten. Es wurde vereinbart, dass das Vertragsverhältnis mit der Eintragung der Dienstbarkeiten im Grundbuch, d.h. am 17. Januar 1963, beginne und bis zur völligen Ausbeutung der beiden Parzellen, längstens aber 30 Jahre dauere. Sollten im Verlauf der Ausbeutung 20% oder mehr nicht verwertbares Material zum Vorschein kommen, so hätte die Dienstbarkeitsberechtigte das Recht, die Verträge auf sechs Monate zu kündigen. Die Firma Marti verpflichtete sich, Walter Reinmann für die Kies- und Sandausbeutung pro Kubikmeter verwertbaren Materials einen Franken zu zahlen und die Parzellen nach der Ausbeutung einigermassen auszuebnen und zu humusieren, so dass sie wieder landwirtschaftlich genutzt werden können. In der Folge begann die Firma Marti mit der Ausbeutung der beiden Parzellen. Walter Reinmann erhielt die vertraglich zugesicherte Entschädigung, die im November 1966 bereits den Betrag von Fr. 110 000.-- erreichte. Wegen des Auftretens einer starken Lehmschicht wurde die weitere Ausbeutung im Laufe des Jahres 1969 eingestellt.
C.- Am 10. November 1966 erhoben Marie Allemann-Reinmann sowie Karl und Hedwig Reinmann gegen Walter Reinmann Klage auf Feststellung, dass der Beklagte den durch die Einräumung eines Ausbeutungsrechtes erzielten Gewinn mit den Klägern zu teilen habe. Am 3. Mai 1967 änderten sie die Feststellungsklage in eine Leistungsklage ab, mit der sie verlangten, dass der Beklagte zu verpflichten sei, den Klägern einen gerichtlich zu bestimmenden, Fr. 15 000.-- übersteigenden Betrag zu zahlen. Zur Begründung machten sie geltend, dass die vom Beklagten auf Grund des eingeräumten Ausbeutungsrechtes erzielten Gewinne unter das Gewinnbeteiligungsrecht fallen. Der Beklagte widersetzte sich der Klage. Am 3. Dezember 1969 zog Hedwig Reinmann die Klage zurück. Mit Urteil vom 16./22. Dezember 1970 nahm der Appellatiunshof des Kantons Bern vom Rückzug der Klage der Hedwig Reinmann Kenntnis und verpflichtete den Beklagten, den Klägern
BGE 97 II 309 S. 312
Karl Reinmann und Marie Allemann-Reinmann je einen Betrag von Fr. 75 384.50 sowie seine eigenen Gerichtskosten und die Prozesskosten der beiden Kläger, die später bestimmt werden, zu bezahlen.
D.- Gegen dieses Urteil erhebt der Beklagte Berufung an das Bundesgericht mit dem Antrag, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen, eventuell die Sache zur Aktenergänzung, Durchführung eines Beweisverfahrens und Ausfällung eines neuen Entscheides an die Vorinstanz zurückzuweisen. Marie Allemann-Reinmann und Karl Reinmann beantragen die Abweisung der Berufung.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. 2. - ... (Prozessuale Fragen).
3. a) Der seit dem 1. Juli 1965 in Kraft stehende Art. 619
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BGE 97 II 309 S. 313
Im vorliegenden Fall erwarb der Beklagte das Heimwesen am 29. November 1958 von seinen Miterben und begründete gleichzeitig zu deren Gunsten ein Gewinnbeteiligungsrecht. Wie die Vorinstanz zutreffend ausführte, gelangt demnach im vorliegenden Fall die frühere Fassung des Art. 619
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BGE 97 II 309 S. 314
von der Rechtsprechung und der Lehre extensiv ausgelegt wor den (SJZ 1954 S. 14; BECK, a.a.O., S. 63 mit Verweisungen; VON GUNTEN, Die Rechte der abzufindenden Erben im bäuerlichen Erbrecht des schweizerischen Zivilgesetzbuches, Diss. Bern 1947, S. 90). So war in der Lehre unbestritten, dass den Miterben entgegen dem klaren Gesetzeswortlaut nicht nur beim Verkauf, sondern auch in andern Fällen ein Gewinnbeteiligungsrecht zustehen solle, so namentlich beim Tausch, beim verschleierten Verkauf, bei der Einbringung eines Grundstücks in eine Gesellschaft, bei der Zwangsvollstreckung und unter Umständen auch bei der Enteignung (nicht veröffentlichtes Urteil des Bundesgerichtes vom 29. Mai 1970 i.S. Rohrer, Erw. 2b; TUOR, N. 14 zu Art. 619
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BGE 97 II 309 S. 315
diesen Autoren erst dann gegeben, wenn die Zweckentfremdung praktisch eine Veräusserung darstellt oder zumindest veräusserungsähnlichen Charakter aufweist. Das letztere ist der Fall, wenn die Zweckentfremdung dauernd ist und der erzielte Gewinn in einem krassen Missverhältnis zum landwirtschaftlichen Ertrag des Grundstückes steht. Als dauernd ist die Zweckentfremdung zu betrachten, wenn sie auf längere (zum Beispiel jahrzehntelange) Dauer angelegt ist oder ohne grossen Schaden nicht mehr rückgängig gemacht werden kann (BECK, a.a.O., S. 97). Eine Zweckentfremdung mit veräusserungsähnlichem Charakter ist aber nach dem Ausgeführten auch gegeben, wenn auf einem landwirtschaftlichen Grundstück grössere Kiesvorkommen ausgebeutet werden; denn dadurch werden Substanz und Wert des Grundstückes für dauernd vermindert, da der Verlust nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Dabei kann es nicht darauf ankommen, ob der Übernehmer des Grundstückes die vorhandenen Kiesvorkommen selber ausbeutet oder das Ausbeutungsrecht gegen Entschädigung einem Dritten überträgt, obschon die heutige Fassung von Art. 619
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BGE 97 II 309 S. 316
Es ist also mit der Vorinstanz und entgegen den Darlegungen in der Berufungsschrift davon auszugehen, dass das neue Recht mit Bezug auf die Entstehung des Gewinnbeteiligungsrechtes keine neue Ordnung aufstellen, sondern die bisher geltende lediglich verdeutlichen und vervollkommnen wollte. Im vorliegenden Falle war das der Firma Marti AG eingeräumte Ausbeutungsrecht auf die Dauer, nämlich auf 30 Jahre, angelegt. Auch wenn die Ausbeutung wegen Auftretens einer starken Lehmschicht bereits im Jahre 1969 eingestellt worden ist, so hat der Beklagte doch einen erheblichen Gewinn erzielt, der in krassem Missverhältnis zum landwirtschaftlichen Ertrag der beiden Parzellen steht. Die Ausbeutung war auch mit einem erheblichen Substanzverlust verbunden. Bei dieser Sachlage verstiess der Appellationshof nicht gegen Bundesrecht, wenn er das Gewinnbeteiligungsrecht der Kläger nach altem Recht bejahte. Seine Auslegung bewegte sich im Rahmen der Zweckbestimmung sowohl des heute geltenden wie des früheren Art. 619
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4. a) Nach der alten Fassung von Art. 619
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Unbestritten ist, dass der Beklagte das Heimwesen zum Ertragswert von Fr. 108 200.-- übernommen hat. Der Beklagte
BGE 97 II 309 S. 317
verlangt nun, dass im vorliegenden Verfahren von dem von der Gültschatzungskommission am 20. Oktober 1958 auf Fr. 140 700.-- festgelegten Verkehrswert auszugehen sei. Diese Schätzung wurde von den Parteien seinerzeit anerkannt und ist damit rechtskräftig geworden. Trotz der Verbindlichkeit rechtskräftiger Schatzungsentscheide für die Gerichte (BGE 87 II 74 und BGE 58 II 406 ff.; TUOR-PICENONI, N. 21a zu Art. 619
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BGE 97 II 309 S. 318
Die Direktion der Landwirtschaft des Kantons Bern setzte demgemäss die für 1959 geltenden Ertrags- und Verkehrswerte für die beiden Parzellen wie folgt fest: Verkehrswert: Parzelle Nr. 115: Fr. 245 500.--
Parzelle Nr. 118: Fr. 81 200.: Fr. 326 700.--
Ertragswert: Parzelle Nr. 115: Fr. 18 850.--
Parzelle Nr. 118: Fr. 2 693.--: Fr. 21 543.--
Differenzbetrag: Fr. 305 157.--
Da dieser Entscheid nicht an das Bundesgericht weitergezogen wurde, erwuchs er in Rechtskraft und trat bezüglich der Parzellen Nr. 115 und 118 an die Stelle des früheren Schatzungsentscheides vom 20. Oktober 1958. Gemäss der angeführten Rechtsprechung und Lehre ist er für die Gerichte, die das Gewinnbeteiligungsrecht zu beurteilen haben, verbindlich. b) Der Beklagte behauptet, dass sich der von der Vorinstanz errechnete Gewinn um verschiedene Positionen verringere. Seine Einwendungen sind jedoch unbegründet. Wohl ist auch er selbst gewinnberechtigt. Die Vorinstanz hat dem aber dadurch Rechnung getragen, dass sie den teilbaren Gewinn entsprechend der Anzahl der vorhandenen Erben durch vier teilte und den Beklagten nur verpflichtete, seinen im Prozess verbleibenden zwei Geschwistern je einen Viertel des Gewinnes auszuzahlen. Den Anteil der Hedwig Reinmann liess die Vorinstanz faktisch dem Beklagten zukommen. Für die Ausbesserung der Gebäulichkeiten darf der Beklagte keinen Abzug machen, da nach der verbindlichen Feststellung der Vorinstanz auf den Parzellen Nr. 115 und 118 keine Gebäulichkeiten stehen. Entgegen der Meinung des Beklagten hat die Vorinstanz für den Ausfall der landwirtschaftlichen Nutzung an den beiden Parzellen den Betrag von Fr. 49 717.-- abgezogen. Dass dieser Betrag unangemessen niedrig oder unter Verletzung bundesrechtlicher Beweisvorschriften errechnet worden sei, macht der Beklagte nicht geltend. In der Berufungsschrift wird schliesslich ausgeführt, durch die von der Vorinstanz herangezogene Berechnungsart werde der Beklagte im Ergebnis schlechter gestellt, als wenn das neue Recht angewendet worden wäre; denn nach Art. 619bis Abs. 2
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BGE 97 II 309 S. 319
aber nach neuem Recht nicht nur während 15, sondern während 25 Jahren mit dem Gewinnbeteiligungsrecht der Geschwister belastet gewesen, und die Maximalsumme des teilbaren Gewinnes würde nicht in der Differenz zwischen dem seinerzeitigen Ertragswert und dem bei der Teilung geltenden Verkehrswert, sondern in jenem Betrag bestehen, um den der Veräusserungspreis den Übernahmepreis übersteigt (Art. 619bis Abs. 1
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 619 - Für die Übernahme und Anrechnung von landwirtschaftlichen Gewerben und Grundstücken gilt das Bundesgesetz vom 4. Oktober 1991554 über das bäuerliche Bodenrecht. |
c) Nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz hat der Beklagte vom 15. Januar 1963 bis zum 15. Juni 1970 insgesamt Fr. 351 255.-- eingenommen. Der Appellationshof hat davon den Ertragsausfall in der Höhe von Fr. 49 717.-- abgezogen und auf diese Weise einen teilbaren Gewinn von Fr. 301 538.-- ermittelt. Dieser Betrag ist etwas geringer als die errechnete Differenz zwischen dem Ertrags- und dem Verkehrswert von Fr. 305 157.--. Den teilbaren Gewinn hat die Vorinstanz entsprechend der Anzahl der Erben durch vier geteilt und den Beklagten verpflichtet, seinen zwei noch im Streite stehenden Geschwistern je Fr. 75 384.50 zu zahlen. Diese Berechnung ist vom Beklagten an sich nicht angefochten worden. Die Berufung erweist sich somit in allen Teilen als unbegründet, so dass sie abzuweisen ist.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Appellationshofes des Kantons Bern vom 16./22. Dezember 1970 bestätigt.