Urteilskopf

97 II 108

17. Urteil der II. Zivilabteilung vom 17. Juni 1971 i.S. Verband Archimedes gegen Hilfskasse der Studierenden des Abend-Technikums Zürich.
Regeste (de):

Regeste (fr):

Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 109

BGE 97 II 108 S. 109

A.- Der Verband "Archimedes" der Absolventen und Studierenden Schweizerischer Abendtechniken errichtete im Jahre 1930 zusammen mit der Lehrergenossenschaft Juventus, deren Rechtsnachfolgerin die Institut Juventus AG ist, eine Unterstützungskasse. Diese wurde am 20. November 1948 als Verein gemäss Art. 60 ff
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 60 - 1 Vereine, die sich einer politischen, religiösen, wissenschaftlichen, künstlerischen, wohltätigen, geselligen oder andern nicht wirtschaftlichen Aufgabe widmen, erlangen die Persönlichkeit, sobald der Wille, als Körperschaft zu bestehen, aus den Statuten ersichtlich ist.
1    Vereine, die sich einer politischen, religiösen, wissenschaftlichen, künstlerischen, wohltätigen, geselligen oder andern nicht wirtschaftlichen Aufgabe widmen, erlangen die Persönlichkeit, sobald der Wille, als Körperschaft zu bestehen, aus den Statuten ersichtlich ist.
2    Die Statuten müssen in schriftlicher Form errichtet sein und über den Zweck des Vereins, seine Mittel und seine Organisation Aufschluss geben.
. ZGB neu gegründet. Am 9. Juni 1954 wurde ihr Name in Hilfskasse der Studierenden des Abend-Technikums Zürich abgeändert. Das Abend-Technikum Zürich wird von der Institut Juventus AG geführt.
Nach Art. 4 ihrer Statuten ist die Mitgliedschaft bei der Hilfskasse für alle regulär am Abend-Technikum Zürich Studierenden obligatorisch. Die Hilfskasse bezweckt laut Art. 2 der Statuten die Unterstützung von Studierenden des Abend-Technikums Zürich, die aus irgendwelchen Gründen eine finanzielle Hilfe zur Fortsetzung oder zum Abschluss ihres Studiums benötigen. Als Unterstützungsbeiträge kommen, sofern es die Mittel der Kasse erlauben, einmalige Beiträge an Veranstaltungen wie Vorträge, Exkursionen, ferner Erweiterungen von Laboratoriumseinrichtungen etc., die den Ausbildungszwecken der Studierenden des Abend-Technikums dienen, in Frage (Art. 3 der Statuten). Die Mittel der Hilfskasse bestehen aus den Semesterbeiträgen der Kassenmitglieder, einem Beitrag des Abend-Technikums Zürich in der gleichen Höhe wie die von den Mitgliedern einbezahlte Beitragssumme je Semester und dem Erlös aus Kapital, Veranstaltungen und Schenkungen sowie dem Gründungsfonds in der Höhe von Fr. 1000.-- (Art. 7 der Statuten). Die auf diese Weise geäufneten Mittel belaufen sich heute auf rund Fr. 100 000.--. Die Hilfskasse besitzt die üblichen Vereinsorgane, namentlich
BGE 97 II 108 S. 110

die Generalversammlung der Mitglieder und den Vorstand (Art. 8 der Statuten). Der Generalversammlung obliegen insbesondere die Abnahme des Jahresberichtes und der Jahresrechnung, die Änderung der Statuten, die Wahlen sowie die Genehmigung der unter Art. 3 der Statuten fallenden Kassenleistungen, welche den Betrag von Fr. 500.-- übersteigen (Art. 11 und 24 der Statuten).
B.- Die Statuten des Vereins Hilfskasse wurden bereits am 10. Juli 1948 von einer ausserordentlichen Generalversammlung des Verbandes Archimedes und am 20. November 1948 auch von der Schulleitung des Abend-Technikums Zürich genehmigt. Die Schulleitung und der Verband Archimedes, beide Nichtmitglieder des Vereins Hilfskasse, liessen sich in dessen Statuten als Gründerparteien bestimmte Befugnisse einräumen. So sind sie berechtigt, im fünfköpfigen Vorstand der Hilfskasse je zwei Vertreter und einen Ersatzmann zu stellen (Art. 13 der Statuten). Das Geschäftsreglement des Vorstandes der Hilfskasse unterliegt ebenfalls der Genehmigung durch die beiden Gründerparteien, d.h. die Schulleitung und den Verband Archimedes (Art. 15 der Statuten). Laut Art. 12 der Statuten treten die Beschlüsse der Generalversammlung der Hilfskasse erst in Kraft, wenn innerhalb eines Monats, nach erfolgter schriftlicher Mitteilung an die Gründerparteien, von denselben kein Einspruch erhoben wird. Der Verein Hilfskasse kann auch nur mit Zustimmung der beiden Gründerparteien aufgelöst werden (Art. 25 der Statuten). Die Liquidation der Kasse erfolgt erst fünf Jahre nach dem Auflösungsbeschluss. Dabei wird das Vermögen der Kasse auf beide Gründerparteien zur weiteren Verwendung im Sinne dieser Kasse hälftig geteilt (Art. 28 der Statuten).
C.- Der Verband Archimedes und die Institut Juventus AG schlossen am 8. März 1967 eine Vereinbarung über die Auflösung des Vereins Hilfskasse und beabsichtigten, ihren Auflösungsantrag den Kassenmitgliedern im Wintersemester 1968/69 zur Genehmigung zu unterbreiten. Die 35. ordentliche Generalversammlung der Hilfskasse vom 24. August 1967 beschloss zunächst die Erteilung eines Kredites von Fr. 12 500.--, um dem Abend-Technikum Zürich gemäss seinem Antrag ein Laborgerät zu schenken. Auf Antrag eines Studierenden wurde dann aber dieser Kredit auf Fr. 25 000.-- erhöht. Der Mehrbetrag sollte für den Ankauf noch unbestimmter
BGE 97 II 108 S. 111

Laboreinrichtungen verwendet werden. Das Begehren des Verbandes Archimedes, die Schenkung erst anlässlich der Liquidation der Hilfskasse zu vollziehen, wurde abgelehnt. Im Protokoll der Generalversammlung vom 24. August 1967 wurde festgehalten, dass die gefassten Beschlüsse gemäss Art. 12 der Statuten den beiden Gründerparteien schriftlich bekannt gegeben werden müssen. Der Vorstand des Verbandes Archimedes erhielt diese Mitteilung am 12. September 1967. Der Verband hatte aber bereits mit einer Zuschrift vom 6. September 1967 gegen die Beschlüsse der Generalversammlung Einsprache erhoben. Am 14. September 1967 bestätigte er diese Einsprache gegenüber der Hilfskasse. Trotz dieser Einsprache beschloss der Vorstand des Vereins Hilfskasse am 23. November 1967, den Betrag von Fr. 12 500.-- für die Anschaffung einer Fernsehanlage und eines Sigmatic-Baukastens auszulegen und bezüglich des Restbetrages von Fr. 12 500.-- den Rektor des Abend-Technikums Zürich zu beauftragen, an der nächsten Vorstandssitzung einen Vorschlag betreffend den Ankauf von Laboreinrichtungen zu unterbreiten. In seiner 37. ordentlichen Generalversammlung vom 11. September 1968 beschloss der Verein Hilfskasse seine Auflösung.
D.- Mit vorsorglicher Verfügung vom 11. Januar 1968 verbot der Einzelrichter im summarischen Verfahren der Hilfskasse die ganze oder teilweise Auszahlung der in der Generalversammlung vom 24. August 1967 beschlossenen Beiträge von insgesamt Fr. 25 000.-- und setzte dem Verband Archimedes Frist zur Klage. Dieser erhob rechtzeitig Klage mit dem Begehren, dem beklagten Verein Hilfskasse sei unter Strafandrohung zu untersagen, der Institut Juventus AG bzw. der Laboratoriumsstiftung Abend-Technikum Zürich die vom Vorstand des Beklagten am 23. November 1967 beschlossene Auszahlung von Fr. 12 500.-- zu machen. Das Bezirksgericht Zürich wies die Klage mit Urteil vom 11. Juni 1970 ab. Eine hiegegen erhobene Berufung wurde vom Obergericht des Kantons Zürich am 23. Oktober 1970 abgewiesen. Zur Begründung führte das Obergericht im wesentlichen aus, beim Beklagten handle es sich um einen selbständigen Verein, der nicht einem umfassenderen Verein eingegliedert sei. Die beiden Gründerparteien, die indessen den Verein nicht allein gegründet hätten, seien nicht Vereinsmitglieder, sondern Dritte geblieben. Wenn ihnen in Art. 12 der Statuten ein Einspracherecht
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gegenüber allen Beschlüssen der Generalversammlung der Mitglieder eingeräumt werde, so gehe dies weit über den Schutz, den selbst die Mitglieder des Vereins nach Art. 75
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ZGB Art. 75 - Beschlüsse, die das Gesetz oder die Statuten verletzen, kann jedes Mitglied, das nicht zugestimmt hat, von Gesetzes wegen binnen Monatsfrist, nachdem es von ihnen Kenntnis erhalten hat, beim Gericht anfechten.
ZGB geniessen, hinaus und widerspreche dem Grundsatz der Vereinsautonomie. Die Statuten könnten nicht einerseits die Vereinsversammlung als oberstes Organ bezeichnen und ihr anderseits die Selbstbestimmung auf dem Umweg über ein Einspracherecht Dritter nehmen. Art. 12 der Statuten der Hilfskasse sei daher nichtig.
E.- Auf eine vom Verband Archimedes erhobene kantonalrechtliche Nichtigkeitsbeschwerde ist das Kassationsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 8. Februar 1971 nicht eingetreten.
F.- Der Verband Archimedes führt Berufung an das Bundesgericht. Er beantragt die Aufhebung des Urteils des Obergerichts und erneuert sein bereits vor den kantonalen Instanzen gestelltes Begehren.
G.- Der Beklagte beantragt Abweisung der Berufung.

Erwägungen

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Mit der Klage wird die Untersagung der Auszahlung eines Betrages von Fr. 12'500.-- verlangt. Es ist somit eine vermögensrechtliche Streitigkeit im Sinne von Art. 46
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 75 - Beschlüsse, die das Gesetz oder die Statuten verletzen, kann jedes Mitglied, das nicht zugestimmt hat, von Gesetzes wegen binnen Monatsfrist, nachdem es von ihnen Kenntnis erhalten hat, beim Gericht anfechten.
OG gegeben, wobei sich das Rechtsbegehren ausdrücklich auf eine bestimmte Geldsumme bezieht, was für die Bestimmung des Streitwertes massgebend ist (Art. 36 Abs. 1
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ZGB Art. 75 - Beschlüsse, die das Gesetz oder die Statuten verletzen, kann jedes Mitglied, das nicht zugestimmt hat, von Gesetzes wegen binnen Monatsfrist, nachdem es von ihnen Kenntnis erhalten hat, beim Gericht anfechten.
OG). Da ein einziger vermögensrechtlicher Anspruch eingeklagt ist, stellt der Betrag von Fr. 12'500.-- das im Rechtsstreit stehende Vermögensinteresse dar (vgl. analogBGE 78 II 183lit. b). Die Frage der Gültigkeit statutarischer Bestimmungen, insbesondere von Art. 12 der Statuten des Beklagten, bildet lediglich ein Motiv für den Entscheid über das Rechtsbegehren. Die Klage ist auch nicht auf die Anfechtung von Beschlüssen der Generalversammlung gerichtet, bei denen das Gesamtinteresse des beklagten Vereins massgebend wäre (vgl. hiezu das unveröffentlichte Urteil des Bundesgerichts vom 5. Februar 1960 i.S. R. c. R., Erw. 1). Bei einem Streitwert von Fr. 12'500.-- ist die Berufung gemäss Art. 46
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ZGB Art. 75 - Beschlüsse, die das Gesetz oder die Statuten verletzen, kann jedes Mitglied, das nicht zugestimmt hat, von Gesetzes wegen binnen Monatsfrist, nachdem es von ihnen Kenntnis erhalten hat, beim Gericht anfechten.
OG zulässig.

2. Unbestritten ist, dass die beklagte Hilfskasse sich in aller Form rechtens als Verein nach Art. 60 ff
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ZGB Art. 60 - 1 Vereine, die sich einer politischen, religiösen, wissenschaftlichen, künstlerischen, wohltätigen, geselligen oder andern nicht wirtschaftlichen Aufgabe widmen, erlangen die Persönlichkeit, sobald der Wille, als Körperschaft zu bestehen, aus den Statuten ersichtlich ist.
1    Vereine, die sich einer politischen, religiösen, wissenschaftlichen, künstlerischen, wohltätigen, geselligen oder andern nicht wirtschaftlichen Aufgabe widmen, erlangen die Persönlichkeit, sobald der Wille, als Körperschaft zu bestehen, aus den Statuten ersichtlich ist.
2    Die Statuten müssen in schriftlicher Form errichtet sein und über den Zweck des Vereins, seine Mittel und seine Organisation Aufschluss geben.
. ZGB konstituiert hat, die erforderliche Organisation und entsprechende Organe
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(Art. 64 ff
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ZGB Art. 64 - 1 Die Versammlung der Mitglieder bildet das oberste Organ des Vereins.
1    Die Versammlung der Mitglieder bildet das oberste Organ des Vereins.
2    Sie wird vom Vorstand einberufen.
3    Die Einberufung erfolgt nach Vorschrift der Statuten und überdies von Gesetzes wegen, wenn ein Fünftel der Mitglieder die Einberufung verlangt.
. ZGB) besitzt und gemäss Art. 60
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ZGB Art. 60 - 1 Vereine, die sich einer politischen, religiösen, wissenschaftlichen, künstlerischen, wohltätigen, geselligen oder andern nicht wirtschaftlichen Aufgabe widmen, erlangen die Persönlichkeit, sobald der Wille, als Körperschaft zu bestehen, aus den Statuten ersichtlich ist.
1    Vereine, die sich einer politischen, religiösen, wissenschaftlichen, künstlerischen, wohltätigen, geselligen oder andern nicht wirtschaftlichen Aufgabe widmen, erlangen die Persönlichkeit, sobald der Wille, als Körperschaft zu bestehen, aus den Statuten ersichtlich ist.
2    Die Statuten müssen in schriftlicher Form errichtet sein und über den Zweck des Vereins, seine Mittel und seine Organisation Aufschluss geben.
ZGB Rechtspersönlichkeit erlangt hat. An dieser Rechtslage ändert auch die Tatsache nichts, dass Dritte, nämlich der klagende Verband Archimedes und die Schulleitung des Abend-Technikums Zürich, die Vereinsstatuten ebenfalls genehmigten und dem Vorstand angehören, was mangels eines statutarischen Verbotes zulässig ist (BGE 73 II 1ff.). Als rechtmässig gegründeter juristischer Person kommt dem Beklagten die Vereinsautonomie zu (vgl.BGE 73 II 2oben; EGGER, Kommentar, N. 3 zu Art. 63
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ZGB Art. 63 - 1 Soweit die Statuten über die Organisation und über das Verhältnis des Vereins zu seinen Mitgliedern keine Vorschriften aufstellen, finden die nachstehenden Bestimmungen Anwendung.
1    Soweit die Statuten über die Organisation und über das Verhältnis des Vereins zu seinen Mitgliedern keine Vorschriften aufstellen, finden die nachstehenden Bestimmungen Anwendung.
2    Bestimmungen, deren Anwendung von Gesetzes wegen vorgeschrieben ist, können durch die Statuten nicht abgeändert werden.
ZGB). Ihrem wesentlichen Gehalt nach besteht die Vereinsautonomie in der Macht, gemäss Gesetz zur Regelung der Verhältnisse des Vereins und seiner Betätigung Normen zu schaffen. Die Festlegung der Satzungen oder der Vereinsstatuten gehört zu den wichtigsten Erscheinungsformen der Autonomie auf dem Gebiete des Privatrechts (KLANG/PISKO, Kommentar zum ABGB, 2. Aufl., Bd. I/1, Vorbemerkungen zu §§ 2-13, S. 57 ff. Ziff. IV).
Ebenso anerkannt wie dieses Recht statutarischer Regelung ist aber auch, dass diese Regelung nur im Rahmen der gesetzlichen Grenzen verbindlich erfolgen kann (KLANG/PISKO, a.a.O.). Wie dieses Recht zum Erlass von Satzungen theoretisch begründet wird, ob mit gesetzlicher Verleihung, dem Selbstbestimmungsrecht oder der Vertragsfreiheit, kann offen bleiben. In jedem Falle können die Satzungen nur innerhalb des gesetzlichen Rahmens begründet werden, wie das in Art. 63 Abs. 2
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ZGB Art. 63 - 1 Soweit die Statuten über die Organisation und über das Verhältnis des Vereins zu seinen Mitgliedern keine Vorschriften aufstellen, finden die nachstehenden Bestimmungen Anwendung.
1    Soweit die Statuten über die Organisation und über das Verhältnis des Vereins zu seinen Mitgliedern keine Vorschriften aufstellen, finden die nachstehenden Bestimmungen Anwendung.
2    Bestimmungen, deren Anwendung von Gesetzes wegen vorgeschrieben ist, können durch die Statuten nicht abgeändert werden.
ZGB auch zum Ausdruck kommt. Vorbehalten bleiben somit auch gegenüber den Satzungen oder Vereinsstatuten zwingendes Recht und die guten Sitten (EGGER, N. 3 und 4 zu Art. 63
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ZGB Art. 63 - 1 Soweit die Statuten über die Organisation und über das Verhältnis des Vereins zu seinen Mitgliedern keine Vorschriften aufstellen, finden die nachstehenden Bestimmungen Anwendung.
1    Soweit die Statuten über die Organisation und über das Verhältnis des Vereins zu seinen Mitgliedern keine Vorschriften aufstellen, finden die nachstehenden Bestimmungen Anwendung.
2    Bestimmungen, deren Anwendung von Gesetzes wegen vorgeschrieben ist, können durch die Statuten nicht abgeändert werden.
ZGB; RGR-Komm. zum BGB, 11. Aufl., Anm. 3 zu § 25, 1. Satz). Statutarische Bestimmungen, welche diese Schranken überschreiten, können daher keinen Bestand haben.
3. Die Vereinsautonomie hat zur Folge, dass der Verein ein bedeutendes Mass an Selbständigkeit und Unabhängigkeit besitzt. Das Recht, seine Angelegenheiten selbst zu verwalten, wird als für den Bestand des Vereins wesentlich betrachtet (RGR-Komm. zum BGB, 11. Aufl., Anm. 6 zu § 25). Die Autonomie bedingt daher auch, dass die freie Willensbildung grundsätzlich gewährleistet sein muss. Es hätte keinen Sinn, dem Verein die Freiheit der innern Gestaltung (EGGER, N. 3 zu Art. 63
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ZGB Art. 63 - 1 Soweit die Statuten über die Organisation und über das Verhältnis des Vereins zu seinen Mitgliedern keine Vorschriften aufstellen, finden die nachstehenden Bestimmungen Anwendung.
1    Soweit die Statuten über die Organisation und über das Verhältnis des Vereins zu seinen Mitgliedern keine Vorschriften aufstellen, finden die nachstehenden Bestimmungen Anwendung.
2    Bestimmungen, deren Anwendung von Gesetzes wegen vorgeschrieben ist, können durch die Statuten nicht abgeändert werden.
ZGB) zuzugestehen, gleichzeitig aber grundlegende Beschränkungen der freien Willensbildung zuzulassen. Das ganze Vereinsrecht
BGE 97 II 108 S. 114

ist auf die Gewährleistung grundsätzlich selbständiger Willensbildung angelegt: so die Bestimmungen über die Vereinsversammlung als oberstes Organ des Vereins (Art. 64
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ZGB Art. 64 - 1 Die Versammlung der Mitglieder bildet das oberste Organ des Vereins.
1    Die Versammlung der Mitglieder bildet das oberste Organ des Vereins.
2    Sie wird vom Vorstand einberufen.
3    Die Einberufung erfolgt nach Vorschrift der Statuten und überdies von Gesetzes wegen, wenn ein Fünftel der Mitglieder die Einberufung verlangt.
ZGB), das Stimmrecht der Mitglieder und den Entscheid der Mehrheit (Majoritätsherrschaft, Art. 67 Abs. 1
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ZGB Art. 67 - 1 Alle Mitglieder haben in der Vereinsversammlung das gleiche Stimmrecht.
1    Alle Mitglieder haben in der Vereinsversammlung das gleiche Stimmrecht.
2    Die Vereinsbeschlüsse werden mit Mehrheit der Stimmen der anwesenden Mitglieder gefasst.
3    Über Gegenstände, die nicht gehörig angekündigt sind, darf ein Beschluss nur dann gefasst werden, wenn die Statuten es ausdrücklich gestatten.
und 2
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ZGB Art. 67 - 1 Alle Mitglieder haben in der Vereinsversammlung das gleiche Stimmrecht.
1    Alle Mitglieder haben in der Vereinsversammlung das gleiche Stimmrecht.
2    Die Vereinsbeschlüsse werden mit Mehrheit der Stimmen der anwesenden Mitglieder gefasst.
3    Über Gegenstände, die nicht gehörig angekündigt sind, darf ein Beschluss nur dann gefasst werden, wenn die Statuten es ausdrücklich gestatten.
ZGB), die Regelung der Beschlussfassung (Art. 66
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 66 - 1 Vereinsbeschlüsse werden von der Vereinsversammlung gefasst.
1    Vereinsbeschlüsse werden von der Vereinsversammlung gefasst.
2    Die schriftliche Zustimmung aller Mitglieder zu einem Antrag ist einem Beschlusse der Vereinsversammlung gleichgestellt.
-68
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 68 - Jedes Mitglied ist von Gesetzes wegen vom Stimmrechte ausgeschlossen bei der Beschlussfassung über ein Rechtsgeschäft oder einen Rechtsstreit zwischen ihm, seinem Ehegatten oder einer mit ihm in gerader Linie verwandten Person einerseits und dem Vereine anderseits.
ZGB). Daraus ist zu schliessen, dass der Verein seiner Selbständigkeit nicht soll beraubt werden können (HEINI, Schweizerisches Privatrecht, Bd. II, S. 522). Der Kläger macht nun geltend, Einschränkungen des Selbstbestimmungsrechts von Vereinen seien sehr häufig, vor allem im Verhältnis von Ober- und Unterverbänden und im Verhältnis zu öffentlichen Körperschaften. Der vorliegende Fall sei mit diesen Erscheinungen nicht identisch, aber nahe verwandt; denn der beklagte Verein diene der Verfolgung eines Zweckes, welcher den Gründerparteien und dem Beklagten gemeinsam sei. Gewiss sind Bindungen, auch statutarische, des Vereins zulässig. Indessen gestattet die Freiheit der Vereinsgründung und seiner inneren Ausgestaltung nicht irgendwelche Bindungen. Selbst EGGER, auf den sich der Kläger beruft, betont, dass die allgemeinen Anforderungen der Rechtsordnung auch gegenüber rechtsgeschäftlichen Bindungen vorbehalten bleiben (N. 17 in fine zu Art. 53
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ZGB Art. 53 - Die juristischen Personen sind aller Rechte und Pflichten fähig, die nicht die natürlichen Eigenschaften des Menschen, wie das Geschlecht, das Alter oder die Verwandtschaft zur notwendigen Voraussetzung haben.
und N. 3 zu Art. 63
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ZGB Art. 63 - 1 Soweit die Statuten über die Organisation und über das Verhältnis des Vereins zu seinen Mitgliedern keine Vorschriften aufstellen, finden die nachstehenden Bestimmungen Anwendung.
1    Soweit die Statuten über die Organisation und über das Verhältnis des Vereins zu seinen Mitgliedern keine Vorschriften aufstellen, finden die nachstehenden Bestimmungen Anwendung.
2    Bestimmungen, deren Anwendung von Gesetzes wegen vorgeschrieben ist, können durch die Statuten nicht abgeändert werden.
ZGB). Der beklagte Verein hat aber, wie ein Vergleich von Art. 2 und 3 mit Art. 11 d und 12 der Statuten ergibt, die Verfolgung seines Zweckes vollständig in das Belieben der beiden Gründerparteien gestellt. Die Verbindlichkeit sämtlicher Beschlüsse der Generalversammlung wird in Art. 12 zum vorneherein und ohne Einschränkung von der Zustimmung Dritter abhängig gemacht, während dies Sache der Generalversammlung als oberstem Vereinsorgan wäre (vgl. hiezuBGE 67 I 346). Durch diese statutarische Regelung wird die entscheidende, gesetzlich gewährleistete Funktion der Mitglieder in der Betätigung des Vereins praktisch zur Bedeutungslosigkeit herabgedrückt. Hieran ändert die Behauptung, der klagende Verband Archimedes verfolge ähnliche Zwecke wie der Verein Hilfskasse, nichts. Sie ist übrigens zum grössten Teil unrichtig, wie ein Vergleich der Statuten des Verbandes Archimedes und der Hilfskasse zeigt. Art. 12 der Statuten der Hilfskasse besagt bedeutend mehr als die Einräumung blosser Gründervorteile, ohne dass auf die weiteren statutarischen Bindungen des Beklagten an die Gründerparteien eingegangen zu werden braucht. Die Wirksamkeit von Art. 12 der Statuten
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würde die Bevormundung des beklagten Vereins, den Verzicht auf die Freiheit der Entscheidung und damit die Aufgabe des Selbstbestimmungsrechts bedeuten. Der Standpunkt des Klägers, es bestehe kein Bedürfnis danach, sachlich begründete Selbstbeschränkungen zu verbieten und die Vereinsautonomie in dieser Weise in Fesseln zu legen, erscheint in diesem Zusammenhang geradezu als abwegig. Eine solche Abhängigkeit von Dritten bedeutet eine unzulässige Knebelung des Vereins und damit einen Verstoss gegen die guten Sitten (RGR-Komm. zum BGB, a.a.O.). Art. 12 der Statuten der Hilfskasse ist demnach nichtig und das Vetorecht des Klägers unbeachtlich.

4. Der Kläger beruft sich demgegenüber auf den Umstand, dass die Generalversammlung des beklagten Vereins am 24. August 1967 ausdrücklich beschlossen hat, das Einspracherecht der Gründerparteien gegenüber der vorgesehenen Leistung an das Abend-Technikum vorzubehalten und Art. 12
IR 0.732.012 Satzung vom 20. Dezember 1957 der Agentur der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung für Nuklearenergie (Beschluss)
Beschluss Art. 12 - a. Der Direktionsausschuss setzt sich aus den Vertretern der Regierungen aller Mitgliedstaaten der Organisation zusammen, welche an diesem Beschluss mitgewirkt haben.
der Statuten zu beachten. Er will daraus ableiten, dass der fragliche Beschluss der Generalversammlung ein bedingter und daher nie rechtswirksam geworden sei. Die Frage der Rechtsgültigkeit von Art. 12 der Statuten stelle sich deshalb im vorliegenden Prozess gar nicht. Die Ausführungen der Vorinstanz, mit welchen dieser Standpunkt zurückgewiesen werde, seien bundesrechtswidrig; denn sie würden gegen Art. 151
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 151 - 1 Ein Vertrag, dessen Verbindlichkeit vom Eintritte einer ungewissen Tatsache abhängig gemacht wird, ist als bedingt anzusehen.
1    Ein Vertrag, dessen Verbindlichkeit vom Eintritte einer ungewissen Tatsache abhängig gemacht wird, ist als bedingt anzusehen.
2    Für den Beginn der Wirkungen ist der Zeitpunkt massgebend, in dem die Bedingung in Erfüllung geht, sofern nicht auf eine andere Absicht der Parteien geschlossen werden muss.
OR verstossen. Die Klage sei schon aus diesem Grunde gutzuheissen. Ein bedingungsloser Beschluss sei auch später nicht gefasst worden und wäre im Liquidationsstadium, in welches der beklagte Verein eingetreten sei, auch nicht mehr zulässig. Auch diese Berufungsbegründung geht fehl. Wie bereits dargelegt, ist die Festlegung eines uneingeschränkten Vetorechtes eines Dritten gegenüber Generalversammlungsbeschlüssen in den Vereinssatzungen als Verstoss gegen die guten Sitten nichtig (vgl. Art. 20 Abs. 1
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 20 - 1 Ein Vertrag, der einen unmöglichen oder widerrechtlichen Inhalt hat oder gegen die guten Sitten verstösst, ist nichtig.
1    Ein Vertrag, der einen unmöglichen oder widerrechtlichen Inhalt hat oder gegen die guten Sitten verstösst, ist nichtig.
2    Betrifft aber der Mangel bloss einzelne Teile des Vertrages, so sind nur diese nichtig, sobald nicht anzunehmen ist, dass er ohne den nichtigen Teil überhaupt nicht geschlossen worden wäre.
OR). Diese Nichtigkeit wirkt ex tunc; sie ist daher absolut und total (BECKER, Kommentar, N. 8 ff., insbesondere N. 9 und 10 zu Art. 20
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 20 - 1 Ein Vertrag, der einen unmöglichen oder widerrechtlichen Inhalt hat oder gegen die guten Sitten verstösst, ist nichtig.
1    Ein Vertrag, der einen unmöglichen oder widerrechtlichen Inhalt hat oder gegen die guten Sitten verstösst, ist nichtig.
2    Betrifft aber der Mangel bloss einzelne Teile des Vertrages, so sind nur diese nichtig, sobald nicht anzunehmen ist, dass er ohne den nichtigen Teil überhaupt nicht geschlossen worden wäre.
OR). Da der streitigen Statutenbestimmung unter diesen Umständen jegliche Wirkung versagt werden muss, kann sie auch keinen Einfluss auf die Rechtsgültigkeit des fraglichen Generalversammlungsbeschlusses vom 24. August 1967 ausüben, wie der Kläger glaubt. Seine Annahme beruht auf einem Trugschluss (vgl. dazu KLANG/PISKO, a.a.O., S. 61, Text vor N. 81). Sie ist auch noch aus einem weiteren Grunde abzulehnen. Kennzeichen der Bedingung,
BGE 97 II 108 S. 116

namentlich auch einer vorbehaltenen Genehmigung, ist die Schaffung eines Schwebezustandes (BECKER, N. 2 und 3 zu den Vorbemerkungen zu Art. 151
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 151 - 1 Ein Vertrag, dessen Verbindlichkeit vom Eintritte einer ungewissen Tatsache abhängig gemacht wird, ist als bedingt anzusehen.
1    Ein Vertrag, dessen Verbindlichkeit vom Eintritte einer ungewissen Tatsache abhängig gemacht wird, ist als bedingt anzusehen.
2    Für den Beginn der Wirkungen ist der Zeitpunkt massgebend, in dem die Bedingung in Erfüllung geht, sofern nicht auf eine andere Absicht der Parteien geschlossen werden muss.
-157
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 157 - Wird eine Bedingung in der Absicht beigefügt, eine widerrechtliche oder unsittliche Handlung oder Unterlassung zu befördern, so ist der bedingte Anspruch nichtig.
OR). Angesichts der Nichtigkeit von Art. 12 der Statuten kann aber gar kein Schwebeverhältnis entstehen. Unter diesen Umständen braucht nicht mehr geprüft zu werden, ob ein bedingter Generalversammlungsbeschluss nicht auch im Hinblick auf Art. 157
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 157 - Wird eine Bedingung in der Absicht beigefügt, eine widerrechtliche oder unsittliche Handlung oder Unterlassung zu befördern, so ist der bedingte Anspruch nichtig.
OR unwirksam wäre. Ebenso entfällt die Rüge des Klägers, die Ausführung des Generalversammlungsbeschlusses vom 24. August 1967 sei nicht mehr möglich, weil die Hilfskasse in das Liquidationsstadium eingetreten sei, bevor die angebliche Bedingung sich erfüllt habe. Aus dem Ausgeführten ergibt sich, dass die kantonalen Instanzen das Begehren des Klägers mit Recht abgewiesen haben.
Dispositiv

Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Urteil bestätigt.
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Document : 97 II 108
Date : 17. Juni 1971
Published : 31. Dezember 1971
Source : Bundesgericht
Status : 97 II 108
Subject area : BGE - Zivilrecht
Subject : Verein; Verbindlichkeit von Generalversammlungsbeschlüssen (Art. 63 Abs. 2 ZGB). Die Vereinssatzungen dürfen die von der


Legislation register
Beschluss: 12
OG: 36  46
OR: 20  151  157
ZGB: 53  60  63  64  66  67  68  75
BGE-register
67-I-342 • 97-II-108
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defendant • technical school • board of directors • nullity • autonomy • federal court • question • bylaw regulation • legal demand • condition • position • value of matter in dispute • right of veto • within • host • decision • authorization • legal entity • regulation • number
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