96 IV 45
11. Auszug aus dem Entscheid der Anklagekammer vom 25. Februar 1970 i.S. Frauenknecht gegen Schweiz. Bundesanwaltschaft und eidg. Untersuchungsrichter.
Regeste (de):
- Art. 48 Abs. 1
Satz 2 BStP.
- Diese Bestimmung geht den Ordnungsvorschriften der kantonalen Anstaltsreglemente vor.
- Nach Bundesrecht, nicht nach der jeweils geltenden Anstaltsordnung ist daher zu prüfen, ob die Zulassung von Radio- oder Fernsehgeräten die Ordnung im Untersuchungsgefängnis stören könne.
Regeste (fr):
- Art. 48 al. 1 2e phrase PPF.
- Cette disposition l'emporte sur les prescriptions des règlements des prisons cantonales.
- C'est donc selon le droit fédéral et non pas selon le règlement cantonal qu'il faut examiner si l'autorisation d'utiliser un appareil de radio ou de télévision est compatible avec le maintien de l'ordre dans l'établissement où l'inculpé est détenu préventivement.
Regesto (it):
- Art. 48 cpv. 1, seconda frase PPF.
- Questa disposizione è preminente sulle prescrizioni dei regolamenti degli stabilimenti cantonali.
- La questione di sapere se l'uso di apparecchi radio o televisione sia compatibile con l'ordine del carcere preventivo si risolve pertanto in applicazione del diritto federale, e non secondo il regolamento cantonale.
Sachverhalt ab Seite 45
BGE 96 IV 45 S. 45
A.- Frauenknecht wird in einer eidgenössischen Voruntersuchung des wirtschaftlichen Nachrichtendienstes, der Verletzung militärischer Geheimnisse und eventuell des militärischen Nachrichtendienstes beschuldigt. Er befindet sich im Untersuchungsgefängnis des Kantons Basel-Stadt im Lohnhof zu Basel in Untersuchungshaft. Am 10. Februar 1970 ersuchte sein Verteidiger den eidgenös sischen Untersuchungsrichter unter anderem, dem Beschuldigten den Gebrauch von Geräten zum Empfang der Radio- und der Fernsehsendungen zu gestatten. Der Untersuchungsrichter wies am 12. Februar 1970 dieses Begehren mit der Begründung ab, die Benützung solcher Geräte komme nach der Hausordnung des Basler Untersuchungsgefängnisses nicht in Frage.
B.- Mit Eingabe vom 13./16. Februar 1970 führt der Ver teidiger im Namen und im Auftrage Frauenknechts gegen diese
BGE 96 IV 45 S. 46
Verfügung Beschwerde. Er beantragt der Anklagekammer des Bundesgerichts, dem Beschuldigten zu gestatten, in seiner Zelle einen (kombinierten) Radio-Fernsehapparat zu halten.
C.- Der Untersuchungsrichter und die Bundesanwaltschaft beantragen, die Beschwerde abzuweisen.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
Nach Art. 48 Abs. 1
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SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 272 - 1. Wer im Interesse eines fremden Staates oder einer ausländischen Partei oder einer andern Organisation des Auslandes zum Nachteil der Schweiz oder ihrer Angehörigen, Einwohner oder Organisationen politischen Nachrichtendienst betreibt oder einen solchen Dienst einrichtet, |
|
1 | Wer im Interesse eines fremden Staates oder einer ausländischen Partei oder einer andern Organisation des Auslandes zum Nachteil der Schweiz oder ihrer Angehörigen, Einwohner oder Organisationen politischen Nachrichtendienst betreibt oder einen solchen Dienst einrichtet, |
2 | In schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Als schwerer Fall gilt es insbesondere, wenn der Täter zu Handlungen aufreizt oder falsche Berichte erstattet, die geeignet sind, die innere oder äussere Sicherheit der Eidgenossenschaft zu gefährden. |
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SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 272 - 1. Wer im Interesse eines fremden Staates oder einer ausländischen Partei oder einer andern Organisation des Auslandes zum Nachteil der Schweiz oder ihrer Angehörigen, Einwohner oder Organisationen politischen Nachrichtendienst betreibt oder einen solchen Dienst einrichtet, |
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1 | Wer im Interesse eines fremden Staates oder einer ausländischen Partei oder einer andern Organisation des Auslandes zum Nachteil der Schweiz oder ihrer Angehörigen, Einwohner oder Organisationen politischen Nachrichtendienst betreibt oder einen solchen Dienst einrichtet, |
2 | In schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Als schwerer Fall gilt es insbesondere, wenn der Täter zu Handlungen aufreizt oder falsche Berichte erstattet, die geeignet sind, die innere oder äussere Sicherheit der Eidgenossenschaft zu gefährden. |
BGE 96 IV 45 S. 47
Rechtshilfe leistet, in der Anstalt für Ordnung zu sorgen. Es ist zudem zu vermuten, dass das, was kantonale Anstaltsreglemente vorsehen, auch im Interesse der Aufrechterhaltung der Ordnung im Gefängnis liegt. Das ändert jedoch nichts daran, dass Art. 48 Abs. 1
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BGE 96 IV 45 S. 48
Radio- oder Fernsehgeräte bewilligt werden, darf der Beschwerdeführer daher von der Anstalt nichts verlangen, was für den Betrieb oder den Unterhalt eines solchen Gerätes nötig ist; er hat ihr gegenüber insbesondere keinen Anspruch auf Anschluss an die Stromleitung oder eine bereits bestehende Antenne. In Frage kommt vielmehr nur ein Apparat mit Batterieantrieb und eingebauter Antenne. Auch versteht sich von selbst, dass dem Beschwerdeführer der Gebrauch des Apparates jederzeit wieder verweigert werden kann, wenn er sich über die ihm auferlegten Bedingungen hinwegsetzen sollte.
Dispositiv
Demnach erkennt die Anklagekammer:
Die Beschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass dem Beschuldigten gestattet wird, in seiner Zelle einen Batterieradio-Fernsehapparat zu halten, sofern er denselben nur mit einem Kopfhörer benützt.