96 IV 102
26. Urteil des Kassationshofes vom 16. Oktober 1970 i.S. Kern gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau.
Regeste (de):
- Art. 41 Ziff. 1 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 41 - 1 Das Gericht kann statt auf eine Geldstrafe auf eine Freiheitsstrafe erkennen, wenn:
1 Das Gericht kann statt auf eine Geldstrafe auf eine Freiheitsstrafe erkennen, wenn: a eine solche geboten erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten; oder b eine Geldstrafe voraussichtlich nicht vollzogen werden kann. 2 Es hat die Wahl der Freiheitsstrafe näher zu begründen. 3 Vorbehalten bleibt die Freiheitsstrafe anstelle einer nicht bezahlten Geldstrafe (Art. 36). SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 41 - 1 Das Gericht kann statt auf eine Geldstrafe auf eine Freiheitsstrafe erkennen, wenn:
1 Das Gericht kann statt auf eine Geldstrafe auf eine Freiheitsstrafe erkennen, wenn: a eine solche geboten erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten; oder b eine Geldstrafe voraussichtlich nicht vollzogen werden kann. 2 Es hat die Wahl der Freiheitsstrafe näher zu begründen. 3 Vorbehalten bleibt die Freiheitsstrafe anstelle einer nicht bezahlten Geldstrafe (Art. 36). - Wegen angetrunkenen Fahrens Verurteilte trifft in der Regel der Vorwurf der Hemmungs- und Rücksichtslosigkeit. Dieser kann dadurch entkräftet werden, dass die Tatumstände zwar nicht für sich allein, jedoch zusammen mit dem Vorleben den Schluss erlauben, der Verurteilte lasse sich durch eine bedingt aufgeschobene Strafe dauernd bessern. Die Tat ist daher mit den persönlichen Verhältnissen gesamthaft zu würdigen (Bestätigung der in BGE 95 IV 49 ff. und 55 ff. eingeleiteten Rechtsprechung).
Regeste (fr):
- Art. 41 ch. 1 al. 1 et 2 CP. Sursis à l'exécution de la peine en matière d'ivresse au volant.
- Celui qui est condamné pour ivresse au volant est censé faire preuve de manque de maîtrise et d'absence d'égard pour autrui. Cette présomption peut être renversée si les circonstances de l'espèce, prises non pas seules, pour elles-mêmes, mais en corrélation avec les antécédents du condamné, permettent de conclure que celui-ci sera amendé durablement par l'octroi du sursis. L'acte délictueux doit par conséquent être apprécié en tenant compte de la situation personnelle de son auteur (confirmation de la jurisprudence inaugurée par l'arrêt reproduit au RO 95 IV 49 sq. et 55 sq.).
Regesto (it):
- Art. 41 num. 1 cpv. 1 e 2 CP. Sospensione condizionale della pena in caso di guida in stato di ebrietà.
- Colui che è condannato per guida in stato di ebrietà dimostra, di regola, una mancanza di controllo e di scrupoli. Questa presunzione può essere distrutta se le circostanze del caso, valutate non isolatamente, ma insieme con gli antecedenti del condannato, permettono di concludere che questi si emenderà durevolmente attreverso una pena condizionalmente sospesa. L'atto delittuoso dev'essere di conseguenza valutato tenendo conto della situazione personale del suo autore (conferma della giurisprudenza instaurata con la sentenza RU 95 IV 49 e segg. e 55 e segg.).
Sachverhalt ab Seite 102
BGE 96 IV 102 S. 102
A.- Kern hielt sich Freitagabend, den 13. Juni 1969, nach dem Nachtessen am Familientisch, in einem Aarauer Restaurant auf, wo er, nachdem er ein alkoholfreies Getränk genossen hatte, bei einer Runde Weisswein mithielt. Etwa um 21.15 Uhr begab er sich zu einer privaten Einladung. Dort wurden nach 22.00 Uhr Champagner, um 23.00 Uhr kalte Speisen (kaltes Buffet) und anschliessend roter Aigle serviert. Kern sprach dem Alkohol dabei so zu, dass er, als er sich um 01.00 Uhr (14. Juni) mit seinem Wagen auf den Heimweg machte, völlig betrunken war und wegen seiner Fahrweise auffiel. Die um 02.10 Uhr vorgenommene
BGE 96 IV 102 S. 103
Blutprobe ergab 2,45-2,51 Gewichtspromille Alkohol im Blut, was für die Zeit der Beendigung seiner Autofahrt (01.15 Uhr) einem Alkoholgehalt von 2,5-2,6 Gewichtspromille entsprach.
B.- Das Bezirksgericht Aarau verurteilte Kern in Anwendung von Art. 91 Abs. 1
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 91 - 1 Mit Busse wird bestraft, wer: |
|
1 | Mit Busse wird bestraft, wer: |
a | in angetrunkenem Zustand ein Motorfahrzeug führt; |
b | das Verbot, unter Alkoholeinfluss zu fahren, missachtet; |
c | in fahrunfähigem Zustand ein motorloses Fahrzeug führt. |
2 | Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer: |
a | in angetrunkenem Zustand mit qualifizierter Atemalkohol- oder Blutalkoholkonzentration ein Motorfahrzeug führt; |
b | aus anderen Gründen fahrunfähig ist und ein Motorfahrzeug führt. |
C.- Kern führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, die Sache sei zur Gewährung des bedingten Strafvollzuges und zur Bewilligung der vorzeitigen Löschung der Busse, eventuell zur Neubeurteilung, an die Vorinstanz zurückzuweisen.
D.- Die Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau beantragt, die Beschwerde sei kostenfällig abzuweisen.
Erwägungen
Der Kassationshof zieht in Erwägung:
1. Gemäss Art. 41 Ziff. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 41 - 1 Das Gericht kann statt auf eine Geldstrafe auf eine Freiheitsstrafe erkennen, wenn: |
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1 | Das Gericht kann statt auf eine Geldstrafe auf eine Freiheitsstrafe erkennen, wenn: |
a | eine solche geboten erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten; oder |
b | eine Geldstrafe voraussichtlich nicht vollzogen werden kann. |
2 | Es hat die Wahl der Freiheitsstrafe näher zu begründen. |
3 | Vorbehalten bleibt die Freiheitsstrafe anstelle einer nicht bezahlten Geldstrafe (Art. 36). |
BGE 96 IV 102 S. 104
auf die grossen Gefahren, die das Fahren in angetrunkenem Zustand mit sich bringt, sind an die Gewähr, die ein gestützt auf Art. 91 Abs. 1
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 91 - 1 Mit Busse wird bestraft, wer: |
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1 | Mit Busse wird bestraft, wer: |
a | in angetrunkenem Zustand ein Motorfahrzeug führt; |
b | das Verbot, unter Alkoholeinfluss zu fahren, missachtet; |
c | in fahrunfähigem Zustand ein motorloses Fahrzeug führt. |
2 | Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer: |
a | in angetrunkenem Zustand mit qualifizierter Atemalkohol- oder Blutalkoholkonzentration ein Motorfahrzeug führt; |
b | aus anderen Gründen fahrunfähig ist und ein Motorfahrzeug führt. |
2. Im vorliegenden Fall wusste der Beschwerdeführer, dass er mit dem Wagen heimkehren und diesen selber lenken werde. Gleichwohl genoss er bereits in einem Restaurant Alkohol und liess sich zu einem privaten Anlass einladen, von dem er wissen oder annehmen musste, dass weitere alkoholische Getränke angeboten würden, und er sich diesem Angebot gegenüber nicht ablehnend verhalten werde. Zum mindesten musste er spätestens dann darauf aufmerksam werden, dass man privat reichlich Alkohol geniessen werde, als der Champagner serviert wurde. Trotzdem genoss der Beschwerdeführer im Übermass Alkohol und versetzte sich in einen schweren Rauschzustand. Indem er nach einer ausgedehntenZecherei völlig betrunken seinen Wagen lenkte, setzte er die Sicherheit und das Leben anderer gewissenlos aufs Spiel. Die Vorinstanz geht davon aus, dass die Tat einen schweren Charakterfehler des Beschwerdeführers erkennen lässt. Sie wirft ihm zu Recht vor, dass er, ohne seinen Wagen zu benutzen, den privaten Anlass hätte besuchen und einen Taxi nehmen oder aber sich bei der privaten Einladung des Alkohols hätte enthalten können. Dazu kommt, dass er sich seines Zustandes durchaus bewusst war und demzufolge äusserst langsam nach Hause fuhr. Hinsichtlich des Leumundes wirft die Vorinstanz dem Angeklagten vor, er habe einen geringfügigen Zusammenstoss
BGE 96 IV 102 S. 105
mit einem parkierten Wagen gehabt und bei dieser Gelegenheit den Geschädigten nicht benachrichtigt; überdies habe er sich später für eine wegen unerlaubten Parkierens ausgesprochene Busse betreiben lassen. Der Beschwerdeführer wendetzum ersten Vorwurf ein, die damals verhängte Busse sei in Rechtskraft erwachsen, weil er sich im Ausland aufgehalten und kein Rechtsmittel habe ergreifen können. Die ihm zur Last gelegte Tat habe er nicht begangen. Das Vorbringen des Beschwerdeführers richtet sich damit in erster Linie gegen die verbindliche tatsächliche Feststellung der Vorinstanz, er habe sich nicht korrekt verhalten. Gemäss Art. 273 Abs. 1 lit. b
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 91 - 1 Mit Busse wird bestraft, wer: |
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1 | Mit Busse wird bestraft, wer: |
a | in angetrunkenem Zustand ein Motorfahrzeug führt; |
b | das Verbot, unter Alkoholeinfluss zu fahren, missachtet; |
c | in fahrunfähigem Zustand ein motorloses Fahrzeug führt. |
2 | Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer: |
a | in angetrunkenem Zustand mit qualifizierter Atemalkohol- oder Blutalkoholkonzentration ein Motorfahrzeug führt; |
b | aus anderen Gründen fahrunfähig ist und ein Motorfahrzeug führt. |
Wenn die Vorinstanz in Berücksichtigung aller dieser Umstände den bedingten Strafvollzug verweigerte, so überschritt sie das ihr zustehende Ermessen nicht. Die Tat des Beschwerdeführers hat einen schweren Charakterfehler offenbart; er wird durch dessen sonstiges Verhalten nicht entkräftet. Der Beschwerdeführer hat nicht unter Umständen gehandelt, die ihm zugute gehalten werden könnten. Es besteht deshalb kein Grund zur Annahme, es handle sich um eine einmalige Entgleisung. Eine solche hat der Kassationshof beispielsweise im Falle Gajek (unveröffentlichtes Urteil vom 15. April 1970) wegen des tadellosen Leumundes des Täters als wahrscheinlich erachtet und deshalb die Gewährung des bedingten Strafvollzuges durch den kantonalen Richter nicht als Ermessensüberschreitung beurteilt.
Dispositiv
Demnach erkennt der Kassationshof:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.