96 I 655
99. Urteil vom 23. Oktober 1970 i.S. K. gegen Rekurskommissions des Kantons Bern.
Regeste (de):
- Wehrsteuer vom Einkommen aus Erwerbstätigkeit (Art. 21 Abs. 1 lit. a
WStB).
- 1. Besteuerung von Gewinnen, die beim Verkauf von Liegenschaften erzielt werden. Unterscheidung zwischen Erwerbstätigkeit und Verwaltung des privaten Vermögens. Ist der Liegenschaftsgewinn das Ergebnis einer seitens einer einfachen Gesellschaft ausgeübten Erwerbstätigkeit, so wird jedem Gesellschafter, unabhängig vom Mass seiner persönlichen Mitwirkung, sein Anteil am Einkommen der Gesamtheit als eigenes Einkommen angerechnet (Erw. 1-3).
- 2. Ist der durch den Verkauf realisierte Wertzuwachs auch insoweit zu besteuern, als er vor der Aufnahme der Erwerbstätigkeit entstanden ist? (Erw. 4).
Regeste (fr):
- Impôt pour la défense nationale sur le revenu provenant d'une activité à but lucratif (art. 21 al. 1 lit. a AIN).
- 1. Imposition de gains réalisés par la vente d'immeubles. Distinction entre une activité à but lucratif et l'administration de la fortune privée. Lorsque le gain immobilier provient d'une activité à but lucratif, exercée par une société simple, ou ajoutera au revenu de chacun des sociétaires sa part au revenu de l'ensemble, quelle qu'ait été la mesure de son activité propre (consid. 1 à 3).
- 2. Faut-il aussi imposer la plus-value réalisée par la vente dans la mesure où elle est antérieure à l'activité lucrative? (consid. 4).
Regesto (it):
- Imposta per la difesa nazionale sul reddito proveniente da un'attività lucrativa (art. 21 cpv. 1 lett. a DIN).
- 1. Imposizione degli utili conseguiti con la vendita di immobili. Distinzione tra attività con fine lucrativo e amministrazione della sostanza privata. Quando l'utile immobiliare proviene da un'attività a fine lucrativo esercitata da una società semplice, si aggiungerà al reddito di ciascun socio la sua parte sul reddito del complesso, qualunque sia stata la misura della sua personale attività (consid. 1a 3).
- 2. Bisogna egualmente imporre il maggior valore conseguito con la vendita, in quanto esso sia anteriore all'attività lucrativa? (consid. 4).
Sachverhalt ab Seite 656
BGE 96 I 655 S. 656
A.- Die Geschwister K. - die Beschwerdeführerin, ihre Schwester und ihre zwei Brüder - erbten im Jahre 1948 gemäss Testament ihres Grossonkels ein umfangreiches landwirtschaftliches Heimwesen. Sie waren damals noch unmündig. Bis zur Mündigkeit aller blieben sie in einer blossen Erbengemeinschaft verbunden, wobei die Landwirtschaft auf dem Heimwesen unter der Leitung ihrer Mutter weiterbetrieben wurde. Im Jahre 1960 verkauften die Geschwister ein Stück Land an die dortige Gemeinde, und in den Jahren 1961 und 1963 vertauschten sie weitere Landabschnitte durch Verträge mit zwei anderen Grundeigentümern. Inzwischen hatte in der Gegend eine rege Bautätigkeit eingesetzt. Als alle vier Geschwister mündig geworden waren, entschlossen sie sich, den gemeinsamen Grundbesitz nach und nach zu liquidieren. Zu diesem Zweck schlossen sie sich im Jahre 1963 zu einer einfachen Gesellschaft unter der Bezeichnung "Baugesellschaft K." zusammen. Mit der Geschäftsführung wurde einer der Brüder betraut. Er betreibt gemäss Handelsregistereintrag ein Generalunternehmen, das sich mit dem Kauf, dem Verkauf, der Vermietung und der Verwaltung von Liegenschaften befasst. Die Beschwerdeführerin ist Bankangestellte, der andere Bruder Mechaniker. Die Gesellschafter teilten ihr Land in Parzellen auf, erschlossen es und erstellten fünf Mehrfamilienhäuser. Sie verkauften im Jahre 1963 die Wohnblöcke und in den Jahren 1964-1966 zwölf nicht überbaute Parzellen, wobei sie Gewinne erzielten.
B.- Bei den Veranlagungen der Beschwerdeführerin für die 13. und 14. Wehrsteuerperiode wurden ihre Anteile an diesen
BGE 96 I 655 S. 657
Gewinnen als Einkommen aus Erwerbstätigkeit im Sinne von Art. 21 Abs. 1 lit. a
![](media/link.gif)
C.- Gegen diese Entscheide erhebt die Steuerpflichtige Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Sie bestreitet, dass ihre Anteile an den Grundstückgewinnen in die Berechnung der Wehrsteuer fallen. Sie macht geltend, ihr Gewinn sei nicht auf eine Erwerbstätigkeit zurückzuführen. Es komme darauf an, ob die Eingänge auf der Stufe der einfachen Gesellschaft Einkommen im Sinne des Wehrsteuerbeschlusses gebildet haben (ASA 36 283 = BGE 92 I 485). Dies sei nicht der Fall. Die Baugesellschaft K. habe nicht Handel mit Liegenschaften getrieben, sondern sich bloss bemüht, den im Erbgang erworbenen gemeinsamen Grundbesitz der Gesellschafter zu günstigen Bedingungen zu veräussern. Sie habe der Verwaltung des Vermögens der Gesellschafter gedient. Wohl habe der geschäftsführende Gesellschafter seine Beteiligung an der Gesellschaft dem von ihm persönlich betriebenen Liegenschaftenhandel dienstbar gemacht. Daraus könne jedoch nicht auf eine Erwerbstätigkeit seitens der Gesellschaft - und damit auch der Beschwerdeführerin - geschlossen werden. Wäre der Gewinnanteil der Beschwerdeführerin doch zu versteuern, so müsste die Steuerberechnung berichtigt werden. Zu Unrecht sei bei der Veranlagung der ganze Wertzuwachs, den die verkauften Grundstücke seit 1948 erfahren haben, berücksichtigt worden. Der Besitz könne erst im Jahre 1963 Geschäftsvermögen geworden sein, so dass die frühere Wertvermehrung ausser Betracht falle.
D.- Die kantonalen Behörden und die eidgenössische Steuerverwaltung beantragen die Abweisung der Beschwerde.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Gemäss Art. 21 Abs. 1
![](media/link.gif)
BGE 96 I 655 S. 658
Vermögensertrag oder anderen Einnahmequellen, insbesondere nach lit. a jedes Einkommen aus einer Tätigkeit (namentlich aus Handel, Gewerbe usw.) mit Einschluss der Nebenbezüge (Entschädigungen für Sonderleistungen, Provisionen und dgl.). Danach werden alle Einkünfte erfasst, die sich aus irgendeiner auf Erwerb (Verdienst) gerichteten Tätigkeit ergeben, gleichgültig, ob diese im Haupt- oder im Nebenberuf und ob sie regelmässig oder wiederkehrend oder nur einmalig ausgeübt wird. Auch Gewinne aus der Veräusserung von Vermögensstücken, insbesondere von Liegenschaften, bilden Erwerbseinkommen im Sinne von Art. 21 Abs. 1 lit. a
![](media/link.gif)
![](media/link.gif)
2. Die Annahme, dass ein beim Verkauf einer Liegenschaft erlangter Gewinn einer Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen entspringt, kann sich aus der Häufung von Grundstückkäufen und- verkäufen oder aus anderen Umständen ergeben, insbesondere aus dem Zusammenhang mit einer selbständigen Berufstätigkeit des Pflichtigen als Architekt, Baumeister und dgl. (BGE 82 I 174, BGE 92 I 122, BGE 93 I 288). Sie ist auch bei vereinzelten Verkäufen, die nicht mit einer derartigen Betätigung des Steuersubjektes zusammenhängen, nicht ausgeschlossen. In solchen Fällen ist sie nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts gerechtfertigt, wenn der Gewinn auf einer Tätigkeit des Steuerpflichtigen beruht, die nach Art und Umfang dem Vorgehen eines Liegenschaftenhändlers gleichgestellt werden kann (BGE 92 I 122, BGE 93 I 288; ASA 27 177, 33 35, 35 459, 36 27, 39 268; Urteil Schmid vom 11. Februar 1970, nicht veröffentlicht). Wie das Bundesgericht entschieden hat, kann auf eine Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen auch allein schon daraus geschlossen werden, dass er sich für ein bestimmtes Grundstückgeschäft in einer einfachen Gesellschaft mit einer Person verbindet, die sich in Ausübung ihres Berufes beteiligt und die Geschäftsführung für gemeinsame Rechnung im Einvernehmen
BGE 96 I 655 S. 659
mit ihm besorgt (Urteil Löwensberg vom 28. November 1958, nicht veröffentlicht; Urteil Frei vom 4. November 1966, publiziert in ASA 36 282, E. 2 auch in BGE 92 I 484; zit. Urteil Schmid). Art. 18 Abs. 2
![](media/link.gif)
![](media/link.gif)
![](media/link.gif)
![](media/link.gif)
![](media/link.gif)
![](media/link.gif)
![](media/link.gif)
![](media/link.gif)
BGE 96 I 655 S. 660
steuerbares Einkommen. Das ergibt sich aus Art. 21
![](media/link.gif)
![](media/link.gif)
![](media/link.gif)
3. Die hier in Frage stehenden Gewinne sind von der einfachen Gesellschaft, zu der sich die Beschwerdeführerin mit drei Geschwistern zusammengeschlossen hat, erzielt worden. Es ist nicht bestritten und steht fest, dass weder die Beschwerdeführerin persönlich, noch die Gesellschaft zur Führung kaufmännischer Bücher verpflichtet waren und dass daher Art. 21 Abs. 1 lit. d
![](media/link.gif)
BGE 96 I 655 S. 661
mag indessen dahingestellt bleiben. Denn schon das, was seitens der Gesellschaft tatsächlich vorgekehrt worden ist, geht über den Rahmen der blossenVermögensverwaltung hinaus. Das gesamte Wirken der Gesellschaft muss als eine auf Gewinnerzielung gerichtete Tätigkeit betrachtet werden, auch wenn davon abgesehen wird, dass der geschäftsführende Gesellschafter sich berufsmässig mit dem Kauf und dem Verkauf von Liegenschaften befasst hat. Daraus folgt, dass auf der Stufe der Gesellschaft bei den in den Jahren 1963-1966 vorgenommenen gewinnbringenden Verkäufen von fünf Mehrfamilienhäusern und zwölf unüberbauten Parzellen Einkommen aus einer Erwerbstätigkeit im Sinne von Art. 21 Abs. 1 lit. a
![](media/link.gif)
![](media/link.gif)
4. Die Veranlagungsbehörde hat bei der Berechnung der von der Beschwerdeführerin zu versteuernden Gewinnanteile den gesamten Wertzuwachs berücksichtigt, den die in Frage stehenden Parzellen in der Zeit zwischen dem Übergang des Eigentums auf die Geschwister K. (1948) und der nachherigen Veräusserung erfahren hatten. Diese Berechnungsweise ist in den angefochtenen Entscheiden nicht beanstandet worden. Die Beschwerdeführerin ist dagegen der Meinung, dass der Wertzuwachs auf jeden Fall nur insoweit erfasst werden könne, als er seit der Bildung der einfachen Gesellschaft (1963) eingetreten sei; sie verlangt daher mit ihrem Eventualantrag eine entsprechende Berichtigung der Veranlagungen. Die kantonale Rekurskommission hält dieses Begehren für unbegründet; sie führt aus, es lasse sich weder auf die gesetzliche Ordnung noch auf die Praxis stützen, und zudem könnte in den meisten Fällen der Zeitpunkt der Änderung, auf welche die Beschwerdeführerin abstellen möchte, kaum zuverlässig festgestellt werden. Auch die eidgenössische Steuerverwaltung beantragt die Abweisung des Eventualantrags der Beschwerdeführerin; sie verweist auf die in ASA 30 374 wiedergegebenen Erwägungen des Bundesgerichts. Da Art. 21
![](media/link.gif)
BGE 96 I 655 S. 662
beruhen, erscheint es indessen grundsätzlich als richtig, den Wertzuwachs, der durch den im Rahmen einer solchen Wirksamkeit vorgenommenen Verkauf realisiert worden ist, von der Besteuerung nach dieser Bestimmung insoweit auszunehmen, als er schon vor der Aufnahme der Erwerbstätigkeit entstanden ist. Allerdings ist es nicht immer leicht, den Zeitpunkt festzustellen, in dem eine Erwerbstätigkeit eingesetzt hat. Das ist jedoch kein Grund, eine solche Änderung der Verhältnisse stets ausser Betracht zu lassen. Sie ist jedenfalls dann zu berücksichtigen, wenn der Zeitpunkt ihres Eintritts mit genügender Sicherheit festgelegt werden kann und es sich sachlich rechtfertigt, ihr Rechnung zu tragen. So verhält es sich hier. Es steht fest, dass die Erwerbstätigkeit, die zu den in Frage stehenden Verkäufen geführt hat, erst mit der Bildung der einfachen Gesellschaft im Jahre 1963 begonnen hat. Vorher hatten die Geschwister K. sich damit begnügt, das geerbte Heimwesen unter der Leitung der Mutter landwirtschaftlich zu nutzen, ohne irgendwelche über die Verwaltung ihres Vermögens hinausgehende Vorkehren zu treffen; auch der Verkauf eines Landstücks an die Gemeinde und der Tausch weiterer Landabschnitte waren blosse Verwaltungshandlungen gewesen. Hätten die Geschwister vor dem Zusammenschluss zur einfachen Gesellschaft ihren Grundbesitz als Ganzes oder nach und nach verkauft, so hätte der dabei von ihnen realisierte Gewinn der Wehrsteuer nicht unterworfen werden können, weil er sich nicht aus einer Erwerbstätigkeit ergeben hätte. Der Wertzuwachs, den das Land bis dahin ohne ihr Zutun erfahren hatte, wäre also dieser Steuer entgangen. Es wäre unbillig, ihn heute deshalb zu besteuern, weil die Geschwister seither sich entschlossen haben, ihren Grundbesitz anders zu verwenden. Unter den gegebenen Umständen entspricht es dem Sinn von Art. 21 Abs. 1 lit. a
![](media/link.gif)
BGE 96 I 655 S. 663
der einfachen Gesellschaft hatte. Dieser Wert ist durch Schätzung zu ermitteln, und auf dieser Grundlage ist der steuerbare Gewinn neu zu berechnen. Die Sache ist an die Veranlagungsbehörde zur entsprechenden Berichtigung der angefochtenen Veranlagungen zurückzuweisen.