96 I 53
9. Urteil vom 11. Februar 1970 i.S. Y. gegen Zürich, Kanton und Verwaltungsgericht.
Regeste (de):
- Erbschaftssteuer für Adoptivkinder. Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
- Abstufung der Erbschaftssteuer nach dem Verwandtschaftsgrad. Behandlung der Adoptivkinder. Ein kantonales Gesetz, das für Adoptivkinder einen viermal höheren Steuersatz als für leibliche Kinder vorsieht und bei ihnen einen wesentlich kleineren Betrag steuerfrei lässt, verstösst weder gegen den Grundsatz der Rechtsgleichheit noch gegen denjenigen der derogatorischen Kraft des Bundesrechts.
Regeste (fr):
- Impôt successoral à payer par l'enfant adoptif. Art. 4 Cst. et 2 Disp. trans. Cst.
- Impôt successoral gradué selon le degré de parenté. Cas de l'enfant adoptif. Une loi cantonale qui prévoit, pour l'enfant adoptif, un taux quatre fois plus élevé que pour les descendants et n'exonère qu'un montant de base sensiblement inférieur, ne viole ni le principe de l'égalité de traitement, ni celui de la force dérogatoire du droit fédéral.
Regesto (it):
- Imposta di successione dovuta dal figlio adottivo. Art. 4 CF e 2 disp. trans. CF.
- Imposta di successione graduata secondo il rapporto di parentela. Caso del figlio adottivo. Una legge cantonale che prevede, per il figlio adottivo, un'aliquota quattro volte più elevata che per i discendenti ed esonera un importo di base sensibilmente inferiore, non viola nè il principio dell'eguaglianza di trattamento, nè quello della forza derogatoria del diritto federale.
Sachverhalt ab Seite 53
BGE 96 I 53 S. 53
A.- Nach dem Zürcher Gesetz vom 26. April 1936 über die Erbschafts- und Schenkungssteuer (ESchG) unterliegen Vermögensanfälle von Todes wegen der Erbschaftssteuer. Bei Nachkommen und Eltern des Erblassers ist ein Vermögensanfall von je Fr. 20'000.-- steuerfrei, bei Nachkommen, die das 18. Altersjahr noch nicht zurückgelegt haben oder die dauernd pflege- und verwahrungsbedürftig sind, Fr. 10'000.-- mehr; bei Geschwistern, Adoptivkindern, Verlobten, Patenkindern und Grosseltern sind nur je Fr. 3000.-- steuerfrei (§ 8 lit. a und b). Der Steuersatz ist nach der Höhe des Vermögensanfalls sowie nach dem Verwandschaftsgrad abgestuft. Die einfache Steuer beträgt je nach dem Vermögensanfall 2 bis 6% (§ 10). Kinder, Enkel und Urenkel zahlen den einfachen, Eltern und Grosseltern den doppelten, Geschwister den dreifachen, Adoptivkinder und- enkel den vierfachen, Stiefkinder, Onkel, Tante, Nachkommen von Geschwistern, Adoptiv- und Stiefeltern den fünffachen und die übrigen erbberechtigten Personen sowie
BGE 96 I 53 S. 54
Nichtverwandte den sechsfachen Betrag der sich aus § 10 ergebenden Steuer (§ 11 lit. a-f).
B.- Die Ehegatten X. in Zürich haben im Jahre 1941 die heutige Beschwerdeführerin adoptiert, die 1933 geboren ist und sich mit Y. verheiratet hat. Die 1958 verstorbene Frau X. hat den Ehemann als Vorerben und die Adoptivtochter als Nacherbin eingesetzt. Herr X. starb 1967 und hinterliess die Adoptivtochter als einzige Erbin. Die Finanzdirektion des Kantons Zürich auferlegte der Beschwerdeführerin, unter Berücksichtigung eines besteuerten Vorempfangs von Fr. 33'000.-- und eines steuerfreien Betrages von Fr. 3000.-- (§ 8 lit. b ESchG), für den Anfall der Nacherbschaft von Fr. 135'000.-- und der Erbschaft von Fr. 192'800.-- Erbschaftssteuern von Fr. 22'800.-- und Fr. 41'472.-- (§ 10 und 11 lit. d ESchG). Hiegegen rekurrierte die Beschwerdeführerin an das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich mit dem Antrag, die Erbschaftssteuern entsprechend dem für leibliche Kinder geltenden Satz auf Fr. 4750.-- und Fr. 10'148.-- herabzusetzen. Das Verwaltungsgericht wies den Rekurs am 29. April 1969 ab mit der Begründung, dass die Veranlagung gesetzmässig sei und die vom kantonalen Gesetzgeber angeordnete stärkere Belastung der Adoptivkinder im Verhältnis zu den leiblichen Kindern weder gegen den Grundsatz der Rechtsgleichheit (Art. 4
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SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
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SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 2 Zweck - 1 Die Schweizerische Eidgenossenschaft schützt die Freiheit und die Rechte des Volkes und wahrt die Unabhängigkeit und die Sicherheit des Landes. |
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1 | Die Schweizerische Eidgenossenschaft schützt die Freiheit und die Rechte des Volkes und wahrt die Unabhängigkeit und die Sicherheit des Landes. |
2 | Sie fördert die gemeinsame Wohlfahrt, die nachhaltige Entwicklung, den inneren Zusammenhalt und die kulturelle Vielfalt des Landes. |
3 | Sie sorgt für eine möglichst grosse Chancengleichheit unter den Bürgerinnen und Bürgern. |
4 | Sie setzt sich ein für die dauerhafte Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen und für eine friedliche und gerechte internationale Ordnung. |
C.- Gegen diesen Rekursentscheid hat Frau Y. staatsrechtliche Beschwerde erhoben. Als Beschwerdegründe macht sie Verletzungen der Art. 4
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SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
D.- Das Verwaltungsgericht und der Regierungsrat des Kantons Zürich beantragen Abweisung der Beschwerde.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. (Prozessuales).
2. Die streitigen Erbschaftssteuern sind unbestrittenermassen gesetzmässig, denn sie entsprechen den in §§ 8 lit. b, 10 und 11 lit. d ESchG enthaltenen Bestimmungen. Die Beschwerdeführerin macht indessen geltend, dass das ESchG insoweit gegen den Grundsatz der Rechtsgleichheit und denjenigen
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der derogatorischen Kraft des Bundesrechts verstosse, als es für Adoptivkinder einen kleineren steuerfreien Betrag und viermal höhere Steuersätze vorsehe als für leibliche Kinder. Das Bundesgericht hatte sich schon wiederholt mit der Frage zu befassen, ob es dem kantonalen Gesetzgeber gestattet sei, Adoptivkinder inbezug auf die Erbschaftssteuer schlechter zu behandeln als leibliche Kinder. In einem Urteil vom 18. Dezember 1931 (ZBl 33/1932 S. 314 ff.) stand die damalige Ordnung des Kantons Glarus in Frage und war zu entscheiden, ob es mit Art. 4
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3. Das Gebot der rechtsgleichen Behandlung (Art. 4
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erachtet, sondern nur dann, wenn die kantonale Ordnung sich nicht auf ernsthafte sachliche Gründe stützen lässt oder Unterscheidungen trifft, für die ein vernünftiger Grund in den zu regelnden tatsächlichen Verhältnissen nicht ersichtlich ist (BGE 95 I 134 E. 5 mit Hinweis auf frühere Urteile). a) In den drei erwähnten Urteilen ist das Bundesgericht davon ausgegangen, dass es nicht gegen Art. 4
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BGE 96 I 53 S. 57
der Rechtsgleichheit verstosse. Entgegen der Darstellung der Beschwerdeführerin hat der Bundeszivilgesetzgeber indessen das Adoptionsverhältnis dem ehelichen Eltern- und Kindesverhältnis keineswegs in allen wesentlichen Beziehungen gleichgestellt. Abweichungen bestehen nicht nur, was die verwandtschaftlichen Beziehungen, das Bürgerrecht und das Erbrecht betrifft, sondern auch wegen der Möglichkeit der Auflösung der Adoption (Art. 269
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 269 - 1 Ist eine Zustimmung ohne gesetzlichen Grund nicht eingeholt worden, so können die Zustimmungsberechtigten die Adoption beim Gericht anfechten, sofern dadurch das Wohl des Kindes nicht ernstlich beeinträchtigt wird. |
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1 | Ist eine Zustimmung ohne gesetzlichen Grund nicht eingeholt worden, so können die Zustimmungsberechtigten die Adoption beim Gericht anfechten, sofern dadurch das Wohl des Kindes nicht ernstlich beeinträchtigt wird. |
2 | Den Eltern steht diese Klage jedoch nicht zu, wenn sie den Entscheid ans Bundesgericht weiterziehen können. |
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SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
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4. Aufgrund der vorstehenden Ausführungen zur Frage der rechtsgleichen Behandlung erweist sich auch die Berufung der Beschwerdeführerin auf den Grundsatz der derogatorischen
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Kraft des Bundesrechts als unbegründet. Wie das Verwaltungsgericht mit Recht ausführt, kann nicht gesagt werden, dass die angefochtene Besteuerung die Anwendung der Adoption als einer Einrichtung des Bundesrechts verunmögliche oder übermässig erschwere. Wer ein Kind adoptieren möchte, wird davon nicht deshalb absehen, weil sein Nachlass später einmal mit einer verhältnismässig hohen Erbschaftssteuer belastet wird, und für den Anzunehmenden dürfte die Höhe der späteren Besteuerung einer Erbschaft, die ohne die Adoption entweder ihm überhaupt nicht zufiele oder aber, bei testamentarischer Zuwendung, mit dem noch höheren Satz für Nichtverwandte belastet würde, nicht von Bedeutung sein. Was die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang vorbringt, ist unbehelflich. Zu Unrecht beruft sie sich auf einige Urteile des Bundesgerichts, mit denen gewisse kantonale Steuern als verfassungswidrig erklärt wurden. Die dort beurteilten Tatbestände lassen sich mit dem vorliegenden nicht vergleichen. InBGE 73 I 376ff. stand eine als "Taxe" bezeichnete Steuer in Frage, die für die Eröffnung eines Testaments erhoben wurde und zur ordentlichen Erbschaftssteuer hinzutrat, obwohl die gesetzliche Erbfolge durch das Testament nicht abgeändert worden war. In BGE 84 I 134 ff. wurde die ganz andere Frage, ob eine Handänderungssteuer mit dem Bundesrecht vereinbar sei, offen gelassen (E. 3) und die Beschwerde wegen widersprüchlichen Verhaltens der Behörden aufgrund von Art. 4
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SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird abgewiesen.