Urteilskopf

93 I 83

11. Urteil vom 17. März 1967 i.S. Hug gegen Mitglieder der Eidg. Bankenkommission sowie Eidg. Justiz- und Polizeidepartement.
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Sachverhalt ab Seite 83

BGE 93 I 83 S. 83

A.- Die Schweizerische Spar- und Kreditbank (SSKB) und die Banque Genevoise de Commerce et de Crédit (BGCC) gewährten seit 1963 grosse Darlehen nach dem Ausland. Die Hingabe des Geldes ging auf Vorstösse des Spaniers Julio Munoz zurück, der nicht nur die ausländischen Unternehmen beherrschte, welche die Darlehen erhielten, sondern als Mehrheitsaktionär
BGE 93 I 83 S. 84

und Finanzberater auch auf die beiden Banken entscheidenden Einfluss ausübte. Munoz handelte im engen Einvernehmen mit Hermann Hug, der als Hauptdirektor der SSKB und als Verwaltungsratsmitglied der BGCC die Vorschläge des Spaniers aufnahm und unterstützte. Durch die grossen Ausleihungen nach dem Ausland geriet sowohl die SSKB wie die BGCC in arge Schwierigkeiten, da Munoz und seine Unternehmen bald nicht mehr imstande waren, ihren Verpflichtungen gegenüber den beiden Banken nachzukommen; auch erwiesen sich die Sicherheiten als ungenügend oder sogar als wertlos. Im April 1965 mussten die beiden Banken eine Stundung verlangen. Ihre Vermögenslage hat sich inzwischen als derart schlimm erwiesen, dass der Zusammenbruch nicht mehr aufgehalten werden konnte. Zur Zeit befindet sich die SSKB in Liquidation, die BGCC in einem Nachlassverfahren.

B.- Am 27. April 1965 erstattete die Eidg. Bankenkommission bei der Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich gegen Munoz, Hug und allfällige Mitbeteiligte Strafanzeige wegen Betruges und ungetreuer Geschäftsführung. Die Bankenkommission warf Munoz insbesondere vor, dass er nach der Übernahme der Aktienmehrheit zwar keine Organstellung eingenommen, aber gleichwohl regelmässig an den Verwaltungsratssitzungen der beiden Banken teilgenommen habe. Er habe sich zu ihrem Finanzberater ernennen lassen und ihre Organe dazu überredet, ausländische Immobiliengeschäfte zu finanzieren, um für sich und seine Unternehmen grosse Kredite zu erhalten, die er aber entgegen seinen Zusicherungen nur ungenügend oder überhaupt nicht sichergestellt habe. Dem Hugwarf die Kommission namentlich vor, dass er dem Spanier völlig hörig gewesen sei, Bestimmungen der Statuten gröblich missachtet und das Vertrauen, das ihm der Verwaltungsrat der SSKB entgegenbrachte, zugunsten des Munoz missbraucht habe. Am 4. August 1965 reichte Hug in Bern gegen die Mitglieder der Eidg. Bankenkommission Strafanzeige wegen falscher Anschuldigung ein (Art. 303
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 303 - 1. Wer einen Nichtschuldigen wider besseres Wissen bei der Behörde eines Verbrechens oder eines Vergehens beschuldigt, in der Absicht, eine Strafverfolgung gegen ihn herbeizuführen,
1    Wer einen Nichtschuldigen wider besseres Wissen bei der Behörde eines Verbrechens oder eines Vergehens beschuldigt, in der Absicht, eine Strafverfolgung gegen ihn herbeizuführen,
2    Betrifft die falsche Anschuldigung eine Übertretung, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.
StGB). Er machte vor allem geltend, die Kommission habe ihn in überstürzter und leichtfertiger Weise verzeigt, um möglichst viel Verantwortung auf ihn abzuwälzen; ihr Präsident, Max Hommel, sei denn auch nicht ohne triftige Gründe seines Amtes enthoben worden. Ihre Strafanzeige enthalte zum Teil reine Verleumdungen; so habe die Kommission insbesondere nicht in guten Treuen annehmen können,
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dass er die beiden Banken absichtlich habe schädigen wollen, wie die Tatbestände des Betruges und der ungetreuen Geschäftsführung dies voraussetzten.
C.- Am 28. Oktober 1966 entschied das Eidg. Justiz- und Polizeidepartement, dass die Ermächtigung zur Durchführung eines Strafverfahrens gegen die Mitglieder der Bankenkommission verweigert werde.
D.- Hug führt gegen diesen Entscheid Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, ihn aufzuheben und das Strafverfahren gegen die angeschuldigten Behördemitglieder zuzulassen. Das Eidg. Justiz- und Polizeidepartement und die Mitglieder der Bankenkommission beantragen, die Beschwerde abzuweisen.
Erwägungen

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Nach Art. 15 Abs. 1
SR 170.32 Bundesgesetz vom 14. März 1958 über die Verantwortlichkeit des Bundes sowie seiner Behördemitglieder und Beamten (Verantwortlichkeitsgesetz, VG) - Verantwortlichkeitsgesetz
VG Art. 15 - 1 Die Strafverfolgung von Beamten wegen strafbarer Handlungen, die sich auf ihre amtliche Tätigkeit oder Stellung beziehen, ausgenommen wegen Widerhandlungen im Strassenverkehr, bedarf einer Ermächtigung des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements. Diese Ermächtigung erteilt:
1    Die Strafverfolgung von Beamten wegen strafbarer Handlungen, die sich auf ihre amtliche Tätigkeit oder Stellung beziehen, ausgenommen wegen Widerhandlungen im Strassenverkehr, bedarf einer Ermächtigung des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements. Diese Ermächtigung erteilt:
a  die Verwaltungsdelegation der Bundesversammlung für das Personal der Parlamentsdienste;
b  die Verwaltungskommission des jeweiligen Gerichts für das Personal des Bundesgerichts, des Bundesstrafgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts;
c  die Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft für das Personal ihres Sekretariats;
d  der Bundesanwalt oder die Bundesanwältin für das von ihm oder ihr gewählte Personal der Bundesanwaltschaft.31
2    Kantonale Strafverfolgungsbehörden, bei denen solche Fälle angezeigt werden, haben unverzüglich um diese Ermächtigung nachzusuchen und dringliche sichernde Massnahmen zu treffen.
3    Erscheinen ein Straftatbestand und die gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung als erfüllt, so darf die Ermächtigung nur in leichten Fällen verweigert werden und sofern die Tat nach allen Umständen durch eine disziplinarische Massnahme32 des Fehlbaren als genügend geahndet erscheint.
4    Der Entscheid, durch den die Ermächtigung erteilt wird, ist endgültig.
5    Gegen die Verweigerung der Ermächtigung durch das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement oder die Verwaltungsdelegation der Bundesversammlung ist die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zulässig. Entscheide der eidgenössischen Gerichte über die Ermächtigung sind endgültig.33
5bis    Die Staatsanwaltschaft, die um die Ermächtigung nachgesucht hat, ist zur Beschwerde berechtigt.34
6    ...35
VG bedarf die Strafverfolgung von Beamten wegen strafbarer Handlungen, die sich auf ihre amtliche Tätigkeit oder Stellung beziehen, einer Ermächtigung des Eidg. Justiz- und Polizeidepartementes. Diese Bestimmung gilt auch für die Mitglieder von Behörden, die zwar ausserhalb der Bundesverwaltung stehen, denen aber öffentlichrechtliche Aufgaben des Bundes übertragen sind (Art. 1 Abs. 1 lit. d
SR 170.32 Bundesgesetz vom 14. März 1958 über die Verantwortlichkeit des Bundes sowie seiner Behördemitglieder und Beamten (Verantwortlichkeitsgesetz, VG) - Verantwortlichkeitsgesetz
VG Art. 1 - 1 Den Bestimmungen dieses Gesetzes unterstehen alle Personen, denen die Ausübung eines öffentlichen Amtes des Bundes übertragen ist, nämlich:
1    Den Bestimmungen dieses Gesetzes unterstehen alle Personen, denen die Ausübung eines öffentlichen Amtes des Bundes übertragen ist, nämlich:
a  ...5
b  die Mitglieder des Bundesrates und der Bundeskanzler;
c  die Mitglieder und Ersatzmitglieder der eidgenössischen Gerichte;
cbis  die Mitglieder der Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft;
d  die Mitglieder und Ersatzmänner von Behörden und Kommissionen des Bundes, die ausserhalb der eidgenössischen Gerichte und der Bundesverwaltung stehen;
e  die Beamten und übrigen Arbeitskräfte des Bundes;
f  alle anderen Personen, insoweit sie unmittelbar mit öffentlichrechtlichen Aufgaben des Bundes betraut sind.
2    Ausgenommen sind die Angehörigen der Armee mit Bezug auf ihre militärische Stellung und ihre dienstlichen Pflichten.
VG). Die Eidg. Bankenkommission ist eine Behörde dieser Art. 1hre Mitglieder durften deshalb wegen der Straftat, die ihnen vom Beschwerdeführer zur Last gelegt wird, ohne Ermächtigung des Justiz- und Polizeidepartementes nicht strafrechtlich verfolgt werden.
2. Erscheinen ein Straftatbestand und die gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung als erfüllt, so darf gemäss Art. 15 Abs. 3
SR 170.32 Bundesgesetz vom 14. März 1958 über die Verantwortlichkeit des Bundes sowie seiner Behördemitglieder und Beamten (Verantwortlichkeitsgesetz, VG) - Verantwortlichkeitsgesetz
VG Art. 15 - 1 Die Strafverfolgung von Beamten wegen strafbarer Handlungen, die sich auf ihre amtliche Tätigkeit oder Stellung beziehen, ausgenommen wegen Widerhandlungen im Strassenverkehr, bedarf einer Ermächtigung des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements. Diese Ermächtigung erteilt:
1    Die Strafverfolgung von Beamten wegen strafbarer Handlungen, die sich auf ihre amtliche Tätigkeit oder Stellung beziehen, ausgenommen wegen Widerhandlungen im Strassenverkehr, bedarf einer Ermächtigung des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements. Diese Ermächtigung erteilt:
a  die Verwaltungsdelegation der Bundesversammlung für das Personal der Parlamentsdienste;
b  die Verwaltungskommission des jeweiligen Gerichts für das Personal des Bundesgerichts, des Bundesstrafgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts;
c  die Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft für das Personal ihres Sekretariats;
d  der Bundesanwalt oder die Bundesanwältin für das von ihm oder ihr gewählte Personal der Bundesanwaltschaft.31
2    Kantonale Strafverfolgungsbehörden, bei denen solche Fälle angezeigt werden, haben unverzüglich um diese Ermächtigung nachzusuchen und dringliche sichernde Massnahmen zu treffen.
3    Erscheinen ein Straftatbestand und die gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung als erfüllt, so darf die Ermächtigung nur in leichten Fällen verweigert werden und sofern die Tat nach allen Umständen durch eine disziplinarische Massnahme32 des Fehlbaren als genügend geahndet erscheint.
4    Der Entscheid, durch den die Ermächtigung erteilt wird, ist endgültig.
5    Gegen die Verweigerung der Ermächtigung durch das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement oder die Verwaltungsdelegation der Bundesversammlung ist die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zulässig. Entscheide der eidgenössischen Gerichte über die Ermächtigung sind endgültig.33
5bis    Die Staatsanwaltschaft, die um die Ermächtigung nachgesucht hat, ist zur Beschwerde berechtigt.34
6    ...35
VG die Ermächtigung zur Durchführung eines Strafverfahrens gegen einen Beamten nur in leichten Fällen verweigert werden. In dieser Befugnis ist als das Mindere notwendig die andere eingeschlossen, die Strafverfolgung eines Beamten auch dann nicht zuzulassen, wenn überhaupt keine strafbare Handlung vorliegt. Das setzt freilich voraus, dass der dem Beamten vorgeworfene Tatbestand sich bereits im Vorverfahren, in dem über die Ermächtigung zu entscheiden ist, als haltlos erweist oder klar widerlegen lässt. Trifft das zu, so ist daher die Ermächtigung zur Verfolgung des Beamten zu verweigern. Diesfalls erfüllt das Vorverfahren denn auch seinen eigentlichen
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Zweck, nämlich Beamte und Amtspersonen des Bundes vor unbegründeten, insbesondere trölerischen oder mutwilligen Strafanzeigen zu schützen und dadurch den reibungslosen Gang der Verwaltung sicherzustellen (vgl. Botschaft des Bundesrates, BBl 1956 I 1398; BGE 93 I 78 Erw. a). a) Die Aufgaben und Befugnisse der Eidg. Bankenkommission sind vor allem in Art. 23 Abs. 3
SR 952.0 Bundesgesetz vom 8. November 1934 über die Banken und Sparkassen (Bankengesetz, BankG) - Bankengesetz
BankG Art. 23 - Die FINMA kann selbst direkte Prüfungen bei Banken, Bankgruppen und Finanzkonglomeraten durchführen, wenn dies angesichts von deren wirtschaftlichen Bedeutung, der Komplexität des abzuklärenden Sachverhalts oder zur Abnahme interner Modelle notwendig ist.
des Bundesgesetzes über die Banken und Sparkassen (BankG) aufgezählt. Danach hat die Kommission unter anderem bei Gesetzesverletzungen oder sonstigen Misständen die notwendigen administrativen oder gerichtlichen Schritte einzuleiten (lit. 1). Ob sie auf Grund dieser Bestimmung verpflichtet sei, ausser Straftaten im Sinne von Art. 46
SR 952.0 Bundesgesetz vom 8. November 1934 über die Banken und Sparkassen (Bankengesetz, BankG) - Bankengesetz
BankG Art. 46 - 1 Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer vorsätzlich:
1    Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer vorsätzlich:
a  unbefugterweise Publikums- oder Spareinlagen entgegennimmt;
b  die Geschäftsbücher nicht ordnungsgemäss führt oder Geschäftsbücher, Belege und Unterlagen nicht vorschriftsgemäss aufbewahrt;
c  die Jahresrechnung oder eine Zwischenbilanz nicht nach Artikel 6 aufstellt und veröffentlicht.
2    Wer fahrlässig handelt, wird mit Busse bis zu 250 000 Franken bestraft.
3    ...190
BankG auch Verbrechen oder Vergehen zum Nachteil von Bankengläubigern anzuzeigen, wenn sie solche aufdeckt, kann dahingestellt bleiben. Diese Pflicht der Kommission ergibt sich bereits daraus, dass sie die staatliche Aufsicht über die Banken auszuüben hat. Wenn Bankorgane eine Geschäftspolitik betreiben, die den Statuten zuwiderläuft, die Rechte der Gläubiger gefährdet oder in die Verschuldung führt, so hat die Bankenkommission einzugreifen und Massnahmen anzuordnen, die im Interesse der Bank und zum Schutze der Gläubiger erforderlich sind (vgl. Komm. REINMANN, N. 5 ff. zu Art. 23
SR 952.0 Bundesgesetz vom 8. November 1934 über die Banken und Sparkassen (Bankengesetz, BankG) - Bankengesetz
BankG Art. 23 - Die FINMA kann selbst direkte Prüfungen bei Banken, Bankgruppen und Finanzkonglomeraten durchführen, wenn dies angesichts von deren wirtschaftlichen Bedeutung, der Komplexität des abzuklärenden Sachverhalts oder zur Abnahme interner Modelle notwendig ist.
und 24
SR 952.0 Bundesgesetz vom 8. November 1934 über die Banken und Sparkassen (Bankengesetz, BankG) - Bankengesetz
BankG Art. 24
BankG). Dazu gehört auch, dass sie Fehlbare zur Rechenschaft ziehen lässt, den Strafbehörden also Anzeige erstattet. Es wäre mit dem Sinn und Zweck des Aufsichtsrechtes nicht zu vereinbaren und würde von der Öffentlichkeit mit Recht nicht verstanden, wenn die Kommission Strafsachen, die ihren Aufgabenkreis betreffen, auf sich beruhen lassen könnte. Wenn sie gegen schuldige oder verdächtige Personen eine Strafuntersuchung veranlasst, handelt sie daher in Ausübung ihrer Amtspflicht. Wer aber in Erfüllung einer gesetzlichen Pflicht jemanden bei einer Behörde verzeigt, ist deswegen nicht strafbar (Art. 32
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 32 - Stellt eine antragsberechtigte Person gegen einen an der Tat Beteiligten Strafantrag, so sind alle Beteiligten zu verfolgen.
StGB). Die Amtspflicht einer Aufsichtsbehörde deckt freilich nicht jede Beschuldigung oder Verdächtigung ihrer Mitglieder. Diese handeln pflichtgemäss nur, wenn sie in ihren Äusserungen nicht über das hinaus gehen, was sie in Erfüllung ihrer Aufgabe in guten Treuen vorbringen dürfen. Auch versteht sich von selber, dass das Gesetz bewusst falsche Angaben nicht erlauben oder gar gebieten kann. Im vorliegenden Fall liegen jedoch nicht die geringsten Anhaltspunkte dafür vor, dass die Mitglieder der
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Bankenkommission den Rahmen ihrer Amtspflicht überschritten oder die Strafanzeige gegen Hug wider besseres Wissen erstattet hätten, wie vom Beschwerdeführer behauptet wird. aa) Es ist unbestritten, dass der rasche Zerfall der beiden Banken auf den Einfluss zurückging, den Munoz aufihre Organe ausübte. Die SSKB war noch Ende 1962 nach der Struktur ihrer Passiven vor allem eine Sparbank, bei der die Spareinlagen rund einen Drittel der fremden Gelder ausmachten. Ihre Vermögenslage war angesichts der reichlich vorhandenen Reserven sehr gesund. Zwei Jahre später, als ihre Forderungen aus den Krediten an die Munoz-Unternehmen über 58 Mio Franken erreichten, war die Bank ausgehöhlt, ihre Reserven und das Aktienkapital praktisch verloren. Diese Folgen waren aber offensichtlich nur möglich, weil Hug als Hauptdirektor der Bank die vom Spanier angeregte Änderung in der Geschäftspolitik eifrig befürwortete und durchsetzte. Das Protokoll über die Verwaltungsratssitzung vom 5. August 1963, an der Hug sich den Ausführungen des Munoz in allen Teilen anschloss, zeigt, wie sehr dieser auf die Unterstützung des Beschwerdeführers zählen konnte. Dazu kommt, dass Hug und Munoz nach Aussagen von Verwaltungsräten teilweise auch eigenmächtig handelten und die zuständigen Organe hinters Licht führten. Auch bei der BGCC spielten sich entscheidende Vorgänge im Jahre 1963 ab, also zu einer Zeit, als Hug dem Verwaltungsrat der Bank angehörte. Ihre Guthaben aus Darlehen an Munoz-Gesellschaften erreichten damals den Betrag von 68 Mio Franken, denen bloss 58 Mio Sicherheiten gegenüberstanden. Diese Zahlen beziehen sich nicht auf den Vermögensstand vom 31. Dezember 1962, wie der Beschwerdeführer behauptet, sondern geben die Lage vom 10. September 1963 wieder. bb) Erheblich belastet wird Hug auch dadurch, dass die SSKB Munoz am 14. Dezember 1964 noch einen Kredit von 10 Mio Franken bewilligte. Obwohl ihm das unlautere Finanzgebaren des Spaniers längst nicht mehr entgehen konnte und die Bankenkommission vor weiteren Krediten an Munoz warnte, unternahm er nichts, um die Kreditgewährung zu verhindern. Er begab sich mit Munoz und dessen Anwalt Gil Robles am 9. Dezember 1964 vielmehr zum Präsidenten der Bankenkommission, den sie von der Notwendigkeit neuer Kredite an die Munoz-Gesellschaften zu überzeugen suchten. cc) Für eine Mitschuld des Beschwerdeführers spricht zudem,
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dass Munoz der SSKB vorgab, zwei- und dreifache Deckung leisten zu wollen, es in Wirklichkeit aber bei halben oder wertlosen Sicherheiten bewenden liess, dass Hug für die Auslandsgeschäfte zuständig war, sich auch mit der Bewertung von Sicherheiten befasste, es jedoch unterliess, den Verwaltungsrat auf die für ihn offenkundigen Mängel der angebotenen Sicherheiten hinzuweisen, dass ferner der Verwaltungsrat ihm als langjährigem Leiter der Bank grosses Vertrauen entgegenbrachte. Das gleiche ist zu sagen von den Feststellungen, dass die Statuten der SSKB ungedeckte Darlehen an Personen im Ausland ausdrücklich untersagten, dass viele Pfandbestellungen Formfehler aufwiesen und deshalb ungültig waren, dass Hug für die rechtsgültige Bestellung der zugesicherten Pfänder verantwortlich war und dass die ungedeckten Kredite der SSKB an Munoz-Gesellschaften bereits Ende Juni 1964 über 41 Mio Franken ausmachten. b) Wie die Bankenkommission den Beschwerdeführer bei solchen Verdachtsgründen in pflichtwidriger Weise oder gar wider besseres Wissen verzeigt haben soll, ist unerfindlich. Die Kommission war keineswegs gehalten, zunächst eine einlässliche Untersuchung durchzuführen, wie der Beschwerdeführer anzunehmen scheint; dazu war sie weder in der Lage noch verfügte sie über die gesetzlichen Mittel. Auch kannte sie den Sachverhalt, den sie anzeigte, nur zum Teil aus eigener Wahrnehmung; sie musste sich weitgehend auf die Angaben und Unterlagen stützen, die sie von den Revisionsstellen und von den Verwaltungsräten erhielt. Der Kommission oblag daher nicht die gleiche Sorgfaltspflicht wie einer Strafbehörde, die den wahren Sachverhalt mit den gesetzlichen Mitteln im hiefür vorgesehenen Verfahren zu erforschen, bei mehreren Angeschuldigten insbesondere auch Schuld und Tatanteil eines jeden einzelnen Beteiligten abzuklären hat. Dass als Täter vor allem Munoz und Hug in Frage kamen, konnte nach ihrer Stellung und nach der Rolle, die sie gespielt haben, nicht zweifelhaft sein. Es war daher richtig, dass die Bankenkommission sie mit Namen aufführte und sich nicht mit einer Strafanzeige gegen Unbekannt begnügte. Die Kommission hatte zudem bloss darzutun, was für die Schuld der Angeschuldigten sprach; es war nicht ihre Aufgabe, die Beschuldigten einer bestimmten Tat zu überführen, ihnen also z.B. die Absicht unrechtmässiger Bereicherung oder den Vorsatz der Schädigung
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nachzuweisen. Ob Hug die ihm vorgeworfenen Handlungen begangen hat und er deswegen verurteilt werden muss, ist im Strafverfahren zu prüfen. Dass die Angaben in der Strafanzeige unvollständig und unter Umständen ungenau sind, heisst daher noch keineswegs, die Kommission habe die Grenzen ihrer Amtspflicht überschritten oder den Beschwerdeführer wider besseres Wissen verzeigt. Davon kann umsoweniger die Rede sein, als die Kommission selber wiederholt darauf hinwies, dass die Angelegenheit in verschiedenen Punkten noch näherer Abklärung bedürfe. Ebensowenig ist zu beanstanden, dass die Bankenkommission sich nicht darauf beschränkte, die Verdachtsgründe darzulegen, sondern diese auch zu würdigen suchte. Indem sie sagte, welche Handlungen sie Munoz und Hug vorwerfe und wie sie deren Verhalten beurteile, überschritt die Kommission den Rahmen ihrer Amtspflicht nicht. Angesichts der Besonderheit und der objektiven Schwere des Falles lag es durchaus nahe, dass sie ihre Feststellungen rechtlich erörterte. Die in der Strafanzeige aufgeführten Verdachtsgründe haben übrigens an Bedeutung nichts verloren, auch nicht nachdem Max Hommel seines Amtes enthoben und verzeigt worden ist, weil er als Präsident der Bankenkommission Geschenke angenommen hat. Die seitherige Entwicklung der beiden Banken, die inzwischen zusammengebrochen sind, hat den Verdacht vielmehr verstärkt, dass Munoz sie hereingelegt hat, was ihm ohne willige Helfer aber nicht möglich gewesen wäre. c) Kann somit der Bankenkommission deswegen, weil sie Hug verzeigt hat, weder falsche Anschuldigung (Art. 303
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 303 - 1. Wer einen Nichtschuldigen wider besseres Wissen bei der Behörde eines Verbrechens oder eines Vergehens beschuldigt, in der Absicht, eine Strafverfolgung gegen ihn herbeizuführen,
1    Wer einen Nichtschuldigen wider besseres Wissen bei der Behörde eines Verbrechens oder eines Vergehens beschuldigt, in der Absicht, eine Strafverfolgung gegen ihn herbeizuführen,
2    Betrifft die falsche Anschuldigung eine Übertretung, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.
StGB) noch irgend eine andere strafbare Handlung vorgeworfen werden, so hat das Eidg. Justiz- und Polizeidepartement die Ermächtigung zur Strafverfolgung mit Recht verweigert. Das Departement brauchte den Entscheid nicht aufzuschieben und das Ergebnis des Strafverfahrens gegen Hug abzuwarten. Da die Anschuldigungen des Beschwerdeführers offensichtlich unbegründet sind, hatten die Mitglieder der Kommission einen Anspruch darauf, dass entsprechend dem Sinn und Zweck des Art. 15
SR 170.32 Bundesgesetz vom 14. März 1958 über die Verantwortlichkeit des Bundes sowie seiner Behördemitglieder und Beamten (Verantwortlichkeitsgesetz, VG) - Verantwortlichkeitsgesetz
VG Art. 15 - 1 Die Strafverfolgung von Beamten wegen strafbarer Handlungen, die sich auf ihre amtliche Tätigkeit oder Stellung beziehen, ausgenommen wegen Widerhandlungen im Strassenverkehr, bedarf einer Ermächtigung des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements. Diese Ermächtigung erteilt:
1    Die Strafverfolgung von Beamten wegen strafbarer Handlungen, die sich auf ihre amtliche Tätigkeit oder Stellung beziehen, ausgenommen wegen Widerhandlungen im Strassenverkehr, bedarf einer Ermächtigung des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements. Diese Ermächtigung erteilt:
a  die Verwaltungsdelegation der Bundesversammlung für das Personal der Parlamentsdienste;
b  die Verwaltungskommission des jeweiligen Gerichts für das Personal des Bundesgerichts, des Bundesstrafgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts;
c  die Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft für das Personal ihres Sekretariats;
d  der Bundesanwalt oder die Bundesanwältin für das von ihm oder ihr gewählte Personal der Bundesanwaltschaft.31
2    Kantonale Strafverfolgungsbehörden, bei denen solche Fälle angezeigt werden, haben unverzüglich um diese Ermächtigung nachzusuchen und dringliche sichernde Massnahmen zu treffen.
3    Erscheinen ein Straftatbestand und die gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung als erfüllt, so darf die Ermächtigung nur in leichten Fällen verweigert werden und sofern die Tat nach allen Umständen durch eine disziplinarische Massnahme32 des Fehlbaren als genügend geahndet erscheint.
4    Der Entscheid, durch den die Ermächtigung erteilt wird, ist endgültig.
5    Gegen die Verweigerung der Ermächtigung durch das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement oder die Verwaltungsdelegation der Bundesversammlung ist die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zulässig. Entscheide der eidgenössischen Gerichte über die Ermächtigung sind endgültig.33
5bis    Die Staatsanwaltschaft, die um die Ermächtigung nachgesucht hat, ist zur Beschwerde berechtigt.34
6    ...35
VG ohne Aufschub entschieden werde.
3. Der Beschwerdeführer macht geltend, die Vorinstanz habe ihm das rechtliche Gehör verweigert, weil sie ihm im Vorverfahren nach VG keine Gelegenheit gegeben habe, die Akten einzusehen und sich zur Frage der Ermächtigung zu äussern.
BGE 93 I 83 S. 90

Art. 15 Abs. 3
SR 170.32 Bundesgesetz vom 14. März 1958 über die Verantwortlichkeit des Bundes sowie seiner Behördemitglieder und Beamten (Verantwortlichkeitsgesetz, VG) - Verantwortlichkeitsgesetz
VG Art. 15 - 1 Die Strafverfolgung von Beamten wegen strafbarer Handlungen, die sich auf ihre amtliche Tätigkeit oder Stellung beziehen, ausgenommen wegen Widerhandlungen im Strassenverkehr, bedarf einer Ermächtigung des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements. Diese Ermächtigung erteilt:
1    Die Strafverfolgung von Beamten wegen strafbarer Handlungen, die sich auf ihre amtliche Tätigkeit oder Stellung beziehen, ausgenommen wegen Widerhandlungen im Strassenverkehr, bedarf einer Ermächtigung des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements. Diese Ermächtigung erteilt:
a  die Verwaltungsdelegation der Bundesversammlung für das Personal der Parlamentsdienste;
b  die Verwaltungskommission des jeweiligen Gerichts für das Personal des Bundesgerichts, des Bundesstrafgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts;
c  die Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft für das Personal ihres Sekretariats;
d  der Bundesanwalt oder die Bundesanwältin für das von ihm oder ihr gewählte Personal der Bundesanwaltschaft.31
2    Kantonale Strafverfolgungsbehörden, bei denen solche Fälle angezeigt werden, haben unverzüglich um diese Ermächtigung nachzusuchen und dringliche sichernde Massnahmen zu treffen.
3    Erscheinen ein Straftatbestand und die gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung als erfüllt, so darf die Ermächtigung nur in leichten Fällen verweigert werden und sofern die Tat nach allen Umständen durch eine disziplinarische Massnahme32 des Fehlbaren als genügend geahndet erscheint.
4    Der Entscheid, durch den die Ermächtigung erteilt wird, ist endgültig.
5    Gegen die Verweigerung der Ermächtigung durch das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement oder die Verwaltungsdelegation der Bundesversammlung ist die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zulässig. Entscheide der eidgenössischen Gerichte über die Ermächtigung sind endgültig.33
5bis    Die Staatsanwaltschaft, die um die Ermächtigung nachgesucht hat, ist zur Beschwerde berechtigt.34
6    ...35
VG macht die Ermächtigung zur Strafverfolgung eines Beamten davon abhängig, dass ein Straftatbestand und die gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung als erfüllt erscheinen. Der Beschwerdeführer hat in einer umfangreichen Strafanzeige dargetan, weshalb er das Vorgehen der angeschuldigten Behördemitglieder für strafbar hielt. Unter diesen Umständen hatte das Justiz- und Polizeidepartement keinen Anlass, ihn im Ermächtigungsverfahren nochmals zu Worte kommen zu lassen. Von einer Verweigerung des rechtlichen Gehörs kann deshalb nicht die Rede sein.

Dispositiv

Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird abgewiesen.
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Document : 93 I 83
Date : 17. März 1967
Published : 31. Dezember 1967
Source : Bundesgericht
Status : 93 I 83
Subject area : BGE - Verfassungsrecht
Subject : 1. Art. 1 Abs. 1 lit. d, 15 Abs. 1 VG. Die Strafverfolgung von Mitgliedern der Eidg. Bankenkommission bedarf einer Ermächtigung


Legislation register
BV: 4
BankenG: 23  24  46
StGB: 32  303
VG: 1  15
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93-I-75 • 93-I-83
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BBl
1956/I/1398