92 I 49
10. Urteil vom 18. Februar 1966 i.S. Eidg. Steuerverwaltung gegen Schatzmann und Steuerrekurskommission des Kantons Aargau
Regeste (de):
- Wehrsteuer auf Gewinnen, die im Betriebe eines buchführungspflichtigen Unternehmens bei der Veräusserung von Vermögensstücken erzielt werden (Art. 21 Abs. 1 lit. d
WStB).
- Wenn die veräusserte Liegenschaft zugleich privaten und geschäftlichen Zwecken gedient hat, ist ihr Wert in Privat- und Geschäftsvermögen zu zerlegen und nur der auf den geschäftlichen Teil entfallende Gewinn in die Steuerberechnung einzubeziehen (Änderung der Rechtsprechung).
Regeste (fr):
- Impôt pour la défense nationale sur les bénéfices obtenus, dans l'exploitation d'une entreprise astreinte à tenir des livres, par l'aliénation de biens (art. 21 al. 1 lettre d AIN).
- Lorsque l'immeuble aliéné a servi à la fois à des fins privées et à des fins commerciales, sa valeur doit être répartie entre la fortune privée et la fortune commerciale; seul le bénéfice se rapportant à la partie commerciale entre en considération pour le calcul de l'impôt (changement de jurisprudence).
Regesto (it):
- Imposta per la difesa nazionale sugli utili conseguiti nell'esercizio di una azienda avente l'obbligo di tenere una contabilità, mediante alienazione di beni (art. 21 cpv. 1 lett. b DIN).
- Quando l'immobile alienato serviva in pari tempo a scopi privati e a scopi commerciali, il suo valore dev'essere suddiviso tra la sostanza privata e quella commerciale; soltanto l'utile che ricade nella parte commerciale entra in linea di conto per il calcolo dell'imposta (cambiamento della giurisprudenza).
Sachverhalt ab Seite 50
BGE 92 I 49 S. 50
A.- Albert Schatzmann erwarb im Jahre 1941 von seinem Vater das Wohn- und Geschäftshaus Kasinostrasse 35 in Aarau. In dem Gebäude befanden sich zwei Ladenlokale und drei Wohnungen. Schatzmann betrieb in einem der Ladenlokale sein Photogeschäft und benützte auch eine Wohnung selber. Das andere Ladenlokal und die anderen Wohnungen vermietete er. Im Jahre 1961 verkaufte er die Liegenschaft im Zusammenhang mit der Aufgabe seines Geschäfts.
B.- Er wurde für den beim Verkauf der Liegenschaft erzielten Gewinn zu einer Jahressteuer gemäss Art. 43
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C.- Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt die eidgenössische Steuerverwaltung, den Entscheid der Rekurskommission aufzuheben und die im Einspracheverfahren getroffene Veranlagung wiederherzustellen. Sie macht geltend, eine zugleich für private und geschäftliche Zwecke genutzte Liegenschaft sei als Ganzes entweder dem Privat- oder dem Geschäftsvermögen zuzuweisen. Es komme darauf an, welchem Vermögensteil sie überwiegend diene (Präponderanz). Danach werde sie in der Regel dem Privatvermögen zugerechnet, wenn die Einnahmen aus der Vermietung von Räumlichkeiten an Dritte den Mietwert des dem Geschäft dienenden Teils übersteigen. Auch in diesem Falle sei sie aber im ganzen Umfange als Geschäftsvermögen zu betrachten, wenn der Steuerpflichtige sie aus geschäftlichen Gründen erworben habe, was hier zutreffe. Es sei unerheblich,
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dass Albert Schatzmann die Liegenschaft im Jahre 1955 ausgebucht habe. Er habe nach wie vor den gesamten Liegenschaftsertrag als Geschäftseinnahme verbucht. Die von der Rekurskommission vorgenommene Wertzerlegung stehe im Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichts.
D.- Die kantonale Wehrsteuerverwaltung beantragt Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Die kantonale Rekurskommission hat auf eine Vernehmlassung verzichtet. Der Steuerpflichtige beantragt Abweisung der Beschwerde.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Der Wehrsteuerbeschluss trifft für die Besteuerung des Einkommens buchführungspflichtiger natürlicher Personen besondere Anordnungen. Danach bilden Kapitalgewinne aus Veräusserung oder Verwertung sowie verbuchte Vermehrungen des Wertes von Gegenständen des Geschäftsvermögens Bestandteile des Roheinkommens (Art. 21 Abs. 1 lit. d und f), während anderseits Entwertungen solcher Gegenstände und Geschäftsverluste abgezogen werden dürfen (Art. 22 Abs. 1 lit. b und c). Es wird auf den Geschäftserfolg abgestellt, wobei Gewinne und Verluste auf geschäftlichen Investitionen einbezogen werden. Nicht berücksichtigt werden Gewinne und Verluste, die im Privatvermögen des Kaufmanns entstehen. Bei gewissen Vermögensgegenständen ergibt sich die Zugehörigkeit zum Geschäfts- oder zum Privatvermögen ohne weiteres aus ihrer äusseren Beschaffenheit. So sind die vom Kaufmann bewohnte Villa und sein Hausrat notwendigerweise zum Privatvermögen, Geschäftsgebäude (Fabrikbauten usw.) sowie Maschinen, mit denen Waren hergestellt werden, und Warenlager zum Geschäftsvermögen zu rechnen. Schwierigkeiten bereitet dagegen die Zuteilung von Sachen, die - wie Wertpapiere und gewisse Liegenschaften - ihrer Natur nach ebensogut für geschäftliche wie für private Verwendung geeignet sind. In solchen Fällen ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts für die Zuweisung die Gesamtheit der tatsächlichen Verhältnisse massgebend (BGE 70 I 260Erw. 3, BGE 82 I 177 Erw. 1 und 2, BGE 85 I 250 Erw. 3). Oft dienen Liegenschaften, namentlich Gebäude mit Wohn- und Geschäftsräumen, zugleich privaten und geschäftlichen Zwecken. Solche Objekte hat das Bundesgericht bei der Anwendung
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des Wehrsteuerbeschlusses regelmässig im ganzen Umfange entweder zum Privat- oder zum Geschäftsvermögen - meistens zu diesem - gerechnet in der Annahme, dass die eine oder die andere Zweckbestimmung überwiegendes Gewicht habe (BGE 82 I 178, BGE 85 I 250 Erw. 3; s. auch BGE 83 I 263; ASA Bd. 27 S. 332 und 334 f., Bd. 28 S. 452 f. und 455 ff., Bd. 29 S. 240 ff., Bd. 30 S. 136, Bd. 32 S. 35 f. und 98 ff., Bd. 33 S. 148 ff.; nicht veröffentlichte Urteile vom 14. November 1958 i.S. Windler und vom 28. September 1962 i.S. Remy). Zwar hat es gelegentlich erklärt, dass eine Aufteilung einer und derselben Liegenschaft in Privat- und Geschäftsvermögen sich unter Umständen rechtfertigen liesse (ASA Bd. 33 S. 150), und in einer Streitigkeit über die Zulässigkeit einer Abschreibung (Urteil vom 9. Oktober 1959 i.S. Gasser, nicht publiziert) hat es darauf hingewiesen, dass die Verwaltungspraxis Abschreibungen auf einem Gebäude, das zugleich geschäftlichen und privaten Zwecken dient, nur soweit zulässt, als sie den geschäftlichen Teil betreffen (Kreisschreiben der eidgenössischen Steuerverwaltung vom 20. Dezember 1951, ASA Bd. 21 S. 272, 273); doch hat es sich in diesem Falle mit der Feststellung begnügen können, dass der Steuerpflichtige in den Geschäftsbüchern selber die Abschreibung auf den geschäftlichen Teil der Liegenschaft beschränkt hatte, und in den oben erwähnten anderen Fällen - betreffend Liegenschaftsgewinne - hat es eine Aufteilung in Geschäfts- und Privatvermögen nicht als gerechtfertigt erachtet. Indessen muss bei der Berechnung der Wehrsteuer vom Einkommen buchführungspflichtiger natürlicher Personen das Privatvermögen so genau wie möglich vom Geschäftsvermögen geschieden werden. Diese Anforderung wird nicht genügend beachtet, wenn gemischt genutzte Liegenschaften durchweg nach Massgabe der als vorwiegend bewerteten Zweckbestimmung im ganzen Umfange entweder dem einen oder dem anderen Vermögenskomplex zugeteilt werden. In der Tat kann diese Methode dazu führen, dass entgegen dem Gesetz Gewinne und Verluste unberücksichtigt bleiben, obwohl sie im Geschäftsvermögen entstanden sind, oder erfasst werden, obwohl sie das Privatvermögen betreffen. Es geht nicht an, dass ein Steuerpflichtiger, der eine und dieselbe Liegenschaft für private und geschäftliche Zwecke verwendet, hinsichtlich der Wehrsteuer besser oder schlechter gestellt wird als derjenige, welcher unter
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im übrigen gleichen Verhältnissen für jeden der beiden Zwecke eine besondere Liegenschaft zur Verfügung hat. Eine sachgemässe, der gesetzlichen Ordnung entsprechende Besteuerung ist in der Regel nur dann genügend gewährleistet, wenn der Wert gemischt genutzter Liegenschaften nach dem Verhältnis, in dem die private und die geschäftliche Zweckbestimmung zueinander stehen, zerlegt und einzig der danach sich ergebende geschäftliche Teilwert in die Steuerberechnung einbezogen wird (I. BLUMENSTEIN, Die Vermögensgewinnsteuerpflicht bei Veräusserung von Geschäftsliegenschaften, in Monatsschrift für bernisches Verwaltungsrecht und Notariatswesen Bd. 53, S. 289 ff.; HÖHN, Die Besteuerung der privaten Gewinne, S. 69 Anm. 17 a; ALTORFER, Geschäfts- und Privatvermögen im Einkommenssteuerrecht, S. 87 ff.). Die eidgenössische Steuerverwaltung hat denn auch für die Veranlagung geschäftlicher Betriebe zur Wehrsteuer die Weisung erlassen, dass eine Abschreibung auf einem Gebäude, das nur zum Teil geschäftlichen Zwecken dient, "entsprechend zu reduzieren" sei (zit. Kreisschreiben). Mit Recht. Wie Abschreibungen auf gemischt genutzten Liegenschaften nach Art. 22 Abs. 1 lit. b
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Kantone und Deutschlands gefunden; es hat sich also offenbar als durchführbar erwiesen. Auch die Zuteilung nach dem Grundsatz der Präponderanz kann Schwierigkeiten bereiten; setzt sie doch wie die auf Grund einer Wertzerlegung vorgenommene Zuweisung eine Bewertung des privaten und des geschäftlichen Teils des Vermögensobjektes voraus, wobei Schätzungen erforderlich sind, soweit die massgebenden Tatsachen sich nicht belegen lassen. Für die Zerlegung des Wertes einer gemischt genutzten Liegenschaft kommen je nach den tatsächlichen Verhältnissen verschiedene Methoden in Betracht. In vielen Fällen wird ohne weiteres auf das Verhältnis der Mietwerte des privaten und des geschäftlichen Teils abgestellt werden können; nötigenfalls wird das Ergebnis dieser Methode schätzungsweise zu berichtigen sein (ALTORFER a.a.O., S. 102 ff.).
2. Schatzmann hat die Liegenschaft Kasinostrasse 35 zum Teil für seinen der Buchführungspflicht unterliegenden Betrieb (Photogeschäft), zum Teil für private Zwecke genutzt. Weder die geschäftliche noch die private Verwendung war so unbedeutend, dass es sich rechtfertigen liesse, die Liegenschaft als Ganzes dem Privat- oder dem Geschäftsvermögen zuzuweisen. Mit Recht hat die Rekurskommission eine Wertzerlegung vorgenommen. Der Gerichtshof hat keinen Grund, die dabei von ihr befolgte Methode (Berechnung nach dem Verhältnis der Mietwerte) und das Ergebnis, zu dem sie gelangt ist, zu beanstanden. Namentlich ist nichts dagegen einzuwenden, dass die Rekurskommission die vom Steuerpflichtigen selber benützte Wohnung ohne Einschränkung zu dem für private Zwecke verwendeten Teil der Liegenschaft gerechnet hat. Anders wäre allenfalls zu entscheiden, wenn Schatzmann aus geschäftlichen Gründen in besonderem Masse daran interessiert gewesen wäre, im gleichen Hause zu wohnen, in dem er sein Ladengeschäft betrieben hat (vgl. BGE 85 I 250 Erw. 3, betreffend eine Bäckerei und Gastwirtschaft). So verhält es sich indessen nicht. Der Steuerpflichtige hat somit den beim Verkauf der Liegenschaft erzielten Gewinn in dem von der Vorinstanz festgelegten Umfange zu versteuern.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird abgewiesen.