Urteilskopf

91 IV 9

4. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 12. März 1965 i.S. Neukomm gegen Polizeirichteramt der Stadt Zürich.
Regeste (de):

Regeste (fr):

Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 9

BGE 91 IV 9 S. 9

Aus dem Tatbestand
Neukomm steuerte am 23. November 1963 in Zürich einen "Volkswagen" gegen eine Kreuzung, an der die automatische Lichtsignalanlage auf Blinklicht umgeschaltet war. Als er die Kreuzung überqueren wollte, stiess er mit einem von links kommenden "Mercedes"-Wagen zusammen, der von Neuffer geführt war. Der Einzelrichter in Strafsachen des Bezirksgerichtes Zürich erklärte Neukomm der Übertretung von Art. 31 Abs. 1
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 31 - 1 Der Führer muss das Fahrzeug ständig so beherrschen, dass er seinen Vorsichtspflichten nachkommen kann.
1    Der Führer muss das Fahrzeug ständig so beherrschen, dass er seinen Vorsichtspflichten nachkommen kann.
2    Wer wegen Alkohol-, Betäubungsmittel- oder Arzneimitteleinfluss oder aus anderen Gründen nicht über die erforderliche körperliche und geistige Leistungsfähigkeit verfügt, gilt während dieser Zeit als fahrunfähig und darf kein Fahrzeug führen.103
2bis    Der Bundesrat kann folgenden Personengruppen das Fahren unter Alkoholeinfluss verbieten:
a  Personen, die den konzessionierten oder den grenzüberschreitenden Personenverkehr auf der Strasse durchführen (Art. 8 Abs. 2 des Personenbeförderungsgesetzes vom 20. März 2009104 sowie Art. 3 Abs. 1 des BG vom 20. März 2009105 über die Zulassung als Strassentransportunternehmen);
b  Personen, die berufsmässig Personentransporte oder mit schweren Motorwagen Gütertransporte durchführen oder die gefährliche Güter transportieren;
c  Fahrlehrern;
d  Inhabern des Lernfahrausweises;
e  Personen, die Lernfahrten begleiten;
f  Inhabern des Führerausweises auf Probe.106
2ter    Der Bundesrat legt fest, ab welcher Atemalkohol- und Blutalkoholkonzentration Fahren unter Alkoholeinfluss vorliegt.107
3    Der Führer hat dafür zu sorgen, dass er weder durch die Ladung noch auf andere Weise behindert wird. Mitfahrende dürfen ihn nicht behindern oder stören.
SVG schuldig und büsste ihn mit Fr. 20.-. Neukomm führt gegen dieses Urteil Nichtigkeitsbeschwerde.
Erwägungen

Aus den Erwägungen:
Der Einzelrichter führt aus, es sei richtig, dass Neukomm seine Aufmerksamkeit vor allem dem von rechts kommenden Verkehr zuzuwenden hatte. Das habe ihn jedoch nicht der Pflicht enthoben, auch nach links zu beobachten. Da die automatische Signalanlage an der Kreuzung auf Blinklicht umgeschaltet gewesen sei, habe er den gesamten Verkehrsfluss im Auge behalten müssen. Er habe sich nicht blindlings darauf verlassen dürfen, dass Neuffer ihm den Vortritt gewähren werde; denn
BGE 91 IV 9 S. 10

erfahrungsgemäss versuchten vortrittsbelastete Fahrer immer wieder, an verkehrsreichen und mit Blinklicht versehenen Kreuzungen sich durchzuschlängeln. Mit dieser Begründung lässt sich die Verurteilung Neukomms jedoch nicht aufrechterhalten. Nach dem angefochtenen Urteil hat der Beschwerdeführer den von links kommenden "Mercedes"-Wagen bereits kurz vor dessen Einfahrt in die Kreuzung erblickt. Da Neuffer nur langsam fuhr, durfte Neukomm an sich voraussetzen, dass jener ihm den Vortritt gewähren werde. Das gelbe Blinklicht änderte daran nichts. Dieses wies bloss auf die besondere Gefährlichkeit der Kreuzung hin (Art. 49 Abs. 5
SR 741.21 Signalisationsverordnung vom 5. September 1979 (SSV)
SSV Art. 49 Grundsätze - 1 Ortsnamen werden auf Ortschaftstafeln, Wegweisern, Vorwegweisern und Einspurtafeln (Art. 50-53) in der Sprache geschrieben, die am bezeichneten Ort gesprochen wird, für gemischte Orte in der Sprache der Mehrheit der Einwohner. Wird eine Ortschaft in zwei Sprachen verschieden geschrieben, trägt die Vorderseite der Ortschaftstafel beide Schreibweisen, wenn die kleinere Sprachgruppe wenigstens 30 Prozent der Einwohner umfasst.
1    Ortsnamen werden auf Ortschaftstafeln, Wegweisern, Vorwegweisern und Einspurtafeln (Art. 50-53) in der Sprache geschrieben, die am bezeichneten Ort gesprochen wird, für gemischte Orte in der Sprache der Mehrheit der Einwohner. Wird eine Ortschaft in zwei Sprachen verschieden geschrieben, trägt die Vorderseite der Ortschaftstafel beide Schreibweisen, wenn die kleinere Sprachgruppe wenigstens 30 Prozent der Einwohner umfasst.
2    Wegweiser, Vorwegweiser und Einspurtafeln nennen in erster Linie Ortschaften; nötigenfalls werden auch wichtige örtliche Verkehrspunkte (z. B. Bahnhof, Zentrum, Spital) angegeben. Für die Betriebswegweiser gilt Artikel 54 Absatz 4, für die touristische Signalisation und die Hotelwegweiser Artikel 54 Absatz 9. Die in der Wegweisung verwendbaren Symbole und ihre Bedeutung werden in Anhang 2 Ziffer 5 aufgeführt.125
3    Für Wegweiser, Vorwegweiser und Einspurtafeln auf Autobahnen und Autostrassen gelten die entsprechenden Bestimmungen der Artikel 84-91.
4    Auf Wegweisern, Vorwegweisern und Einspurtafeln der Autobahnen und Autostrassen dürfen nur vom UVEK126 bezeichnete Ortschaften angegeben werden.127
SSV), bedeutete folglich nur erhöhte Vorsicht. Die gegenseitigen Verpflichtungen der beteiligten Fahrer wurden dadurch entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht berührt oder gar umgekehrt. Gerade bei verkehrsreichen und gefährlichen Kreuzungen besteht ein besonderes Interesse an einer klaren Rechtslage. Dies aber setzt voraus, dass sich alle, insbesondere auch vortrittsbelastete Führer, genau an die Verkehrsordnung halten. Das Verschulden des Beschwerdeführers kann daher nicht darin erblickt werden, dass er nicht den gesamten Verkehrsfluss, also auch den von links kommenden Wagen Neuffers, im Auge behielt.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 91 IV 9
Datum : 12. März 1965
Publiziert : 31. Dezember 1965
Quelle : Bundesgericht
Status : 91 IV 9
Sachgebiet : BGE - Strafrecht und Strafvollzug
Gegenstand : Art. 31 Abs. 1, 36 Abs. 2 SVG, 49 Abs. 5 SSV. Das gelbe Blinklicht vor einer Kreuzung bedeutet wohl erhöhte Vorsicht, verschiebt


Gesetzesregister
SSV: 49
SR 741.21 Signalisationsverordnung vom 5. September 1979 (SSV)
SSV Art. 49 Grundsätze - 1 Ortsnamen werden auf Ortschaftstafeln, Wegweisern, Vorwegweisern und Einspurtafeln (Art. 50-53) in der Sprache geschrieben, die am bezeichneten Ort gesprochen wird, für gemischte Orte in der Sprache der Mehrheit der Einwohner. Wird eine Ortschaft in zwei Sprachen verschieden geschrieben, trägt die Vorderseite der Ortschaftstafel beide Schreibweisen, wenn die kleinere Sprachgruppe wenigstens 30 Prozent der Einwohner umfasst.
1    Ortsnamen werden auf Ortschaftstafeln, Wegweisern, Vorwegweisern und Einspurtafeln (Art. 50-53) in der Sprache geschrieben, die am bezeichneten Ort gesprochen wird, für gemischte Orte in der Sprache der Mehrheit der Einwohner. Wird eine Ortschaft in zwei Sprachen verschieden geschrieben, trägt die Vorderseite der Ortschaftstafel beide Schreibweisen, wenn die kleinere Sprachgruppe wenigstens 30 Prozent der Einwohner umfasst.
2    Wegweiser, Vorwegweiser und Einspurtafeln nennen in erster Linie Ortschaften; nötigenfalls werden auch wichtige örtliche Verkehrspunkte (z. B. Bahnhof, Zentrum, Spital) angegeben. Für die Betriebswegweiser gilt Artikel 54 Absatz 4, für die touristische Signalisation und die Hotelwegweiser Artikel 54 Absatz 9. Die in der Wegweisung verwendbaren Symbole und ihre Bedeutung werden in Anhang 2 Ziffer 5 aufgeführt.125
3    Für Wegweiser, Vorwegweiser und Einspurtafeln auf Autobahnen und Autostrassen gelten die entsprechenden Bestimmungen der Artikel 84-91.
4    Auf Wegweisern, Vorwegweisern und Einspurtafeln der Autobahnen und Autostrassen dürfen nur vom UVEK126 bezeichnete Ortschaften angegeben werden.127
SVG: 31 
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 31 - 1 Der Führer muss das Fahrzeug ständig so beherrschen, dass er seinen Vorsichtspflichten nachkommen kann.
1    Der Führer muss das Fahrzeug ständig so beherrschen, dass er seinen Vorsichtspflichten nachkommen kann.
2    Wer wegen Alkohol-, Betäubungsmittel- oder Arzneimitteleinfluss oder aus anderen Gründen nicht über die erforderliche körperliche und geistige Leistungsfähigkeit verfügt, gilt während dieser Zeit als fahrunfähig und darf kein Fahrzeug führen.103
2bis    Der Bundesrat kann folgenden Personengruppen das Fahren unter Alkoholeinfluss verbieten:
a  Personen, die den konzessionierten oder den grenzüberschreitenden Personenverkehr auf der Strasse durchführen (Art. 8 Abs. 2 des Personenbeförderungsgesetzes vom 20. März 2009104 sowie Art. 3 Abs. 1 des BG vom 20. März 2009105 über die Zulassung als Strassentransportunternehmen);
b  Personen, die berufsmässig Personentransporte oder mit schweren Motorwagen Gütertransporte durchführen oder die gefährliche Güter transportieren;
c  Fahrlehrern;
d  Inhabern des Lernfahrausweises;
e  Personen, die Lernfahrten begleiten;
f  Inhabern des Führerausweises auf Probe.106
2ter    Der Bundesrat legt fest, ab welcher Atemalkohol- und Blutalkoholkonzentration Fahren unter Alkoholeinfluss vorliegt.107
3    Der Führer hat dafür zu sorgen, dass er weder durch die Ladung noch auf andere Weise behindert wird. Mitfahrende dürfen ihn nicht behindern oder stören.
36
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 36 - 1 Wer nach rechts abbiegen will, hat sich an den rechten Strassenrand, wer nach links abbiegen will, gegen die Strassenmitte zu halten.
1    Wer nach rechts abbiegen will, hat sich an den rechten Strassenrand, wer nach links abbiegen will, gegen die Strassenmitte zu halten.
2    Auf Strassenverzweigungen hat das von rechts kommende Fahrzeug den Vortritt. Fahrzeuge auf gekennzeichneten Hauptstrassen haben den Vortritt, auch wenn sie von links kommen. Vorbehalten bleibt die Regelung durch Signale oder durch die Polizei.
3    Vor dem Abbiegen nach links ist den entgegenkommenden Fahrzeugen der Vortritt zu lassen.
4    Der Führer, der sein Fahrzeug in den Verkehr einfügen, wenden oder rückwärts fahren will, darf andere Strassenbenützer nicht behindern; diese haben den Vortritt.
BGE Register
91-IV-9
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
vortritt • einzelrichter • sachverhalt • gefahr • sorgfalt • begründung des entscheids • verurteilung • feuer • kassationshof • strafsache • rechtslage • vorinstanz • wiese • richtigkeit