91 IV 43
13. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 5. März 1965 i.S. Knecht gegen Justizdirektion des Kantons Appenzell A.Rh.
Regeste (de):
- Art. 3 Abs. 3
SR 814.20 Bundesgesetz vom 24. Januar 1991 über den Schutz der Gewässer (Gewässerschutzgesetz, GSchG) - Gewässerschutzgesetz
GSchG Art. 3 Sorgfaltspflicht - Jedermann ist verpflichtet, alle nach den Umständen gebotene Sorgfalt anzuwenden, um nachteilige Einwirkungen auf die Gewässer zu vermeiden.
- Die Ermächtigung der Kantone, zur Behebung der Gewässerverunreinigung Massnahmen anzuordnen und Fristen anzusetzen, befreit den Betriebsinhaber nicht von der Verpflichtung, schon von sich aus das ihm Zumutbare gegen eine weitere Gewässerverschmutzung vorzukehren.
Regeste (fr):
- Art. 3 al. 3 de la loi du 16 mars 1955 sur la protection des eaux contre la pollution.
- Le pouvoir accordé aux cantons de prescrire des mesures et de fixer des délais dans la lutte contre la pollution des eaux ne libère pas le titulaire d'une entreprise du devoir de faire spontanément ce que l'on peut attendre de lui pour mettre fin à l'évacuation des résidus.
Regesto (it):
- Art. 3 cpv. 3 Legge federale del 16 marzo 1955 sulla protezione delle acque dall'inquinamento.
- L'autorizzazione accordata ai cantoni di prendere i provvedimenti e di fissare i termini nella lotta contro l'inquinamento delle acque non libera il titolare di una impresa dall'obbligo di prendere spontaneamente quelle misure che si possono attendere da lui contro un ulteriore inquinamento.
Sachverhalt ab Seite 43
BGE 91 IV 43 S. 43
A.- Knecht übernahm im Jahre 1960 käuflich eine Teppichwäscherei. Die Abwasser dieses Unternehmens flossen seit dessen Bestehen vorerst in einen Weiher, der als Absatzbecken diente, und von dort in den Mühlebach, der weiter unten in die Goldach mündet. Anfangs Januar 1963 wurde der Weiher, der sich auf einem als Bauland weiterverkauften Nachbargrundstück befand, ausgefüllt, so dass die Abwasser von da an unmittelbar in das öffentliche Gewässer flossen. Anderseits wurde der Umsatz im Wäschereibetrieb um ungefähr einen Drittel verstärkt. Am 22. November 1962 reichte Knecht zur Erweiterung seines Fabrikbetriebs ein Baugesuch ein. Im Zusammenhang damit liess er durch die Eidgenössische Anstalt für Wasserbau, Abwasserreinigung und Gewässerschutz (EAWAG) in Zürich das Abwasser untersuchen. Dabei wurde festgestellt, dass dessen Schmutzstoffmenge derjenigen von 350 bis 550 Einwohnern entspreche. Am 6. März 1963 teilte der Kantonsingenieur
BGE 91 IV 43 S. 44
als Obmann der kantonalen Fachstelle für Gewässerschutz Knecht die Bedingungen mit, die der kantonalen Gewässerschutzkommission für die Erteilung der Baubewilligung beantragt werden. Es wurde ihm dabei im einzelnen dargelegt, welchen Anforderungen die Abwasserableitung genügen müsse. Unter Wiederholung und Verdeutlichung dieser Bedingungen erteilte die Kantonale Gewässerschutzkommission Knecht am 12. Juni 1963 die Bewilligung zur Einleitung seiner Betriebsabwasser in den Mühlebach. Gleichzeitig wurde ihm Frist bis 30. Juni 1964 angesetzt, innert welcher diese Bedingungen erfüllt sein müssten. Gestützt darauf erhielt er am 12. Juli 1963 auch die nachgesuchte Baubewilligung. Knecht beauftragte in der Folge ein Baugeschäft mit der Planung eines Absatzbeckens unter dem neuen Betriebsgebäude. Die Verwirklichung des ausgearbeiteten Planes blieb jedoch aus. Unterdessen liess Knecht die Abwasser seines Wäschereibetriebes wie bis anhin unüberwacht und ungeklärt in die öffentlichen Gewässer abfliessen. Seit der Auffüllung des frühern, offenen Absatzbeckens, vor allem aber im November 1963 wurde im Mühlebach eine auffallend starke Zunahme der Verschmutzung festgestellt, die sich in Schaumbergen, einer grauen, trüben Wasserfärbung und einem starken Chlorgeruch offenbarte. In der Zeit vom 11. bis 14. November 1963 wurden in der Goldach unterhalb der Einmündung des Mühlebachs insgesamt 86 tote Forellen gefunden. Die toten wie auch ein Teil der noch lebenden Fische wiesen einen weiss-grauen Pilzbelag (Saprolagnia) auf, der sich infolge Abwassereinwirkungen bei den dadurch verursachten Hautverletzungen bildete und die Fischkörper vergiftete oder zu vergiften drohte. Auf Grund verschiedener Wasserproben wurde diese Verschmutzung auf die Abwasser des Wäschereibetriebes Knechts zurückgeführt.
B.- Mit Urteil vom 9. April 1964 erklärte das Bezirksgericht Mittelland Knecht der vorsätzlichen fortgesetzten Widerhandlung gegen Art. 3 Abs. 1
SR 814.20 Bundesgesetz vom 24. Januar 1991 über den Schutz der Gewässer (Gewässerschutzgesetz, GSchG) - Gewässerschutzgesetz GSchG Art. 3 Sorgfaltspflicht - Jedermann ist verpflichtet, alle nach den Umständen gebotene Sorgfalt anzuwenden, um nachteilige Einwirkungen auf die Gewässer zu vermeiden. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 49 - 1 Hat der Täter durch eine oder mehrere Handlungen die Voraussetzungen für mehrere gleichartige Strafen erfüllt, so verurteilt ihn das Gericht zu der Strafe der schwersten Straftat und erhöht sie angemessen. Es darf jedoch das Höchstmass der angedrohten Strafe nicht um mehr als die Hälfte erhöhen. Dabei ist es an das gesetzliche Höchstmass der Strafart gebunden. |
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1 | Hat der Täter durch eine oder mehrere Handlungen die Voraussetzungen für mehrere gleichartige Strafen erfüllt, so verurteilt ihn das Gericht zu der Strafe der schwersten Straftat und erhöht sie angemessen. Es darf jedoch das Höchstmass der angedrohten Strafe nicht um mehr als die Hälfte erhöhen. Dabei ist es an das gesetzliche Höchstmass der Strafart gebunden. |
2 | Hat das Gericht eine Tat zu beurteilen, die der Täter begangen hat, bevor er wegen einer andern Tat verurteilt worden ist, so bestimmt es die Zusatzstrafe in der Weise, dass der Täter nicht schwerer bestraft wird, als wenn die strafbaren Handlungen gleichzeitig beurteilt worden wären. |
3 | Hat der Täter eine oder mehrere Taten vor Vollendung des 18. Altersjahres begangen, so dürfen diese bei der Bildung der Gesamtstrafe nach den Absätzen 1 und 2 nicht stärker ins Gewicht fallen, als wenn sie für sich allein beurteilt worden wären. |
BGE 91 IV 43 S. 45
C.- Gegen dieses Urteil führt Knecht die vorliegende Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, ihn von Schuld und Strafe freizusprechen, allenfalls die Sache an die Vorinstanz zur Freisprechung zurückzuweisen. Das Bundesgericht wies die Beschwerde ab.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2. Nach Art. 3 Abs. 3
SR 814.20 Bundesgesetz vom 24. Januar 1991 über den Schutz der Gewässer (Gewässerschutzgesetz, GSchG) - Gewässerschutzgesetz GSchG Art. 3 Sorgfaltspflicht - Jedermann ist verpflichtet, alle nach den Umständen gebotene Sorgfalt anzuwenden, um nachteilige Einwirkungen auf die Gewässer zu vermeiden. |
3. Was den Umfang der Verschmutzung anbelangt, so steht fest, dass diese seit der Betriebsübernahme durch den Beschwerdeführer nicht nur gleich geblieben ist, sondern zugenommen hat. Ursache hiefür bildeten offensichtlich die stärkere Betriebsausnutzung einerseits und der Ausfall des Weihers als Klärbecken anderseits. Beide Umstände waren dem Beschwerdeführer bekannt. Dass er gemäss seinem Einwand die Ausfüllung jenes benachbarten Weihers nicht verhindern konnte, vermag ihn nicht zu entlasten. Es lag an ihm, für diesen Ausfall eine entsprechende Ersatzlösung zu treffen. Hinzu kam im Winter 1963/64 ein allgemeiner Wassermangel, durch den die Gewässerverschmutzung eine Verdichtung erfuhr. Auch mit einem derartigen Umstand war zu rechnen. Unwesentlich ist die Einwendung, die im November 1963 festgestellten Verhältnisse, namentlich das Eingehen einer Anzahl Fische seien nicht allein durch diese Fabrikabwasser verursacht worden. Für die Verantwortlichkeit des Beschwerdeführers genügt die verbindliche Feststellung der Vorinstanz, dass die Abwasser seines Betriebes mit zu jenen Erscheinungen und Schädigungen beigetragen haben.
4. Die Notwendigkeit von Massnahmen im Sinne von Art. 3 Abs. 3
SR 814.20 Bundesgesetz vom 24. Januar 1991 über den Schutz der Gewässer (Gewässerschutzgesetz, GSchG) - Gewässerschutzgesetz GSchG Art. 3 Sorgfaltspflicht - Jedermann ist verpflichtet, alle nach den Umständen gebotene Sorgfalt anzuwenden, um nachteilige Einwirkungen auf die Gewässer zu vermeiden. |
BGE 91 IV 43 S. 46
Grund des Befundes der EAWAG vom 27. Februar 1963 erkennen. Und spätestens anhand des Berichtes des Kantonsingenieurs vom 6. März 1963 musste ihm bewusst sein, dass und inwiefern die Abwasserableitung den gesetzlichen Erfordernissen nicht entsprach. Von diesem Zeitpunkte an durfte er keinesfalls weiter zögern, für eine sofortige Abhilfe gegen eine weitere Gewässerverschmutzung zu sorgen. Einer besonderen Weisung seitens der Behörde bedurfte es hiefür nicht. Es kann deshalb dahin gestellt bleiben, ob die dem Beschwerdeführer am 6. März und 12. Juni 1963 bekanntgegebenen und auferlegten Bedingungen bereits eine solche Weisung enthielten. Entscheidend ist allein, dass er dadurch auf die bestehenden Mängel und die erforderlichen Vorkehrungen aufmerksam gemacht worden ist. Die dem Beschwerdeführer dabei angesetzte Frist ist in diesem Zusammenhang ebenfalls ohne Bedeutung. Sie hatte nur Geltung im Hinblick auf die geplante Betriebsausweitung. Von der gesetzlichen Verpflichtung, die Gewässerverschmutzung durch die bisherige Ableitung zu verhindern, entband sie ihn nicht.