Urteilskopf

91 III 47

10. Auszug aus dem Entscheid vom 20. April 1965 i.S. Boog.

Regeste (de):

Regeste (fr):

Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 48

BGE 91 III 47 S. 48

A.- Die Eheleute Alois und Marie Boog stehen unter Güterverbindung. Die Ehefrau ist Vormünderin des wegen Geistesschwäche entmündigten Ehemannes. Die Vormundschaft wird vom Gemeinderat Ebikon geführt. In der vom Betreibungsamt Ebikon-Dierikon geführten Betreibung Nr. 13329/63, welche die Anstalt Solana, Vaduz, gegen Frau Marie Boog für eine Vollschuld angehoben hat, kann der Ehemann als Mitbetriebener nicht durch die Ehefrau vertreten sein. Die Vormundschaftsbehörde von Ebikon hat ihm daher in dieser Angelegenheit einen ausserordentlichen Beistand in der Person des - in Kriens wohnenden - Hans Boog gegeben.
B.- Auf Ersuchen des Betreibungsamtes Ebikon-Dierikon pfändete das Betreibungsamt Luzern-Stadt am 2. Dezember 1964 auf dem Grundbuchamt Luzern eine dort befindliche Inhaberobligation von Fr. 10'000.-- mit grundpfändlicher Sicherheit. Die Abschrift der Pfändungsurkunde erhielt Hans Boog am 14. Januar, und am 25. Januar erhielt er die Mitteilung des Verwertungsbegehrens.
C.- Mit einer Beschwerde vom 25. Januar 1965 (Montag) verlangte Hans Boog im Namen des Alois Boog die Aufhebung der Pfändung und der Mitteilung des Verwertungsbegehrens, namentlich weil ihm die Pfändung nicht angekündigt worden sei. Er richtete diese Beschwerde gegen das Betreibungsamt Ebikon-Dierikon und reichte sie dementsprechend beim Amtsgerichtspräsidenten von Luzern-Land in Kriens ein. In gleicher Weise beschwerte er sich am 4. Februar 1965 nochmals über die Mitteilung des Verwertungsbegehrens und verlangte zugleich die Einstellung des Verwertungsverfahrens.
D.- Mit Entscheiden vom 8. und 10. Februar 1965 wies die untere Aufsichtsbehörde die beiden Beschwerden ab. Sie bezeichnete die gegen den Pfändungsvollzug, insbesondere wegen unterbliebener Ankündigung, erhobene Beschwerde als unwirksam, weil sie nicht gegen das mit dieser Requisitorialpfändung befasste Amt gerichtet worden sei.
E.- Hans Boog rekurrierte an die obere kantonale Aufsichtsbehörde. Er machte geltend, die Betreibung hätte nur durch das Betreibungsamt Kriens, seines Wohnortes, in gültiger Weise fortgesetzt werden können.
F.- Die obere Aufsichtsbehörde des Kantons Luzern hat mit Entscheid vom 11. März 1965 den Rekurs abgewiesen.
G.- Gegen diesen Entscheid hat Hans Boog im Namen des

BGE 91 III 47 S. 49

Alois Boog an das Bundesgericht rekurriert, namentlich mit dem Antrag, sämtliche Betreibungshandlungen des Betreibungsamtes Ebikon-Dierikon in Betr.Nr. 13329/63 seit 16. Jan. 1964 seien als nichtig festzustellen.
Erwägungen

Aus den Erwägungen:

3. Mit dem Einwand, das Betreibungsamt Ebikon-Dierikon sei zur Fortsetzung der Betreibung nicht zuständig gewesen, und es seien daher alle seit dem 16. Januar 1964 (d.h. seit Ernennung des in Kriens wohnenden Beistandes des Ehemannes der Schuldnerin) erfolgten Betreibungshandlungen "als nichtig festzustellen", macht der Rekurrent einen nach seiner Ansicht von Amtes wegen auch nach Ablauf der Beschwerdefrist zu beachtenden Ungültigkeitsgrund geltend. In der Tat gilt nach der Rechtsprechung eine nicht vom zuständigen Betreibungsamt des schweizerischen Wohnsitzes des Schuldners angeordnete Pfändung als nichtig. Das hat seinen Grund darin, dass - im Unterschied zur Zustellung des Zahlungsbefehls, welche nur die an der Betreibung unmittelbar beteiligten Personen berührt und daher, auch wenn sie von einem unzuständigen Betreibungsamt ausgeht, nach unbenutztem Ablauf der Beschwerdefrist rechtskräftig wird - die Fortsetzung der Betreibung auf Pfändung auch Interessen Dritter betrifft, nämlich allfälliger weiterer Gläubiger, die sich der Pfändung gemäss Art. 110
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 110 - 1 Gläubiger, die das Fortsetzungsbegehren innerhalb von 30 Tagen nach dem Vollzug einer Pfändung stellen, nehmen an der Pfändung teil. Die Pfändung wird jeweils so weit ergänzt, als dies zur Deckung sämtlicher Forderungen einer solchen Gläubigergruppe notwendig ist.
1    Gläubiger, die das Fortsetzungsbegehren innerhalb von 30 Tagen nach dem Vollzug einer Pfändung stellen, nehmen an der Pfändung teil. Die Pfändung wird jeweils so weit ergänzt, als dies zur Deckung sämtlicher Forderungen einer solchen Gläubigergruppe notwendig ist.
2    Gläubiger, die das Fortsetzungsbegehren erst nach Ablauf der 30-tägigen Frist stellen, bilden in der gleichen Weise weitere Gruppen mit gesonderter Pfändung.
3    Bereits gepfändete Vermögensstücke können neuerdings gepfändet werden, jedoch nur so weit, als deren Erlös nicht den Gläubigern, für welche die vorgehende Pfändung stattgefunden hat, auszurichten sein wird.
oder 111 SchKG anschliessen können (vgl. BGE 88 III 10 /11 Erw. 3). Solche Dritte haben Anspruch darauf, sich beim zuständigen Betreibungsamt nach dem Bestehen einer Pfändung erkundigen zu können, und anderseits ist in der Regel auch nur das zuständige Betreibungsamt in der Lage, die sich aus Art. 110
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 110 - 1 Gläubiger, die das Fortsetzungsbegehren innerhalb von 30 Tagen nach dem Vollzug einer Pfändung stellen, nehmen an der Pfändung teil. Die Pfändung wird jeweils so weit ergänzt, als dies zur Deckung sämtlicher Forderungen einer solchen Gläubigergruppe notwendig ist.
1    Gläubiger, die das Fortsetzungsbegehren innerhalb von 30 Tagen nach dem Vollzug einer Pfändung stellen, nehmen an der Pfändung teil. Die Pfändung wird jeweils so weit ergänzt, als dies zur Deckung sämtlicher Forderungen einer solchen Gläubigergruppe notwendig ist.
2    Gläubiger, die das Fortsetzungsbegehren erst nach Ablauf der 30-tägigen Frist stellen, bilden in der gleichen Weise weitere Gruppen mit gesonderter Pfändung.
3    Bereits gepfändete Vermögensstücke können neuerdings gepfändet werden, jedoch nur so weit, als deren Erlös nicht den Gläubigern, für welche die vorgehende Pfändung stattgefunden hat, auszurichten sein wird.
und 111
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 111 - 1 An der Pfändung können ohne vorgängige Betreibung innert 40 Tagen nach ihrem Vollzug teilnehmen:
1    An der Pfändung können ohne vorgängige Betreibung innert 40 Tagen nach ihrem Vollzug teilnehmen:
1  der Ehegatte, die eingetragene Partnerin oder der eingetragene Partner des Schuldners;
2  die Kinder des Schuldners für Forderungen aus dem elterlichen Verhältnis und volljährige Personen für Forderungen aus einem Vorsorgeauftrag (Art. 360-369 ZGB231);
3  die volljährigen Kinder und die Grosskinder des Schuldners für die Forderungen aus den Artikeln 334 und 334bis ZGB;
4  der Pfründer des Schuldners für seine Ersatzforderung nach Artikel 529 OR233.
2    Die Personen nach Absatz 1 Ziffern 1 und 2 können ihr Recht nur geltend machen, wenn die Pfändung während der Ehe, der eingetragenen Partnerschaft, des elterlichen Verhältnisses oder der Wirksamkeit des Vorsorgeauftrags oder innert eines Jahres nach deren Ende erfolgt ist; die Dauer eines Prozess- oder Betreibungsverfahrens wird dabei nicht mitgerechnet. Anstelle der Kinder oder einer Person unter einer Massnahme des Erwachsenenschutzes kann auch die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde die Anschlusserklärung abgeben.234
3    Soweit dem Betreibungsamt anschlussberechtigte Personen bekannt sind, teilt es diesen die Pfändung durch uneingeschriebenen Brief mit.
4    Das Betreibungsamt gibt dem Schuldner und den Gläubigern von einem solchen Anspruch Kenntnis und setzt ihnen eine Frist von zehn Tagen zur Bestreitung.
5    Wird der Anspruch bestritten, so findet die Teilnahme nur mit dem Recht einer provisorischen Pfändung statt, und der Ansprecher muss innert 20 Tagen beim Gericht des Betreibungsortes klagen; nutzt er die Frist nicht, so fällt seine Teilnahme dahin. ...235
SchKG ergebenden Teilnahmerechte in gehöriger Weise zu berücksichtigen. Die gleiche Bedeutung, wie sie dem schweizerischen Wohnsitz eines handlungsfähigen Schuldners zukommt, ist bei gesetzlicher Vertretung des Schuldners dem Wohnsitz des gesetzlichen Vertreters beizumessen; denn dieser Wohnsitz bestimmt nach Art. 47 Abs. 1
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 47
SchKG den Betreibungsort (was mit Art. 25 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 25 - 1 Als Wohnsitz des Kindes unter elterlicher Sorge26 gilt der Wohnsitz der Eltern oder, wenn die Eltern keinen gemeinsamen Wohnsitz haben, der Wohnsitz des Elternteils, unter dessen Obhut das Kind steht; in den übrigen Fällen gilt sein Aufenthaltsort als Wohnsitz.
1    Als Wohnsitz des Kindes unter elterlicher Sorge26 gilt der Wohnsitz der Eltern oder, wenn die Eltern keinen gemeinsamen Wohnsitz haben, der Wohnsitz des Elternteils, unter dessen Obhut das Kind steht; in den übrigen Fällen gilt sein Aufenthaltsort als Wohnsitz.
2    Bevormundete Kinder haben ihren Wohnsitz am Sitz der Kindesschutzbehörde.27
ZGB nicht im Einklange steht, aber als Spezialregel zu betrachten ist; vgl. FAVRE, For de la poursuite, Fiches jur. suisses no 492, II F 2 A). Das Gesagte gibt jedoch für den vorliegenden Fall keine Lösung. Alois Boog hat seinen Wohnsitz, gleichgültig wo er sich
BGE 91 III 47 S. 50

meistens aufhält, am Sitz der die Vormundschaft über ihn nach wie vor führenden Vormundschaftsbehörde, also in Ebikon (Art. 25 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 25 - 1 Als Wohnsitz des Kindes unter elterlicher Sorge26 gilt der Wohnsitz der Eltern oder, wenn die Eltern keinen gemeinsamen Wohnsitz haben, der Wohnsitz des Elternteils, unter dessen Obhut das Kind steht; in den übrigen Fällen gilt sein Aufenthaltsort als Wohnsitz.
1    Als Wohnsitz des Kindes unter elterlicher Sorge26 gilt der Wohnsitz der Eltern oder, wenn die Eltern keinen gemeinsamen Wohnsitz haben, der Wohnsitz des Elternteils, unter dessen Obhut das Kind steht; in den übrigen Fällen gilt sein Aufenthaltsort als Wohnsitz.
2    Bevormundete Kinder haben ihren Wohnsitz am Sitz der Kindesschutzbehörde.27
ZGB;BGE 34 I 297,BGE 39 I 608,BGE 59 I 211, BGE 86 II 289). Dort hat auch sein ordentlicher gesetzlicher Vertreter, die als Vormund ernannte Ehefrau, nach der nämlichen Gesetzesbestimmung ihren Wohnsitz, und es befindet sich daher der ordentliche Betreibungsort des Alois Boog ebenfalls in Ebikon. Der im Rekurs an das Bundesgericht erhobene - weil neu, von vornherein nach Art. 79
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 25 - 1 Als Wohnsitz des Kindes unter elterlicher Sorge26 gilt der Wohnsitz der Eltern oder, wenn die Eltern keinen gemeinsamen Wohnsitz haben, der Wohnsitz des Elternteils, unter dessen Obhut das Kind steht; in den übrigen Fällen gilt sein Aufenthaltsort als Wohnsitz.
1    Als Wohnsitz des Kindes unter elterlicher Sorge26 gilt der Wohnsitz der Eltern oder, wenn die Eltern keinen gemeinsamen Wohnsitz haben, der Wohnsitz des Elternteils, unter dessen Obhut das Kind steht; in den übrigen Fällen gilt sein Aufenthaltsort als Wohnsitz.
2    Bevormundete Kinder haben ihren Wohnsitz am Sitz der Kindesschutzbehörde.27
OG nicht zu berücksichtigende - Einwand, Frau Boog habe bereits im November 1964 in Küssnacht eine Niederlassungsbewilligung gehabt, geht fehl. Denn abgesehen davon, dass der Ort, wo die Ausweisschriften hinterlegt sind, für die Bestimmung des Wohnsitzes nicht entscheidend ist (BGE 88 III 139), hat Frau Boog nach Art. 25 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 25 - 1 Als Wohnsitz des Kindes unter elterlicher Sorge26 gilt der Wohnsitz der Eltern oder, wenn die Eltern keinen gemeinsamen Wohnsitz haben, der Wohnsitz des Elternteils, unter dessen Obhut das Kind steht; in den übrigen Fällen gilt sein Aufenthaltsort als Wohnsitz.
1    Als Wohnsitz des Kindes unter elterlicher Sorge26 gilt der Wohnsitz der Eltern oder, wenn die Eltern keinen gemeinsamen Wohnsitz haben, der Wohnsitz des Elternteils, unter dessen Obhut das Kind steht; in den übrigen Fällen gilt sein Aufenthaltsort als Wohnsitz.
2    Bevormundete Kinder haben ihren Wohnsitz am Sitz der Kindesschutzbehörde.27
ZGB eben einen von demjenigen des Ehemannes abgeleiteten Wohnsitz, der sich, wie soeben dargetan, in Ebikon befindet. Für die vorliegende Betreibung ist nun freilich dem Ehemann der Schuldnerin wegen der bestehenden Interessenkollision - ungeschickterweise - ein nicht in Ebikon wohnender ausserordentlicher Beistand ernannt worden. Die Betreibung Nr. 13329/63 von Ebikon-Dierikon wäre daher in der Tat nach Kriens zu übertragen, wenn der Wohnsitz des gegenwärtigen gesetzlichen Vertreters des Ehemannes den Betreibungsort zu bestimmen hätte. Das läge im Sinn der früheren Rechtsprechung, wonach bei der Vollgutbetreibung der Ehemann als gesetzlicher Vertreter der Ehefrau galt: eine solche Betreibung war daher am Wohnsitz des Ehemannes (somit allenfalls seines gesetzlichen Vertreters) zu führen, und es waren die Betreibungsurkunden ihm (bezw. seinem gesetzlichen Vertreter) allein zuzustellen (BGE 41 III 274ff.). Nun hat aber Art. 68 bis Abs. 1 SchKG eine grundlegende Änderung gebracht. Danach ist der Ehefrau in der Vollgutbetreibung ebenfalls ein Zahlungsbefehl zuzustellen (und gleich verhält es sich mit den im Lauf einer solchen Betreibung ergehenden weiteren Betreibungsurkunden und sonstigen Massnahmen des Betreibungsamtes). Damit hat die Ehefrau als Schuldnerin eine selbständige Stellung in der Betreibung erhalten. Sie kann die Rechte des betriebenen Schuldners (Rechtsvorschlag, Beschwerde, Bestreitung von Drittansprüchen usw.) aus eigenem Entschluss, ohne Mitwirkung oder Zustimmung des Ehemannes, ausüben. Und
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zwar ist sie als Schuldnerin die Hauptbetriebene, während der Ehemann lediglich mitzubetreiben ist, um zum Schutze seiner Nutzungsrechte am eingebrachten Frauengut die dazu geeigneten Vorkehren treffen und sich ebenfalls gegen die Betreibungsakte wehren zu können (vgl.BGE 64 III 98ff.). In der neueren Literatur wird daher mit Recht angenommen, die Vollgutbetreibung sei am Betreibungsorte der Ehefrau zu führen; die akzessorische Betreibung gegen den Ehemann gehöre ebenfalls an diesen Ort, selbst dann, wenn die Ehefrau einen selbständigen Wohnsitz hat und daher dort zu betreiben ist (so STAUFFER, N. 49-51 zu Art. 15
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 15 - Kann eine Person nicht unterschreiben, so ist es, mit Vorbehalt der Bestimmungen über den Wechsel, gestattet, die Unterschrift durch ein beglaubigtes Handzeichen zu ersetzen oder durch eine öffentliche Beurkundung ersetzen zu lassen.
der Schluss- und Übergangsbestimmungen des OR; PANCHAUD, im Journal des Tribunaux 1937 II Poursuite p. 104; LEMP, N. 58 zu Art. 207
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 207 - 1 Errungenschaft und Eigengut jedes Ehegatten werden nach ihrem Bestand im Zeitpunkt der Auflösung des Güterstandes ausgeschieden.
1    Errungenschaft und Eigengut jedes Ehegatten werden nach ihrem Bestand im Zeitpunkt der Auflösung des Güterstandes ausgeschieden.
2    Die Kapitalleistung, die ein Ehegatte von einer Vorsorgeeinrichtung oder wegen Arbeitsunfähigkeit erhalten hat, wird im Betrag des Kapitalwertes der Rente, die dem Ehegatten bei Auflösung des Güterstandes zustünde, dem Eigengut zugerechnet.
ZGB). Das muss um so mehr gelten, wenn die Ehegatten, wie hier, den gleichen Wohnsitz und ordentlichen Betreibungsort haben und der Ehemann nur für die Vollgutbetreibung einen ausserordentlichen gesetzlichen Vertreter bekommen hat, der zufällig nicht am selben Orte wohnt.
4. Wäre übrigens Kriens als Betreibungsort des Ehemannes für die vorliegende Betreibung zu betrachten, so könnte diesem Orte nicht die ihm vom Rekurrenten beigemessene wichtige Bedeutung zukommen. Einmal hätte dieser Betreibungsort nicht etwa auch für die Ehefrau zu gelten. Deren an ihrem Wohnsitz Ebikon befindlicher Betreibungsort bliebe dadurch unberührt, und es hätten daher in jedem Stadium der Betreibung zwei Betreibungsämter nebeneinander zu handeln: dasjenige von Ebikon-Dierikon würde die Hauptbetreibung gegen die Ehefrau weiterführen, während die Nebenbetreibung gegen den Ehemann auf das Betreibungsamt Kriens überginge. Dabei wäre die Nichtbeachtung des letzteren Betreibungsortes nicht als Nichtigkeitsgrund zu betrachten. Denn der Grund, aus welchem die Rechtsprechung eine nicht vom zuständigen Betreibungsamt des schweizerischen Wohnsitzes des Schuldners angeordnete Pfändung als nichtig erachtet (Erw. 3 am Anfang), trifft hier nicht zu. Andere Gläubiger der Frau Boog, die sich nach allfälligen gegen diese laufenden Betreibungen erkundigen wollten, hatten alle Veranlassung, sich an das Betreibungsamt des ehelichen Wohnsitzes Ebikon zu wenden. Dieses Amt ist dasjenige, bei dem sich Dritte müssen Auskunft verschaffen können (vgl. SCHWANDER, Nichtige Betreibungshandlungen in BlSchK 1954 S. 9). Die zentrale Bedeutung dieses
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Wohnsitzes ergibt sich auch daraus, dass, wie bemerkt, auch der Ehemann - als Schuldner - dort zu betreiben wäre. Dritte lassen es sich kaum einfallen, sich bei einem andern Betreibungsamte zu erkundigen (vgl. IMBODEN, Nichtige Betreibungshandlungen, in BlSchK 1944 S. 135). Sollte aber jemand beim Betreibungsamt Kriens anfragen, so wäre ihm zuzumuten, auch noch beim Betreibungsamt Ebikon-Dierikon nachzufragen. ...

Dispositiv

Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:
Soweit auf den Rekurs einzutreten ist, wird er abgewiesen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 91 III 47
Datum : 20. April 1965
Publiziert : 31. Dezember 1965
Quelle : Bundesgericht
Status : 91 III 47
Sachgebiet : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Gegenstand : Ordentliche Betreibung gegen eine unter Güterverbindung stehende Ehefrau mit Zugriffauf das Sondergut und das eingebrachte


Gesetzesregister
OG: 79
OR: 15
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 15 - Kann eine Person nicht unterschreiben, so ist es, mit Vorbehalt der Bestimmungen über den Wechsel, gestattet, die Unterschrift durch ein beglaubigtes Handzeichen zu ersetzen oder durch eine öffentliche Beurkundung ersetzen zu lassen.
SchKG: 13 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 13 - 1 Zur Überwachung der Betreibungs- und der Konkursämter hat jeder Kanton eine Aufsichtsbehörde zu bezeichnen.
1    Zur Überwachung der Betreibungs- und der Konkursämter hat jeder Kanton eine Aufsichtsbehörde zu bezeichnen.
2    Die Kantone können überdies für einen oder mehrere Kreise untere Aufsichtsbehörden bestellen.
46 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 46 - 1 Der Schuldner ist an seinem Wohnsitze zu betreiben.
1    Der Schuldner ist an seinem Wohnsitze zu betreiben.
2    Die im Handelsregister eingetragenen juristischen Personen und Gesellschaften sind an ihrem Sitze, nicht eingetragene juristische Personen am Hauptsitze ihrer Verwaltung zu betreiben.
3    Für die Schulden aus einer Gemeinderschaft kann in Ermangelung einer Vertretung jeder der Gemeinder am Orte der gemeinsamen wirtschaftlichen Tätigkeit betrieben werden.83
4    Die Gemeinschaft der Stockwerkeigentümer ist am Ort der gelegenen Sache zu betreiben.84
47 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 47
53 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 53 - Verändert der Schuldner seinen Wohnsitz, nachdem ihm die Pfändung angekündigt oder nachdem ihm die Konkursandrohung oder der Zahlungsbefehl zur Wechselbetreibung zugestellt worden ist, so wird die Betreibung am bisherigen Orte fortgesetzt.
68bis  110 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 110 - 1 Gläubiger, die das Fortsetzungsbegehren innerhalb von 30 Tagen nach dem Vollzug einer Pfändung stellen, nehmen an der Pfändung teil. Die Pfändung wird jeweils so weit ergänzt, als dies zur Deckung sämtlicher Forderungen einer solchen Gläubigergruppe notwendig ist.
1    Gläubiger, die das Fortsetzungsbegehren innerhalb von 30 Tagen nach dem Vollzug einer Pfändung stellen, nehmen an der Pfändung teil. Die Pfändung wird jeweils so weit ergänzt, als dies zur Deckung sämtlicher Forderungen einer solchen Gläubigergruppe notwendig ist.
2    Gläubiger, die das Fortsetzungsbegehren erst nach Ablauf der 30-tägigen Frist stellen, bilden in der gleichen Weise weitere Gruppen mit gesonderter Pfändung.
3    Bereits gepfändete Vermögensstücke können neuerdings gepfändet werden, jedoch nur so weit, als deren Erlös nicht den Gläubigern, für welche die vorgehende Pfändung stattgefunden hat, auszurichten sein wird.
111
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 111 - 1 An der Pfändung können ohne vorgängige Betreibung innert 40 Tagen nach ihrem Vollzug teilnehmen:
1    An der Pfändung können ohne vorgängige Betreibung innert 40 Tagen nach ihrem Vollzug teilnehmen:
1  der Ehegatte, die eingetragene Partnerin oder der eingetragene Partner des Schuldners;
2  die Kinder des Schuldners für Forderungen aus dem elterlichen Verhältnis und volljährige Personen für Forderungen aus einem Vorsorgeauftrag (Art. 360-369 ZGB231);
3  die volljährigen Kinder und die Grosskinder des Schuldners für die Forderungen aus den Artikeln 334 und 334bis ZGB;
4  der Pfründer des Schuldners für seine Ersatzforderung nach Artikel 529 OR233.
2    Die Personen nach Absatz 1 Ziffern 1 und 2 können ihr Recht nur geltend machen, wenn die Pfändung während der Ehe, der eingetragenen Partnerschaft, des elterlichen Verhältnisses oder der Wirksamkeit des Vorsorgeauftrags oder innert eines Jahres nach deren Ende erfolgt ist; die Dauer eines Prozess- oder Betreibungsverfahrens wird dabei nicht mitgerechnet. Anstelle der Kinder oder einer Person unter einer Massnahme des Erwachsenenschutzes kann auch die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde die Anschlusserklärung abgeben.234
3    Soweit dem Betreibungsamt anschlussberechtigte Personen bekannt sind, teilt es diesen die Pfändung durch uneingeschriebenen Brief mit.
4    Das Betreibungsamt gibt dem Schuldner und den Gläubigern von einem solchen Anspruch Kenntnis und setzt ihnen eine Frist von zehn Tagen zur Bestreitung.
5    Wird der Anspruch bestritten, so findet die Teilnahme nur mit dem Recht einer provisorischen Pfändung statt, und der Ansprecher muss innert 20 Tagen beim Gericht des Betreibungsortes klagen; nutzt er die Frist nicht, so fällt seine Teilnahme dahin. ...235
ZGB: 25 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 25 - 1 Als Wohnsitz des Kindes unter elterlicher Sorge26 gilt der Wohnsitz der Eltern oder, wenn die Eltern keinen gemeinsamen Wohnsitz haben, der Wohnsitz des Elternteils, unter dessen Obhut das Kind steht; in den übrigen Fällen gilt sein Aufenthaltsort als Wohnsitz.
1    Als Wohnsitz des Kindes unter elterlicher Sorge26 gilt der Wohnsitz der Eltern oder, wenn die Eltern keinen gemeinsamen Wohnsitz haben, der Wohnsitz des Elternteils, unter dessen Obhut das Kind steht; in den übrigen Fällen gilt sein Aufenthaltsort als Wohnsitz.
2    Bevormundete Kinder haben ihren Wohnsitz am Sitz der Kindesschutzbehörde.27
207
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 207 - 1 Errungenschaft und Eigengut jedes Ehegatten werden nach ihrem Bestand im Zeitpunkt der Auflösung des Güterstandes ausgeschieden.
1    Errungenschaft und Eigengut jedes Ehegatten werden nach ihrem Bestand im Zeitpunkt der Auflösung des Güterstandes ausgeschieden.
2    Die Kapitalleistung, die ein Ehegatte von einer Vorsorgeeinrichtung oder wegen Arbeitsunfähigkeit erhalten hat, wird im Betrag des Kapitalwertes der Rente, die dem Ehegatten bei Auflösung des Güterstandes zustünde, dem Eigengut zugerechnet.
BGE Register
34-I-295 • 39-I-601 • 59-I-207 • 86-II-287 • 88-III-135 • 88-III-7 • 91-III-47
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
betreibungsamt • gesetzliche vertretung • nichtigkeit • betreibungsort • schuldner • betreibungshandlung • verwertungsbegehren • weiler • ehegatte • betreibung auf pfändung • biene • betreibungsurkunde • bundesgericht • beschwerdefrist • zahlungsbefehl • sachverhalt • kommunikation • kopie • auskunftspflicht • mitwirkungspflicht
... Alle anzeigen
BlSchK
1944 S.135 • 1954 S.9