Urteilskopf

91 II 77

11. Verfügung des Präsidenten der II. Zivilabteilung vom 2. Februar 1965 i.S. H. gegen H.
Regeste (de):

Regeste (fr):

Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 77

BGE 91 II 77 S. 77

Unter Hinweis auf die vom Kläger und Berufungsbeklagten im Sinne von Art. 150 Abs. 2 OG am 19. Januar 1965 gestellten folgenden Anträge: "1. Die Beklagte und Berufungsklägerin sei zu verhalten, die allfällige Parteientschädigung zugunsten des Klägers und Berufungsbeklagten im Gesamtbetrage von Fr. 1800.-- (inkl. Auslagen) sicherzustellen.
BGE 91 II 77 S. 78

2. Nach fruchtlosem Ablauf der für die Sicherstellung gesetzten Frist sei auf die eingereichte Berufung vom 14.12.1964 nicht einzutreten." sowie auf die Vernehmlassung der Beklagten und Berufungsklägerin vom 28. gl. Mts., womit Abweisung des vorerwähnten Gesuches, eventuell Herabsetzung des geforderten Betrages von Fr. 1'800.-- beantragt wird,
Erwägungen

zieht der Präsident der II. Zivilabteilung in Erwägung:
Die Beklagte, in den USA vom Ehemann getrennt lebende schweizerisch-amerikanische Doppelbürgerin, kann sich auf keine staatsrechtlichen Bestimmungen berufen, kraft deren sie von der Sicherstellung einer allfälligen Parteientschädigung im vornherein befreit wäre. Die USA sind der Haager Übereinkunft betr. Zivilprozessrecht, vom 17. Juli 1905 (BS 12 277 ff., insbes. 287), rev. am 1. März 1954 (AS 1957, 467 ff.), nicht beigetreten. Daherige Fragen stellen sich nicht (vgl. BGE 90 II 144 ff.). Das Gesuch ist somit nur unter dem Gesichtspunkt von Art. 150 Abs. 2 OG auf Grund richterlichen Ermessens zu prüfen (vgl. den zit. BGE S. 146 unten).
Materiell hat die Vorinstanz schweizerisches Scheidungsrecht direkt angewendet, das Güterrecht jedoch nur als Ersatzrecht für das in Kalifornien geltende. Es besteht jedenfalls mit Bezug auf die vorsorgliche Massregel der prozessualen Sicherstellung der Parteientschädigung kein Grund, von der Berücksichtigung des schweizerischen Rechts abzuweichen. Das schweizerische Recht verpönt es z.B., dass der Ehemann seine Ehefrau im Scheidungsprozess auf das Armenrecht verweise, auch wenn ihr Verschulden geltend gemacht wird. Weder sie, noch er, haben allein für die gesamten Kosten des andern Ehegatten aufzukommen (vgl. EGGER, 2. Aufl., zu Art. 145 N. 17). Das gilt auch bei der Errungenschaftsgemeinschaft (Art. 239 f
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 239 - Hat das Eigengut eines Ehegatten oder das Gesamtgut zum Erwerb, zur Verbesserung oder zur Erhaltung eines Vermögensgegenstandes einer andern Vermögensmasse beigetragen, so gelten sinngemäss die Bestimmungen über den Mehrwertanteil bei der Errungenschaftsbeteiligung.
., 225 f. ZGB). Schon daraus ergäbe sich eine angemessene Herabsetzung der Sicherstellung für eine Parteientschädigung. Anderseits ist im Falle der Abweisung einer Scheidungsklage die Zwangsvollstreckung unter Ehegatten auch für die zugesprochene Parteientschädigung unzulässig (Art. 173 ff
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 173 - 1 Auf Begehren eines Ehegatten setzt das Gericht die Geldbeiträge an den Unterhalt der Familie fest.
1    Auf Begehren eines Ehegatten setzt das Gericht die Geldbeiträge an den Unterhalt der Familie fest.
2    Ebenso setzt es auf Begehren eines Ehegatten den Betrag für den Ehegatten fest, der den Haushalt besorgt, die Kinder betreut oder dem andern im Beruf oder Gewerbe hilft.
3    Die Leistungen können für die Zukunft und für das Jahr vor Einreichung des Begehrens gefordert werden.
. ZGB; BGE 84 III 1 ff., BGE 83 III 89 ff.). Auch bei der Scheidungsklage darf der Richter, wenn er den Ehemann zur Aufbringung von
BGE 91 II 77 S. 79

Parteikosten verpflichtet, seine Verfügung nicht mit der Androhung verbinden, dass mangels Erlegung die Klage von der Hand gewiesen werde (EGGER, 1. c., N. 17). Bei umgekehrten Prozessrollen muss das gleiche zugunsten der Ehefrau gelten. Es ist auch nicht einzusehen, aus welchem Grunde es nicht gleicherweise verpönt sein sollte, die Ehefrau durch Verfügungen auf Sicherstellung blosser Parteikosten des andern Ehegatten allenfalls um die Einsprache gegen das Scheidungsbegehren zu bringen. Daher könnte, wenn dem Gesuch des Klägers gemäss Art. 150 Abs. 2 OG entsprochen werden sollte, damit keinesfalls die Androhung von Art. 150 Abs. 4, wonach mangels Sicherstellung innert Frist auf die Rechtsvorkehr (hier die Berufung) nicht eingetreten würde, verbunden werden. Dann wäre aber der Kläger gleicherweise auf blosse Betreibung angewiesen, wie wenn er ein definitives, seine Scheidungsklage gutheissendes Urteil erhält. Vorliegend wäre es um so weniger gerechtfertigt, dem Gesuch um Sicherstellung der allfälligen Parteientschädigung zu entsprechen, als sich der Kläger sonst im Prozesse, z.B. bei der Frage der Kinderzuteilung, im Verhältnis zur Beklagten auf seine gehobene soziale Stellung beruft.
Es erübrigt sich zu entscheiden, ob die Anwendung von Art. 150 Abs. 2 und bes. 4 OG im Scheidungsprozess nicht im vornherein durch Art. 145
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 173 - 1 Auf Begehren eines Ehegatten setzt das Gericht die Geldbeiträge an den Unterhalt der Familie fest.
1    Auf Begehren eines Ehegatten setzt das Gericht die Geldbeiträge an den Unterhalt der Familie fest.
2    Ebenso setzt es auf Begehren eines Ehegatten den Betrag für den Ehegatten fest, der den Haushalt besorgt, die Kinder betreut oder dem andern im Beruf oder Gewerbe hilft.
3    Die Leistungen können für die Zukunft und für das Jahr vor Einreichung des Begehrens gefordert werden.
ZGB ausgeschlossen ist.
Dispositiv

verfügt:
Das Begehren des Klägers um Sicherstellung der allfälligen Parteientschädigung wird abgewiesen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 91 II 77
Datum : 02. Februar 1965
Publiziert : 31. Dezember 1965
Quelle : Bundesgericht
Status : 91 II 77
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : Sicherstellung für eine allfällige Parteientschädigung (Art. 150 Abs. 2 OG). Ist die im Ausland, und zwar in einem der IÜZPR


Gesetzesregister
OG: 150
ZGB: 145  173 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 173 - 1 Auf Begehren eines Ehegatten setzt das Gericht die Geldbeiträge an den Unterhalt der Familie fest.
1    Auf Begehren eines Ehegatten setzt das Gericht die Geldbeiträge an den Unterhalt der Familie fest.
2    Ebenso setzt es auf Begehren eines Ehegatten den Betrag für den Ehegatten fest, der den Haushalt besorgt, die Kinder betreut oder dem andern im Beruf oder Gewerbe hilft.
3    Die Leistungen können für die Zukunft und für das Jahr vor Einreichung des Begehrens gefordert werden.
239
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 239 - Hat das Eigengut eines Ehegatten oder das Gesamtgut zum Erwerb, zur Verbesserung oder zur Erhaltung eines Vermögensgegenstandes einer andern Vermögensmasse beigetragen, so gelten sinngemäss die Bestimmungen über den Mehrwertanteil bei der Errungenschaftsbeteiligung.
BGE Register
83-III-89 • 84-III-1 • 90-II-144 • 91-II-77
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
ehegatte • beklagter • scheidungsklage • schweizerisches recht • frage • usa • frist • entscheid • ersatzrecht • sachverhalt • rechtsvorkehr • stelle • verhalten • zwangsvollstreckung • kalifornien • vorinstanz • ermessen • angewiesener
AS
AS 1957/467