91 II 44
5. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 23. März 1965 i.S. Adès gegen Internationale Filmvertriebsanstalt.
Regeste (de):
- Der Gerichtsstand für die Arrestforderungsklage bestimmt sich unter Vorbehalt von Art. 59
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 59 Militär- und Ersatzdienst - 1 Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor.
1 Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor. 2 Für Schweizerinnen ist der Militärdienst freiwillig. 3 Schweizer, die weder Militär- noch Ersatzdienst leisten, schulden eine Abgabe. Diese wird vom Bund erhoben und von den Kantonen veranlagt und eingezogen. 4 Der Bund erlässt Vorschriften über den angemessenen Ersatz des Erwerbsausfalls. 5 Personen, die Militär- oder Ersatzdienst leisten und dabei gesundheitlichen Schaden erleiden oder ihr Leben verlieren, haben für sich oder ihre Angehörigen Anspruch auf angemessene Unterstützung des Bundes. - Internationales Obligationenrecht; Wahl des anwendbaren Rechtes durch die Vertragsparteien. Voraussetzungen der Gültigkeit, Zeitpunkt und Tragweite der Rechtswahl. Unter welchen Rechtsordnungen dürfen die Parteien wählen? Ihre Wahl ist auf jeden Fall dann anzuerkennen, wenn ihr ein vernünftiges Interesse an der Anwendung des gewählten Rechtes zugrunde liegt (Erweiterung der Rechtsprechung). Ein solches Interesse ist z.B. vorhanden, wenn sich die Parteien im Prozess auf die Anwendung der lex fori einigen.
Regeste (fr):
- Sous réserve de l'art. 59 Cst. et des traités, le for de l'action fondée sur la créance pour laquelle le séquestre est opéré se détermine d'après le droit cantonal.
- Droit international privé, obligations; élection du droit applicable par les parties au contrat. Conditions de la validité, moment décisif et portée du choix. Quel droit les parties peuvent-elles choisir? Il faut en tout cas se ranger à leur avis quand un intérêt raisonnable justifie l'application du droit choisi (extension de la jurisprudence). Tel est le cas, par exemple, lorsque les parties s'entendent en cours de procès pour appliquer la lex fori.
Regesto (it):
- Il foro dell'azione fondata sul credito garantito dal sequestro viene determinato dal diritto cantonale, sotto riserva dell'art. 59 CF e dei trattati.
- Diritto internazionale privato, obbligazioni; scelta del diritto applicabile fatta dalle parti contraenti. Presupposti della validità, momento determinante e portata della scelta. Quale diritto le parti possono eleggere? Si deve, in ogni caso, riconoscere la loro scelta, quando l'applicazione del diritto eletto è giustificata da un interesse ragionevole (estensione della giurisprudenza). Questo caso si verifica, ad esempio, quando le parti si accordano, nel corso del processo, per applicare la lex fori.
Sachverhalt ab Seite 44
BGE 91 II 44 S. 44
Die Internationale Fimvertriebsanstalt in Vaduz anvertraute dem in Paris wohnhaften Adès im März 1961 die Verwaltung eines in New York liegenden Wertschriftendepots. Im Januar 1962 liess sie für eine Schadenersatzforderung wegen Vertragsverletzung
BGE 91 II 44 S. 45
Vermögenswerte des Beauftragten in Basel arrestieren. Zur Aufrechterhaltung des Arrestes leitete sie gegen ihn in Basel Betreibung und nach erfolgtem Rechtsvorschlag Klage ein. Die Basler Gerichte hiessen die Klage teilweise gut. Das Bundesgericht bestätigt den Entscheid der obern kantonalen Instanz. Über den Gerichtsstand und das anwendbare Recht enthält sein Urteil folgende
Erwägungen
Erwägungen:
1. Das Zivilgericht, dem das Appellationsgericht in diesem Punkte stillschweigend gefolgt ist, hat angenommen, es sei als Gericht des Arrestortes nach schweizerischem und nach internationalem Recht für die Beurteilung der vorliegenden Klage zuständig. Der Beklagte behauptet mit Recht nicht, diese Annahme verstosse gegen Bundesrecht im Sinne von Art. 43
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 59 Militär- und Ersatzdienst - 1 Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor. |
|
1 | Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor. |
2 | Für Schweizerinnen ist der Militärdienst freiwillig. |
3 | Schweizer, die weder Militär- noch Ersatzdienst leisten, schulden eine Abgabe. Diese wird vom Bund erhoben und von den Kantonen veranlagt und eingezogen. |
4 | Der Bund erlässt Vorschriften über den angemessenen Ersatz des Erwerbsausfalls. |
5 | Personen, die Militär- oder Ersatzdienst leisten und dabei gesundheitlichen Schaden erleiden oder ihr Leben verlieren, haben für sich oder ihre Angehörigen Anspruch auf angemessene Unterstützung des Bundes. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 59 Militär- und Ersatzdienst - 1 Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor. |
|
1 | Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor. |
2 | Für Schweizerinnen ist der Militärdienst freiwillig. |
3 | Schweizer, die weder Militär- noch Ersatzdienst leisten, schulden eine Abgabe. Diese wird vom Bund erhoben und von den Kantonen veranlagt und eingezogen. |
4 | Der Bund erlässt Vorschriften über den angemessenen Ersatz des Erwerbsausfalls. |
5 | Personen, die Militär- oder Ersatzdienst leisten und dabei gesundheitlichen Schaden erleiden oder ihr Leben verlieren, haben für sich oder ihre Angehörigen Anspruch auf angemessene Unterstützung des Bundes. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 59 Militär- und Ersatzdienst - 1 Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor. |
|
1 | Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor. |
2 | Für Schweizerinnen ist der Militärdienst freiwillig. |
3 | Schweizer, die weder Militär- noch Ersatzdienst leisten, schulden eine Abgabe. Diese wird vom Bund erhoben und von den Kantonen veranlagt und eingezogen. |
4 | Der Bund erlässt Vorschriften über den angemessenen Ersatz des Erwerbsausfalls. |
5 | Personen, die Militär- oder Ersatzdienst leisten und dabei gesundheitlichen Schaden erleiden oder ihr Leben verlieren, haben für sich oder ihre Angehörigen Anspruch auf angemessene Unterstützung des Bundes. |
2. Da der vorliegende Rechtsstreit vor schweizerischen Gerichten zwischen einer juristischen Person des liechtensteinischen Rechts mit Sitz in Vaduz und einem britischen Staatsangehörigen mit Wohnsitz in Paris schwebt und Schadenersatzansprüche wegen Verletzung eines in Paris abgeschlossenen Vertrags über die von Paris aus zu besorgende Verwaltung eines in New Yorkliegenden Wertschrift endepots der erwähnten
BGE 91 II 44 S. 46
juristischen Person betrifft, stellt sich die Frage des anwendbaren Rechtes. Diese Frage ist auf Grund der einschlägigen Regeln des schweizerischen Rechts als des am Gerichtsorte geltenden Rechts zu entscheiden. Das Bundesgericht hat sie von Amtes wegen zu prüfen, da es zur Beurteilung der Sache selbst nur befugt ist, wenn der Streitfall vom schweizerischen Rechte beherrscht wird (Art. 43 Abs. 1
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 59 Militär- und Ersatzdienst - 1 Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor. |
|
1 | Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor. |
2 | Für Schweizerinnen ist der Militärdienst freiwillig. |
3 | Schweizer, die weder Militär- noch Ersatzdienst leisten, schulden eine Abgabe. Diese wird vom Bund erhoben und von den Kantonen veranlagt und eingezogen. |
4 | Der Bund erlässt Vorschriften über den angemessenen Ersatz des Erwerbsausfalls. |
5 | Personen, die Militär- oder Ersatzdienst leisten und dabei gesundheitlichen Schaden erleiden oder ihr Leben verlieren, haben für sich oder ihre Angehörigen Anspruch auf angemessene Unterstützung des Bundes. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 59 Militär- und Ersatzdienst - 1 Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor. |
|
1 | Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das Gesetz sieht einen zivilen Ersatzdienst vor. |
2 | Für Schweizerinnen ist der Militärdienst freiwillig. |
3 | Schweizer, die weder Militär- noch Ersatzdienst leisten, schulden eine Abgabe. Diese wird vom Bund erhoben und von den Kantonen veranlagt und eingezogen. |
4 | Der Bund erlässt Vorschriften über den angemessenen Ersatz des Erwerbsausfalls. |
5 | Personen, die Militär- oder Ersatzdienst leisten und dabei gesundheitlichen Schaden erleiden oder ihr Leben verlieren, haben für sich oder ihre Angehörigen Anspruch auf angemessene Unterstützung des Bundes. |
3. Die Klägerin bemerkte in der Klageschrift, ihre Schadenersatzansprüche gegen den in Frankreich wohnhaften Beklagten (ihren Beauftragten) seien nach französischem Rechte zu beurteilen, doch sei sie bereit, sich dem schweizerischen Rechte als gewählter Rechtsordnung zu unterwerfen. Der Beklagte erklärte in der Klageantwort, er sei mit der von der Klägerin vorgeschlagenen Anwendung des schweizerischen Rechtes einverstanden. In diesen Erklärungen erblickte das Zivilgericht eine gültige Rechtswahl. Das Appellationsgericht hat zu dieser Frage nicht ausdrücklich Stellung genommen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes, die mangels einer gesetzlichen oder gewohnheitsrechtlichen Ordnung auf dem Wege der Lückenausfüllung (Art. 1 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 1 - 1 Das Gesetz findet auf alle Rechtsfragen Anwendung, für die es nach Wortlaut oder Auslegung eine Bestimmung enthält. |
|
1 | Das Gesetz findet auf alle Rechtsfragen Anwendung, für die es nach Wortlaut oder Auslegung eine Bestimmung enthält. |
2 | Kann dem Gesetz keine Vorschrift entnommen werden, so soll das Gericht4 nach Gewohnheitsrecht und, wo auch ein solches fehlt, nach der Regel entscheiden, die es als Gesetzgeber aufstellen würde. |
3 | Es folgt dabei bewährter Lehre und Überlieferung. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 1 - 1 Das Gesetz findet auf alle Rechtsfragen Anwendung, für die es nach Wortlaut oder Auslegung eine Bestimmung enthält. |
|
1 | Das Gesetz findet auf alle Rechtsfragen Anwendung, für die es nach Wortlaut oder Auslegung eine Bestimmung enthält. |
2 | Kann dem Gesetz keine Vorschrift entnommen werden, so soll das Gericht4 nach Gewohnheitsrecht und, wo auch ein solches fehlt, nach der Regel entscheiden, die es als Gesetzgeber aufstellen würde. |
3 | Es folgt dabei bewährter Lehre und Überlieferung. |
BGE 91 II 44 S. 47
schweizerischen Rechts geeinigt. Die Schadenersatzforderung der Klägerin wegen Verletzung der von den Parteien getroffenen Abmachung ist also kraft Rechtswahl nach schweizerischem Rechte zu beurteilen, sofern sich die Wahl dieses Rechtes nicht etwa mangels einer genügenden Beziehung der Streitsache zur Schweiz als unzulässig erweist.
4. Die frühere Rechtsprechung des Bundesgerichtes, welche die Rechtswahl seit dem Entscheide BGE 32 II 415 ff. nur für die Wirkungen des Vertrages zuliess (vgl. z.B. die bei SCHÖNENBERGER/JÄGGI, Allg. Einleitung, N. 197 a.E. angeführten Entscheide), schränkte das Wahlrecht der Parteien mit Bezug auf die wählbaren Rechte nicht ein. Die damals beurteilten Fälle boten aber auch keinen Anlass zur Prüfung der Frage, ob jedes beliebige Recht oder nur das Recht eines Landes, zu dem der Vertrag eine Beziehung hat, gewählt werden dürfe; denn in den Fällen, wo eine bewusste Rechtswahl vorlag, war eine solche Beziehung vorhanden (vgl. namentlich BGE 68 II 203 ff. und 220 ff.). Ausführungen über die erwähnte Frage finden sich erst im Entscheide BGE 78 II 74 ff., der den Grundsatz aufstellte, dass die Entstehung und die Wirkungen eines Vertrages nach dem gleichen Rechte, nämlich nach dem von den Parteien gewählten Rechte oder in Ermangelung eines solchen nach dem Rechte des Landes zu beurteilen seien, mit welchem der Vertrag den engsten räumlichen Zusammenhang aufweist. In diesem Entscheide, der einen Fall betraf, wo eine Rechtswahl unterblieben war, hat das Bundesgericht (S. 86) unter Hinweis auf GUTZWILLER, Das Kaufrecht (in GUTZWILLER und NIEDERER, Beiträge zum Haager internationalen Privatrecht, 1951, S. 26, 44-45) erklärt, die Parteien seien in der Wahl des anwendbaren Rechtes nicht vollständig frei; nach allgemeiner Lehrmeinung (selon l'opinion commune en doctrine) sei zum mindesten erforderlich, dass ihr Vertrag natürliche Beziehungen von einiger Bedeutung (des attaches naturelles et de quelque importance) zum Lande habe, dessen Recht sie wählen, ganz abgesehen davon, dass der Richter des Gerichtsortes dieses Recht nur im Rahmen seiner eigenen öffentlichen Ordnung anwende. Seit diesem Entscheide hat das Bundesgericht die Frage, unter welchen Rechtsordnungen die Parteien wählen dürfen, nicht mehr behandelt, wenn man davon absieht, dass es in BGE
BGE 91 II 44 S. 48
BGE 79 II 295 ff., wo es die Rechtswahl mittels einer erst nach dem Vertragsabschluss getroffenen Vereinbarung und die Abänderung einer früher vorgenommenen Wahl zuliess, vom Ersatz der ursprünglich gewählten Rechtsordnung durch eine andere, "nach dem Sachverhalt ebenfalls in Betracht kommende" sprach (S. 301) und dass es in BGE 82 II 552 erklärte, die Parteien seien im internationalen Obligationenrecht "zum mindesten dem Grundsatze nach" befugt, das massgebende Recht "frei" zu wählen (les parties peuvent, à tout le moins en principe, désigner librement la loi compétente). Folgt man der in BGE 78 II 86 vertretenen Auffassung, so erweist sich die im vorliegenden Falle erfolgte Rechtswahl als unzulässig, weil der zu beurteilende Vertrag als solcher zur Schweiz keine Beziehung hat.
5. Die erwähnte Auffassung war jedoch schon im Jahre 1952, als der Entscheid BGE 78 II 86 erging, nicht unangefochten. GUTZWILLER, auf den sich das Bundesgericht damals berief, bezeichnete zwar an der erstangeführten Stelle (S. 26) als "ganz selbstverständliche" Voraussetzung der Rechtswahl, "dass das von den Parteien gekürte Recht mit ihrem Vertrag irgend eine räumliche Beziehung aufweist", wies aber an der zweitgenannten Stelle zutreffend darauf hin, dass dieser Punkt sehr umstritten sei. Vor allem sprach sich damals bereits der Entwurf eines Abkommens über Gesetzeskonflikte beim Warenkauf, den der von der 6. Session der Haager Konferenz für internationales Privatrecht eingesetzte Sonderausschuss im Jahre 1931 angenommen hatte, für eine unbeschränkte Wahlbefugnis der Parteien aus (Conférence de La Haye de Droit international privé, Documents relatifs à la Septième Session tenue du 9 au 31 octobre 1951, S. 4 ff.). Art. 2 dieses Entwurfs bestimmte vorbehaltlos, der Kauf werde durch das inländische Recht des von den Parteien bezeichneten Landes geregelt (La vente est régie par la loi interne du pays désigné par les parties contractantes). JULLIOT DE LA MORANDIÈRE bemerkte in dem diesen Entwurf begleitenden Berichte, die den Parteien hinsichtlich der wählbaren Rechte eingeräumte Freiheit sei so weit (large) wie möglich; alle vorgeschlagenen Beschränkungen seien im Interesse des internationalen Handels abgelehnt worden (a.a.O. S. 22). RABEL (The conflict of laws, 2. Band 1947, S. 408, 427) lehnte eine Beschränkung der Rechtswahl auf Rechtsordnungen, zu denen der Vertrag eine Beziehung hat,
BGE 91 II 44 S. 49
ebenfalls ab. Auch MOSER (Vertragsabschluss, Vertragsgültigkeit und Parteiwille im internat. OR, 1948, S. 195 ff., 200) erklärte, für eine solche Beschränkung bestehe bei internationalen (zu mehr als einer Rechtsordnung in einer wesentlichen objektiven Beziehung stehenden) Tatbeständen kein Grund; in einem solchen Falle dürfe eines dieser Rechte oder ein sonstiges gewählt werden. Seit dem Erscheinen der in BGE 78 II 86 angeführten Abhandlung Gutzwillers haben sich die Stimmen zugunsten der freien Rechtswahl gemehrt. WOLFF erklärte 1954 (Das IPR Deutschlands, 3. Aufl. S. 139) in Abweichung von seiner frühern Ansicht (2. Aufl. 1949 S. 118), die Parteien seien befugt, das auf ihren Vertrag anwendbare Recht "beliebig" zu wählen; ihre Autonomie sei "unbeschränkt, wenn von etwaigen Fällen sinnloser, albern-verspielter, kurz, ungehöriger Wahl abgesehen wird." Das aus den Beratungen der 7. Session der Haager Konferenz (1951) hervorgegangene Abkommen über das auf internationale Warenkäufe anwendbare Recht (Convention sur la loi applicable aux ventes à caractère international d'objets mobiliers corporels) vom 15. Juni 1955, das am 1. September 1964 in Kraft trat (Schweiz. Jahrbuch für internat. Recht 1963 S. 274), für die Schweiz aber noch nicht gilt, übernahm in Art. 2 die bereits wiedergegebene Bestimmung des Entwurfs von 1931. Wie FRÉDÉRICQ darlegt, verwarf die Konferenz mehrere Anträge auf Beschränkung der Wahlfreiheit der Parteien (Académie de Droit international, Recueil des cours 1958 I 39f.; vgl. Conférence de La Haye, Actes de la Septième Session, S. 32 ff.). Unter Hinweis auf dieses Abkommen trat auch GAMILLSCHEG (Archiv für die civilist. Praxis 1958/59 S. 308 ff.) dafür ein, dass bei internationalen Verträgen die Rechtswahl unbeschränkt zuzulassen sei. Gleicher Ansicht ist VON OVERBECK (Schweiz. Jahrbuch für internat. Recht 1963 S. 275). Allgemein anerkannt ist diese Auffassung freilich nicht. Auch unter den Befürwortern einer Beschränkung der Rechtswahl herrscht jedoch heute das Bestreben vor, diese Wahl zu erleichtern. Das Erfordernis einer räumlichen Beziehung zwischen dem Vertrag und dem Lande, dessen Recht gewählt wird, tritt in den Hintergrund. So begnügt sich der Entwurf eines portugiesischen Zivilgesetzbuchs von 1951 (MAKAROV, Quellen des IPR, 2. Aufl. I 1953/54, Nr. 45 Portugal, S. 35/36)
BGE 91 II 44 S. 50
mit der Vorschrift, es müsse sich um ein Recht handeln, "dessen Anwendbarkeit im Einzelfalle einem bedeutenden und berücksichtigenswerten Interesse entspricht", und betrachtet diese Voraussetzung ohne weiteres als gegeben, wenn das gewählte Recht eine objektive Beziehung mit dem fraglichen Rechtsverhältnis aufweist. Das französische "Avant-projet de Code civil", dessen I. Teil 1955 veröffentlicht wurde, bestimmt in Art. 89 Abs. 1: "Sous réserve des dispositions de police et de sûreté, les contrats sont soumis, en ce qui concerne leurs conditions de fond et leurs effets obligatoires, à la loi que les contractants ont choisie dans un intérêt légitime." Der Grundgedanke dieser Regelung fand zahlreiche Anhänger. GAMILLSCHEG, der schon im bereits angeführten Aufsatze (S. 311) erklärt hatte, gegen das - nach seiner Ansicht praktisch stets erfüllte - Erfordernis eines "intérêt légitime" sei nichts einzuwenden, führte 1959 (Internationales Arbeitsrecht, S. 101) aus, die Parteien seien nicht auf die Wahl eines Rechtes beschränkt, zu dem der Vertrag eine örtliche Beziehung habe, sondern ihre Wahl sei schon dann anzuerkennen, "wenn sie durch irgendein sachliches Interesse getragen wird." Im gleichen Sinne äussern sich KEGEL (IPR, 1960, S. 208: "irgendein anerkennenswertes Interesse an der Herrschaft des gewählten Rechts"), SCHÖNENBERGER/JÄGGI (Allg. Einleitung, 1961, N. 199: "jede Rechtsordnung, für deren Wahl ein vernünftiges Interesse der Parteien spricht oder die in guten Treuen gewählt wurde"), RAAPE (IPR, 5. Aufl. 1961, S. 461: "ein intérêt légitime"), und UMBRICHT (Die immanenten Schranken der Rechtswahl im internat. Schuldvertragsrecht, 1963, S. 107 ff.: "Rechte, deren Anwendbarkeit einem legitimen Interesse entspricht"). Ähnlich sind, wie UMBRICHT (S. 113-115) zutreffend ausführt, in der praktischen Auswirkung auch die Auffassungen von BATIFFOL (Les conflits de lois en matière de contrats, 1938, n. 57 ff. S. 51 ff., und Traité élémentaire de droit international privé, 3. Aufl. 1959, n. 574 S. 624 ff.) und NIEDERER (Einführung in die allg. Lehren des IPR, 1. Aufl. 1954, 3. Aufl. 1961, je S. 196); ebenso diejenige von VISCHER (Internationales Vertragsrecht, 1962, S. 51 ff.). Den Befürwortern der unbeschränkten Rechtswahl und den
BGE 91 II 44 S. 51
Anhängern der Lehre, welche die Anerkennung der Wahl eines bestimmten Rechts von einem rechtmässigen oder vernünftigen Interesse an dessen Anwendung abhängig macht, ist darin beizustimmen, dass das Erfordernis einer natürlichen oder räumlichen Beziehung zwischen dem Vertrag und dem Lande, dessen Recht gewählt wird, zu streng ist. Den Grundauffassungen des schweizerischen Rechts, das für den innern Bereich die Vertragsfreiheit in weitem Masse gewährleistet (Art. 19
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 19 - 1 Der Inhalt des Vertrages kann innerhalb der Schranken des Gesetzes beliebig festgestellt werden. |
|
1 | Der Inhalt des Vertrages kann innerhalb der Schranken des Gesetzes beliebig festgestellt werden. |
2 | Von den gesetzlichen Vorschriften abweichende Vereinbarungen sind nur zulässig, wo das Gesetz nicht eine unabänderliche Vorschrift aufstellt oder die Abweichung nicht einen Verstoss gegen die öffentliche Ordnung, gegen die guten Sitten oder gegen das Recht der Persönlichkeit in sich schliesst. |
BGE 91 II 44 S. 52
6. Lässt man mit der neuern Rechtsprechung des Bundesgerichtes eine nachträgliche Rechtswahl zu, so ist ein vernünftiges Interesse an der Anwendung des gewählten Rechts namentlich anzuerkennen, wenn sich die Parteien im Prozess auf die Anwendung des am Gerichtsort geltenden Rechtes einigen, und zwar muss dies auch dann gelten, wenn ihr Vertragsverhältnis mit dem Lande, in dem sie prozessieren, an sich nichts zu tun hat und die Zuständigkeit der Gerichte dieses Landes nur auf dem zufälligen Umstande beruht, dass es dem Kläger gelang, in diesem Lande Vermögensstücke des Beklagten zu arrestieren. Das Bestehen eines Arrestgerichtsstandes vermag zwar an und für sich die Anwendung der lex fori nicht zu rechtfertigen (BGE 46 II 489, BGE 59 II 364 oben, BGE 67 II 217; SCHNITZER, Handbuch des IPR, 4. Aufl., Band I S. 180). Daraus folgt aber keineswegs, dass den Parteien verwehrt sei, dieses Recht zu wählen. Die nachträgliche Rechtswahl wurde vielmehr gerade auch deshalb zugelassen, um die Anwendung der lex fori zu begünstigen (BGE 79 II 302; vgl. STAUFFER in Festschrift Lewald, 1953, S. 398). Für die Wahl dieses Rechts spricht daher ein vernünftiges, von der Rechtsordnung selber als berechtigt anerkanntes Interesse. Der vorliegende Rechtsstreit unterliegt somit nach dem massgebenden schweizerischen Kollisionsrecht kraft einer gültigen Rechtswahl dem materiellen Rechte der Schweiz, und zwar dem Bundesgesetz über das Obligationenrecht, so dass das Bundesgericht zu seiner Beurteilung zuständig ist.