91 I 4
2. Urteil vom 24. März 1965 i.S. Mattmann und Schnider gegen Obergericht des Kantons Zug.
Regeste (de):
- Es verletzt Art. 4 BV nicht, wenn Mitglieder einer Überweisungskommission, welche die Strafsache zur Beurteilung überwiesen hat, bei der nachfolgenden Beurteilung der Strafsache durch eine Appellationsinstanz mitwirken.
Regeste (fr):
- Il n'y a aucune violation de l'art. 4 Cst. lorsque des membres d'une juridiction de mise en accusation, qui a ordonné le renvoi d'une cause pénale devant l'autorité de jugement, participent ensuite aux délibérations du tribunal d'appel auquel le jugement intervenu a été déféré.
Regesto (it):
- L'art. 4 CF non è violato quando dei membri della commissione che ha proposto l'accusa e ordinato il rinvio della causa penale davanti al giudice, partecipano in seguito alle deliberazioni del tribunale di appello al quale il giudizio è stato deferito.
BGE 91 I 4 S. 4
1. Gegen die Beschwerdeführer ist vor den Strafbehörden des Kantons Zug ein Strafverfahren anhängig. Die Untersuchung wurde durch Verfügung des Verhörrichteramtes am 15. Dezember 1961 abgeschlossen und die Überweisung an das Strafgericht angeordnet. Die Beschuldigten beschwerten sich dagegen bei der Justizkommission des Kantons Zug. Diese hat die Beschwerde mit Entscheid vom 24. Januar 1962 abgewiesen. Schon vorher hatten die Beschwerdeführer sich wiederholt über die Führung der Strafuntersuchung beschwert, jedoch ohne Erfolg. Bei den
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Entscheiden wirkten u.a. die Mitglieder St. und F. mit. Das Strafgericht Zug verurteilte die Beschwerdeführer am 10. Juli 1964 zu 18 bzw. 10 Monaten Gefängnis. Die Angeschuldigten appellierten an das Obergericht und verlangten den Ausstand der Oberrichter St. und F. als Mitglieder des Obergerichts. Das Obergericht wies die Ablehnungsbegehren mit Beschluss vom 29. Dezember 1964/21. Januar 1965 ab. Die Betroffenen führen staatsrechtliche Beschwerde mit dem Antrag, den Beschluss des Obergerichts aufzuheben. Sie behaupten eine Verletzung von Art. 4
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2. Nach § 80 zug. StPO ist gegen den Überweisungsbeschluss des Verhörrichters die Beschwerde an die Justizkommission zulässig. Es können damit alle formellen und materiellen Einreden erhoben werden (§ 36 Satz 3 StPO). Der Entscheid der Justizkommission ist nicht weiterziehbar. Über Appellationen in Strafsachen hat das Obergericht zu entscheiden, dem auch die drei Mitglieder der Justizkommission als Mitglieder angehören. Die Beschwerdeführer machen geltend, auf die Mitglieder der Justizkommission treffe, falls die Strafsache im Appellationswege an das Obergericht gelangt, § 41 Ziff. 5 GOG zu, d.h. sie hätten den Ausstand zu wahren, da sie bereits als Richter unterer Instanz gehandelt hätten. Die gegenteilige Auffassung des Obergerichts lässt sich jedoch mit sachlichen Gründen rechtfertigen und verstösst deshalb nicht gegen Art. 4
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BGE 91 I 4 S. 6
andere Vorschrift des kantonalen Rechts, das die Mitglieder der Justizkommission verpflichten würde, in den Fällen, in denen diese die Überweisung angeordnet hat, bei der materiellen Beurteilung der Sache den Ausstand zu wahren, wird in der Beschwerde nicht namhaft gemacht und läge nicht vor. Es fehlen Anhaltspunkte für die Annahme, der Gesetzgeber habe die Mitglieder der Justizkommission als unter § 41 Ziff. 5 GOG fallend betrachten wollen oder er sei sonst davon ausgegangen, die Mitglieder der Justizkommission hätten bei der Beurteilung der Strafsache durch das Obergericht den Ausstand zu wahren. Schon im bisherigen kantonalen Recht fehlte eine derartige Vorschrift (§§ 22, 55 und 89 lit. f GOG vom 20. Juli 1905), d.h. weder der Strafgerichtspräsident, der die Überweisung erstinstanzlich vornahm, noch die Rekurskommission des Obergerichtes hatten bei Behandlung der Strafsache in erster und zweiter Instanz den Ausstand zu wahren. Wenn es die Meinung gehabt hätte, dass dieser Rechtszustand geändert werden müsse, wäre das bei der Revision des Gesetzes sicher zum Ausdruck gekommen. Von willkürlicher Anwendung von § 41 Ziff. 5 GOG kann deshalb nicht die Rede sein. Auch aus Art. 4
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BGE 91 I 4 S. 7
Untersuchung oder die Anklageschrift. Art. 4
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Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird abgewiesen.