90 II 467
52. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 2. Oktober 1964 i.S. Huber gegen Huber.
Regeste (de):
- Editionspflicht des in Güterverbindung lebenden Ehemannes bei der güterrechtlichen Auseinandersetzung im Scheidungsprozess:
- a) Er hat kraft Bundesrechtes Auskunft über das von ihm verwaltete eheliche Vermögen zu geben und die gemachten Angaben zu belegen.
- b) Die Auskunftspflicht trifft in casu auch die von ihm beherrschte Aktiengesellschaft.
- c) Werden gegen ihn gerichtete Editionsbegehren der Ehefrau, die formell und inhaltlich dem kantonalen Prozessrecht entsprechen, abgewiesen, so ist Art. 8
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 8 - Wo das Gesetz es nicht anders bestimmt, hat derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet.
Regeste (fr):
- Obligation de produire des pièces incombant au mari qui vit sous le régime de l'union des biens, lorsqu'il s'agit de liquider le régime matrimonial dans un procès en divorce:
- a) En vertu du droit fédéral, le mari doit fournir des renseignements sur les biens matrimoniaux administrés par lui et produire des pièces à l'appui des indications qu'il donne.
- b) En l'espèce, l'obligation de renseigner concerne aussi la société anonyme qu'il domine.
- c) Si les conclusions que la femme a prises contre son mari, aux fins d'obtenir la production de pièces, sont rejetées bien qu'elles répondent aux conditions de forme et de fond posées par la procédure cantonale, l'art. 8 CC est violé.
Regesto (it):
- Obbligo di produrre documenti, incombente al marito sottoposto al regime dell'unione dei beni, all'atto della liquidazione del regime matrimoniale in un processo di divorzio:
- a) in forza del diritto federale, il marito deve dare informazioni sul patrimonio matrimoniale da lui amministrato e documentare le sue indicazioni;
- b) nella fattispecie, l'obbligo di dare informazioni concerne anche la società anonima da lui dominata;
- c) se le domande di edizione di documenti presentate dalla moglie contro il marito sono respinte, benchè conformi alle prescrizioni della procedura cantonale, l'art. 8 CC è violato.
Erwägungen ab Seite 468
BGE 90 II 467 S. 468
Aus den Erwägungen:
3. Bei der güterrechtlichen Auseinandersetzung der unter dem Güterstand der Güterverbindung lebenden Parteien ist die Berechnung des Vorschlages umstritten. Die Beklagte fordert einen die zugesprochenen Fr. 92 367.-- übersteigenden Vorschlagsanteil. Sie beanstandet am Entscheid der Vorinstanz insbesondere, die Aktien der J. Huber u. Cie. AG. und das Rückkaufsrecht daran seien zu tief bewertet und damit bundesrechtliche Beweisvorschriften verletzt worden. a) Das Obergericht hat die Aktien der J. Huber u. Cie. AG. ausgehend von der Verkehrswertschätzung der Steuerverwaltung von Fr. 1700.-- "ex aequo et bono" mit Fr. 2200.-- bewertet. Diese Schätzung ist nach den eigenen Ausführungen der Vorinstanz ohne "wirkliche Abklärung der für die Bewertung massgebenden Grundlagen" erfolgt. Der Verzicht des Gerichtes, die Bewertungsgrundlagen wirklich abzuklären, verstösst gegen Bundesrecht, wenn die Beklagte mit ihren Sachvorbringen nicht zum Beweise zugelassen und der von ihr prozesskonform angebotene, erhebliche Beweise verworfen wurde. (s. BGE 86 II 301 /302, BGE 88 II 190 und dort zitierte Entscheide; BIRCHMEIER, Handbuch zum OG, S. 93; ferner KUMMER, Kommentar, N. 76 zu Art. 8
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 8 - Wo das Gesetz es nicht anders bestimmt, hat derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet. |
BGE 90 II 467 S. 469
Beweismittel, ihre Behauptungen darzutun, den gescheiterten und seiner Natur nach ungeeigneten Zeugenbeweis ausgenommen. Sie beruft sich aber auf die in Händen des Klägers oder der ihm nahestehenden Aktiengesellschaft befindlichen Bücher und Belege und macht geltend, deren Edition ermögliche eine genaue Bewertung der Aktien durch das Gericht oder einen Sachverständigen. b) Die von der Beklagten beantragte Edition von Urkunden betrifft das Beweisverfahren. Dieses wird auch in Ehesachen grundsätzlich vom kantonalen Prozessrecht bestimmt. Vorbehalten bleiben aber neben ausdrücklichen Vorschriften des ZGB über das Verfahren vor kantonalen Gerichten (wie Art. 158
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 8 - Wo das Gesetz es nicht anders bestimmt, hat derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet. |
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 205 - 1 Jeder Ehegatte nimmt seine Vermögenswerte zurück, die sich im Besitz des andern Ehegatten befinden. |
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1 | Jeder Ehegatte nimmt seine Vermögenswerte zurück, die sich im Besitz des andern Ehegatten befinden. |
2 | Steht ein Vermögenswert im Miteigentum und weist ein Ehegatte ein überwiegendes Interesse nach, so kann er neben den übrigen gesetzlichen Massnahmen verlangen, dass ihm dieser Vermögenswert gegen Entschädigung des andern Ehegatten ungeteilt zugewiesen wird. |
3 | Die Ehegatten regeln ihre gegenseitigen Schulden. |
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 205 - 1 Jeder Ehegatte nimmt seine Vermögenswerte zurück, die sich im Besitz des andern Ehegatten befinden. |
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1 | Jeder Ehegatte nimmt seine Vermögenswerte zurück, die sich im Besitz des andern Ehegatten befinden. |
2 | Steht ein Vermögenswert im Miteigentum und weist ein Ehegatte ein überwiegendes Interesse nach, so kann er neben den übrigen gesetzlichen Massnahmen verlangen, dass ihm dieser Vermögenswert gegen Entschädigung des andern Ehegatten ungeteilt zugewiesen wird. |
3 | Die Ehegatten regeln ihre gegenseitigen Schulden. |
BGE 90 II 467 S. 470
Prozessrechtes - im Scheidungsprozess Auskunft über das von ihm verwaltete eheliche Vermögen zu geben und die gemachten Angaben zu belegen (Bundesgerichtsentscheide vom 11. April 1957 i.S. Fonio c. Kellenberger S. 11 und vom 15. März 1962 i.S. L. c. V. betreffend Vorschlagsberechnung, S. 27; vgl. ferner ZR 1942 No. 87). Im vorliegenden Fall hat der Kläger dementsprechend alle Urkunden, die sich in seiner tatsächlichen Gewalt befinden, dem Gerichte einzureichen, soweit deren Vorlage von der Beklagten in den Formen des aargauischen Prozessrechtes begehrt worden ist. c) Die den Kläger treffende Auskunftspflicht erstreckt sich auch auf die J. Huber u. Cie. AG., die von ihm, nach der verbindlichen Feststellung der Vorinstanz, "rechtlich und faktisch weitgehend beherrscht wird". Nichts Gegenteiliges ergibt sich daraus, dass das Obergericht in dieser Frage einen Prozessentscheid gefällt und erklärt hat, die Beklagte habe es unterlassen, zu ihren Editionsbegehren vom 29. Oktober 1959 gegen die J. Huber u. Cie. AG. einen Zwischenentscheid des erstinstanzlichen Gerichtes zu erwirken und diesen allenfalls mit selbständiger Beschwerde weiterzuziehen. Nachdem die Beklagte ihre Editionsbegehren formell und inhaltlich dem kantonalen Prozessrecht entsprechend eingereicht hat, muss sie zum Beweis zugelassen werden. Das Vorgehen des Obergerichtes, von der Beklagten zu verlangen, sie hätte die säumige erste Instanz zu einem Zwischenentscheid noch besonders auffordern müssen, nachdem sie die Editionsbegehren ordnungsgemäss eingereicht hatte, läuft daraus hinaus, der Beklagten den ihr obliegenden Beweis abzuschneiden. d) Das Obergericht, das die Editionsbegehren der Beklagten gegen den Kläger und die J. Huber u. Cie. AG. abwies, hat Art. 8
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 8 - Wo das Gesetz es nicht anders bestimmt, hat derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet. |
BGE 90 II 467 S. 471
Das obergerichtliche Urteil enthält keine Feststellungen, wonach Geschäftsgeheimnisse vorliegen würden, die dazu führen müssten, die Auskunftspflicht einzuengen. Es ist auch nicht ersichtlich, welche legitimen Gründe den Kläger oder die J. Huber u. Cie. AG. davon abhalten könnten, der Beklagten die verlangte Auskunft zu erteilen. Sollte sich der Kläger berechtigterweise auf bestimmte Geheimnisse berufen, so hätte er gleichzeitig anzugeben, auf welchem Wege die erforderliche Auskunft unter Wahrung der Geheimsphäre zu erstatten ist (Bundesgerichtsentscheid vom 15. März 1962 i.S. L. c. V. betr. Art. 4
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SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |