90 I 128
20. Auszug aus dem Urteil vom 19. Juni 1964 i.S. Dezuari gegen Regierungsrat des Kantons Bern.
Regeste (de):
- Schwcizerbürgerrecht: Status des ausserehelichen Kindes eincr schweizerischen Mutter, das vom Vater, einem tunesischen Staatsangehörigen, anerkannt und dann durch die Eheschliessung des Vaters mit der Mutter legitimiert worden ist.
Regeste (fr):
- Nationalité suisse: Statut de l'enfant illégitime né d'une mère suisse, reconnu par son père, ressortissant tunisien, puis légitimé par le mariage de sa mère avec son père.
Regesto (it):
- Cittadinanza svizzera: Statuto del figlio naturale nato da madre svizzera, riconosciuto dal padre, cittadino tunisino, indi legittimato mediante matrimonio fra i genitori.
BGE 90 I 128 S. 128
Aus dem Tatbestand:
A.- Der Beschwerdeführer Ernest Mosché Dezuari wurde am 25. November 1932 in Tunis als aussereheliches Kind der Marie Egger von Aarwangen geboren. Er wurde
BGE 90 I 128 S. 129
in Tunis am 5. Dezember 1932 von seinem dort geborenen natürlichen Vater Léon Dezuari anerkannt. Am 18. Dezember 1934 schlossen seine Eltern in Aarwangen die Ehe und wurde er legitimiert. Am 30. Juli 1945 wurde die Ehe Dezuari in Tunis geschieden; die Kinder wurden der Mutter zugesprochen. Im Sommer 1946 kehrte die Mutter mit den Kindern in die Schweiz zurück. Sie wollte die Kinder hier einbürgern lassen; doch kam das Verfahren nicht in Gang, weil die Kinder keine rechtsgültigen Schriften besassen. Der Beschwerdeführer besuchte die Sekundarschule in Wynau, erlernte in Roggwil den Beruf eines Bauzeichners und erwarb am Technikum Burgdorf das Diplom für Hochbau. Seit 1958 ist er in Tunis als Architekt tätig. Er hat dort neue Schriften als tunesischer Bürger erhalten. Nachdem er am 21. Oktober 1958 ein Gesuch um Erteilung des Schweizerbürgerrechtes an den Gemeinderat Wynau gerichtet hatte, ersuchte er am 18. August 1962 den bernischen Regierungsrat um die Feststellung, dass er das durch die Geburt erworbene Bürgerrecht von Aarwangen - und damit das Bürgerrecht des Kantons Bern und das Schweizerbürgerrecht - noch besitze. Mit Entscheid vom 6. März 1964 hat der Regierungsrat das Gesuch abgewiesen und festgestellt, dass der Beschwerdeführer das Schweizerbürgerrecht nicht besitze. Er führt aus, der Beschwerdeführer habe zwar als ausserehelicher Sohn der Marie Egger gemäss Art. 324
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 324 - 1 Ist die sorgfältige Verwaltung nicht hinreichend gewährleistet, so trifft die Kindesschutzbehörde die geeigneten Massnahmen zum Schutz des Kindesvermögens. |
|
1 | Ist die sorgfältige Verwaltung nicht hinreichend gewährleistet, so trifft die Kindesschutzbehörde die geeigneten Massnahmen zum Schutz des Kindesvermögens. |
2 | Sie kann namentlich Weisungen für die Verwaltung erteilen und, wenn die periodische Rechnungsstellung und Berichterstattung nicht ausreichen, die Hinterlegung oder Sicherheitsleistung anordnen. |
3 | Auf das Verfahren und die Zuständigkeit finden die Bestimmungen über den Kindesschutz entsprechende Anwendung. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 270 - 1 Sind die Eltern miteinander verheiratet und tragen sie verschiedene Namen, so erhält das Kind denjenigen ihrer Ledignamen, den sie bei der Eheschliessung zum Namen ihrer gemeinsamen Kinder bestimmt haben. |
|
1 | Sind die Eltern miteinander verheiratet und tragen sie verschiedene Namen, so erhält das Kind denjenigen ihrer Ledignamen, den sie bei der Eheschliessung zum Namen ihrer gemeinsamen Kinder bestimmt haben. |
2 | Die Eltern können innerhalb eines Jahres seit der Geburt des ersten Kindes gemeinsam verlangen, dass das Kind den Ledignamen des andern Elternteils trägt. |
3 | Tragen die Eltern einen gemeinsamen Familiennamen, so erhält das Kind diesen Namen. |
B.- Gegen diesen Entscheid erhebt Dezuari Verwaltungsgerichtsbeschwerde, mit der er das gegenüber dem Regierungsrat gestellte Begehren erneuert. Er macht geltend, er habe das Schweizerbürgerrecht, das er durch die Geburt erworben habe, nicht verloren, auch wenn er infolge der Heirat der Eltern "protégé français, tunisien" geworden sei.
BGE 90 I 128 S. 130
C.- Der Regierungsrat des Kantons Bern und das eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement beantragen Abweisung der Beschwerde. Das Bundesgericht folgt diesem Antrag.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
1. Der Beschwerdeführer hat das ursprünglich bei der Gemeinde Wynau gestellte Gesuch um Einbürgerung fallen lassen und im Verfahren nach Art. 49 des Bundesgesetzes über Erwerb und Verlust des Schweizerbürgerrechts vom 29. September 1952 die Feststellung verlangt, dass er das Schweizerbürgerrecht besitze. Der in diesem Verfahren vom Regierungsrat des Kantons Bern getroffene Entscheid unterliegt gemäss Art. 50 Abs. 1 Ziff. 2 lit. c des genannten Gesetzes der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
2. Art. 57 Abs. 2 desselben Gesetzes bestimmt, dass Erwerb und Verlust des Schweizerbürgerrechts von Gesetzes wegen sich nach dem bei Eintritt des massgebenden Tatbestandes geltenden Recht richten. Da es hier um die Wirkungen der am 25. November 1932 erfolgten ausserehelichen Geburt des Beschwerdeführers, seiner am 5. Dezember 1932 ausgesprochenen Anerkennung durch den Vater und seiner Legitimation durch die am 18. Dezember 1934 geschlossene Ehe seiner Eltern geht, sind die damals gültigen Regeln anwendbar, also - neben den in erster Linie für die internen schweizerischen Verhältnisse aufgestellten Vorschriften des ZGB - die durch die Rechtsprechung des Bundesgerichts herausgearbeiteten Grundsätze für das internationale Verhältnis, die im wesentlichen auf der entsprechenden Anwendung des ZGB und auf den Prinzipien der Einheit der Familie und der Vermeidung von Heimatlosigkeit beruhen. Danach erwarben die ausserehelichen Kinder - entsprechend der internen Regelung der Art. 324
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 324 - 1 Ist die sorgfältige Verwaltung nicht hinreichend gewährleistet, so trifft die Kindesschutzbehörde die geeigneten Massnahmen zum Schutz des Kindesvermögens. |
|
1 | Ist die sorgfältige Verwaltung nicht hinreichend gewährleistet, so trifft die Kindesschutzbehörde die geeigneten Massnahmen zum Schutz des Kindesvermögens. |
2 | Sie kann namentlich Weisungen für die Verwaltung erteilen und, wenn die periodische Rechnungsstellung und Berichterstattung nicht ausreichen, die Hinterlegung oder Sicherheitsleistung anordnen. |
3 | Auf das Verfahren und die Zuständigkeit finden die Bestimmungen über den Kindesschutz entsprechende Anwendung. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 325 - 1 Kann der Gefährdung des Kindesvermögens auf andere Weise nicht begegnet werden, so überträgt die Kindesschutzbehörde die Verwaltung einem Beistand. |
|
1 | Kann der Gefährdung des Kindesvermögens auf andere Weise nicht begegnet werden, so überträgt die Kindesschutzbehörde die Verwaltung einem Beistand. |
2 | Die Kindesschutzbehörde trifft die gleiche Anordnung, wenn Kindesvermögen, das nicht von den Eltern verwaltet wird, gefährdet ist. |
3 | Ist zu befürchten, dass die Erträge oder die für den Verbrauch bestimmten oder freigegebenen Beträge des Kindesvermögens nicht bestimmungsgemäss verwendet werden, so kann die Kindesschutzbehörde auch deren Verwaltung einem Beistand übertragen. |
BGE 90 I 128 S. 131
droit suisse, S. 7). Heiraten die Eltern eines ausserehelichen Kindes einander, so wird dieses gemäss Art. 258 und 270 ZBG von Gesetzes wegen ehelich und erhält das Bürgerrecht des Vaters; damit verliert es das bisherige Bürgerrecht der Mutter (die ja selbst ebenfalls ihre Heimatangehörigkeit wechselt) (SAUSER-HALL, a.a.O., S. 6). Im internationalen Verhältnis galt schon in der hier in Frage stehenden Zeit die gleiche Regel mit der Einschränkung, dass der Verlust des Schweizerbürgerrechts für Mutter und Kind nur eintrat, wenn diese dadurch nicht heimatlos wurden, d.h. wenn sie die Staatsangehörigkeit des Ehemannes bzw. Vaters erwarben oder erwerben konnten (BGE 83 I 59; dieser Entscheid wurde in Anwendung des Art. 5 des BRB vom 11. November 1941 über Änderung der Vorschriften über Erwerb und Verlust des Schweizerbürgerrechts gefällt, stellt aber ausdrücklich fest, dass damit nur die schon vorher gültige Ordnung sanktioniert wurde).
3. Es steht fest, dass der Beschwerdeführer am 25. November 1932 von der Schweizerbürgerin Marie Egger ausserehelich geboren wurde und in diesem Zeitpunkt weder von seinem Vater anerkannt noch diesem mit Standesfolge zugesprochen war. Er erwarb deshalb - was unbestritten ist - mit der Geburt des Schweizerbürgerrecht. Es steht jedoch ebenfalls fest, dass er schon zehn Tage später von seinem Vater anerkannt wurde. Dass er durch diese Anerkennung nicht nur den Familiennamen, sondern auch die Staatsangehörigkeit des Vaters erhielt, ergibt sich aus dem Décret Beylical vom 8. November 1921 (wird näher ausgeführt). Mit dem Erwerb der tunesischen Staatsangehörigkeit infolge der Anerkennung durch den Vater verlor der Beschwerdeführer automatisch das bis dahin besessene Schweizerbürgerrecht, das er ja nur erhalten hatte, weil er sonst heimatlos geworden wäre. Art. 5 Abs. 4 des BRB vom 11. November 1941 schrieb den Verlust des Schweizerbürgerrechts ausdrücklich vor für das eheliche Kind einer Schweizerin, welches dasselbe aus dem gleichen Grunde
BGE 90 I 128 S. 132
mit der Geburt erhalten hatte - und zwar nicht nur für den Fall des Erwerbs der Staatsangehörigkeit des Vaters, sondern sogar irgend einer ausländischen Staatsangehörigkeit; auch damit bestätigte die Bestimmung lediglich die schon vorher gültige Ordnung, mindestens soweit es sich um die Staatsangehörigkeit des Vaters handelte. Das Gleiche muss auch gelten für den Fall der Anerkennung eines ausserehelichen Kindes, wodurch dieses die Staatsangehörigkeit des Vaters erwarb. Haben doch auch im innerschweizerischen Verhältnis die Anerkennung und die Zusprechung mit Standesfolge diese Wirkung. Zwar sagt Art. 325 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 325 - 1 Kann der Gefährdung des Kindesvermögens auf andere Weise nicht begegnet werden, so überträgt die Kindesschutzbehörde die Verwaltung einem Beistand. |
|
1 | Kann der Gefährdung des Kindesvermögens auf andere Weise nicht begegnet werden, so überträgt die Kindesschutzbehörde die Verwaltung einem Beistand. |
2 | Die Kindesschutzbehörde trifft die gleiche Anordnung, wenn Kindesvermögen, das nicht von den Eltern verwaltet wird, gefährdet ist. |
3 | Ist zu befürchten, dass die Erträge oder die für den Verbrauch bestimmten oder freigegebenen Beträge des Kindesvermögens nicht bestimmungsgemäss verwendet werden, so kann die Kindesschutzbehörde auch deren Verwaltung einem Beistand übertragen. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 325 - 1 Kann der Gefährdung des Kindesvermögens auf andere Weise nicht begegnet werden, so überträgt die Kindesschutzbehörde die Verwaltung einem Beistand. |
|
1 | Kann der Gefährdung des Kindesvermögens auf andere Weise nicht begegnet werden, so überträgt die Kindesschutzbehörde die Verwaltung einem Beistand. |
2 | Die Kindesschutzbehörde trifft die gleiche Anordnung, wenn Kindesvermögen, das nicht von den Eltern verwaltet wird, gefährdet ist. |
3 | Ist zu befürchten, dass die Erträge oder die für den Verbrauch bestimmten oder freigegebenen Beträge des Kindesvermögens nicht bestimmungsgemäss verwendet werden, so kann die Kindesschutzbehörde auch deren Verwaltung einem Beistand übertragen. |
BGE 90 I 128 S. 133
wenn sie das nach dessen ausländischem Heimatrecht nicht können und deshalb sonst heimatlos würden, erwerben bzw. behalten sie das Schweizerbürgerrecht der Mutter.