Urteilskopf

89 III 43

10. Entscheid vom 29. Juni 1963 i.S. Tutzer.

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Regeste (fr):

Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 43

BGE 89 III 43 S. 43

A.- Fräulein Gachnang besass für eine Darlehensforderung von Fr. 10'000.-- gegen Tutzer einen auf dessen Liegenschaft lastenden, ihm selbst gehörenden Inhaberschuldbrief von Fr. 10'000.-- im 3. Range zu Faustpfand. In der von ihr angehobenen Betreibung auf Verwertung des Faustpfandes ersteigerte sie den Schuldbrief am 25. Oktober 1961 zum Preise von Fr. 1400.--, wovon Fr. 1209.90 als Nettoerlös auf ihre Darlehensforderung entfielen, die sich in der folgenden Zeit durch Abzahlungen bis zum 4. Dezember 1962 auf Fr. 7002.40 verringerte.

B.- Das Pfandgrundstück gelangte seinerseits in einer von anderer Seite angehobenen Betreibung am 8. Dezember
BGE 89 III 43 S. 44

1962 zur Versteigerung. Auch hier erhielt Fräulein Gachnang den Zuschlag, und zwar zum Höchstangebot von Fr. 51'000.-- . Auf ihren Schuldbrief im 3. Range, dessen Betrag in der Zwischenzeit auf Fr. 8000.-- herabgesetzt worden war, entfiel nach Abzug der vorgehenden Pfandforderungen ein Betrag von Fr. 7839.30, wovon Fr. 488.-- auf die Zinsen und Fr. 7351.30 auf das Schuldbriefkapital verlegt wurden. Für den Ausfall von Fr. 648.70 stellte das Betreibungsamt ihr am 28. Februar 1963 einen Pfandausfallschein aus.
C.- Gestützt hierauf verlangte sie binnen Monatsfrist "Fortsetzung der Betreibung". Das Betreibungsamt entsprach diesem Begehren durch Zustellung einer Konkursandrohung.
D.- Hierüber beschwerte sich der Schuldner in den kantonalen Instanzen ohne Erfolg. Den Entscheid der obern kantonalen Aufsichtsbehörde vom 20. Mai 1963 zieht er an das Bundesgericht weiter mit dem erneuten Antrag, die Konkursandrohung sei aufzuheben.
Erwägungen

Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:

1. Nach Art. 158 Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 158 - 1 Konnte das Pfand wegen ungenügenden Angeboten (Art. 126 und 127) nicht verwertet werden oder deckt der Erlös die Forderung nicht, so stellt das Betreibungsamt dem betreibenden Pfandgläubiger einen Pfandausfallschein aus.317
1    Konnte das Pfand wegen ungenügenden Angeboten (Art. 126 und 127) nicht verwertet werden oder deckt der Erlös die Forderung nicht, so stellt das Betreibungsamt dem betreibenden Pfandgläubiger einen Pfandausfallschein aus.317
2    Nach Zustellung dieser Urkunde kann der Gläubiger die Betreibung, je nach der Person des Schuldners, auf dem Wege der Pfändung oder des Konkurses führen, sofern es sich nicht um eine Gült (Art. 33a SchlT ZGB318) oder andere Grundlast handelt. Betreibt er binnen Monatsfrist, so ist ein neuer Zahlungsbefehl nicht erforderlich.319
3    Der Pfandausfallschein gilt als Schuldanerkennung im Sinne von Artikel 82.320
SchKG gibt der Pfandausfallschein dem Gläubiger das Recht, binnen Monatsfrist die Betreibung je nach der Person des Schuldners auf Pfändung oder Konkurs zu führen. Der vorliegende Pfandausfallschein beruht auf dem Ergebnis einer Grundstücksverwertung, die nicht auf Begehren der Rekursgegnerin durchgeführt wurde. Gleichwohl war ihr nach Art. 120
SR 281.42 Verordnung des Bundesgerichts vom 23. April 1920 über die Zwangsverwertung von Grundstücken (VZG)
VZG Art. 120 - Konnte das Pfand wegen ungenügenden Angebotes nicht verwertet werden, oder deckt der Erlös die Forderung des betreibenden Pfandgläubigers nicht, so ist diesem ein Pfandausfallschein gemäss Artikel 158 SchKG auszustellen. Den übrigen Pfandgläubigern wird lediglich eine Bescheinigung des Inhaltes ausgestellt, dass ihre Forderungen ungedeckt geblieben sind.
VZG für den ungedeckt gebliebenen Betrag ihrer Schuldbriefforderung ein Pfandausfallschein mit voller gesetzlicher Wirkung auszustellen, da diese Forderung im rechtskräftigen Lastenverzeichnis anerkannt worden war, und zwar als fällig infolge einer auf den 31 . Mai 1962 erfolgten Kündigung (vgl. BGE 85 III 141 Erw. 2).
2. Der Schuldner hat den Pfandausfallschein als solchen nicht angefochten. Er will aber die Rechtswirkungen
BGE 89 III 43 S. 45

des Art. 158 Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 158 - 1 Konnte das Pfand wegen ungenügenden Angeboten (Art. 126 und 127) nicht verwertet werden oder deckt der Erlös die Forderung nicht, so stellt das Betreibungsamt dem betreibenden Pfandgläubiger einen Pfandausfallschein aus.317
1    Konnte das Pfand wegen ungenügenden Angeboten (Art. 126 und 127) nicht verwertet werden oder deckt der Erlös die Forderung nicht, so stellt das Betreibungsamt dem betreibenden Pfandgläubiger einen Pfandausfallschein aus.317
2    Nach Zustellung dieser Urkunde kann der Gläubiger die Betreibung, je nach der Person des Schuldners, auf dem Wege der Pfändung oder des Konkurses führen, sofern es sich nicht um eine Gült (Art. 33a SchlT ZGB318) oder andere Grundlast handelt. Betreibt er binnen Monatsfrist, so ist ein neuer Zahlungsbefehl nicht erforderlich.319
3    Der Pfandausfallschein gilt als Schuldanerkennung im Sinne von Artikel 82.320
SchKG deshalb nicht gelten lassen, weil unter den vorliegenden Umständen eine persönliche Schuldpflicht für den Ausfall nicht bestehe oder wenigstens ernsthafte Einwendungen gegen die Annahme einer solchen Schuldpflicht gegeben seien. Die Gläubigerin habe sich nämlich für ihr Darlehen volle Deckung verschafft, indem sie mittels des ersteigerten Schuldbriefes dann bei der Grundstücksverwertung einen die restliche Darlehensforderung übersteigenden Betrag erzielt habe. Dieser Betrachtungsweise ist nicht beizustimmen. Wie die Vorinstanz in richtiger Weise ausführt, bestand die von der Darlehensgläubigerin ersteigerte Schuldbriefforderung selbständig neben dem restlichen Darlehensbetrag, so dass nun auch der auf diesem Schuldbrief bei der Grundstücksverwertung entstandene Ausfall geltend gemacht werden kann, gleichgültig auf wieviel sich die restliche Darlehensschuld noch beläuft. Die Rekursgegnerin hatte den Schuldbrief zunächst bloss als Faustpfand erhalten; Eigentümer des Schuldbriefes war der Rekurrent geblieben. Eine Betreibung auf Grundpfandverwertung stand daher der Rekursgegnerin nicht zu; sie war darauf angewiesen, den Schuldbrief als Faustpfand verwerten zu lassen (BGE 52 III 158). Ebenso wie ein Dritter konnte hiebei sie selbst den Schuldbrief ersteigern, mit der Folge, dass der Zuschlagspreis in seinem Reinbetrag als Erlös für die Darlehensforderung zu verwenden war. Durch diese Verwertung war anderseits das Faustpfandrecht abgelöst, so dass der Ersteigerer den Schuldbrief als nicht mehr verpfändeten Grundpfandtitel erwarb. Infolgedessen stand der Rekursgegnerin neben der restlichen Darlehensforderung die damit in keiner Weise mehr zusammenhängende Schuldbriefforderung zu, die, als es zur Grundstücksverwertung kam, im Lastenverzeichnis als fällige Forderung mit Grundpfandrecht im 3. Rang anerkannt wurde. Gegen die Geltendmachung des durch den Pfandausfallschein ausgewiesenen Grundpfandausfalles gemäss Art. 158 Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 158 - 1 Konnte das Pfand wegen ungenügenden Angeboten (Art. 126 und 127) nicht verwertet werden oder deckt der Erlös die Forderung nicht, so stellt das Betreibungsamt dem betreibenden Pfandgläubiger einen Pfandausfallschein aus.317
1    Konnte das Pfand wegen ungenügenden Angeboten (Art. 126 und 127) nicht verwertet werden oder deckt der Erlös die Forderung nicht, so stellt das Betreibungsamt dem betreibenden Pfandgläubiger einen Pfandausfallschein aus.317
2    Nach Zustellung dieser Urkunde kann der Gläubiger die Betreibung, je nach der Person des Schuldners, auf dem Wege der Pfändung oder des Konkurses führen, sofern es sich nicht um eine Gült (Art. 33a SchlT ZGB318) oder andere Grundlast handelt. Betreibt er binnen Monatsfrist, so ist ein neuer Zahlungsbefehl nicht erforderlich.319
3    Der Pfandausfallschein gilt als Schuldanerkennung im Sinne von Artikel 82.320
SchKG lässt sich somit nichts
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daraus herleiten, dass der auf diesen Schuldbrief entfallene Grundstückserlös die noch ausstehende Darlehensforderung übersteige. Es ist nicht ersichtlich, weshalb die dem Schuldbrief eigene persönliche Schuldpflicht (Art. 842
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 842 - 1 Durch den Schuldbrief wird eine persönliche Forderung begründet, die grundpfändlich sichergestellt ist.
1    Durch den Schuldbrief wird eine persönliche Forderung begründet, die grundpfändlich sichergestellt ist.
2    Die Schuldbriefforderung tritt neben die zu sichernde Forderung, die dem Gläubiger gegenüber dem Schuldner aus dem Grundverhältnis gegebenenfalls zusteht, wenn nichts anderes vereinbart ist.
3    Der Schuldner kann sich bezüglich der Schuldbriefforderung gegenüber dem Gläubiger sowie gegenüber Rechtsnachfolgern, die sich nicht in gutem Glauben befinden, auf die sich aus dem Grundverhältnis ergebenden persönlichen Einreden berufen.
ZGB) im vorliegenden Fall untergegangen sein sollte. Insbesondere ist nicht die Rede von der Einleitung eines Nachlassverfahrens, das zur Abfindung der Rekursgegnerin mit einer Nachlassdividende geführt hätte. AusBGE 64 III 172ff. kann der Rekurrent unter diesen Umständen nichts gegen die Konkursandrohung herleiten. Dem Rekurrenten ist freilich zuzugeben, dass die Verwertung eines Eigentümerpfandtitels als Faustpfand oder auch infolge Pfändung mitunter zu einem unbefriedigenden Ergebnis führt, sei es, dass bei der gesonderten Verwertung des Pfandtitels und dann nochmals bei einer spätern Grundstücksverwertung Ausfälle entstehen, sei es, dass der Ersteigerer des Pfandtitels dann bei der Grundstücksverwertung einen unangemessenen Gewinn erzielt (was namentlich dann, wenn der Pfandtitel ins Eigentum des Gläubigers, der ihn als Faustpfand besass, gelangt ist, als stossend erscheinen kann; vgl. OFTINGER, N. 141 und 141 a zu Art. 901
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 901 - 1 Bei Inhaberpapieren genügt zur Verpfändung die Übertragung der Urkunde an den Pfandgläubiger.
1    Bei Inhaberpapieren genügt zur Verpfändung die Übertragung der Urkunde an den Pfandgläubiger.
2    Bei andern Wertpapieren bedarf es der Übergabe der Urkunde in Verbindung mit einem Indossament oder mit einer Abtretungserklärung.
ZGB mit Hinweisen). Allein dies ist (was auch der soeben angeführte Autor anerkennt) eine unvermeidliche Folge der gesonderten Verwertung von Eigentümerpfandtiteln, die zu vollem Eigentums- und Gläubigerrecht auf den Ersteigerer, und sei es auch der betreibende Faustpfandgläubiger, übergehen. Eine solche gesonderte Verwertung ist grundsätzlich zulässig; insbesondere entspricht sie den mit dem Faustpfandrecht an Wertpapieren verbundenen Verwertungsbefugnissen, und im übrigen lässt sich in manchen Fällen eine nachfolgende Grundstückverwertung vermeiden, was namentlich im Interesse des Schuldners liegen kann (vgl.BGE 65 III 33ff.). Immerhin tragen verschiedene Vorschriften des Betreibungs- und Konkursrechts Sorge dafür, dass Eigentümerpfandtitel nicht gesondert verwertet werden, wenn
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es ohnehin zur Verwertung des Grundstücks kommen muss (vgl. Art. 76 KV, Art. 35
SR 281.42 Verordnung des Bundesgerichts vom 23. April 1920 über die Zwangsverwertung von Grundstücken (VZG)
VZG Art. 35 - 1 Leere Pfandstellen sind bei der Aufstellung des Lastenverzeichnisses nicht zu berücksichtigen, desgleichen im Besitze des Schuldners befindliche Eigentümerpfandtitel, die nicht gepfändet aber nach Artikel 13 hiervor in Verwahrung genommen worden sind (Art. 815 ZGB62 und Art. 68 Abs. 1 Bst.a hiernach).
1    Leere Pfandstellen sind bei der Aufstellung des Lastenverzeichnisses nicht zu berücksichtigen, desgleichen im Besitze des Schuldners befindliche Eigentümerpfandtitel, die nicht gepfändet aber nach Artikel 13 hiervor in Verwahrung genommen worden sind (Art. 815 ZGB62 und Art. 68 Abs. 1 Bst.a hiernach).
2    Sind die Eigentümerpfandtitel verpfändet oder gepfändet, so dürfen sie, wenn das Grundstück selbst gepfändet ist und infolgedessen zur Verwertung gelangt, nicht gesondert versteigert werden, sondern es ist der Betrag, auf den der Pfandtitel lautet, oder sofern der Betrag, für den er verpfändet oder gepfändet ist, kleiner ist, dieser Betrag nach dem Range des Titels in das Lastenverzeichnis aufzunehmen.
und 126
SR 281.42 Verordnung des Bundesgerichts vom 23. April 1920 über die Zwangsverwertung von Grundstücken (VZG)
VZG Art. 126 - 1 Forderungen, für welche Eigentümerpfandtitel als Faustpfänder haften, sind als faustpfandgesichert zu kollozieren, während die verpfändeten Pfandtitel mit dem Betrag der zugelassenen Faustpfandforderung unter die grundpfandgesicherten Forderungen aufzunehmen sind, unter Verweisung auf die Faustpfandkollokation.
1    Forderungen, für welche Eigentümerpfandtitel als Faustpfänder haften, sind als faustpfandgesichert zu kollozieren, während die verpfändeten Pfandtitel mit dem Betrag der zugelassenen Faustpfandforderung unter die grundpfandgesicherten Forderungen aufzunehmen sind, unter Verweisung auf die Faustpfandkollokation.
2    Ist eine faustpfandgesicherte Forderung kleiner als der verpfändete Grundpfandtitel, so ist der Mehrbetrag nicht als Grundpfand zu kollozieren.
VZG). Eine solche Sachlage war aber nicht gegeben, als der hier in Frage stehende Schuldbrief als Faustpfand verwertet wurde, wie denn auch der Steigerungserwerb der Rekursgegnerin unangefochten blieb.
Dispositiv

Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:
Der Rekurs wird abgewiesen.
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 89 III 43
Date : 29. Juni 1963
Published : 31. Dezember 1964
Source : Bundesgericht
Status : 89 III 43
Subject area : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Subject : Pfandausfallschein (Art. 158 Abs. 2 SchKG): Wem ist ein solcher auszustellen nach Verwertung eines Grundstücks? Art. 120


Legislation register
SchKG: 158
VZG: 35  120  126
ZGB: 842  901
BGE-register
52-III-158 • 85-III-137 • 89-III-43
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