89 III 1
1. Entscheid vom 7. Januar 1963 i.S. Fouché.
Regeste (de):
- Schweizerisches Spezialdomizil (Wahldomizil) eines im Auslande wohnenden Schuldners (Art. 50 Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 50 - 1 Im Auslande wohnende Schuldner, welche in der Schweiz eine Geschäftsniederlassung besitzen, können für die auf Rechnung der letztern eingegangenen Verbindlichkeiten am Sitze derselben betrieben werden.
1 Im Auslande wohnende Schuldner, welche in der Schweiz eine Geschäftsniederlassung besitzen, können für die auf Rechnung der letztern eingegangenen Verbindlichkeiten am Sitze derselben betrieben werden. 2 Im Auslande wohnende Schuldner, welche in der Schweiz zur Erfüllung einer Verbindlichkeit ein Spezialdomizil gewählt haben, können für diese Verbindlichkeit am Orte desselben betrieben werden. - Ein solches für Massnahmen des Gläubigers geltendes Domizil fällt nicht notwendigerweise mit dem Orte zusammen, wo der Schuldner die Verbindlichkeit zu erfüllen hat.
- Ob ein Wahldomizil oder bloss eine Zustelladresse gemeint sei, ist Frage der Auslegung.
Regeste (fr):
- Election de domicile en Suisse par un débiteur domicilié à l'étranger (art. 50 al. 2 LP).
- Valable pour les mesures requises par le créancier, le domicile élu ne comcide pas nécessairement avec le lieu où le débiteur doit exécuter l'obligation.
- C'est par la voie de l'interprétation qu'il faut décider si le débiteur entendait élire domicile ou seulement choisir une adresse de notification.
Regesto (it):
- Elezione di un domicilio speciale in Svizzera da parte di un debitore domiciliato all'estero (art. 50 cpv. 2 LEF).
- Un siffatto domicilio, valido per le misure chieste dal creditore, non coincide necessariamente con il luogo ove il debitore deve eseguire l'obbligazione.
- La questione di sapere se il debitore abbia inteso eleggere un domicilio o solo stabilire un recapito, è una questione d'interpretazione.
Sachverhalt ab Seite 1
BGE 89 III 1 S. 1
A.- Laut einer in Genf und Bern unterzeichneten Vereinbarung vom 16. April 1959, überschrieben "Avenant
BGE 89 III 1 S. 2
au contrat du 19 mai 1958", zwischen dem in Paris wohnhaften Gläubiger R.-P. Fouché und dem gleichfalls im Auslande wohnenden Schuldner J. Ashkenasy anerkannte dieser eine Schuld von 194'580 Schweizerfranken. Als Sicherheit dafür verpfändete er ein bei Fürspecher P. von Teufenstein in Bern verwahrtes Aktienzertifikat. Am Kopf der Vereinbarung ist dem Namen des Gläubigers beigefügt: "élisant domicile aux fins des présentes en l'Etude de MMes Turrettini & L'Huillier, ... à Genève", und dem Namen des Schuldners:
"élisant domicile aux fins des présentes en l'Etude de Me Peter von Teufenstein, ... à Berne". Der Vereinbarung ist ferner zu entnehmen:
Art. 8. "Tout paiement du débiteur sera effectué à l'Etude de MMes Turrettini & L'Huillier ou chez MM. Pictet & Cie s'il intervient en vertu de la cession de créances prévue à l'article 5 b." Art. 10.
"Aux fins d'exécution des présentes le créancier fait élection de domicile en l'Etude de MMes Turrettini & L'Huillier et le débiteur en l'Etude de Me Peter von Teufenstein, à laquellc pourra valablement être notifiée toute réclamation, mise en demeure, fixation de délai, ou tout acte judiciaire ou de poursuite en recouvrement de la créance."
B.- Die in Bern angehobene Betreibung auf Verwertung des Faustpfandes führte zur Ausstellung eines Pfandausfallscheins. Hierauf verlangte der Gläubiger beim nämlichen Betreibungsamte die Fortsetzung der Betreibung auf Pfändung oder Konkurs, gemäss Art. 158 Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 158 - 1 Konnte das Pfand wegen ungenügenden Angeboten (Art. 126 und 127) nicht verwertet werden oder deckt der Erlös die Forderung nicht, so stellt das Betreibungsamt dem betreibenden Pfandgläubiger einen Pfandausfallschein aus.317 |
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1 | Konnte das Pfand wegen ungenügenden Angeboten (Art. 126 und 127) nicht verwertet werden oder deckt der Erlös die Forderung nicht, so stellt das Betreibungsamt dem betreibenden Pfandgläubiger einen Pfandausfallschein aus.317 |
2 | Nach Zustellung dieser Urkunde kann der Gläubiger die Betreibung, je nach der Person des Schuldners, auf dem Wege der Pfändung oder des Konkurses führen, sofern es sich nicht um eine Gült (Art. 33a SchlT ZGB318) oder andere Grundlast handelt. Betreibt er binnen Monatsfrist, so ist ein neuer Zahlungsbefehl nicht erforderlich.319 |
3 | Der Pfandausfallschein gilt als Schuldanerkennung im Sinne von Artikel 82.320 |
C.- Die Beschwerde des Gläubigers, der auf der Fortsetzung der Betreibung in Bern bestand, wurde von der kantonalen Aufsichtsbehörde am 5. Dezember 1962 abgewiesen, aus folgenden Gründen: Der Ansicht des
BGE 89 III 1 S. 3
Betreibungsamtes Bern 1 sei zwar nicht beizustimmen. Hätte der Schuldner wirklich Bern als Spezialdomizil zur Erfüllung der in Frage stehenden Verbindlichkeit gewählt, so wäre Bern Betreibungsort zur Geltendmachung dieser Verbindlichkeit schlechthin, also auch zur Fortsetzung der mit einem Ausfall beendigten Faustpfandbetreibung. Nun sei aber der vom Gläubiger angerufenen Vertragsklausel bloss die Wahl eines Zustellungsdomizils zu entnehmen. Die Zuständigkeit des Betreibungsamtes Bern 1 für die Betreibung auf Faustpfandverwertung beruhe gar nicht auf dieser Klausel, sondern auf Art. 51 Abs. 1
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 51 - 1 Haftet für die Forderung ein Faustpfand, so kann die Betreibung entweder dort, wo sie nach den Artikeln 46-50 stattzufinden hat, oder an dem Ort, wo sich das Pfand oder dessen wertvollster Teil befindet, eingeleitet werden.87 |
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1 | Haftet für die Forderung ein Faustpfand, so kann die Betreibung entweder dort, wo sie nach den Artikeln 46-50 stattzufinden hat, oder an dem Ort, wo sich das Pfand oder dessen wertvollster Teil befindet, eingeleitet werden.87 |
2 | Für grundpfandgesicherte Forderungen88 findet die Betreibung nur dort89 statt, wo das verpfändete Grundstück liegt. Wenn die Betreibung sich auf mehrere, in verschiedenen Betreibungskreisen gelegene Grundstücke bezieht, ist dieselbe in demjenigen Kreise zu führen, in welchem der wertvollste Teil der Grundstücke sich befindet. |
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 50 - 1 Im Auslande wohnende Schuldner, welche in der Schweiz eine Geschäftsniederlassung besitzen, können für die auf Rechnung der letztern eingegangenen Verbindlichkeiten am Sitze derselben betrieben werden. |
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1 | Im Auslande wohnende Schuldner, welche in der Schweiz eine Geschäftsniederlassung besitzen, können für die auf Rechnung der letztern eingegangenen Verbindlichkeiten am Sitze derselben betrieben werden. |
2 | Im Auslande wohnende Schuldner, welche in der Schweiz zur Erfüllung einer Verbindlichkeit ein Spezialdomizil gewählt haben, können für diese Verbindlichkeit am Orte desselben betrieben werden. |
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 50 - 1 Im Auslande wohnende Schuldner, welche in der Schweiz eine Geschäftsniederlassung besitzen, können für die auf Rechnung der letztern eingegangenen Verbindlichkeiten am Sitze derselben betrieben werden. |
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1 | Im Auslande wohnende Schuldner, welche in der Schweiz eine Geschäftsniederlassung besitzen, können für die auf Rechnung der letztern eingegangenen Verbindlichkeiten am Sitze derselben betrieben werden. |
2 | Im Auslande wohnende Schuldner, welche in der Schweiz zur Erfüllung einer Verbindlichkeit ein Spezialdomizil gewählt haben, können für diese Verbindlichkeit am Orte desselben betrieben werden. |
D.- Diesen Entscheid zieht der Gläubiger an das Bundesgericht weiter, indem er am Antrag festhält, seinem in Bern gestellten Fortsetzungsbegehren sei Folge zu geben.
Erwägungen
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:
Nach Art. 50 Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 50 - 1 Im Auslande wohnende Schuldner, welche in der Schweiz eine Geschäftsniederlassung besitzen, können für die auf Rechnung der letztern eingegangenen Verbindlichkeiten am Sitze derselben betrieben werden. |
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1 | Im Auslande wohnende Schuldner, welche in der Schweiz eine Geschäftsniederlassung besitzen, können für die auf Rechnung der letztern eingegangenen Verbindlichkeiten am Sitze derselben betrieben werden. |
2 | Im Auslande wohnende Schuldner, welche in der Schweiz zur Erfüllung einer Verbindlichkeit ein Spezialdomizil gewählt haben, können für diese Verbindlichkeit am Orte desselben betrieben werden. |
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 50 - 1 Im Auslande wohnende Schuldner, welche in der Schweiz eine Geschäftsniederlassung besitzen, können für die auf Rechnung der letztern eingegangenen Verbindlichkeiten am Sitze derselben betrieben werden. |
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1 | Im Auslande wohnende Schuldner, welche in der Schweiz eine Geschäftsniederlassung besitzen, können für die auf Rechnung der letztern eingegangenen Verbindlichkeiten am Sitze derselben betrieben werden. |
2 | Im Auslande wohnende Schuldner, welche in der Schweiz zur Erfüllung einer Verbindlichkeit ein Spezialdomizil gewählt haben, können für diese Verbindlichkeit am Orte desselben betrieben werden. |
BGE 89 III 1 S. 4
des Gesetzes entnehmen zu sollen. Sie fasst die Klauseln des "avenant" in dem Sinne auf, dass die Parteien als Erfüllungsort Genf bezeichnet hätten (wo allenfalls, freilich nicht nach der herrschenden Rechtsprechung, zugleich ein Spezialdomizil im Sinne jener Gesetzesnorm gegeben wäre), Bern jedoch nur als Zustellungsdomizil des Schuldners. Diese Art der Auslegung hält jedoch einer nähern Betrachtung nicht stand. Gewiss fällt das "Spezialdomizil" des Art. 50 Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 50 - 1 Im Auslande wohnende Schuldner, welche in der Schweiz eine Geschäftsniederlassung besitzen, können für die auf Rechnung der letztern eingegangenen Verbindlichkeiten am Sitze derselben betrieben werden. |
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1 | Im Auslande wohnende Schuldner, welche in der Schweiz eine Geschäftsniederlassung besitzen, können für die auf Rechnung der letztern eingegangenen Verbindlichkeiten am Sitze derselben betrieben werden. |
2 | Im Auslande wohnende Schuldner, welche in der Schweiz zur Erfüllung einer Verbindlichkeit ein Spezialdomizil gewählt haben, können für diese Verbindlichkeit am Orte desselben betrieben werden. |
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 50 - 1 Im Auslande wohnende Schuldner, welche in der Schweiz eine Geschäftsniederlassung besitzen, können für die auf Rechnung der letztern eingegangenen Verbindlichkeiten am Sitze derselben betrieben werden. |
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1 | Im Auslande wohnende Schuldner, welche in der Schweiz eine Geschäftsniederlassung besitzen, können für die auf Rechnung der letztern eingegangenen Verbindlichkeiten am Sitze derselben betrieben werden. |
2 | Im Auslande wohnende Schuldner, welche in der Schweiz zur Erfüllung einer Verbindlichkeit ein Spezialdomizil gewählt haben, können für diese Verbindlichkeit am Orte desselben betrieben werden. |
BGE 89 III 1 S. 5
liefert ein sprechendes Beispiel dafür, dass der Erfüllungsort (Zahlungsort) nach dem zunächst zu vermutenden und hier überdies offensichtlichen Parteiwillen nicht zugleich als Rechtsdomizil und Betreibungsstand des Schuldners für die sich aus der Vereinbarung ergebenden Verpflichtungen zu gelten hat. Wird doch in Art. 10 des "avenant" der Erfüllungsort Genf bloss als Wahldomizil des Gläubigers, anderseits aber Bern als Wahldomizil des Schuldners bezeichnet. Schon nach der allgemeinen Rechtsordnung braucht der Erfüllungsort (zumal bei Bringschulden) nicht mit dem ordentlichen Gerichtsstand des Schuldners zusammenzufallen. Ebensowenig steht etwas entgegen, ein vom Erfüllungsort verschiedenes Domizil des Schuldners für die vom Gläubiger zu treffenden Massnahmen zur Bewirkung der Erfüllung zu wählen. Daraus, dass im vorliegenden Falle Bern bloss als Spezialdomizil des Schuldners und nicht zugleich als Erfüllungsort für die ihm obliegenden Zahlungen bezeichnet wurde, ist somit keineswegs zu schliessen, Bern könne gar nicht im Sinne des Art. 50 Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 50 - 1 Im Auslande wohnende Schuldner, welche in der Schweiz eine Geschäftsniederlassung besitzen, können für die auf Rechnung der letztern eingegangenen Verbindlichkeiten am Sitze derselben betrieben werden. |
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1 | Im Auslande wohnende Schuldner, welche in der Schweiz eine Geschäftsniederlassung besitzen, können für die auf Rechnung der letztern eingegangenen Verbindlichkeiten am Sitze derselben betrieben werden. |
2 | Im Auslande wohnende Schuldner, welche in der Schweiz zur Erfüllung einer Verbindlichkeit ein Spezialdomizil gewählt haben, können für diese Verbindlichkeit am Orte desselben betrieben werden. |
SR 272 Schweizerische Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 2008 (Zivilprozessordnung, ZPO) - Gerichtsstandsgesetz ZPO Art. 27 Ansprüche der unverheirateten Mutter - Für Ansprüche der unverheirateten Mutter ist das Gericht am Wohnsitz einer der Parteien zwingend zuständig. |
BGE 89 III 1 S. 6
Anwendung des Art. 3 des schweizerisch/französischen Gerichtsstandsvertrages vom 15. Juni 1869 ausgegangen (BGE 39 I 373ff.). Damit stimmen ferner die Regeln der Prozessgesetze mehrerer Kantone der französischen Schweiz überein (vgl.BGE 75 I 35). Und in entsprechender Bedeutung sieht nun auch Art. 50 Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 50 - 1 Im Auslande wohnende Schuldner, welche in der Schweiz eine Geschäftsniederlassung besitzen, können für die auf Rechnung der letztern eingegangenen Verbindlichkeiten am Sitze derselben betrieben werden. |
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1 | Im Auslande wohnende Schuldner, welche in der Schweiz eine Geschäftsniederlassung besitzen, können für die auf Rechnung der letztern eingegangenen Verbindlichkeiten am Sitze derselben betrieben werden. |
2 | Im Auslande wohnende Schuldner, welche in der Schweiz zur Erfüllung einer Verbindlichkeit ein Spezialdomizil gewählt haben, können für diese Verbindlichkeit am Orte desselben betrieben werden. |
Dispositiv
Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:
Der Rekurs wird gutgeheissen, der angefochtene Entscheid aufgehoben und das Betreibungsamt Bern 1 angewiesen, dem Fortsetzungsbegehren des Rekurrenten Folge zu geben.