89 II 12
3. Urteil der II. Zivilabteilung vom 5. Januar 1963 i.S. B. gegen S.
Regeste (de):
- Nach Scheidung der Ehe sind die vormundschaftlichen Behörden befugt, gegenüber dem Inhaber der elterlichen Gewalt Massnahmen nach Art. 283 ff
. ZGB zu treffen.
- Diese Zuständigkeit bleibt bei Hängigkeit einer Klage des andern Elternteils auf Übertragung der elterlichen Gewalt (Art. 157
ZGB) bestehen.
- Der mit dieser Klage befasste Richter kann sich seinerseits veranlasst sehen, Massnahmen im Sinne der Art. 283 ff
. ZGB zu treffen, unter besondern Umständen auch vorsorglich auf Grund von Art. 145
ZGB.
Regeste (fr):
- Après le divorce, les autorités tutélaires sont compétentes pour prendre à l'endroit du détenteur de la puissance paternelle les mesures prévues aux art. 283 ss. CC.
- Leur compétence subsiste lorsque l'autre parent introduit une action tendant au transfert de la puissance paternelle (art. 157 CC).
- Le juge saisi de cette action peut être amené à ordonner des mesures conformes aux art. 283 ss. CC, et même, si des circonstances particulières le justifient, des mesures provisoires fondées sur l'art. 145 CC.
Regesto (it):
- Dopo il divorzio, le autorità tutorie sono competenti a prendere nei confronti del detentore della potestà dei genitori le misure previste agli art. 283 sgg. CC.
- La loro competenza sussiste quando l'altro genitore promuove un'azione tendente ad assumere la potestà dei genitori (art. 157 CC).
- Il giudice adito con questa azione può essere indotto a ordinare misure nel senso degli art. 283 sgg. CC e, qualora circostanze particolari lo giustifichino, anche misure provvisionali fondate sull'art. 145 CC.
Sachverhalt ab Seite 12
BGE 89 II 12 S. 12
A.- Die Kinder der Parteien, geboren 1953 und 1954, wurden bei Scheidung der Ehe der Mutter zugewiesen. Diese liess sich mit ihnen in Wil (St. Gallen) nieder, während der Vater in Münchwilen (Thurgau) wohnt. Die Kinder kehrten nach den beim Vater verbrachten Sommerferien 1962 zur Mutter zurück, doch begab sich der Knabe
BGE 89 II 12 S. 13
nachher ohne deren Erlaubnis mehrmals wieder zum Vater und hält sich nun seit dem 20. August 1962 dort auf.
B.- Der Vater erhob beim Bezirksgericht Wil Klage auf Zuweisung der beiden Kinder an ihn. Ferner verlangte er bei der Vormundschaftsbehörde Wil die Wegnahme des Knaben bei der Mutter; der Knabe sei vorläufig ihm zur Pflege und Erziehung anzuvertrauen. Die Vormundschaftsbehörde Wil entsprach diesem Begehren zunächst, widerrief ihre Verfügung dann aber am 12. September 1962 auf Gesuch der Mutter, die versprach, bis zur Erledigung des Rechtsstreites die Kinder tagsüber im Kinderdörfli Iddaheim in Lütisburg unterzubringen. Die neue Verfügung wurde dem Vater mitgeteilt mit dem Ersuchen, den Knaben "der Mutter zur versprochenen Anstaltsplazierung zurückzugeben".
C.- Darüber beschwerte sich der Vater mit dem Begehren um Bestätigung der frühern Verfügung. Mit Entscheid vom 30. Oktober 1962 hat der Regierungsrat des Kantons St. Gallen den Rekurs, soweit darauf einzutreten war, abgewiesen und die Waisenamtliche Verfügung vom 12. September 1962 "unter der Bedingung bestätigt, dass Frau S. ihre Kinder raschmöglichst im Kinderdörfli Iddaheim in Lütisburg unterbringt".
D.- Diesen Entscheid ficht B. mit Nichtigkeitsbeschwerde wegen Verletzung eidgenössischer Zuständigkeitsnormen an (Art. 68 Abs. 1 lit. b

Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
Nach Ansicht des Beschwerdeführers war die Vormundschaftsbehörde Wil weder sachlich noch örtlich zuständig, ihn aufzufordern, den Knaben der Mutter zurückzugeben, damit er (mit dem Mädchen) gemäss dem Versprechen der Mutter in einem Kinderheim untergebracht werden könne. Der Beschwerdeführer hält dafür, eine solche Anordnung könnte die Mutter nur beim Richter verlangen, sei es als vorsorgliche Massnahme in dem in Wil hängigen
BGE 89 II 12 S. 14
Rechtsstreit nach Art. 157





SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 285 - 1 Der Unterhaltsbeitrag soll den Bedürfnissen des Kindes sowie der Lebensstellung und Leistungsfähigkeit der Eltern entsprechen; dabei sind das Vermögen und die Einkünfte des Kindes zu berücksichtigen. |
|
1 | Der Unterhaltsbeitrag soll den Bedürfnissen des Kindes sowie der Lebensstellung und Leistungsfähigkeit der Eltern entsprechen; dabei sind das Vermögen und die Einkünfte des Kindes zu berücksichtigen. |
2 | Der Unterhaltsbeitrag dient auch der Gewährleistung der Betreuung des Kindes durch die Eltern oder Dritte. |
3 | Er ist zum Voraus zu entrichten. Das Gericht setzt die Zahlungstermine fest. |



SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 376 - 1 Bestehen Zweifel, ob die Voraussetzungen für eine Vertretung erfüllt sind, so entscheidet die Erwachsenenschutzbehörde über das Vertretungsrecht und händigt gegebenenfalls dem Ehegatten, der eingetragenen Partnerin oder dem eingetragenen Partner eine Urkunde aus, welche die Befugnisse wiedergibt. |
|
1 | Bestehen Zweifel, ob die Voraussetzungen für eine Vertretung erfüllt sind, so entscheidet die Erwachsenenschutzbehörde über das Vertretungsrecht und händigt gegebenenfalls dem Ehegatten, der eingetragenen Partnerin oder dem eingetragenen Partner eine Urkunde aus, welche die Befugnisse wiedergibt. |
2 | Sind die Interessen der urteilsunfähigen Person gefährdet oder nicht mehr gewahrt, so entzieht die Erwachsenenschutzbehörde dem Ehegatten, der eingetragenen Partnerin oder dem eingetragenen Partner auf Antrag einer nahestehenden Person oder von Amtes wegen die Vertretungsbefugnisse teilweise oder ganz oder errichtet eine Beistandschaft. |
BGE 89 II 12 S. 15
getroffene Verfügung widerrufen hat, steht ihm kein Recht mehr zu, den Knaben bei sich zu behalten. Endlich beruft er sich gegenüber der Vormundschaftsbehörde zu Unrecht auf Art. 145







SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 376 - 1 Bestehen Zweifel, ob die Voraussetzungen für eine Vertretung erfüllt sind, so entscheidet die Erwachsenenschutzbehörde über das Vertretungsrecht und händigt gegebenenfalls dem Ehegatten, der eingetragenen Partnerin oder dem eingetragenen Partner eine Urkunde aus, welche die Befugnisse wiedergibt. |
|
1 | Bestehen Zweifel, ob die Voraussetzungen für eine Vertretung erfüllt sind, so entscheidet die Erwachsenenschutzbehörde über das Vertretungsrecht und händigt gegebenenfalls dem Ehegatten, der eingetragenen Partnerin oder dem eingetragenen Partner eine Urkunde aus, welche die Befugnisse wiedergibt. |
2 | Sind die Interessen der urteilsunfähigen Person gefährdet oder nicht mehr gewahrt, so entzieht die Erwachsenenschutzbehörde dem Ehegatten, der eingetragenen Partnerin oder dem eingetragenen Partner auf Antrag einer nahestehenden Person oder von Amtes wegen die Vertretungsbefugnisse teilweise oder ganz oder errichtet eine Beistandschaft. |


BGE 89 II 12 S. 16
rechtfertigen und Art. 145


Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.