89 I 448
64. Urteil vom 4. Dezember 1963 i.S. Theiler gegen Einwohnergemeinde Bern und Regierungsrat des Kantons Bern.
Regeste (de):
- Einführung des fakultativen Finanzreferendums in einer bernischen Gemeinde. Anfechtung durch einen Stimmberechtigten.
- 1. Legitimation und Frist zur Beschwerde; Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichts (Erw. 1-3).
- 2. Auslegung der Bestimmung des kantonalen Gemeindegesetzes, wonach grössere Gemeinden befugt sind, für die Vorberatung sämtlicher die Kompetenz des Gemeinderates übersteigenden Gegenstände ein Gemeindeparlament zu bestellen und diesem auch die endgültige Erledigung bestimmter Geschäfte zu übertragen. Haben die Gemeinden auf Grund dieser Bestimmung nur die Möglichkeit, dem Gemeindeparlament entweder die Vo rberatung oder die definitive Erledigung von Geschäften zu übertragen, oder können sie ihm auch die Erledigung unter Vorbehalt des fakultativen Referendums übertragen? (Erw. 4).
- 3. Willkürliche Änderung der bisherigen Auslegungspraxis des Regierungsrats als kantonaler Aufsichtsbehörde über die Gemeinden? (Erw. 5).
Regeste (fr):
- Introduction du referendum financier facultatif dans une commune bernoise. Recours de droit public d'un citoyen actif.
- 1. Qualité et délai pour recourir; pouvoir d'examen du Tribunal fédéral (consid. 1-3).
- 2. Interprétation de la disposition d'une loi cantonale sur les communes, d'après laquelle les communes populeuses peuvent instituer un parlement communal pour examiner et discuter préalablement toutes les affaires qui excèdent la compétence du conseil municipal et lui conférer la connaissance définitive de certaines affaires. Sur la base de cette disposition, les communes n'ont-elles que la possibilité de transférer au parlement communal soit l'examen et la discussion préalable soit la liquidation définitive de certaines affaires, ou peuvent-elles aussi lui confier le soin de les liquider sous réserve de referendum facultatif (consid. 4)?
- 3. Modification arbitraire de la pratique suivie jusqu'alors par le Conseil exécutif agissant en sa qualité d'autorité cantonale de surveillance sur les communes (consid. 5)?
Regesto (it):
- Istituzione del referendum finanziario facoltativo in un comune bernese. Ricorso di diritto pubblico di un cittadino avente diritto di voto.
- 1. Qualità e termine per ricorrere; potere d'esame del Tribunale federale (consid. 1-3).
- 2. Interpretazione del disposto di una legge cantonale sui comuni, secondo cui i comuni più popolosi possono istituire un parlamento comunale, al quale sia conferita la trattazione preliminare di tutti gli affari eccedenti le competenze del Municipio e, eventualmente, anche la liquidazione definitiva di determinate pratiche. In virtù di questa disposizione, i comuni possono conferire al parlamento comunale solo la facoltà di esame e discussione preliminare nonchè la decisione definitiva di determinati affari, oppure possono anche conferirgli il potere di decidere riservato il referendum facoltativo (consid. 4)?
- 3. Modificazione arbitraria della prassi sin qui seguita dal Consiglio di Stato in funzione di autorità cantonale di vigilanza sui comuni (consid. 5)?
Sachverhalt ab Seite 449
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A.- Nach Art. 65 der bernischen Staatsverfassung bestimmt das Gesetz die Organisation der Gemeinden. Das gestützt hierauf erlassene Gesetz über das Gemeindewesen vom 9. Dezember 1917 (GG) bestimmt in Art. 5: "Die ordentlichen Organe der Gemeinde sind die Gemeindeversammlung und der Gemeinderat. In grösseren Gemeinden kann für die Vorberatung sämtlicher Gegenstände, welche die Kompetenz des Gemeinderates übersteigen, ein Grosser Gemeinde- oder Stadtrat bestellt werden. Diesem kann auch die endgültige Erledigung bestimmter Geschäfte (Art. 11 und 12 ) übertragen werden." Im Anschluss hieran enthält das GG in den Art. 10-12 Vorschriften über die "Kompetenzen der Gemeinde". In Art. 10 (Randtitel: "Unübertragbare Kompetenzen") werden unter Ziff. 1-6 die Gegenstände aufgezählt, die "von der Gemeinde selbst behandelt werden müssen und
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von derselben keinem andern Gemeindeorgan übertragen werden dürfen" (Wahl des Gemeinderates, Erlass der Gemeindereglemente, Festsetzung des jährlichen Voranschlags, Aufnahme von Anleihen usw.). Sodann werden in Art. 11 (Randtitel: "Übertragbare Kompetenzen") unter Ziff. 1-4 die Gegenstände aufgezählt, die "ordentlicherweise ebenfalls von der Gemeinde zu behandeln sind, aber durch Gemeindereglement einem Grossen Gemeinde- oder Stadtrat zur definitiven Erledigung übertragen werden können" (Erteilung des Gemeindebürgerrechts, Errichtung und Aufhebung von Beamtungen und Festsetzung ihrer Besoldungen, Genehmigung der Gemeinderechnungen usw.). Schliesslich bestimmt Art. 12 (Randtitel: "Kompetenzgrenzen"): "Betreffend die Zuständigkeit der Gemeinde, des Grossen Gemeinde- oder Stadtrates und des Gemeinderates zur Erledigung sonstiger Geschäfte wird das Gemeindereglement die Kompetenzgrenzen festsetzen, namentlich für: 1. die Bewilligung von Nachkrediten;
2. die Übernahme von Aufgaben, welche den Gemeinden nicht vom Staate zugewiesen sind und die Bewilligung der hiefür notwendigen Geldmittel; 3. Rechtsgeschäfte über Eigentum und dingliche Rechte an Grundstücken; 4. die Ausführung von Bauten und Anlagen, sowie andere im Voranschlag nicht vorgesehene Ausgaben; 5. die Gewährung von Darlehen, soweit es sich nicht um sichere Kapitalanlagen im Sinne des Art. 48 handelt; 6. die Beschlussfassung über Anhebung und Beilegung von Zivilprozessen, oder die Übertragung derselben an ein Schiedsgericht, unter Vorbehalt dringlicher Fälle."
B.- Die Einwohnergemeinde Bern hat seit dem Erlass des GG einen aus 7 Mitgliedern bestehenden Gemeinderat (als "Vollziehungs- und Polizeibehörde"; Art. 67 KV) und einen 80 Mitglieder umfassenden Stadtrat. Nach der Gemeindeordnung von 1920 (aGO) waren die Kompetenzen für die in Art. 12 Ziff. 2-5 aufgezählten Geschäfte in der Weise abgegrenzt, dass der Gemeinderat Kredite bis zu Fr. 40'000. - und der Stadtrat solche von Fr. 40'000.-- bis 400'000. - bewilligen konnte, während über höhere Kredite die Gemeinde (durch Urnenabstimmung) zu beschliessen hatte (Art. 7, 48 und 55 aGO).
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Am 18 April 1963 beschloss der Stadtrat, der Gemeinde den Entwurf einer neuen Gemeindeordnung (nGO) zu unterbreiten. In dieser sind die Kompetenzgrenzen für die erwähnten Geschäfte wie folgt festgesetzt: Der Gemeinderat ist zuständig für Aufwendungen bis zum Betrage von Fr. 60'000.-- (Art. 28 Ziff. 11-14, 16, 17 nGO). Der Stadtrat entscheidet über Aufwendungen, welche Fr. 60'000.--, nicht aber Fr. 600'000.-- übersteigen, endgültig und über solche, welche mehr als Fr. 600'000.-- betragen, aber Fr. 2'000,000.-- nicht übersteigen unter Vorbehalt des fakultativen Referendums (Art. 18 Ziff. 16-18, 20, 21 nGO). Über Ausgaben von mehr als Fr. 2'000,000.-- befindet die Gemeinde (Art. 8 Ziff. 9-11, 13-15 nGO). Das fakultative Referendum gilt als zustandegekommen, wenn von mindestens 2 1/2% der in Gemeindeangelegenheiten Stimmberechtigten innerhalb von 3 Wochen seit der Veröffentlichung des Stadtratbeschlusses im "Anzeiger für die Stadt Bern" unterschriftlich beim Gemeinderat verlangt wird, dass das Geschäft der Gemeindeabstimmung zu unterbreiten sei (Art. 19 nGO). Die neue Gemeindeordnung wurde in der Gemeindeabstimmung vom 30. Juni 1963 mit 11 911 gegen 2069 Stimmen angenommen und hierauf vom Regierungsrat des Kantons Bern mit Beschluss vom 9. August 1963 genehmigt. Der Gemeinderat setzte die nGO am 21. August 1963 - mit Ausnahme einiger Artikel - auf den 1. September 1963 in Kraft und veröffentlichte dies mit dem Genehmigungsbeschluss des Regierungsrates im "Anzeiger für die Stadt Bern" vom 28. August 1963.
C.- Mit Eingabe vom 8. September 1963 führt Luzius Theiler staatsrechtliche Beschwerde gemäss Art. 84 lit. a und 85 lit. a OG mit dem Antrag, der Beschluss des Regierungsrates, die Gemeindeordnung der Stadt Bern vom 30. Juni 1963 zu genehmigen, sei ungültig zu erklären. Zur Begründung wird im wesentlichen geltend gemacht: a) Nach Art. 12 GG könne das Gemeindereglement gewisse Geschäfte der Gemeinde oder dem Gemeinderat
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oder dem Stadtrat zur Erledigung zuweisen. Dass damit die endgültige Erledigung gemeint sei, gehe unzweifelhaft aus Art. 5 GG hervor. Aus diesen Bestimmungen ergebe sich klar, dass die Einführung des fakultativen Referendums unzulässig sei. b.) Der Regierungsrat habe seit 45 Jahren den Standpunkt vertreten, dass das fakultative Referendum mit dem GG unvereinbar sei (MBVR 18 [1920] S. 17 ff. und 180 ff.). Selbst wenn man nach dem Text des GG noch Zweifel über den Willen des Gesetzgebers haben könnte, habe die über 40-jährige konstante Auslegungspraxis des Regierungsrates eine eindeutige Rechtslage geschaffen, die im Interesse der Rechtssicherheit nicht einfach durch eine andere Interpretation des GG, sondern nur durch eine Gesetzesrevision geändert werden könne. Der angefochtene Regierungsratsbeschluss sei deshalb willkürlich.
c) Durch die ungesetzliche Einführung des fakultativen Referendums würden Ausgaben zwischen Fr. 600'000. - und 2'000,000.--, gegen die das Referendum nicht ergriffen werde, der Volksabstimmung entzogen. Die Genehmigung der nGO durch den Regierungsrat habe also zur Folge, dass der Beschwerdeführer in seinem Stimmrecht erheblich eingeschränkt werde, was gegen Art. 43
SR 101 Costituzione federale della Confederazione Svizzera del 18 aprile 1999 Cost. Art. 43 Compiti dei Cantoni - I Cantoni determinano quali compiti essi adempiono nell'ambito delle loro competenze. |
D.- Der Regierungsrat des Kantons Bern und der Gemeinderat der Stadt Bern beantragen Abweisung der Beschwerde. Auf ihre Ausführungen wird, soweit notwendig, in den nachstehenden Erwägungen zurückgekommen.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Durch die in der Gemeindeabstimmung vom 20. Juni 1963 angenommene und am 9. August 1963 vom Regierungsrat genehmigte nGO der Stadt Bern sind nicht nur die Kompetenzgrenzen, die für die Erledigung der in Art. 12 Ziff. 1-6 aufgezählten Geschäfte festzusetzen sind, gegenüber der aGO erhöht, sondern es ist überdies das fakultative Finanzreferendum neu eingeführt worden. Der Beschwerdeführer ist unbestrittenermassen stimmberechtigter
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Einwohner der Stadt Bern. Als solcher ist er befugt, die Gemeindeordnung und den Genehmigungsbeschluss des Regierungsrates sowohl wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte (Art. 84 lit. a OG) als auch mit einer Abstimmungsbeschwerde (Art. 85 lit. a
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2. Da die Gemeindeordnung der Genehmigung des Regierungsrates unterlag und diese Genehmigung Gültigkeitserfordernis ist (Art. 71 KV und 57 GG), wurde die Rechtsstellung des Beschwerdeführers erst durch den am 9. August 1963 ergangenen Genehmigungsentscheid berührt, und der Beschwerdeführer konnte daher erst im Anschluss an diesen Entscheid das Bundesgericht anrufen (BGE 77 I 148). Dabei begann die 30-tägige Beschwerdefrist des Art. 89
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3. Bei Abstimmungsbeschwerden nach Art. 85 lit. a
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unterliegen, eine mit dem GG vereinbare Einschränkung des Stimmrechts darstelle. Das Bundesgericht hat daher grundsätzlich frei zu prüfen, ob die angerufenen Bestimmungen des GG verletzt sind. Immerhin pflegt es der Auslegung kantonaler Verfassungsvorschriften durch die oberste dazu berufene Behörde besonderes Gewicht beizulegen und nicht ohne Not von ihr abzuweichen (BGE 88 I 153 Erw. 3 und dort angeführte Urteile; BGE 89 I 44 c, 375 Erw. 2). Diese Zurückhaltung ist erst recht geboten, wenn es, wie hier, um die Auslegung kantonalen Gesetzesrechtes geht.
4. Die Art. 10
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wird. Da es sich dabei um Geschäfte von finanzieller Tragweite handelt, ist anzunehmen, dass die Kompetenzgrenzen nach Massgabe dieser Tragweite wertmässig festzusetzen sind. Ferner ist aus Art. 12 GG zu schliessen, dass die Gemeinden für alle in Ziff. 1-6 aufgezählten Geschäfte Kompetenzgrenzen festzusetzen haben (ELMIGER, Die autonome Finanzkompetenzordnung der bern. Einwohnergemeinden, Diss. Bern 1962 S. 10/12). Im übrigen enthält Art. 12 keine Vorschriften über die Grenzziehung, überlässt sie also dem Ermessen der Gemeinden (ELMIGER a.a.O. S. 22). Aus Art. 12 GG ergeben sich insbesondere keine Beschränkungen in Bezug auf die Höhe der für die einzelnen Organe festzusetzenden Kompetenzen. Ebensowenig enthält er Anhaltspunkte dafür, dass es unzulässig wäre, die Kompetenzgrenze zwischen der Gemeinde und dem Gemeindeparlament in der Weise festzusetzen, dass Geschäfte von einer bestimmten finanziellen Tragweite an sich vom Gemeindeparlament zu erledigen, jedoch auf Begehren einer Anzahl Bürger (oder Mitglieder des Gemeindeparlaments) der Gemeinde zu unterbreiten sind. Ein solches fakultatives Referendum erscheint vielmehr mit dem Wortlaut und Sinn des Art. 12 GG durchaus vereinbar.
Der Beschwerdeführer leitet denn auch die Unzulässigkeit des fakultativen Referendums nicht allein aus Art. 12 GG, sondern aus Art. 5 und der dortigen Verweisung auf Art. 12 ab. Art. 5 GG bezeichnet in Abs. 1 die Gemeindeversammlung und den Gemeinderat als die ordentlichen Organe der Gemeinde und bestimmt in Abs. 2 weiter, dass die grösseren Gemeinden für die Vorberatung der die Kompetenz des Gemeinderates übersteigenden Gegenstände ein Gemeindeparlament bestellen und diesem "auch die endgültige Erledigung bestimmter Geschäfte (Art. 11 und 12) übertragen" können. Diese Umschreibung der Aufgaben des Gemeindeparlaments könnte in der Tat so verstanden werden, dass die Gemeinde nur die Wahl habe, die unter Art. 12 fallenden Geschäfte dem Gemeindeparlament
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entweder zur blossen Vorberatung oder aber zur endgültigen, nicht einem Referendum unterliegenden Erledigung zuzuweisen. Ob das der wirkliche Sinn von Art. 5 Abs. 2 und der dortigen Verweisung auf Art. 12 sei, ist indes zweifelhaft. Jedenfalls ist diese Auslegung nicht die einzig mögliche. Schon der Umstand, dass Art. 12 nicht von der Übertragung, sondern von der Aufteilung von Kompetenzen handelt, lässt es als fraglich erscheinen, ob der Gesetzgeber mit Art. 5 Abs. 2 die in Art. 12 weitgehend dem Ermessen der Gemeinde überlassene Kompetenzaufteilung beschränken wollte. Art. 5 Abs. 2 will, wie das zweimalige "kann" deutlich zum Ausdruck bringt, den grösseren Gemeinden Befugnisse einräumen. Sie werden ermächtigt, dem Gemeindeparlament die Vorberatung gewisser Geschäfte und die endgültige Erledigung eines Teils derselben zu übertragen. Von einer Ermächtigung kann aber, sofern sich daraus nichts Gegenteiliges ergibt, nicht nur in vollem, sondern auch in beschränktem Umfange Gebrauch gemacht werden (vgl. BGE 88 I 76 /77). Dafür, dass dies für die Ermächtigungen in Art. 5 Abs. 2
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der obersten kantonalen Aufsichtsbehörde in Gemeindesachen (Art. 56
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5. Kurze Zeit nach Inkrafttreten des GG hat der Regierungsrat in einigen Entscheiden den Standpunkt eingenommen, dass die Einführung des fakultativen Referendums gegen das GG verstosse (MBVR 18 [1920] S. 17 ff. und 180 ff.). Unter Hinweis hierauf behauptet der Beschwerdeführer, die über 40-jährige konstante Auslegungspraxis des Regierungsrates habe eine eindeutige Rechtslage geschaffen, die aus Gründen der Rechtssicherheit nicht einfach durch eine andere Interpretation, sondern nur durch eine Revision des GG geändert werden könne.
Dass sich ein das fakultative Referendum ausschliessendes Gewohnheitsrecht gebildet hätte, behauptet der Beschwerdeführer mit Recht nicht, da jene Entscheide und der Umstand, dass seither keine Gemeinde mehr das fakultative Referendum einzuführen suchte, die strengen Voraussetzungen,
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die auf dem Gebiete des öffentlichen Rechts für die Entstehung von Gewohnheitsrecht gelten (vgl. BGE 84 I 95 Erw. 4), nicht erfüllen. Insbesondere wäre nicht dargetan, dass die diesen Entscheiden zugrunde liegende Auffassung zur allgemeinen Rechtsüberzeugung wurde. Da sich der Regierungsrat seit 1920 während Jahrzehnten nicht mehr mit der Frage der Zulässigkeit des fakultativen Referendums zu befassen hatte, kann übrigens nicht einmal von einer Praxis und jedenfalls nicht von einer konstanten Praxis des Regierungsrates gesprochen werden (vgl. BGE 89 I 90). Davon abgesehen ist es einer Behörde nicht verwehrt, neuen Verhältnissen Rechnung zu tragen, ihre Praxis zu überprüfen und sie gegebenenfalls zu ändern (BGE 78 I 101Erw. 5). Das hat der Regierungsrat inbezug auf das fakultative Referendum getan, und zwar bereits im Jahre 1959. Durch ein am 12. Mai 1959 eingereichtes Postulat wurde er nämlich von Grossrat Dr. Achermann ersucht, der auf allzu häufige Urnengänge zurückzuführenden schlechten Stimmbeteiligung durch Revision des GG im Sinne der Einführung des fakultativen Referendums abzuhelfen. Hierauf antwortete der Gemeindedirektor in der Sitzung vom 8. September 1959, dass eine solche Gesetzesrevision nach Auffassung des Regierungsrates nicht nötig sei, da die Einführung des fakultativen Referendums, wie eine nähere Überprüfung durch die Justizdirektion ergeben habe, mit den heutigen Bestimmungen vereinbar sei. Dr. Achermann bezeichnete diese Auslegung des GG als durchaus vernünftig, wogegen sich kein Widerspruch erhob, und erklärte sich mit der Abschreibung seines Postulates einverstanden (Tagblatt des Grossen Rates 1959 S. 372, 400 ff.). Von einer willkürlichen Änderung einer konstanten Praxis kann demnach keine Rede sein.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird abgewiesen.