88 I 1
1. Auszug aus dem Urteil vom 31. Januar 1962 i.S. Bau- & Verwaltungs-AG und Höchli gegen Regierungsrat des Kantons Aargau.
Regeste (de):
- Sperrfrist für die Veräusserung landwirtschaftlicher Grundstücke (Art. 218
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 218 - Für die Veräusserung von landwirtschaftlichen Grundstücken gilt zudem das Bundesgesetz vom 4. Oktober 199184 über das bäuerliche Bodenrecht.
- Begriff des von der Sperrfrist ausgenommenen "Baulandes" im Sinne von Art. 218 Abs. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 218 - Für die Veräusserung von landwirtschaftlichen Grundstücken gilt zudem das Bundesgesetz vom 4. Oktober 199184 über das bäuerliche Bodenrecht.
Regeste (fr):
- Délai pendant lequel les immeubles agricoles ne peuvent pas être aliénés. (Art. 218 CO).
- Définition du "terrain à bâtir", faisant exception à la règle de l'art. 218 al. 2 CO.
Regesto (it):
- Termine d'aspetto per l'alienazione di fondi agricoli (art. 218 CO).
- Definizione del "terreno da costruzione" che fa eccezione alla regola dell'art. 218 cpv. 2 CO.
Sachverhalt ab Seite 1
BGE 88 I 1 S. 1
A.- Am 6. Mai 1960 verkaufte Walter Vogelsang drei zusammen 195,57 a haltende, bisher landwirtschaftlich genutzte Parzellen in Gebenstorf zum Preis von Fr. 400'000.-- an Traugott Suter und Siegfried Küng als Miteigentümer zu je 1/2. Am 24. Oktober 1960 bewilligte die Landwirtschaftsdirektion des Kantons Aargau eine über den Schätzungswert hinausgehende hypothekarische Belastung der Grundstücke mit der Begründung, diese lägen im generellen Kanalisationsprojekt und seien mit Weg, Wasser und Elektrizität erschlossen, und die Eigentümer Suter und Küng hätten sie zur unmittelbaren Überbauung
BGE 88 I 1 S. 2
erworben und sich verpflichtet, die Kanalisation auf eigene Kosten zu erstellen. Am 8. Februar 1961 verkauften Suter und Küng die drei Grundstücke zum Preis von Fr. 520'000.-- an die Bau- & Verwaltungs-AG und an Josef Höchli als Miteigentumer zu je 1/2, wobei die Genehmigung des Kaufes durch die Landwirtschaftsdirektion vorbehalten wurde. Diese verweigerte indessen die Genehmigung durch Verfügung vom 1. Mai 1961. Die Käufer führten hiegegen Beschwerde, wurden aber vom Regierungsrat durch Entscheid vom 15. September 1961 abgewiesen, im wesentlichen aus folgenden Gründen: Als Bauland im Sinne von Art. 218 Abs. 2
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SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 218 - Für die Veräusserung von landwirtschaftlichen Grundstücken gilt zudem das Bundesgesetz vom 4. Oktober 199184 über das bäuerliche Bodenrecht. |
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B.- Gegen diesen Entscheid des Regierungsrates führen die Bau- & Verwaltungs-AG und Josef Höchli staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4
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SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
BGE 88 I 1 S. 3
C.- Der Regierungsrat des Kantons Aargau beantragt die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1./2. - (Prozessuales.)
3. (Formelle Rechtsverweigerung.)
4. In der Sache selbst werfen die Beschwerdeführer dem Regierungsrat deshalb Willkür und rechtsungleiche Behandlung vor, weil er den in Frage stehenden Grundstücken nicht die Eigenschaft von Bauland im Sinne von Art. 218 Abs. 2
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Diese Rüge richtet sich gegen den Entscheid der Landwirtschaftsdirektion vom 1. Mai 1961, mit dem die Genehmigung des Kaufvertrags vom 8. Februar 1961 verweigert worden ist. Gegenstand der staatsrechtlichen Beschwerde ist aber ausschliesslich der Beschwerdeentscheid des Regierungsrates vom 15. September 1961, da der Regierungsrat die Sache frei überprüft hat und sein Entscheid daher an die Stelle desjenigen der Landwirtschaftsdirektion getreten ist (vgl. BGE 80 I 308 Erw. 1, BGE 85 I 2 Erw. 1). Auf diese Rüge ist daher nicht einzutreten. Soweit sie sich auch gegen den Entscheid des Regierungsrates richten sollte, wäre sie als unbegründet abzuweisen,
BGE 88 I 1 S. 4
da der Regierungsrat sich mit der Bewilligung der Mehrbelastung der Grundstücke nicht befasst hat, ihm also kein widersprüchliches Verhalten vorgeworfen werden kann (vgl. BGE 80 I 322 Erw. 2 mit Verweisungen). Davon abgesehen lässt sich aus der Bewilligung der Mehrbelastung auch deshalb kein Anspruch auf Anerkennung des Landes als Bauland im Sinne von Art. 218 Abs. 2
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SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 218 - Für die Veräusserung von landwirtschaftlichen Grundstücken gilt zudem das Bundesgesetz vom 4. Oktober 199184 über das bäuerliche Bodenrecht. |
BGE 88 I 1 S. 5
Voraussetzung der baulichen Erschliessung abgestellt, und das Bundesgericht hat in mehreren nicht veröffentlichten Urteilen (vgl. die Zitate in BGE 84 I 4) entschieden, dass und weshalb diese Praxis mit Wortlaut und Sinn von Art. 218
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SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 218 - Für die Veräusserung von landwirtschaftlichen Grundstücken gilt zudem das Bundesgesetz vom 4. Oktober 199184 über das bäuerliche Bodenrecht. |
BGE 88 I 1 S. 6
als Bauland ist ferner der vom Käufer bezahlte Preis. Sonst hätten es die Vertragspartner in der Hand, durch Vereinbarung eines entsprechend hohen Kaufpreises bäuerliches Land der Bodenspekulation zuzuführen, was das Gesetz aber gerade verhindern will. cc) Es ist unbestritten, dass auf den fraglichen Grundstücken keine Kanalisation besteht. Sie sind also noch nicht voll erschlossen, was nach der dargelegten Rechtsprechung für sich allein schon genügt, um ihnen ohne Willkür den Charakter von Bauland abzusprechen. Die Beschwerdeführer wenden zwar ein, dass sie als Erwerber bereit und auch in der Lage seien, die fehlende Erschliessung vorzunehmen. Wie jedoch schon in BGE 84 I 4 ausgeführt wurde, vermag die blosse Absicht, ein Grundstück zu überbauen, ihm, wie ohne Willkür angenommen werden kann, den Charakter von Bauland noch nicht zu verleihen, da es der Eigentümer sonst in der Hand hätte, die Sperrfrist dadurch zu umgehen, dass er behauptet, er beabsichtige zu bauen; diese Absicht könnte höchstens genügen, wenn ein konkretes Bauprojekt vorliege, dessen Ausführung unmittelbar bevorsteht und als gesichert erscheint (ähnlich nicht veröffentl. Urteil vom 15. Juni 1960 i.S. Elliker c. Thurgau S. 8/9). Das Gleiche muss auch für die Erstellung der Kanalisation gelten. Dass aber bereits ein konkretes Kanalisationsprojekt für die fraglichen Grundstücke vorliege, haben die Beschwerdeführer nicht behauptet und noch weniger dargetan.
dd) Davon abgesehen durfte diesen Grundstücken der Baulandcharakter auch deshalb abgesprochen werden, weil sie weder im Zeitpunkt der Beurkundung des Kaufvertrags (8. Februar 1961) noch im Zeitpunkt des regierungsrätlichen Entscheids (15. September 1961) im Perimeter eines rechtskräftigen Überbauungs- oder Zonenplanes lagen (wobei dahingestellt bleiben mag, welcher Zeitpunkt als massgebend zu betrachten ist). Der Zonenplan der Gemeinde Gebenstorf, der die Grundstücke in die Mehrfamilienhauszone einbezieht, wurde erst im Verlaufe des
BGE 88 I 1 S. 7
staatsrechtlichen Beschwerdeverfahrens, in der Einwohnergemeindeversammlung vom 17. November 1961, angenommen. Vorher bestand lediglich ein Projekt. Es ist aber jedenfalls nicht willkürlich, wenn eine Behörde bei ihrem Entscheid nicht auf den Entwurf eines Zonenplans abstellt, von dem noch nicht feststeht, ob er angenommen wird und einmal in Kraft tritt. Die Beschwerdeführer bezeichnen es freilich als willkürlich, dass der Regierungsrat ihrem Gesuch um Sistierung des Verfahrens bis zum Eintritt der Rechtskraft des Zonenplans nicht entsprochen habe, tun aber nicht dar, gegen welche gesetzliche Vorschrift oder allgemeinen Rechtsgrundsatz er dadurch verstossen habe. Unter dem beschränkten Gesichtswinkel der Willkür ist es nicht zu beanstanden, wenn eine Behörde ihren Entscheid nicht aussetzt, bis die zur Zeit der Einreichung eines Gesuches noch fehlenden gesetzlichen Voraussetzungen für dessen Gutheissung vorliegen. Mit dem Antrag, das staatsrechtliche Beschwerdeverfahren bis zum Inkrafttreten des Zonenplans zu sistieren, weil dann die Beschwerde "glattweg" gutgeheissen werden müsse, verkennen die Beschwerdeführer die Natur der Willkürbeschwerde. Da diese auf Grund der kantonalen Akten zu beurteilen ist (BGE 73 I 181Erw. 2,BGE 75 I 238a, BGE 84 I 164 Erw. 1), ist die Berücksichtigung von Tatsachen, die erst nach dem angefochtenen Entscheid eingetreten sind, ausgeschlossen. Der inzwischen angenommene Zonenplan kann daher auch vom Bundesgericht nicht berücksichtigt werden. ee) Mit dem zwischen den gleichen Parteien abgeschlossenen Kaufvertrag vom 27. Mai 1960, der dann durch denjenigen vom 8. Februar 1961 ersetzt worden ist, hat sich das Bundesgericht nicht zu befassen, da Gegenstand des angefochtenen Entscheids nur der Vertrag vom 8. Februar 1961 ist. c) Unbehelflich ist der Einwand, die Verkäufer Suter und Küng hätten ihre vertraglichen Verpflichtungen gegenüber den Beschwerdeführern nicht erfüllt, Treu und Glauben verletzt, ja sich geradezu "deliktisch" verhalten und
BGE 88 I 1 S. 8
verdienten daher keinen Rechtsschutz. Es fragt sich einzig, ob die Annahme des Regierungsrates, dass die fraglichen Grundstücke kein Bauland im Sinne von Art. 218 Abs. 2
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5. (Frage der Ausnahmebewilligung; Art. 218bis
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Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.