BGE-86-IV-218
Urteilskopf
86 IV 218
57. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 23. Dezember 1960 i.S. Sutter gegen Generalprokurator des Kantons Bern.
Regeste (de):
- 1. Unechtes Unterlassungsdelikt. Unter welchen Voraussetzungen zieht es Strafe nach sich (Erw. 2)?
- 2. Art. 48 Abs. 1 J
VG; Jagdhehlerei.
- a) Begriff des Verheimlichens (Erw. 1).
- b) Ist nach dieser Bestimmung auch strafbar, wer das Verbot des Verheimlichens gefrevelten Wildes durch ein Unterlassen übertritt (Erw. 3)?
Regeste (fr):
- 1. Délit de commission. Dans quelles conditions est-il punissable (consid. 2)?
- 2. Art. 48 al. 1 LCPO; recel en matière de braconnage.
- a) Définition du recel (consid. 1).
- b) Cette règle légale punit-elle aussi celui qui, par omission, viole l'interdiction de receler des animaux provenant de braconnage (consid. 3)?
Regesto (it):
- 1. Reato d'omissione. A quali condizioni è punibile (consid. 2)?
- 2. Art. 48 cp. 1 LCPU; ricettazione di animali cacciati di contrabbando.
- a) Definizione del "tenere nascosto" (consid. 1).
- b) E punibile, secondo questa norma, anche chi, per omissione, viola il divieto di ricettare animali provenienti dal contrabbando (consid. 3)?
Sachverhalt ab Seite 219
BGE 86 IV 218 S. 219
A.- Sutter, der freiwilliger Jagdaufseher war, oblag am 22. Oktober 1958 zusammen mit vier andern Jägern der Jagd, in deren Verlauf einer der Jäger, X., einen Rehbock schoss, obwohl er keine Wildmarke besass. Sutter nahm diesen Abschuss wahr und wusste auch, dass er widerrechtlich erfolgt war. Trotzdem brachte er den Vorfall nicht zur Anzeige und unternahm auch nichts, um das Beiseiteschaffen des erlegten Tieres zu verhindern.
B.- Der Gerichtspräsident von Aarberg büsste am 18. Juli 1960 X. wegen widerrechtlichen Erlegens eines Rehbockes (Art. 40 Abs. 1


C.- Gegen dieses Urteil führt Sutter Nichtigkeitsbeschwerde nach Art. 268 ff

Erwägungen
Aus den Erwägungen:
1. Der Jagdhehlerei nach Art. 48 Abs. 1

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ob der Begriff des Tätigwerdens weit oder eher eng auszulegen sei, kann dahingestellt bleiben, da so oder anders dem Beschwerdeführer nicht zur Last gelegt werden kann, sich durch ein positives Tun der Jagdhehlerei
BGE 86 IV 218 S. 220
im Sinne des Art. 48 Abs. 1


2. Verbote können regelmässig sowohl durch ein Tun als auch durch ein Unterlassen verletzt werden Ein solches passives Verhalten zieht nach der Rechtsprechung des Kassationshofes die gleiche strafrechtliche Haftung nach sich wie das positive Tun, sofern der verpönte Erfolg damit ursächlich zusammenhängt und der Beschuldigte verpflichtet war, seinen Eintritt durch ein Tun zu verhindern (BGE 53 I 356lit. a;BGE 79 IV 147; BGE 81 IV 202 f.). Voraussetzung der strafrechtlichen Ahndung wegen eines unechten Unterlassungsdeliktes (wie die Nichtabwendung eines verpönten Erfolges gemeinhin bezeichnet wird) ist ferner, wie bei den Begehungsdelikten, dass der Beschuldigte das Verbot nicht nur objektiv missachtet habe, sondern dass ihn an der Verletzung eine Schuld treffe. Es besteht kein Anlass, von dieser Rechtsprechung, die der herrschenden Lehrmeinung entspricht (HAFTER, Allg. Teil S. 76; THORMANN/OVERBECK, N. 4 zu Art. 9

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 9 - 1 Dieses Gesetz ist nicht anwendbar auf Personen, soweit deren Taten nach dem Militärstrafrecht zu beurteilen sind. |
BGE 86 IV 218 S. 221
des Angeklagten, der ein strafrechtlich geschütztes Verbot durch aktives Verhalten übertritt, häufig schwerer wiegen als der Fehler desjenigen, der sich pflichtwidrig passiv verhält. Das rechtfertigt jedoch keineswegs, diesen überhaupt nicht strafrechtlich zur Rechenschaft zu ziehen, sondern beeinflusst lediglich das Strafmass, das gemäss Art. 63

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 63 - 1 Ist der Täter psychisch schwer gestört, ist er von Suchtstoffen oder in anderer Weise abhängig, so kann das Gericht anordnen, dass er nicht stationär, sondern ambulant behandelt wird, wenn: |

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 48 - Das Gericht mildert die Strafe, wenn: |
3. Im vorliegenden Falle hat die Vorinstanz mit zutreffender Begründung angenommen, dass der Beschwerdeführer das Verbot des Verheimlichens gefrevelten Wildes durch ein Unterlassen verletzt und sich dadurch nach Art. 48 Abs. 1


SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 48 - Das Gericht mildert die Strafe, wenn: |


SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 48 - Das Gericht mildert die Strafe, wenn: |

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 48 - Das Gericht mildert die Strafe, wenn: |
BGE 86 IV 218 S. 222
gehörte in erster Linie, ein Beiseiteschaffen des Tieres, also ein Verheimlichen im Sinne des Art. 48 Abs. 1



SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 48 - Das Gericht mildert die Strafe, wenn: |

Gesetzesregister
BStP 268BStP 277JVG 38JVG 40JVG 48
StGB 9
StGB 48
StGB 63
VG 48
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 9 - 1 Dieses Gesetz ist nicht anwendbar auf Personen, soweit deren Taten nach dem Militärstrafrecht zu beurteilen sind. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 48 - Das Gericht mildert die Strafe, wenn: |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 63 - 1 Ist der Täter psychisch schwer gestört, ist er von Suchtstoffen oder in anderer Weise abhängig, so kann das Gericht anordnen, dass er nicht stationär, sondern ambulant behandelt wird, wenn: |