Urteilskopf

86 IV 158

39. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 14. Oktober 1960 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Schwyz gegen Cantarini.
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Regesto (it):


Erwägungen ab Seite 158

BGE 86 IV 158 S. 158

Aus den Erwägungen:
Gemäss Art. 137 Ziff. 3
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 137 - 1. Wer sich eine fremde bewegliche Sache aneignet, um sich oder einen andern damit unrechtmässig zu bereichern, wird, wenn nicht die besonderen Voraussetzungen der Artikel 138-140 zutreffen, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer sich eine fremde bewegliche Sache aneignet, um sich oder einen andern damit unrechtmässig zu bereichern, wird, wenn nicht die besonderen Voraussetzungen der Artikel 138-140 zutreffen, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Hat der Täter die Sache gefunden oder ist sie ihm ohne seinen Willen zugekommen,
StGB wird der Diebstahl zum Nachteil eines Angehörigen oder Familiengenossen nur auf Antrag verfolgt. Familiengenossen sind Personen, die in gemeinsamem Haushalte leben (Art. 110 Ziff. 3
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 110 - 1 Angehörige einer Person sind ihr Ehegatte, ihre eingetragene Partnerin oder ihr eingetragener Partner, ihre Verwandten gerader Linie, ihre vollbürtigen und halbbürtigen Geschwister, ihre Adoptiveltern, ihre Adoptivgeschwister und Adoptivkinder.154
1    Angehörige einer Person sind ihr Ehegatte, ihre eingetragene Partnerin oder ihr eingetragener Partner, ihre Verwandten gerader Linie, ihre vollbürtigen und halbbürtigen Geschwister, ihre Adoptiveltern, ihre Adoptivgeschwister und Adoptivkinder.154
2    Familiengenossen sind Personen, die in gemeinsamem Haushalt leben.
3    Als Beamte gelten die Beamten und Angestellten einer öffentlichen Verwaltung und der Rechtspflege sowie die Personen, die provisorisch ein Amt bekleiden oder provisorisch bei einer öffentlichen Verwaltung oder der Rechtspflege angestellt sind oder vorübergehend amtliche Funktionen ausüben.
3bis    Stellt eine Bestimmung auf den Begriff der Sache ab, so findet sie entsprechende Anwendung auf Tiere.155
4    Urkunden sind Schriften, die bestimmt und geeignet sind, oder Zeichen, die bestimmt sind, eine Tatsache von rechtlicher Bedeutung zu beweisen. Die Aufzeichnung auf Bild- und Datenträgern steht der Schriftform gleich, sofern sie demselben Zweck dient.
5    Öffentliche Urkunden sind Urkunden, die von Mitgliedern einer Behörde, Beamten und Personen öffentlichen Glaubens in Wahrnehmung hoheitlicher Funktionen ausgestellt werden. Nicht als öffentliche Urkunden gelten Urkunden, die von der Verwaltung der wirtschaftlichen Unternehmungen und Monopolbetriebe des Staates oder anderer öffentlich-rechtlicher Körperschaften und Anstalten in zivilrechtlichen Geschäften ausgestellt werden.
6    Der Tag hat 24 aufeinander folgende Stunden. Der Monat und das Jahr werden nach der Kalenderzeit berechnet.
7    Untersuchungshaft ist jede in einem Strafverfahren verhängte Haft, Untersuchungs-, Sicherheits- und Auslieferungshaft.
StGB). In gemeinsamem Haushalte aber lebt nur, wer zusammen isst und unter dem gleichen Dache schläft (BGE 72 IV 6 und seither ergangene Entscheidungen). An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten. Ausgangspunkt der Privilegierung nach Art. 137 Ziff. 3 ist die Rücksichtnahme auf die verwandtschaftlichen Bande,
BGE 86 IV 158 S. 159

die den Täter und den Bestohlenen als Angehörige der gleichen Familie verbinden. Die Behörde soll nicht gegen den Willen des Bestohlenen in die vermögensrechtlichen Interessen naher Verwandter eingreifen, auf die Gefahr hin, dass unter diesen Unfrieden gestiftet und ihr weiteres Zusammenleben im gemeinsamen Haushalt gestört oder verunmöglicht wird. Wenn das Gesetz den Geltungsbereich des Privilegs auf weitere Personen als die Familienangehörigen ausgedehnt hat und diesen die Familiengenossen gleichstellt, so hat sich damit am Grundgedanken, auf dem das Privileg beruht, nichts geändert. Dieses will nicht die engen Beziehungen zwischen Personen, die in irgendeinem Vertrauensverhältnis zueinander stehen, begünstigen, sondern den Hausfrieden unter Personen wahren, die durch gemeinsames Haushalten eine Hausgemeinschaft bilden, die, wie schon das Wort Familiengenosse sagt, derjenigen, wie sie unter den Gliedern ein und derselben Familie besteht, nahe kommt. Dazu gehört aber nicht nur gemeinsames Essen, sondern ebensosehr das Wohnen und Schlafen unter einem gemeinsamen Dache. In diesem Sinne wird auch der Begriff des gemeinsamen Haushaltes, den Art. 110 Ziff. 3
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 110 - 1 Angehörige einer Person sind ihr Ehegatte, ihre eingetragene Partnerin oder ihr eingetragener Partner, ihre Verwandten gerader Linie, ihre vollbürtigen und halbbürtigen Geschwister, ihre Adoptiveltern, ihre Adoptivgeschwister und Adoptivkinder.154
1    Angehörige einer Person sind ihr Ehegatte, ihre eingetragene Partnerin oder ihr eingetragener Partner, ihre Verwandten gerader Linie, ihre vollbürtigen und halbbürtigen Geschwister, ihre Adoptiveltern, ihre Adoptivgeschwister und Adoptivkinder.154
2    Familiengenossen sind Personen, die in gemeinsamem Haushalt leben.
3    Als Beamte gelten die Beamten und Angestellten einer öffentlichen Verwaltung und der Rechtspflege sowie die Personen, die provisorisch ein Amt bekleiden oder provisorisch bei einer öffentlichen Verwaltung oder der Rechtspflege angestellt sind oder vorübergehend amtliche Funktionen ausüben.
3bis    Stellt eine Bestimmung auf den Begriff der Sache ab, so findet sie entsprechende Anwendung auf Tiere.155
4    Urkunden sind Schriften, die bestimmt und geeignet sind, oder Zeichen, die bestimmt sind, eine Tatsache von rechtlicher Bedeutung zu beweisen. Die Aufzeichnung auf Bild- und Datenträgern steht der Schriftform gleich, sofern sie demselben Zweck dient.
5    Öffentliche Urkunden sind Urkunden, die von Mitgliedern einer Behörde, Beamten und Personen öffentlichen Glaubens in Wahrnehmung hoheitlicher Funktionen ausgestellt werden. Nicht als öffentliche Urkunden gelten Urkunden, die von der Verwaltung der wirtschaftlichen Unternehmungen und Monopolbetriebe des Staates oder anderer öffentlich-rechtlicher Körperschaften und Anstalten in zivilrechtlichen Geschäften ausgestellt werden.
6    Der Tag hat 24 aufeinander folgende Stunden. Der Monat und das Jahr werden nach der Kalenderzeit berechnet.
7    Untersuchungshaft ist jede in einem Strafverfahren verhängte Haft, Untersuchungs-, Sicherheits- und Auslieferungshaft.
StGB zur Umschreibung der Familiengenossen verwendet, allgemein aufgefasst. Der Angestellte, der im Hause seines Dienstherrn arbeitet und die Mahlzeiten einnimmt, aber auswärts wohnt und nächtigt, lebt nach üblicher Anschauung nicht im Haushalt seines Arbeitgebers. Das Leben in gemeinsamem Haushalte erschöpft sich nicht in gemeinsamer Arbeit und Verpflegung, sondern erfasst auch die Zeit der Musse und des Ruhens. Die Hausgemeinschaft, die sich nicht auf diesen Teil des Lebens erstreckt, ist nicht vollständig und kann durch ein sonstwie bestehendes Vertrauensverhältnis, das übrigens langjährige Dienstverhältnisse fast immer kennzeichnet, nicht ersetzt werden. Auf das Erfordernis des Wohnens und Schlafens unter gemeinsamem Dache kann auch aus andern Erwägungen nicht verzichtet werden. Die Frage, ob ein Diebstahl von Amtes wegen oder nur auf Antrag des Verletzten zu verfolgen
BGE 86 IV 158 S. 160

sei, ist aus Gründen der Zweckmässigkeit im ersten Untersuchungsstadium zu entscheiden. Um das zu ermöglichen, bedarf es der eindeutigen und klaren Umschreibung des Begriffes der Familiengenossen. Sie würde fehlen, wenn an Stelle der vollständigen schon die teilweise Teilnahme am gleichen Haushalt genügte und dafür darauf abzustellen wäre, ob zwischen dem Dieb und dem Bestohlenen ein enges persönliches Vertrauensverhältnis bestehe oder nicht, da bei der Vielfalt persönlicher Beziehungen eine allgemeingültige Abgrenzung zwischen engen und weitern Vertrauensverhältnissen praktisch unmöglich wäre und zudem die Feststellung des Grades der persönlichen Verbundenheit im Einzelfall oft Schwierigkeiten böte. Überdies bestände die Gefahr, dass die Auslegung des Kantonsgerichtes eine Erweiterung des Kreises der privilegierten Personen zur Folge hätte, was sachlich nicht zu rechtfertigen wäre und der Entstehungsgeschichte des Art. 137 Ziff. 3 widerspräche (vgl. BGE 72 IV 5).
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 86 IV 158
Date : 14. Oktober 1960
Published : 31. Dezember 1960
Source : Bundesgericht
Status : 86 IV 158
Subject area : BGE - Strafrecht und Strafvollzug
Subject : Art. 110 Ziff. 3, 137 Ziff. 3 StGB. Personen, die nur im gleichen Haushalte essen und arbeiten, sind nicht Familiengenossen,


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StGB: 110  137
BGE-register
72-IV-4 • 86-IV-158
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