86 II 355
55. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 29. November 1960 i.S. Müller gegen Knie.
Regeste (de):
- Retentionsrecht des Willensvollstreckers und Anwalts, Art. 895
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 895 - 1 Bewegliche Sachen und Wertpapiere, die sich mit Willen des Schuldners im Besitze des Gläubigers befinden, kann dieser bis zur Befriedigung für seine Forderung zurückbehalten, wenn die Forderung fällig ist und ihrer Natur nach mit dem Gegenstande der Retention in Zusammenhang steht.
1 Bewegliche Sachen und Wertpapiere, die sich mit Willen des Schuldners im Besitze des Gläubigers befinden, kann dieser bis zur Befriedigung für seine Forderung zurückbehalten, wenn die Forderung fällig ist und ihrer Natur nach mit dem Gegenstande der Retention in Zusammenhang steht. 2 Unter Kaufleuten besteht dieser Zusammenhang, sobald der Besitz sowohl als die Forderung aus ihrem geschäftlichen Verkehr herrühren. 3 Der Gläubiger hat das Retentionsrecht, soweit nicht Dritten Rechte aus früherem Besitze zustehen, auch dann, wenn die Sache, die er in gutem Glauben empfangen hat, nicht dem Schuldner gehört. - Anwendbarkeit von Art. 140
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 140 - Durch das Bestehen eines Fahrnispfandrechtes wird die Verjährung einer Forderung nicht ausgeschlossen, ihr Eintritt verhindert jedoch den Gläubiger nicht an der Geltendmachung des Pfandrechtes.
- Steht dem Anwalt, der im Anschluss an eine Testamentsvollstreckung ein zum Nachlass gehörendes Wertschriftendepot für den Erben weiterverwaltet und diesen auch sonst berät, für seine Honoraransprüche aus Willensvollstreckung und Anwaltstätigkeit ein Retentionsrecht zu? (Erw. 3, 4).
- Frage des Besitzes (Erw. 3).
- Frage des Zusammenhanges zwischen Forderung und Gegenstand der Retention beim nicht kaufmännischen Retentionsrecht (Erw. 4).
Regeste (fr):
- Droit de rétention de l'exécuteur testamentaire et de l'avocat, art. 895 CC.
- L'art. 140 CO est applicable au droit de rétention (consid. 2).
- L'avocat, qui, en même temps qu'il est exécuteur testamentaire, continue d'administrer pour les héritiers un dépôt de titres appartenant à la succession et qui, de plus, les conseille, possède-t-il un droit de rétention sur ces titres pour sa créance d'honoraires résultant de son activité d'exécuteur testamentaire et d'avocat (consid. 3 et 4).?
- Question de la possession (consid. 3).
- Question du lien de connexité entre la créance et l'objet retenu lorsqu'il s'agit d'un droit de rétention entre personnes qui ne sont pas commerçants (consid. 4).
Regesto (it):
- Diritto di ritenzione dell'esecutore testamentario e dell'avvocato, art. 895 CC.
- Applicabilità dell'art. 140 CO al diritto di ritenzione (consid. 2).
- L'avvocato che, mentre è esecutore testamentario, continua ad amministrare per gli eredi un deposito di titoli appartenenti alla successione e che, inoltre, li consiglia, possiede un diritto di ritenzione su questi titoli per il suo credito d'onorari risultante dalla sua attività di esecutore testamentario e d'avvocato (consid. 3 e 4)?
- Questione del possesso (consid. 3).
- Questione della connessione tra il credito e l'oggetto ritenuto, quando trattasi di un diritto di ritenzione tra persone che non sono commercianti (consid. 4).
Sachverhalt ab Seite 356
BGE 86 II 355 S. 356
A.- Der Beklagte, Rechtsanwalt W. Müller, war Willensvollstrecker des im Jahre 1940 verstorbenen Karl Knie, Verwaltungsratspräsident und Direktor der Zirkus Knie A.-G. Bei der im Jahre 1941 erfolgten Erbteilung wurde ein zur Verlassenschaft gehörendes Wertschriftendepot bei der Zürcher Kantonalbank, in dem sich Obligationen für Fr. 35'000.-- befanden, der Ehefrau des Erblassers, der Klägerin Frau A. Knie, zugewiesen. Von 1940 bis 1953 war der Beklagte Rechtsberater der Klägerin; insbesondere verwaltete er auch das Depot bei der Zürcher Kantonalbank, das heute noch besteht. Eine Rechnung für seine Bemühungen als Willensvollstrecker und als Anwalt stellte der Beklagte der Klägerin in dieser Zeit nie.
B.- Im Jahre 1955 belangte die Klägerin den Beklagten auf Herausgabe des Wertschriftendepots. Der Beklagte
BGE 86 II 355 S. 357
erhob Widerklage auf Verurteilung der Klägerin zur Bezahlung von Fr. 17'421.25 als Honorar für seine Bemühungen als Willensvollstrecker und Rechtsberater, sowie auf Feststellung, dass ihm für diese Forderung ein Retentionsrecht am Wertschriftendepot zustehe. Die Klägerin bestritt das Bestehen sowohl der Widerklageforderung als auch eines Retentionsrechtes des Beklagten und erhob ferner die Einrede der Verjährung.
C.- Das Obergericht Zürich kam mit Urteil vom 13. Mai 1960 zum Schlusse, die Forderung des Beklagten auf eine Vergütung für die Tätigkeit als Willensvollstrecker sei verjährt, da sein Mandat schon Ende 1941 erloschen sei; dagegen stehe ihm für einen Honoraranspruch von Fr. 5852.50 ein Retentionsrecht am Wertschriftendepot zu. Ebenso seien die Honorarsprüche des Beklagten aus Anwaltstätigkeit für die Klägerin mit Ausnahme einer Forderung von Fr. 340.-- verjährt; für sein Anwaltshonorar könne der Beklagte kein Retentionsrecht beanspruchen, weil ihm als Anwalt seitens der Klägerin kein Besitz an den streitigen Wertschriften eingeräumt worden sei und zwischen seinem Besitz als Willensvollstrecker und seiner Anwaltsforderung kein rechtlich bedeutsamer Zusammenhang bestehe.
D.- Auf Berufung des Beklagten hin hebt das Bundesgericht das angefochtene Urteil auf und weist die Sache an die Vorinstanz zurück auf Grund der folgenden
Erwägungen
Erwägungen:
1. Der Beklagte macht mit der Berufung in erster Linie geltend, es stehe ihm ein Retentionsrecht für seine volle, noch beanspruchte Forderung von Fr. 17'421.25 nebst Zinsen und Kosten zu, nicht bloss für seine Ansprüche aus der Tätigkeit als Willensvollstrecker; die gegenteilige Entscheidung der Vorinstanz verletze Art. 895
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 895 - 1 Bewegliche Sachen und Wertpapiere, die sich mit Willen des Schuldners im Besitze des Gläubigers befinden, kann dieser bis zur Befriedigung für seine Forderung zurückbehalten, wenn die Forderung fällig ist und ihrer Natur nach mit dem Gegenstande der Retention in Zusammenhang steht. |
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1 | Bewegliche Sachen und Wertpapiere, die sich mit Willen des Schuldners im Besitze des Gläubigers befinden, kann dieser bis zur Befriedigung für seine Forderung zurückbehalten, wenn die Forderung fällig ist und ihrer Natur nach mit dem Gegenstande der Retention in Zusammenhang steht. |
2 | Unter Kaufleuten besteht dieser Zusammenhang, sobald der Besitz sowohl als die Forderung aus ihrem geschäftlichen Verkehr herrühren. |
3 | Der Gläubiger hat das Retentionsrecht, soweit nicht Dritten Rechte aus früherem Besitze zustehen, auch dann, wenn die Sache, die er in gutem Glauben empfangen hat, nicht dem Schuldner gehört. |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 140 - Durch das Bestehen eines Fahrnispfandrechtes wird die Verjährung einer Forderung nicht ausgeschlossen, ihr Eintritt verhindert jedoch den Gläubiger nicht an der Geltendmachung des Pfandrechtes. |
BGE 86 II 355 S. 358
Wie der Beklagte zutreffend bemerkt, kann die Frage der Verjährung dahingestellt bleiben, wenn man die Anwendbarkeit des Art. 140
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 140 - Durch das Bestehen eines Fahrnispfandrechtes wird die Verjährung einer Forderung nicht ausgeschlossen, ihr Eintritt verhindert jedoch den Gläubiger nicht an der Geltendmachung des Pfandrechtes. |
2. Nach Art. 140
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 140 - Durch das Bestehen eines Fahrnispfandrechtes wird die Verjährung einer Forderung nicht ausgeschlossen, ihr Eintritt verhindert jedoch den Gläubiger nicht an der Geltendmachung des Pfandrechtes. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 895 - 1 Bewegliche Sachen und Wertpapiere, die sich mit Willen des Schuldners im Besitze des Gläubigers befinden, kann dieser bis zur Befriedigung für seine Forderung zurückbehalten, wenn die Forderung fällig ist und ihrer Natur nach mit dem Gegenstande der Retention in Zusammenhang steht. |
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1 | Bewegliche Sachen und Wertpapiere, die sich mit Willen des Schuldners im Besitze des Gläubigers befinden, kann dieser bis zur Befriedigung für seine Forderung zurückbehalten, wenn die Forderung fällig ist und ihrer Natur nach mit dem Gegenstande der Retention in Zusammenhang steht. |
2 | Unter Kaufleuten besteht dieser Zusammenhang, sobald der Besitz sowohl als die Forderung aus ihrem geschäftlichen Verkehr herrühren. |
3 | Der Gläubiger hat das Retentionsrecht, soweit nicht Dritten Rechte aus früherem Besitze zustehen, auch dann, wenn die Sache, die er in gutem Glauben empfangen hat, nicht dem Schuldner gehört. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 898 - 1 Kommt der Schuldner seiner Verpflichtung nicht nach, so kann der Gläubiger, wenn er nicht hinreichend sichergestellt wird, die zurückbehaltene Sache nach vorgängiger Benachrichtigung des Schuldners wie ein Faustpfand verwerten. |
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1 | Kommt der Schuldner seiner Verpflichtung nicht nach, so kann der Gläubiger, wenn er nicht hinreichend sichergestellt wird, die zurückbehaltene Sache nach vorgängiger Benachrichtigung des Schuldners wie ein Faustpfand verwerten. |
2 | Zur Verwertung zurückbehaltener Namenpapiere hat in Vertretung des Schuldners der Betreibungs- oder der Konkursbeamte das Erforderliche vorzunehmen. |
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 37 - 1 Der Ausdruck «Grundpfandrecht» im Sinne dieses Gesetzes umfasst: die Grundpfandverschreibung, den Schuldbrief, die Grundpfandrechte des bisherigen Rechtes, die Grundlast und jedes Vorzugsrecht auf bestimmte Grundstücke sowie das Pfandrecht an der Zugehör eines Grundstücks.63 |
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1 | Der Ausdruck «Grundpfandrecht» im Sinne dieses Gesetzes umfasst: die Grundpfandverschreibung, den Schuldbrief, die Grundpfandrechte des bisherigen Rechtes, die Grundlast und jedes Vorzugsrecht auf bestimmte Grundstücke sowie das Pfandrecht an der Zugehör eines Grundstücks.63 |
2 | Der Ausdruck «Faustpfand» begreift auch die Viehverpfändung, das Retentionsrecht und das Pfandrecht an Forderungen und anderen Rechten. |
3 | Der Ausdruck «Pfand» umfasst sowohl das Grundpfand als das Fahrnispfand. |
BGE 86 II 355 S. 359
auf einseitigem Willensentschluss des Gläubigers beruht und der Schuldner sich daher über das Schicksal der in seinem Eigentum stehenden Sache im Ungewissen befindet, solange der Gläubiger sich nicht darüber ausgesprochen hat, ob er das Retentionsrecht beanspruchen wolle. Der Schuldner hat es ja in der Hand, nach eingetretener Verjährung der Forderung, den für ihn nachteiligen Schwebezustand dadurch zu beendigen, dass er die Herausgabe des Retentionsgegenstandes verlangt, wie es im vorliegenden Fall geschehen ist, und damit den Gegner zwingt, sich darüber zu äussern, ob er ein Retentionsrecht in Anspruch nehme.
Die hier vertretene Auffassung, dass Art. 140
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 140 - Durch das Bestehen eines Fahrnispfandrechtes wird die Verjährung einer Forderung nicht ausgeschlossen, ihr Eintritt verhindert jedoch den Gläubiger nicht an der Geltendmachung des Pfandrechtes. |
3. Damit der Beklagte ein Retentionsrecht in Anspruch nehmen kann, muss ihm an den streitigen Wertpapieren gemäss Art. 895 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 895 - 1 Bewegliche Sachen und Wertpapiere, die sich mit Willen des Schuldners im Besitze des Gläubigers befinden, kann dieser bis zur Befriedigung für seine Forderung zurückbehalten, wenn die Forderung fällig ist und ihrer Natur nach mit dem Gegenstande der Retention in Zusammenhang steht. |
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1 | Bewegliche Sachen und Wertpapiere, die sich mit Willen des Schuldners im Besitze des Gläubigers befinden, kann dieser bis zur Befriedigung für seine Forderung zurückbehalten, wenn die Forderung fällig ist und ihrer Natur nach mit dem Gegenstande der Retention in Zusammenhang steht. |
2 | Unter Kaufleuten besteht dieser Zusammenhang, sobald der Besitz sowohl als die Forderung aus ihrem geschäftlichen Verkehr herrühren. |
3 | Der Gläubiger hat das Retentionsrecht, soweit nicht Dritten Rechte aus früherem Besitze zustehen, auch dann, wenn die Sache, die er in gutem Glauben empfangen hat, nicht dem Schuldner gehört. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 920 - 1 Hat ein Besitzer die Sache einem andern zu einem beschränkten dinglichen oder einem persönlichen Recht übertragen, so sind sie beide Besitzer. |
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1 | Hat ein Besitzer die Sache einem andern zu einem beschränkten dinglichen oder einem persönlichen Recht übertragen, so sind sie beide Besitzer. |
2 | Wer eine Sache als Eigentümer besitzt, hat selbständigen, der andere unselbständigen Besitz. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 518 - 1 Die Willensvollstrecker stehen, soweit der Erblasser nichts anderes verfügt, in den Rechten und Pflichten des amtlichen Erbschaftsverwalters. |
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1 | Die Willensvollstrecker stehen, soweit der Erblasser nichts anderes verfügt, in den Rechten und Pflichten des amtlichen Erbschaftsverwalters. |
2 | Sie haben den Willen des Erblassers zu vertreten und gelten insbesondere als beauftragt, die Erbschaft zu verwalten, die Schulden des Erblassers zu bezahlen, die Vermächtnisse auszurichten und die Teilung nach den vom Erblasser getroffenen Anordnungen oder nach Vorschrift des Gesetzes auszuführen. |
3 | Sind mehrere Willensvollstrecker bestellt, so stehen ihnen diese Befugnisse unter Vorbehalt einer anderen Anordnung des Erblassers gemeinsam zu. |
BGE 86 II 355 S. 360
auf die Willensvollstreckung ein. Dem kann vorerst einmal hinsichtlich der Frage des Besitzes nicht beigepflichtet werden. Die Auffassung der Vorinstanz träfe wohl zu, wenn mit der Beendigung der Willensvollstreckung der Besitz des Beklagten dahingefallen wäre. Das war aber nicht der Fall. Wie die Akten zeigen, beliess vielmehr die Klägerin auch nach der Erbteilung und der Beendigung der Willensvollstreckung, d.h. nach 1941, dem Beklagten weiterhin den unselbständigen Besitz am Depot; sie hat, obwohl sie auf Grund des Erbteilungsvertrages vom 26. August 1941 das Eigentum an den bei der Zürcher Kantonalbank deponierten Wertpapieren erlangte, dem Beklagten durch schlüssiges Verhalten die Verwaltung - und damit willentlich auch den Besitz - weiter überlassen. Dabei war sie sich über die Zusammensetzung ihres Vermögens im klaren. Der von ihr persönlich unterzeichnete Erbteilungsvertrag enthält eine Vermögensaufstellung mit genauer Bezeichnung sämtlicher Wertschriften; darin sind insbesondere auch die heute im Depot bei der Zürcher Kantonalbank liegenden Werte mitenthalten; ebenso sind sie in den gleichfalls von der Klägerin persönlich unterzeichneten Wertschriftenverzeichnissen zu den Steuererklärungen 1942/43 aufgeführt. Die Klägerin wusste auch, dass die streitigen Wertschriften vom Beklagten verwaltet wurden; denn sie liess im Jahre 1953 die Werte des Zürcher Depots beim Beklagten und bei niemand anderem herausverlangen. Angesichts dieser Umstände ist es belanglos, wenn die Vorinstanz das Fehlen eines "Fürsorgeauftrags" des Erblassers oder der Klägerin selber an den Beklagten feststellt, eine Urkunde über einen Auftrag der Klägerin an den Beklagten zur Vermögensverwaltung vermisst usw. All dessen bedurfte es nicht. Der Beklagte hatte die streitigen Vermögenswerte bereits in Besitz und Verwaltung, und beides überliess ihm die Klägerin nach durchgeführter Erbteilung über 12 Jahre hin weiter. Auf diese Zeitdauer darf sie sich nicht nur berufen, wo sich
BGE 86 II 355 S. 361
diese (wie z.B. in der Frage der Verjährung) zu ihren Gunsten auswirkt, sondern sie muss sie auch gegen sich gelten lassen. Das Erfordernis des Besitzes des Beklagten ist daher als erfüllt anzusehen, auch soweit seine Tätigkeit als Anwalt in Frage steht.
4. Nach Art. 895 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 895 - 1 Bewegliche Sachen und Wertpapiere, die sich mit Willen des Schuldners im Besitze des Gläubigers befinden, kann dieser bis zur Befriedigung für seine Forderung zurückbehalten, wenn die Forderung fällig ist und ihrer Natur nach mit dem Gegenstande der Retention in Zusammenhang steht. |
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1 | Bewegliche Sachen und Wertpapiere, die sich mit Willen des Schuldners im Besitze des Gläubigers befinden, kann dieser bis zur Befriedigung für seine Forderung zurückbehalten, wenn die Forderung fällig ist und ihrer Natur nach mit dem Gegenstande der Retention in Zusammenhang steht. |
2 | Unter Kaufleuten besteht dieser Zusammenhang, sobald der Besitz sowohl als die Forderung aus ihrem geschäftlichen Verkehr herrühren. |
3 | Der Gläubiger hat das Retentionsrecht, soweit nicht Dritten Rechte aus früherem Besitze zustehen, auch dann, wenn die Sache, die er in gutem Glauben empfangen hat, nicht dem Schuldner gehört. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 895 - 1 Bewegliche Sachen und Wertpapiere, die sich mit Willen des Schuldners im Besitze des Gläubigers befinden, kann dieser bis zur Befriedigung für seine Forderung zurückbehalten, wenn die Forderung fällig ist und ihrer Natur nach mit dem Gegenstande der Retention in Zusammenhang steht. |
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1 | Bewegliche Sachen und Wertpapiere, die sich mit Willen des Schuldners im Besitze des Gläubigers befinden, kann dieser bis zur Befriedigung für seine Forderung zurückbehalten, wenn die Forderung fällig ist und ihrer Natur nach mit dem Gegenstande der Retention in Zusammenhang steht. |
2 | Unter Kaufleuten besteht dieser Zusammenhang, sobald der Besitz sowohl als die Forderung aus ihrem geschäftlichen Verkehr herrühren. |
3 | Der Gläubiger hat das Retentionsrecht, soweit nicht Dritten Rechte aus früherem Besitze zustehen, auch dann, wenn die Sache, die er in gutem Glauben empfangen hat, nicht dem Schuldner gehört. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 895 - 1 Bewegliche Sachen und Wertpapiere, die sich mit Willen des Schuldners im Besitze des Gläubigers befinden, kann dieser bis zur Befriedigung für seine Forderung zurückbehalten, wenn die Forderung fällig ist und ihrer Natur nach mit dem Gegenstande der Retention in Zusammenhang steht. |
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1 | Bewegliche Sachen und Wertpapiere, die sich mit Willen des Schuldners im Besitze des Gläubigers befinden, kann dieser bis zur Befriedigung für seine Forderung zurückbehalten, wenn die Forderung fällig ist und ihrer Natur nach mit dem Gegenstande der Retention in Zusammenhang steht. |
2 | Unter Kaufleuten besteht dieser Zusammenhang, sobald der Besitz sowohl als die Forderung aus ihrem geschäftlichen Verkehr herrühren. |
3 | Der Gläubiger hat das Retentionsrecht, soweit nicht Dritten Rechte aus früherem Besitze zustehen, auch dann, wenn die Sache, die er in gutem Glauben empfangen hat, nicht dem Schuldner gehört. |
BGE 86 II 355 S. 362
Abs. 1 ZGB verlangt, dass die Forderung ihrer Natur nach mit dem Gegenstand der Retention in Zusammenhang stehe. Das bedingt aber noch nicht den gleichen Rechtsgrund. Besitzerwerb und Forderung brauchen vielmehr nicht auf Grund ein und desselben Rechtsverhältnisses entstanden zu sein, sondern es genügt, dass beide Verhältnisse durch denselben Zweck verbunden sind oder sonst in einem natürlichen Zusammenhang stehen (WIELAND, Sachenrecht S. 462). Der Begriff der Konnexität ist somit in einem weiter gefassten rechtlichen und tatsächlichen Zusammenhang zu verstehen, als ihn die Vorinstanz auffasst. Auf diesem Boden steht auch die bundesgerichtliche Rechtsprechung (BGE 71 II 88). b) Ob dem Beklagten mit Bezug auf seine gesamte Tätigkeit für die Klägerin Retentionsrechte zuerkannt werden können, hängt von der Art seines geschäftlichen Verhältnisses zur Klägerin ab. In dieser Beziehung ist den Feststellungen der Vorinstanz und den Akten folgendes zu entnehmen: Der Beklagte, der schon seit Jahren der juristische Berater des Ehemannes der Klägerin gewesen war, erhielt von diesem am 28. April 1938 eine Generalvollmacht zur Vertretung des Vollmachtgebers in sämtlichen geschäftlichen und persönlichen Angelegenheiten, mit Wirkung der Vollmacht über den Tod hinaus. Als der Beklagte dann, wie erwähnt, von Karl Knie testamentarisch zum Willensvollstrecker ernannt wurde und diesen Auftrag annahm, erteilte ihm die Klägerin selber am 1. Juli 1941, ein Jahr nach dem Tod ihres Ehemannes, auch noch eine Spezialvollmacht "betreffend Erbschaft und Testament". Demgemäss wurde der Beklagte um die Zeit des Abschlusses der Erbteilung (Sommer 1941) als persönlicher Vertreter der Klägerin aufgeführt, und zwar auf einer an sie (als Beklagte) ergangenen gerichtlichen Vorladung betr. Erbschaft und Anfechtung des Testaments. Der Beklagte stand der Klägerin nicht nur in Bezug auf die Regelung der Erbschaftsangelegenheit zur Seite,
BGE 86 II 355 S. 363
sondern er beriet und vertrat sie seit dem Tod ihres Gatten fortdauernd in einer Anzahl sonstiger Geschäfte. So besorgte er vor allem ihre persönlichen Steuerangelegenheiten... Die Besorgung der persönlichen Steuerangelegenheiten der Klägerin steht aber mit dem Gegenstand der Retention, d.h. mit den Werttiteln des Depots Nr. 34034, in direktem Zusammenhang, zumal das Vermögen der Klägerin zur Hauptsache aus Wertpapieren bestand; für solche zählt die Erledigung der Steuerfragen zweifellos zu den wichtigsten Verwaltungshandlungen. Der Beklagte befasste sich sodann auch noch mit zahlreichen anderen, die Klägerin persönlich betreffenden Angelegenheiten. In dieser Hinsicht sind insbesondere zu erwähnen... Aus alledem erhellt, dass der Beklagte jedenfalls von der Erbteilung im Jahre 1941 an bis Ende 1950, zum Teil aber auch noch 1952/53, der Vertrauensanwalt der Klägerin gewesen ist. Das wird auch durch verschiedene persönliche Schreiben der Klägerin an den Beklagten aus den Jahren 1941-1952 bestätigt. Lag aber ein ausgesprochenes Vertrauensverhältnis zwischen Klientin und Anwalt vor, wobei jene diesem die Verfügung über ein Bankdepot überliess, so darf die Konnexität im oben dargelegten weiteren Sinne angenommen werden. Angesichts der gegebenen Umstände rechtfertigt es sich nicht, ein Retentionsrecht des in persönlichen und vermögensrechtlichen Angelegenheiten dauernd und jahrelang beanspruchten Anwalts zu verneinen. Es lag zwischen den Parteien eine auf die Dauer berechnete Geschäftsverbindung mit einem Komplex von Rechtsgeschäften vor, welche die persönliche und vermögensrechtliche Stellung der Klägerin betrafen und darum unter sich zusammenhängen (vgl. hiezu: OFTINGER, ZGB Art. 895 N. 103/4). Insbesondere durfte der Beklagte nach den das Institut des Retentionsrechts beherrschenden Grundsätzen von Treu und Glauben erwarten, dass die Klägerin die ausschliessliche Verfügung über ihre bislang seiner Verwaltung überlassenen Vermögenswerte nicht
BGE 86 II 355 S. 364
ohne Begleichung der Anwaltsrechnung an sich ziehe. Das erscheint um so eher gerechtfertigt, als diese Ordnung der Auffassung des zürcherischen Anwaltsgesetzes entspricht. Im Verhältnis zwischen der Klägerin als Verwaltungsratsmitglied des grössten schweizerischen Unternehmens des Zirkusgewerbes und dem Beklagten als Geschäftsanwalt ist dieses Ergebnis nicht unbillig. Diese weite Auffassung vom Begriff der Konnexität birgt allerdings eine gewisse Gefahr der Verwischung des Unterschiedes zwischen dem kaufmännischen und dem bürgerlichen Retentionsrecht in sich. Aber das ist einerseits der fortschreitenden Kommerzialisierung des Wirtschaftlebens zuzuschreiben und anderseits die Folge davon, dass das schweizerische Recht an sich schon die Grundtendenz aufweist, das bürgerliche Recht und das Handelsrecht einander anzugleichen. Dem ist Rechnung zu tragen, wo dies gerechtfertigt erscheint. c) Da demnach dem Beklagten ein Retentionsrecht sowohl für seine Ansprüche aus Willensvollstreckung, als auch für diejenigen aus Anwaltstätigkeit zusteht, erübrigt sich eine Prüfung der Verjährungsfrage. Dagegen muss die Sache im Sinne des Eventualantrags der Berufung an die Vorinstanz zurückgewiesen werden zur Feststellung der Vergütung, die dem Beklagten über die von der Vorinstanz zugesprochenen Beträge hinaus noch zusteht; denn die Vorinstanz hat sich hiezu nicht ausgesprochen und die Höhe dieser Ansprüche ist umstritten.