85 IV 80
21. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 12. Juni 1959 i. S. Meier gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern.
Regeste (de):
- Art. 303 Ziff. 1 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 303 - 1. Wer einen Nichtschuldigen wider besseres Wissen bei der Behörde eines Verbrechens oder eines Vergehens beschuldigt, in der Absicht, eine Strafverfolgung gegen ihn herbeizuführen,
1 Wer einen Nichtschuldigen wider besseres Wissen bei der Behörde eines Verbrechens oder eines Vergehens beschuldigt, in der Absicht, eine Strafverfolgung gegen ihn herbeizuführen, 2 Betrifft die falsche Anschuldigung eine Übertretung, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe. - Dieser Tatbestand setzt ein arglistiges Vorgehen nicht voraus (Erw. 1).
- Der Täter beschuldigt, wenn er der Behörde, auch in einem von dieser veranlassten Verhör, mitteilt, dass eine Person ein Verbrechen oder Vergehen begangen habe (Erw. 2).
- Der Beschuldigte muss nicht mit Namen genannt werden, aber bestimmbar sein (Erw. 3).
Regeste (fr):
- Art. 303 ch. 1 al. 1 CP.
- Cette infraction n'implique pas que l'auteur ait agi malicieusement (consid. 1).
- L'auteur dénonce lorsqu'il informe l'autorité, fût-ce au cours d'un interrogatoire provoqué par elle, qu'une personne a commis un crime ou un délit (consid. 2).
- Il faut, non pas que la personne dénoncée soit désignée nommément, mais qu'elle puisse être identifiée.
Regesto (it):
- Art. 303 num. 1 cp. 1 CP.
- Questo reato non presuppone che l'autore abbia agito con malizia (consid. 1).
- L'autore denuncia quando informa l'autorità, foss'anche nel corso di un interrogatorio da essa provocato, che una persona ha commesso un crimine o un delitto (consid. 2).
- Non occorre che la persona denunciata sia designata per nome, ma basta ch'essa possa essere identificata.
Sachverhalt ab Seite 80
BGE 85 IV 80 S. 80
A.- Meier wurde 1948 vom Obergericht des Kantons Luzern zu zwanzig Tagen Gefängnis und zu einer Busse verurteilt. Der Vollzug der Gefängnisstrafe wurde auf Gesuch des Verurteilten mehrere Male verschoben und schliesslich versehentlich nicht mehr angeordnet. Als Meier im Sommer 1957 in der Anstalt Wauwilermoos eine neue Freiheitsstrafe verbüsste, machte er aus Rache gegen die Justizbehörden gegenüber dem Anstaltsverwalter Oswald die Bemerkung, er habe den Vollzug einer früheren Gefängnisstrafe durch Bestechung eines Beamten verhindern können. Einige Tage später vom Sekretär des Justizdepartementes darüber befragt, erklärte Meier, er habe die frühere Gefängnisstrafe von zwanzig Tagen nicht absitzen müssen, weil er den Vollzugsbeamten, der Wydin oder ähnlich geheissen habe, gegen Bezahlung von Fr. 500.-- veranlasst habe, den Strafvollzug nicht anzuordnen; er habe gewusst, dass auch in anderen Fällen auf diese Weise Strafen nicht vollzogen worden seien. Meier wiederholte in der Folge seine Anschuldigung vor
BGE 85 IV 80 S. 81
der Kantonspolizei und in dem gegen ihn eingeleiteten Strafverfahren. Auf den Vorhalt, dass Wydin sich mit dem Vollzug von Gefängnisstrafen unter 21 Tagen nicht befasse, erwiderte er, dass es sich auch um einen Beamten des Statthalteramtes, Felber oder Brunner, gehandelt haben könne.
B.- Am 7. April 1959 verurteilte das Obergericht des Kantons Luzern Meier wegen falscher Anschuldigung (Art. 303 Ziff. 1 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 303 - 1. Wer einen Nichtschuldigen wider besseres Wissen bei der Behörde eines Verbrechens oder eines Vergehens beschuldigt, in der Absicht, eine Strafverfolgung gegen ihn herbeizuführen, |
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1 | Wer einen Nichtschuldigen wider besseres Wissen bei der Behörde eines Verbrechens oder eines Vergehens beschuldigt, in der Absicht, eine Strafverfolgung gegen ihn herbeizuführen, |
2 | Betrifft die falsche Anschuldigung eine Übertretung, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 304 - 1. Wer bei einer Behörde wider besseres Wissen anzeigt, es sei eine strafbare Handlung begangen worden, |
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1 | Wer bei einer Behörde wider besseres Wissen anzeigt, es sei eine strafbare Handlung begangen worden, |
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C.- Der Verurteilte führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, er sei freizusprechen.
Erwägungen
Der Kassationshof zieht in Erwägung:
1. Nach Art. 303 Ziff. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 303 - 1. Wer einen Nichtschuldigen wider besseres Wissen bei der Behörde eines Verbrechens oder eines Vergehens beschuldigt, in der Absicht, eine Strafverfolgung gegen ihn herbeizuführen, |
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1 | Wer einen Nichtschuldigen wider besseres Wissen bei der Behörde eines Verbrechens oder eines Vergehens beschuldigt, in der Absicht, eine Strafverfolgung gegen ihn herbeizuführen, |
2 | Betrifft die falsche Anschuldigung eine Übertretung, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe. |
BGE 85 IV 80 S. 82
unwahre Anschuldigung eines Nichtschuldigen bereits als arglistig gilt und dass das Merkmal der Arglist ebenso bei bloss indirekten Veranstaltungen zutreffen muss, damit sie dem in Abs. 1 umschriebenen Hauptfall einer arglistigen Veranstaltung gleichgestellt werden können (vgl. HAFTER, Bes. Teil II, S. 792; LANG, Prot. II. Exp. Komm. 6, 109).
2. Beschuldigen (dénoncer, denunciare) im Sinne von Art. 303 Ziff. 1 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 303 - 1. Wer einen Nichtschuldigen wider besseres Wissen bei der Behörde eines Verbrechens oder eines Vergehens beschuldigt, in der Absicht, eine Strafverfolgung gegen ihn herbeizuführen, |
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1 | Wer einen Nichtschuldigen wider besseres Wissen bei der Behörde eines Verbrechens oder eines Vergehens beschuldigt, in der Absicht, eine Strafverfolgung gegen ihn herbeizuführen, |
2 | Betrifft die falsche Anschuldigung eine Übertretung, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 304 - 1. Wer bei einer Behörde wider besseres Wissen anzeigt, es sei eine strafbare Handlung begangen worden, |
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1 | Wer bei einer Behörde wider besseres Wissen anzeigt, es sei eine strafbare Handlung begangen worden, |
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BGE 85 IV 80 S. 83
Indem der Beschwerdeführer in seinen Aussagen vor dem Sekretär des Justizdepartementes, vor der Kantonspolizei und dem Statthalteramt ausdrücklich und in bestimmter Form den Vorwurf erhob, Beamte hätten sich bestechen lassen, hat er diese bei der Behörde eines Verbrechens (Art. 315
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 304 - 1. Wer bei einer Behörde wider besseres Wissen anzeigt, es sei eine strafbare Handlung begangen worden, |
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1 | Wer bei einer Behörde wider besseres Wissen anzeigt, es sei eine strafbare Handlung begangen worden, |
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3. Die Beschuldigung muss gegen eine bestimmte Person gerichtet sein. Das setzt nicht voraus, dass der Beschuldigte mit Namen genannt wird; es genügt, dass die Person, die der Täter bezichtigen will, bestimmbar ist. Das wäre schon der Fall gewesen, wenn der Beschwerdeführer sich auf die Erklärung beschränkt hätte, ein Beamter habe für Geld verhindert, dass er die Strafe von zwanzig Tagen Gefängnis verbüssen musste. Da sich nur der Rechnungsführer des Statthalteramtes mit dem Vollzug von Gefängnisstrafen bis zu zwanzig Tagen befasst, hätte der Verdacht einzig auf diesen Beamten fallen können. Der Beschwerdeführer hat darüber hinaus bestimmte Namen genannt, vorerst Wydin, Vollzugsbeamter des Justizdepartementes, und später, als er erfuhr, dass dieser mit dem Vollzug der Strafe nichts zu tun hatte, Felber und Brunner, die im Rechnungsbüro des Statthalteramtes tätig gewesen waren. Das Erfordernis, dass bestimmte Personen beschuldigt werden, war somit erfüllt. Daran ändert nichts, dass der Beschwerdeführer die genannten Beamten nachträglich entlastet hat. Der Tatbestand des Art. 303
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 303 - 1. Wer einen Nichtschuldigen wider besseres Wissen bei der Behörde eines Verbrechens oder eines Vergehens beschuldigt, in der Absicht, eine Strafverfolgung gegen ihn herbeizuführen, |
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1 | Wer einen Nichtschuldigen wider besseres Wissen bei der Behörde eines Verbrechens oder eines Vergehens beschuldigt, in der Absicht, eine Strafverfolgung gegen ihn herbeizuführen, |
2 | Betrifft die falsche Anschuldigung eine Übertretung, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe. |
4. (Folgen Ausführungen darüber, dass der Beschwerdeführer wusste, dass die Anschuldigung falsch war, und dass er in der Eventualabsicht gehandelt hat,
BGE 85 IV 80 S. 84
eine Strafverfolgung gegen die bezeichneten Beamten herbeizuführen).
5. (Ausführungen darüber, dass die bewusst falsche Anzeige, es seien noch andere Beamte bestochen worden, den Tatbestand des Art. 304
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 304 - 1. Wer bei einer Behörde wider besseres Wissen anzeigt, es sei eine strafbare Handlung begangen worden, |
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1 | Wer bei einer Behörde wider besseres Wissen anzeigt, es sei eine strafbare Handlung begangen worden, |
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Dispositiv
Demnach erkennt der Kassationshof:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.