85 II 32
7. Urteil der I. Zivilabteilung vom 3. März 1959 i.S. Bilgischer gegen Kippel.
Regeste (de):
- Art. 41 Abs. 1, 44 Abs. 1 OR, Art. 63 Abs. 3 MFV.
- a) Wenn die Fahrt mit einem Traktor, dessen Geschwindigkeit 20 km/Std nicht übersteigen kann, mit der Bewirtschaftung eines Landwirtschaftsbetriebes zusammenhängt, darf das Arbeitspersonal auf den Anhängewagen mitgeführt werden (Erw. 1).
- b) Handelt der Führer eines solchen Traktors schuldhaft, wenn er jemanden auf dem angehängten Heufuder mitfahren lässt? (Erw. 2).
- c) Verschulden des Mitgeführten (Erw. 3).
Regeste (fr):
- Art. 41 al. 1 et 44 al. 1 CO, art. 63 al. 3 RA.
- a) Lorsqu'un tracteur qui ne peut dépasser la vitesse de 20 km/h effectue un parcours en relation avec l'exploitation d'une entreprise agricole, le personnel peut être transporté sur les remorques (consid. 1).
- b) Le conducteur d'un tel tracteur commet-il une faute s'il admet qu'une personne prenne place sur le char de foin qu'il remorque? (consid. 2).
- c) Faute du passager (consid. 3).
Regesto (it):
- Art. 41 cp. 1 e 44 cp. 1 CO, art. 63 cp. 3 RLA.
- a) Quando una trattrice, che non può superare la velocità di 20 km/h, effettua un percorso per motivi inerenti all'esercizio di un'azienda agricola, il personale può essere trasportato sui rimorchi (consid. 1).
- b) Il conducente di una siffatta trattrice commette una colpa se permette che una persona prenda posto nel carro di fieno che rimorchia? (consid. 2).
- c) Colpa del passeggero (consid. 3).
Sachverhalt ab Seite 32
BGE 85 II 32 S. 32
A.- Josef Bilgischer mähte am 23. Juni 1955 für Adolf Kippel eine Wiese. Kippel half ihm daher am Nachmittag des gleichen Tages beim Heuen einer Wiese des Kaspar Kuonen in den Preisen, Gemeinde Leuk. Am Schlusse der Arbeit führte Bilgischer das Heu mit Hilfe seines Traktors auf einem einachsigen Anhänger zur Scheune nach Susten. Auf der zweiten Fahrt nahmen Kippel und die sieben Jahre alte Beatrice Kuonen auf dem
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Heufuder Platz. Bei der Brücke über den Kanal Susten-Chippis fiel ein Rucksack vom Fuder. Kippel griff ihm nach, stürzte in den Kanal, wurde fortgeschwemmt und starb.
B.- Die Witwe Hedwig Kippel und die in den Jahren 1941-1951 geborenen sechs Kinder des Verunfallten klagten gegen Bilgischer auf Ersatz des Schadens und verlangten ausserdem Genugtuung, die Witwe Fr. 5000.--, die Kinder je Fr. 500.--. Das Kantonsgericht Wallis verurteilte den Beklagten am 20. November 1957, der Witwe eine Genugtuungssumme von Fr. 3000.-- und den Kindern Leo, Regina, Bernard, Helmuth und Elsbeth je eine solche von Fr. 500.-- zu bezahlen. Soweit die Klage weiter ging, wies es sie ab. Es kam zum Schluss, das Gefährt und die Art der Ladung könnten in keiner Weise für den Unfall verantwortlich gemacht werden. Der Beklagte habe aber schuldhaft gehandelt, Kippel auf dem Heufuder mitfahren zu lassen. Gemäss Art. 63 Abs. 3 MFV dürften Anhänger an Traktoren nur zur Beförderung von Gütern verwendet werden. Aber auch Kippel treffe ein Verschulden. Es sei sehr gewagt gewesen, den abgleitenden Rucksack noch halten zu wollen und sich zu diesem Zwecke gegen den Rand des Heufuders zu bewegen, wo kein sicherer Untergrund mehr bestanden habe. Die Fehler des Beklagten einerseits und des Kippel anderseits stünden im Verhältnis von 3 zu 2. Ansprüche auf Schadenersatz beständen nicht, weil die Leistungen der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt den Schaden überstiegen. Genugtuung gebühre dem Kinde Margrith nicht, weil es zur Zeit des Unfalles zu jung gewesen sei, um die Schwere des Verlustes des Vaters zu ermessen.
C.- Der Beklagte hat die Berufung erklärt. Er beantragt dem Bundesgericht, die Klage abzuweisen. Wwe. Kippel und das Kind Margrith haben sich der Berufung angeschlossen mit den Begehren um Erhöhung der
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Genugtuung der Witwe auf Fr. 5000.-- und Zusprechung einer Genugtuung von Fr. 500.-- an Margrith Kippel. Die anderen Kläger beantragen Abweisung der Berufung.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Art. 63 Abs. 3 MFV bestimmt: "Traktoren dürfen einen Zweiachser, zwei Einachser zum Gütertransport oder höchstens drei landwirtschaftliche Anhängewagen mit sich führen. Im Nahverkehr kann durch die kantonale Behörde das Mitführen von drei Einachsern oder zwei Zweiachsern gestattet werden". Diese Norm steht im Abschnitt "Verkehrsregeln" und gilt daher auch für Traktoren, deren Geschwindigkeit 20 km/Std nicht übersteigen kann und die zu Fahrten im Zusammenhang mit der Bewirtschaftung eines Landwirtschaftsbetriebes verwendet werden (Art. 5
SR 512.271 Ordonnance du 18 mars 2022 sur le service de vol militaire (OSV) OSV Art. 5 Classification - 1 Les membres du service de vol militaire de milice sont classés dans les catégories suivantes: |
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BGE 85 II 32 S. 35
werden. Im Schweigen der Verordnung liegt eine Lücke, die der Richter dahin auszufüllen hat, dass die erwähnte Übung nicht gegen das Recht verstösst. Die zweckmässige Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Betriebe wäre ungebührlich erschwert, wenn das Arbeitspersonal nicht mitgeführt werden dürfte. Es wäre genötigt, dem Gefährt mit erheblichem Zeitverlust zu Fuss zu folgen oder sich besonderer Beförderungsmittel zu bedienen. Das Bundesgericht hat denn auch schon wiederholt ohne nähere Begründung vorausgesetzt, das Arbeitspersonal dürfe auf Fahrten zur Bewirtschaftung eines landwirtschaftlichen Betriebes auf dem Anhänger Platz nehmen (BGE 78 IV 76, BGE 83 II 30). Der Bundesratsbeschluss vom 20. August 1957 über Anhänger an Motorwagen mit Allradantrieb bestimmt das nunmehr ausdrücklich (Art. 7 Abs. 3
IR 0.732.012 Statuts du 20 décembre 1957 de l'Agence de l'Organisation de Coopération et de Développement économiques pour l'énergie nucléaire (Décision) Décision Art. 7 - a. L'Agence est chargée d'étudier conjointement avec le Comité des Echanges5 toutes mesures tendant à libérer aussi complètement que possible les échanges internationaux de produits intéressant la production et les utilisations de l'énergie nucléaire à des fins pacifiques. |
SR 512.271 Ordonnance du 18 mars 2022 sur le service de vol militaire (OSV) OSV Art. 1 Objet - La présente ordonnance règle l'admission et le service des membres du service de vol militaire. |
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schwer sein dürfen (Art. 65 Abs. 2 lit. b
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2. Der Führer eines Motorfahrzeuges hat auch Sorgfaltspflichten, die ihm nicht durch Gesetz oder Verordnung ausdrücklich oder dem Sinne nach auferlegt werden (vgl.BGE 33 II 558,BGE 50 II 399,BGE 78 IV 75). Hätte der Beklagte erkennen können, dass Kippel auf dem Heufuder wegen besonderer Umstände gefährdet sei, so hätte er ihm daher untersagen müssen, daselbst Platz zu nehmen. Das Mitfahren auf Heufudern ist jedoch üblich, mögen sie von Pferden oder von Traktoren gezogen werden. Auch den Umstand, dass der Anhänger einachsig war, brauchte der Beklagte nicht als gefährlich zu erachten, denn das Fahrzeug war mit dem Traktor fest verbunden und daher im Gleichgewicht. Der Beklagte musste auch nicht annehmen, die verhältnismässig geringe Grösse der Ladebrücke von 3,3 m Länge und 1,8 m Breite sei eine wesentliche Gefahrenquelle. Ein so beschaffener Wagen bietet genügend Sicherheit, wenn der Fahrgast ungefähr in der Längsachse des Fuders bleibt und sich an einer der Stützleitern oder an dem das Heu überspannenden Seil oder Querholz festhält. Beatrice Kuonen hat trotz ihres Alters von nur sieben
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Jahren keinen Schaden genommen, und auch Kippel wäre nicht verunfallt, wenn er nicht den vom Fuder gleitenden Rucksack hätte zurückhalten wollen. Das Kantonsgericht stellt fest, dass der Unfall weder auf das Gefährt noch auf die Art der Ladung, sondern darauf zurückzuführen ist, dass Kippel sich beim Griff nach dem Rucksack zu weit gegen den Rand des Fuders bewegte und dabei abstürzte. Die Kläger bestreiten das, sind aber nicht zu hören, da das Bundesgericht an Feststellungen der kantonalen Instanz über tatsächliche Verhältnisse gebunden ist. Ein offensichtliches Versehen, das berichtigt werden dürfte (Art. 63 Abs. 2
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3. Wollte man dem Beklagten einen Vorwurf machen, weil er Kippel auf dem Fuder mitfahren liess, so müsste anderseits dem Verunfallten das Mitfahren als Mitverschulden angerechnet werden. Kippel als in der Landwirtschaft
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tätiger Mann konnte sich nicht weniger als der Beklagte sagen, dass man auf einem fahrenden Heufuder nur solange in Sicherheit sei, als man sich sachgemäss verhalte. Wenn er sich solches Verhalten nicht zutraute, hatte er daher aus eigenem Antrieb vom Mitfahren abzusehen. Dazu kommt, dass der unvorsichtige Griff nach dem abgleitenden Rucksack ihm allein, nicht auch dem Beklagten zur Last fällt. Es war grob fahrlässig, dass Kippel im Bestreben, den Sack zurückzuhalten, sich so weit gegen den Rand des Fuders lehnte, dass er abstürzte. Das Verschulden Kippels am Unfalle wäre daher erheblich grösser als der Fehler des Beklagten. Die Hinterbliebenen des Verunfallten haben auch aus diesem Grunde nicht Anspruch auf Genugtuung (BGE 57 II 472,BGE 58 II 344ff.,BGE 59 II 165).
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird gutgeheissen, die Anschlussberufung abgewiesen, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.