394 Obligationen-rechtsle 60. T '

Prozesses gegen den Schuldner in einen solchen gegen den zweiten
Ansprecher gestattet,. in welchem der Kläger das Begehren auf Aushändigung
des hinterlegten Betrages stellen kann. Nur durch die ih'm' vom Gesetz
gebotene Möglichkeit der Hinterlegung kann der Schuldner bewirken,
dass der Gläubigerstreit auf eine für beide Ansprecher Rechtskraft
schaffende Weise zum Austrag komme, wobei seinen Interessen durch die
Vermeidung der Gefahr, den geschuldeten Betrag zweimal bezahlen zu
müssen, genügend Rechnung getragen ist. Etwas Gegenteiliges lässt sich
auch der von der Beklagten heute angeführten Doktrin und Praxis (BGE
28 II 238 f., Bl. f. hand. rl. Entsch. 9 316 ff.; SCHNEIDER u. FICK,
Anm. 5 zu Art. 188 aOR; FlGK, Anm. 9 zu Art. 168
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 168 - 1 Ist die Frage, wem eine Forderung zustehe, streitig, so kann der Schuldner die Zahlung verweigern und sich durch gerichtliche Hinterlegung befreien.
1    Ist die Frage, wem eine Forderung zustehe, streitig, so kann der Schuldner die Zahlung verweigern und sich durch gerichtliche Hinterlegung befreien.
2    Zahlt der Schuldner, obschon er von dem Streite Kenntnis hat, so tut er es auf seine Gefahr.
3    Ist der Streit vor Gericht anhängig und die Schuld fällig, so kann jede Partei den Schuldner zur Hinterlegung anhalten.
OR; ATTENnor-'ne,
Die rl. Stelig. d. Zed. z. Zess., in Ztsch. f. schw. R. n. F. 9 321
f.) nicht entnehmen. Die angerufenen Entscheidungen und Literaturstellen
stützen die von der Beklagten vertretene, rechtsirrtümliche Auffassung,
dass es dem Schuldner nach Art. 168 Abs. 1
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 168 - 1 Ist die Frage, wem eine Forderung zustehe, streitig, so kann der Schuldner die Zahlung verweigern und sich durch gerichtliche Hinterlegung befreien.
1    Ist die Frage, wem eine Forderung zustehe, streitig, so kann der Schuldner die Zahlung verweigern und sich durch gerichtliche Hinterlegung befreien.
2    Zahlt der Schuldner, obschon er von dem Streite Kenntnis hat, so tut er es auf seine Gefahr.
3    Ist der Streit vor Gericht anhängig und die Schuld fällig, so kann jede Partei den Schuldner zur Hinterlegung anhalten.
OR freistehe, entweder zu
hinterlegen, oder die Zahlung zu verweigern, in keiner Weise. Der in
den Bi. f. hand. rl. Entsch. 9 316 ff. behandelte Fall im besondern,
auf welchen Fick Bezug nimmt, lag ganz anders, als der vorliegende,
indem dort der Schuldner die Hinterlegung der Streitsumme ausdrücklich
angeboten hatte, die Offerte aber klägerischerseits abgelehnt _worden war
; diese Entscheidung rechtfertigt den Schluss, dass auf keinen Fall der
Schuldner von einem Ansprecher zur Zahlung angehalten werden könne, nicht.

Einem Geldinstitut als Schuldner gegenüber mag allerdings das Erfordernis
der gerichtlichen Hinterlegung etwas sonderbar amnuten, indem eine Bank
sich zur Aufbewahrung einer Gegenstand eines Gläubigerstreites bildenden
Geldsumme wohl eignen dürfte. Damit Würde aber die Hinterlegung nicht
ersetzt, sondern es könnte höchstens, je nach den massgebenden
kantonal-rechtlichen Bestimmungen, das schuldnerische Geld--
Ohligxrtionenrecht. N° 61. 395

institut selbst etwa von der zuständigen Behörde als Hinterlegungsstelle
bezeichnet werden, wodurch die Umwandlung des Prozesses zwischen Gläubiger
und ' Schuldner in einen solchen zwischen den zwei Ansprechern ebenfalls
ermöglichtwiirde. Davon ist aber hier nicht die Rede. .

3. Nachdem die Beklagte von der Möglichkeit, sich durch gerichtliche
Hinterlegung der Klagesumme zu befreien (die ihr noch im Verfahren vor der
Vorinstanz durch die Klägerin geboten wurde), keinen Gebrauch gemacht hat,
ist, da über Bestand und Fälligkeit der eingeklagten Forderungen kein
Streit besteht, in Übereinstimmung mit der Vorinstanz die auf Zahlung
gerichtete Klage gutzuheissen....

Demnach erkennt das Bundesgericht : Die Berufung wird abgewiesen und
das Urteil des

'Appellationshofes des Kantons Bern vom 20. Mai 1924

bestätigt.

61. Urteil derI.Zivi1a'btei1ung vom 27. Oktober 1924 i. S. Halter und Anna
Paulmichl gegen Marie Renner-Keller. Unerlaubte Handlung : 1. Art. 56
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 56 - 1 Für den von einem Tier angerichteten Schaden haftet, wer dasselbe hält, wenn er nicht nachweist, dass er alle nach den Umständen gebotene Sorgfalt in der Verwahrung und Beaufsichtigung angewendet habe, oder dass der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt eingetreten wäre.
1    Für den von einem Tier angerichteten Schaden haftet, wer dasselbe hält, wenn er nicht nachweist, dass er alle nach den Umständen gebotene Sorgfalt in der Verwahrung und Beaufsichtigung angewendet habe, oder dass der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt eingetreten wäre.
2    Vorbehalten bleibt ihm der Rückgriff, wenn das Tier von einem andern oder durch das Tier eines andern gereizt worden ist.
3    ...31
OR:
Haftung des Tierhalters. Durchbrennen eines Pferdes. Exzeptionsbeweis.

2. Art. 41
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 41 - 1 Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
1    Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
2    Ebenso ist zum Ersatze verpflichtet, wer einem andern in einer gegen die guten Sitten verstossenden Weise absichtlich Schaden zufügt.
OR: Verantwortlichkeit des Autoführers wegen Nichtabblendens
der Scheinwerfer.

A. Der Kläger Halter fuhr am 7. Dezember 1922 abends in Begleitung
der Anna Paulmichl mit seinem Auto von Romanshorn über Amriswil nach
Steinebrunn. Beim Dorfeingang kollidierte das Auto zirka 6 V2 Uhr
abends mit dem in entgegengesetzter Richtung daherrennendcn Pferde
der Beklagten. Durch den Anprall wurde das Pferd sofort getötet, die
Klägerin Paulmichl

396 Obugationenrecht. N° 61.

verletzt und das Auto beschädigt. Das Pferd war, als die Tochter
der Beklagten, Jenny Renner, es nach dem Abspannen in den in einiger
Entfernung gelegenen Stall führen wollte und dabei auf dem schneebedeckten
Boden ausglitschte, erschrocken und durchgebrannt. Der Kläger Halter
hatte es nach seiner eigenen Darstellung auf zirka 50 m Distanz erblickt,
fuhr jedoch zu und blendete auch die Scheinwerfer nicht ab. Auf Anzeige
der Beklagten hin wurde er vom Bezirksgericht Arben durch Verfügung

vom 1. August 1923 wegen Uhertretung der Art. 30

und 35 des Automobilkonkordats mit 30 Fr. gebiisst. Die
bezirksgeriehtliche Kommission Arben bestätigte dieses Bussenerkenntnis ;
die Rekurskommission des Obergerichts des Kantons Thurgau dagegen hob
es durch Entscheid vom 12. Februar 1924 mit der Begründung auf, eine
Polizeiübertretung wegen Nichtabblendens liege mit Rücksicht auf § 18
Abs. 2 der Vollziehungsverordnung zum Automobilkonkordat vom 9. November
1920 nicht vor, und eine Überschreitung der erlaubten Geschwindigkeit
sei nicht nachgewiesen.

B. Mit der vorliegenden Klage belangen die Kläger die Beklagte gestützt
auf Art. 56
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 56 - 1 Für den von einem Tier angerichteten Schaden haftet, wer dasselbe hält, wenn er nicht nachweist, dass er alle nach den Umständen gebotene Sorgfalt in der Verwahrung und Beaufsichtigung angewendet habe, oder dass der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt eingetreten wäre.
1    Für den von einem Tier angerichteten Schaden haftet, wer dasselbe hält, wenn er nicht nachweist, dass er alle nach den Umständen gebotene Sorgfalt in der Verwahrung und Beaufsichtigung angewendet habe, oder dass der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt eingetreten wäre.
2    Vorbehalten bleibt ihm der Rückgriff, wenn das Tier von einem andern oder durch das Tier eines andern gereizt worden ist.
3    ...31
OR auf Ersatz des durch den Unfall erlittenen Schadens,
und zwar hat Haltereine Entschädigungsforderung von 2231Fr. 50 Cts.
nebst 5 % Zins seit 25. Mai 1923 für die Beschädigung seines Automobils
gestellt, und Anna Paulmichl eine solche von 2500 Fr. nebst 5 % Zins seit
26. September 1923 für Heilungskosten, Verdienstausfall, Beschädigung
der Kleider und Anwaltskosten. Zur Begründung machen

sie geltend: Der Schaden sei ausschliesslich durch das

durchbrennende Pferd verursacht worden. Üblicherweise habe man dasselbe
heim vordern Stall ausgeschirrt und frei nach dem hintern Stall laufen
lassen. Durch die Ausfahrt, welche die Tochter der. Beklagten mit dem zwar
schon ältern, aber durchaus noch temperamentvollen Tier gemacht habe,
sei dasselbe anstatt müde, wohl noch lebhafter geworden und vermutlich
durch-Ohligationenrecht. N° 61. 397

gebrannt, weil die Tochter Renner es ungenügend gehalten habe. Weder die
Geschwindigkeit des Automobile, noch das Nichtabblenden seien irgendwie
für den Unfall kausal gewesen.

Die Beklagte beantragte Abweisung der Klage und stellte widerklageweisc
das Begehren, der Kläger Halter sei zur Zahlung einer Entschädigung
von 2450 Fr. nebst .5 % Zins seit ?. Dezember 1922 für das getötete
Pferd, die Beschädigung des Geschirrs und die Kosten des Tierarztes zu
verurteilen. Begründend führte sie aus: Jenny Renner sei, als sie das
Pferd, mit dem sie durchaus vertraut gewesen, nach dem Abspannen in
den hintern

si' Stall habe führen wollen, auf der eisigen Strasse gestürzt,

worauf das Tier, durch den plötzlichen Ruck erschreckt, ausgerissen
sei. Dieser zufällige Sturz könne ihr nicht zum Vorwurf gemacht
werden. Das für den Unfall kausale Verschulden falle vielmehr ganz
dem Kläger Halter zur Last, tiefer, als er des daherrennenden Pferdes
an.sichtig wurde, weder die nachgewiesenermassen zu grosse Geschwindigkeit
des Autos verlangsamt, noch die elektrische Beleuchtung abgeblendet habe,
und infolgedessen das Pferd, weil vom Lichte der Scheinwerfer geblendet,
direkt von vorne in das Auto gerannt sei. Gemäss Art. 41
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 41 - 1 Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
1    Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
2    Ebenso ist zum Ersatze verpflichtet, wer einem andern in einer gegen die guten Sitten verstossenden Weise absichtlich Schaden zufügt.
OR habe er daher
der Beklagten den durch dieses widerrechtliche Verhalten verursachten
Schaden zu ersetzen.

C. Beide kantonalen Instanzen haben die Klage und Widerklage abgewiesen,
das Obergericht des Kantons Thurgau mit Urteil vom 3. Juli 1924.

D. Gegen dieses Urteil haben die Kläger die Bemfung an das Bundesgericht
erklärt mit dem Antrag auf Gutheissung der Klage, eventuell Rückweisung
der Sache an die Vorinstanz zur Beweisergänzung.

Die Beklagte und Widerklägerin hat sich der Berufung angeschlossen und
Gutheissung der Widerklage beantragt; eventuell stellt sie ebenfalls
einen Rückweisungsantrag.

398 ' Obligationenrecht. N° 6].

Das Bundesgericht zieht in Erwägung :

1. Gemäss Art. 56
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 56 - 1 Für den von einem Tier angerichteten Schaden haftet, wer dasselbe hält, wenn er nicht nachweist, dass er alle nach den Umständen gebotene Sorgfalt in der Verwahrung und Beaufsichtigung angewendet habe, oder dass der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt eingetreten wäre.
1    Für den von einem Tier angerichteten Schaden haftet, wer dasselbe hält, wenn er nicht nachweist, dass er alle nach den Umständen gebotene Sorgfalt in der Verwahrung und Beaufsichtigung angewendet habe, oder dass der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt eingetreten wäre.
2    Vorbehalten bleibt ihm der Rückgriff, wenn das Tier von einem andern oder durch das Tier eines andern gereizt worden ist.
3    ...31
OR haftet die Beklagte als Tierhalterin für den von
ihrem Pferde den Klägern zugefügten Schaden, sofern sie nicht nachweist,
dass sie alle nach den Umständen gebotene Sorgfalt in der Beaufsichtigung
desselben angewendet habe, oder dass der Schaden auch bei Anwendung
dieser Sorgfalt eingetreten wäre. In Ansehung dieses ihr obliegenden
Exzeptionsbeweises fragt es sich in erster Linie, ob anzunehmen sei,
dass das Pferd zufolge ungenügender Aufsicht nach dem Abspannen habe
durchgehen können. Die Kläger behaupten dies in der Klagebegründung
unter Hinweis darauf, dass man das Pferd meistens nach dem Ausspannen
beim vordern Stall frei nach dem hintern habe laufen lassen. Beide
kantonalen Instanzen erklären diese Behauptung jedoch auf Grund des
Beweisergebnisses als haltlos und erblicken, von der als glaubwürdig
erachteten Sachdarstellung der Tochter der Beklagten ausgehend,
die alleinige Ursache des Durchbrennens darin, dass das Pferd, als
Jenny Renner nach dem Abspannen sich anschickte, es in den Stall zu
führen und dabei auf dem nassen, schneebedeckten Boden ausglitschte,
darob erschrocken und deshalb ausgerissen sei. In dieser Annahme liegt
eine tatsächliche Feststellung, an die das Bundesgericht nach Art. 81
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 81 - 1 Sofern sich nicht aus dem Inhalt oder der Natur des Vertrages oder aus den Umständen eine andere Willensmeinung der Parteien ergibt, kann der Schuldner schon vor dem Verfalltage erfüllen.
1    Sofern sich nicht aus dem Inhalt oder der Natur des Vertrages oder aus den Umständen eine andere Willensmeinung der Parteien ergibt, kann der Schuldner schon vor dem Verfalltage erfüllen.
2    Er ist jedoch nicht berechtigt, einen Diskonto abzuziehen, es sei denn, dass Übereinkunft oder Übung einen solchen gestatten.

OR gebunden ist; denn es kann nicht behauptet werden, dass sie etwa
mit den Akten in Widerspruch stehe oder auf einer bundesgesetzliche
Bestimmungen verletzenden Würdigung des Beweisergebnisses beruhe. Im
weitem ist für das Bundesgericht verbindlich festgestellt, dass das
Pferd, ein bereits älteres, aber rassiges und früher temperamentvolles
Tier durchaus vertraut, und Jenny Renner im Umgang mit demselben,
sowohl beim Fahren, wie beim Reiten, erfahren war. Erforderte danach
aber der Charakter des Pferdes keine besonderen Vorsichtsmassregeln,
so konnte der Tochter Renner mehr nichtObligatlonenrecht. N° 61. 399

zugemutet werden, als, was sie tun wollte, das Pferd an der Halfter
in den in einiger Entfernung gelegenen Stall zu führen. Wenn sie daran
durch ihren Sturz verhindert worden ist, so handelt es sich dabei, wie
beide kantonalen Instanzen mit Recht annehmen, um ein auf einen Zufall
zurückführen-les Ereignis, dessen Folgen für das Verhalten des Pferdes sie
' nicht voraussehen konnte und das ihr daher auch nicht als Verstossss
gegen ihre Diligenzpflicht in der Beaufsichtigung des Pferdes zum
Vorwurf gemacht werden kann ; vielmehr muss bei dieser Sachlage mit dem
Vorderrichter der der Beklagten obliegende Exzeptiensbeweis als erbracht
erachtet werden. Die Hauptberufung ist somit als unbegründet abzuweisen.

2. Mit der auf Art. 41
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 41 - 1 Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
1    Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
2    Ebenso ist zum Ersatze verpflichtet, wer einem andern in einer gegen die guten Sitten verstossenden Weise absichtlich Schaden zufügt.
OR gestützten Widerklage verlangt die Beklagte
vom Kläger Halter Ersatz des durch den Verlust des Pferdes erlittenen
Schadens. Entgegen der Auffassung des Obergerichts kann nun zunächst für
das Schicksal dieser Ersatzforderung nichts darauf ankommen, ob Halter die
gemäss Art. 35 des Automobilkonkordats für das DurChfahren von Dörfern
vorgeschriebene Geschwindigkeit von 18 km in der Stundeeingehalten
habe, indem diese verkehrspolizeilichen Vorschriften für die Frage der
zivilrechtlichen Verantwortlichkeit des Autoführers jedenfalls in dem
Sinne nicht entscheidend sind, dass ihre Einhaltung allein schon unter
allen Umständen von der Haftbarkeit befreien könnte. Entscheidend ist
vorliegend vielmehr darauf abzustellen, dass Halter unbestrittenermassen
weder sein Auto angehalten, noch die Scheinwerfer abgeblendet hat, als er
das daherrennende Pferd auf zirka 50 m Distanz erblickte. Es war für ihn
erkennbar, dass sein Auto beim Weiterfahren Anlass zu einem Zusammenstoss
bieten, und er durch sofortiges Anhalten diese Gefahr möglicherweise
ausschliessen, jedenfalls aber erreichen könnte, dass ein allfälliger
Zusammenprall weniger schwere Folgen zeitigen würde. Diese durch das

400 si Obligationsiemecht. N° 61. ' ss

Weiterfahren bewirkte Gefährdung sodann hat er durch die nach allgemeinen
Erfahrungssätzen für den Schadenseintritt zweifellos kansale Unterlassung,
die Scheinwerfer abzublenden, erhöht. Er musste wissen, dass das Pferd,
sobald es in den Lichtkegel der Scheinwerfer trat, durch deren hohen
Beleuchtungsgrad in seinem Sehvermögen

derart beeinträchtigt wurde, dass es das ihm entgegen-'

fahrende Auto nicht mehr sehen, jedenfalls bei Seiner Eigengesehwindigkeit
dieses Hindernis nicht mehr so rechtzeitig erkennen konnte, um ihm
auszuweichen, umsoweniger, als sich auch das Auto mit ziemlicher
Geschwindigkeit näherte. Das dem so war, zeigt die Tatsache, dass
das Pferd, wie aus den Zeugenaussagen von Tierarzt Meier hervorgeht,
infolge der Wucht des Zusammenpralls rückwärts überworfen wurde. Wenn
daher Halter trotz dieser ihm bekannten Gefahr nicht abgeblendet hat, so
muss ihm dieses Verhalten als grobes Verschulden angerechnet werden. Aus
der Feststellung der Vorinstanz, dass das Pferd nur einen Augenblick
dem direkten Lichtkegel ausgesetzt gewesen sei, kann er deshalb nichts
zu seinenssGunsten herleiten, weil die

Blendungserseheinnngen erkahrungsgemäss durch einen -

derartigen raschen Beleuchtungswechsel in ebenso hohem Masse bewirkt
werden. Seine Haftung gemäss Art. 41
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 41 - 1 Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
1    Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
2    Ebenso ist zum Ersatze verpflichtet, wer einem andern in einer gegen die guten Sitten verstossenden Weise absichtlich Schaden zufügt.
OR für den der Beklagten durch
dieses'Widerrechtliche Verhalten schuldhafterweise zugefügten Schaden
ist daher grundsätzlich zu bejahen. Da dem Bundesgericht die für die
Schadensermittlung erforderlichen Grund; lagen fehlen, ist die Sache,
unter Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit die Widerklage
betreffend, zu neuer Entscheidung über diesen Punkt an die Vorin-stanz
zurückzuweisen. si

Demnach erkennt das Bundesgericht} Die Hauptberufung wird abgewiesen,
dagegen die Anschlussberufung dahin begründet erklärt, dass die Widerklage
in Abänderung des Urteils des ObergerichtsObligatlonenrecht. N° 62. 401

des Kantons Thurgau vom 3. Juli 1924 grundsätzlich gutgeheissen und die
Sache zur Feststellung der Entschädigung an die Vorinstanz zurückgewiesen
wird.

62. Arrét de la Its Section civile du B novembre 1924 dans la cause
Hein da dem Bertha Gagnebin Bourquin contre Masse an faillite du Crédit
mutual ouvrier.

Le cautionnement d'une dette imprescriptible est prescriptible.
Conditions dans lesquelles 1a prescription intervient et est
interrompue. -

A. Par acte notarié du ler juillet 1909, Sigmund" Mack & reconnu devoir au
Crédit mutuel ouvrier, à La Chaux-de Fonds, la somme de 20000 fr. garantie
par une hypothèque en premier rang.

Un M. Numa Calame et dame Bertha Gagnebin née Bourquin intervinrent
à l'acte, déclarant que, pour mieux assurer encore et garantir le
remboursement des 20 000 fr., ils se constituaient cautions et
codébiteurs solidaires . s ,

Il s'agit d'un pret fait à Mack pour une durée indeterminée, mais
-qui peut ètre remboursé pour toute époque de l'année moyennant un
avertissement reciproque et préalable donné par écrit par l'une ou
l'autre des parties trois mois au moins à l'avance . Le non paiement
d'une annuité dans les trois mois suivant une échéance semestrielle
permettrait au créancier d'exiger immédiatement le remboursement du
pret. Il n'est pas contesté que le paiement des annuités a été fait
réguliérement en tout cas jusqu'en 1920.

Le 11 janvier 1923, la masse en faillite du Credit mutuel ouvrier a
dénoncé au remboursement pour le 15 avril l'obligation hypothécaire
souscrite par Mack. N'ayant pas été payée, elle a mis, le 8 aoüt 1923,
les hoirs Gagnebin Bourquin en demeure de verser jusqu'à 1a fin dudit
mois la somme de 21 986 fr. 95, valeur 31
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 50 II 395
Datum : 20. Mai 1924
Publiziert : 31. Dezember 1925
Quelle : Bundesgericht
Status : 50 II 395
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : 394 Obligationen-rechtsle 60. T ' Prozesses gegen den Schuldner in einen solchen


Gesetzesregister
OR: 41 
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 41 - 1 Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
1    Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
2    Ebenso ist zum Ersatze verpflichtet, wer einem andern in einer gegen die guten Sitten verstossenden Weise absichtlich Schaden zufügt.
56 
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 56 - 1 Für den von einem Tier angerichteten Schaden haftet, wer dasselbe hält, wenn er nicht nachweist, dass er alle nach den Umständen gebotene Sorgfalt in der Verwahrung und Beaufsichtigung angewendet habe, oder dass der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt eingetreten wäre.
1    Für den von einem Tier angerichteten Schaden haftet, wer dasselbe hält, wenn er nicht nachweist, dass er alle nach den Umständen gebotene Sorgfalt in der Verwahrung und Beaufsichtigung angewendet habe, oder dass der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt eingetreten wäre.
2    Vorbehalten bleibt ihm der Rückgriff, wenn das Tier von einem andern oder durch das Tier eines andern gereizt worden ist.
3    ...31
81 
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 81 - 1 Sofern sich nicht aus dem Inhalt oder der Natur des Vertrages oder aus den Umständen eine andere Willensmeinung der Parteien ergibt, kann der Schuldner schon vor dem Verfalltage erfüllen.
1    Sofern sich nicht aus dem Inhalt oder der Natur des Vertrages oder aus den Umständen eine andere Willensmeinung der Parteien ergibt, kann der Schuldner schon vor dem Verfalltage erfüllen.
2    Er ist jedoch nicht berechtigt, einen Diskonto abzuziehen, es sei denn, dass Übereinkunft oder Übung einen solchen gestatten.
168
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 168 - 1 Ist die Frage, wem eine Forderung zustehe, streitig, so kann der Schuldner die Zahlung verweigern und sich durch gerichtliche Hinterlegung befreien.
1    Ist die Frage, wem eine Forderung zustehe, streitig, so kann der Schuldner die Zahlung verweigern und sich durch gerichtliche Hinterlegung befreien.
2    Zahlt der Schuldner, obschon er von dem Streite Kenntnis hat, so tut er es auf seine Gefahr.
3    Ist der Streit vor Gericht anhängig und die Schuld fällig, so kann jede Partei den Schuldner zur Hinterlegung anhalten.
BGE Register
28-II-232
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
pferd • beklagter • schuldner • bundesgericht • stall • schaden • widerklage • vorinstanz • verhalten • zins • mass • thurgau • weiler • automobil • gerichtliche hinterlegung • distanz • tierarzt • sturz • obliegenheit • entscheid
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