82 IV 182
39. Urteil des Kassationshofes vom 20. September 1956 i.S. Arpagaus gegen Justizdirektion des Kantons Appenzell A.Rh.
Regeste (de):
- Veruntreuung, begangen durch den Verkauf einer unter Eigentumsvorbehalt erworbenen Sache.
- 1. Wiederaufnahme des Verfahrens; Begriff der erheblichen Tatsache im Sinne des Art. 397 StGB (Erw. 1).
- 2. Art. 184
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 184 - 1 Durch den Kaufvertrag verpflichten sich der Verkäufer, dem Käufer den Kaufgegenstand zu übergeben und ihm das Eigentum daran zu verschaffen, und der Käufer, dem Verkäufer den Kaufpreis zu bezahlen.
1 Durch den Kaufvertrag verpflichten sich der Verkäufer, dem Käufer den Kaufgegenstand zu übergeben und ihm das Eigentum daran zu verschaffen, und der Käufer, dem Verkäufer den Kaufpreis zu bezahlen. 2 Sofern nicht Vereinbarung oder Übung entgegenstehen, sind Verkäufer und Käufer verpflichtet, ihre Leistungen gleichzeitig - Zug um Zug - zu erfüllen. 3 Der Preis ist genügend bestimmt, wenn er nach den Umständen bestimmbar ist. - 3. Art. 715 Abs. 1 Z GB, Art. 7 VO betr. Eintragung der Eigentumsvorbehalte. Berührt es die Wirksamkeit des Eigentumsvorbehaltes, dass im Eigentumsvorbehaltsregister als Veräusserer nicht der Berechtigte, sondern ein Dritter eingetragen ist? (Erw. 3).
Regeste (fr):
- Abus de confiance commis par la vente d'une chose acquise avec pacte de réserve de propriété.
- 1. Revision; qu'est-ce qu'un fait sérieux au sens de l'art. 397 CP? (consid. 1).
- 2. Art. 184 CO. La validité de la vente et de ses clauses accessoires exige-t-elle que la chose appartienne au vendeur? (consid. 2).
- 3. Art. 715 al. 1 CC, art. 7 de l'ordonnance concernant l'inscription des pactes de réserve de propriété. La validité du pacte de réserve de propriété est-elle affectée du fait que l'on a porté le nom d'un tiers, à l'exclusion de celui du vendeur, dans le registre destiné à l'inscription de ces pactes? (consid. 3).
Regesto (it):
- Appropriazione indebita commessa mediante la vendita di un oggetto acquistato con patto di riserva della proprietà.
- 1. Revisione: nozione di "fatto rilevante" a norma dell'art. 397 CP (consid. 1).
- 2. Art. 184 CO. Esige la validità della vendita e delle sue clausole accessorie che l'oggetto appartenga al venditore? (consid. 2).
- 3. Art. 715 cp. 1 CC, art. 7 del regolamento concernente l'iscrizione dei patti di riserva della proprietà. E infirmata la validità del patto di riserva della proprietà per il motivo che nel registro per i patti di riserva della proprietà non è stato iscritto l'avente diritto bensì un terzo? (consid. 3).
Sachverhalt ab Seite 183
BGE 82 IV 182 S. 183
A.- Das Obergericht von Appenzell A.Rh. verurteilte am 28. September 1953 Julius Arpagaus wegen Veruntreuung zu drei Monaten Gefängnis, weil er am 13. Juni 1951 einen am 7. Juni 1951 von der Firma E. Wagner, Centralgarage AG, St. Gallen, unter Eigentumsvorbehalt gekauften Personenwagen der Marke "Ford" an August Tschofen weiterverkauft habe.
B.- Am 13. Dezember 1955 ersuchte Arpagaus um Wiederaufnahme des Verfahrens. Er machte geltend, er habe den Personenwagen nicht von der Firma E. Wagner, Centralgarage AG, sondern von Arnold Graf gekauft. Ein Eigentumsvorbehalt zu Gunsten der genannten Firma habe daher nicht begründet werden können und ein solcher zu Gunsten des Graf sei nicht eingetragen worden, weshalb der Gesuchsteller den Wagen habe weiter veräussern dürfen, ohne sich dadurch einer Veruntreuung schuldig zu machen.
C.- Das Obergericht wies das Gesuch am 27. Februar 1956 mit der Begründung ab, der beim Betreibungsamt Herisau eingetragene Eigentumsvorbehalt sei im Zeitpunkt des Weiterverkaufs des Wagens an Tschofen rechtsgültig gewesen, unbekümmert darum, ob Arpagaus das Fahrzeug von der Firma E. Wagner, Centralgarage AG, oder von Graf gekauft habe.
D.- Arpagaus führt gegen diesen Entscheid Nichtigkeitsbeschwerde
BGE 82 IV 182 S. 184
mit den Anträgen, er sei aufzuheben und die Vorinstanz anzuweisen, die Verurteilung wegen Veruntreuung aufzuheben. Er macht geltend, das Obergericht habe Art. 140
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 140 - 1. Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Androhung gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben oder nachdem er den Betroffenen zum Widerstand unfähig gemacht hat, einen Diebstahl begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.199 |
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1 | Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Androhung gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben oder nachdem er den Betroffenen zum Widerstand unfähig gemacht hat, einen Diebstahl begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.199 |
2 | Der Räuber wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr200 bestraft, wenn er zum Zweck des Raubes eine Schusswaffe oder eine andere gefährliche Waffe mit sich führt. |
3 | Der Räuber wird mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren bestraft, |
4 | Die Strafe ist Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren, wenn der Täter das Opfer in Lebensgefahr bringt, ihm eine schwere Körperverletzung zufügt oder es grausam behandelt. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 715 - 1 Der Vorbehalt des Eigentums an einer dem Erwerber übertragenen beweglichen Sache ist nur dann wirksam, wenn er an dessen jeweiligem Wohnort in einem vom Betreibungsbeamten zu führenden öffentlichen Register eingetragen ist. |
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1 | Der Vorbehalt des Eigentums an einer dem Erwerber übertragenen beweglichen Sache ist nur dann wirksam, wenn er an dessen jeweiligem Wohnort in einem vom Betreibungsbeamten zu führenden öffentlichen Register eingetragen ist. |
2 | Beim Viehhandel ist jeder Eigentumsvorbehalt ausgeschlossen. |
Erwägungen
Der Kassationshof zieht in Erwägung:
1. Unter welchen Voraussetzungen gegenüber einem rechtskräftigen Strafurteil die Wiederaufnahme des Verfahrens verlangt werden kann, bestimmt sich grundsätzlich nach kantonalem Recht, dessen Anwendung der Kassationshof des Bundesgerichts auf Nichtigkeitsbeschwerde hin nicht nachzuprüfen hat (Art. 269 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 715 - 1 Der Vorbehalt des Eigentums an einer dem Erwerber übertragenen beweglichen Sache ist nur dann wirksam, wenn er an dessen jeweiligem Wohnort in einem vom Betreibungsbeamten zu führenden öffentlichen Register eingetragen ist. |
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1 | Der Vorbehalt des Eigentums an einer dem Erwerber übertragenen beweglichen Sache ist nur dann wirksam, wenn er an dessen jeweiligem Wohnort in einem vom Betreibungsbeamten zu führenden öffentlichen Register eingetragen ist. |
2 | Beim Viehhandel ist jeder Eigentumsvorbehalt ausgeschlossen. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 715 - 1 Der Vorbehalt des Eigentums an einer dem Erwerber übertragenen beweglichen Sache ist nur dann wirksam, wenn er an dessen jeweiligem Wohnort in einem vom Betreibungsbeamten zu führenden öffentlichen Register eingetragen ist. |
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1 | Der Vorbehalt des Eigentums an einer dem Erwerber übertragenen beweglichen Sache ist nur dann wirksam, wenn er an dessen jeweiligem Wohnort in einem vom Betreibungsbeamten zu führenden öffentlichen Register eingetragen ist. |
2 | Beim Viehhandel ist jeder Eigentumsvorbehalt ausgeschlossen. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 715 - 1 Der Vorbehalt des Eigentums an einer dem Erwerber übertragenen beweglichen Sache ist nur dann wirksam, wenn er an dessen jeweiligem Wohnort in einem vom Betreibungsbeamten zu führenden öffentlichen Register eingetragen ist. |
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1 | Der Vorbehalt des Eigentums an einer dem Erwerber übertragenen beweglichen Sache ist nur dann wirksam, wenn er an dessen jeweiligem Wohnort in einem vom Betreibungsbeamten zu führenden öffentlichen Register eingetragen ist. |
2 | Beim Viehhandel ist jeder Eigentumsvorbehalt ausgeschlossen. |
BGE 82 IV 182 S. 185
72 IV 45; 76 IV 39 Erw. 3; 77 IV 213 Erw. 1; 78 IV 55). Das ist aber nicht der Fall.
2. Für die Gültigkeit des am 7. Juni 1951 zwischen der Firma E. Wagner, Centralgarage AG, und Julius Arpagaus abgeschlossenen Kaufvertrags ist es bedeutungslos, ob der Personenwagen zur Zeit des Kaufsabschlusses sich im Vermögen jener Firma befand oder einem Dritten gehörte, da grundsätzlich auch der Verkauf einer fremden Sache gültig ist (VON TUHR, Allg. Teil des OR, Anm. 72 zu § 31; OSER/SCHÖNENBERGER, OR Art. 184 N. 4; BECKER, Vorbemerkungen zu OR Art. 184-186 N. 12; HAFNER-GOLL, OR Art. 229 N. 3). Allerdings ist gemäss Art. 20 Abs. 1
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 20 - 1 Ein Vertrag, der einen unmöglichen oder widerrechtlichen Inhalt hat oder gegen die guten Sitten verstösst, ist nichtig. |
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1 | Ein Vertrag, der einen unmöglichen oder widerrechtlichen Inhalt hat oder gegen die guten Sitten verstösst, ist nichtig. |
2 | Betrifft aber der Mangel bloss einzelne Teile des Vertrages, so sind nur diese nichtig, sobald nicht anzunehmen ist, dass er ohne den nichtigen Teil überhaupt nicht geschlossen worden wäre. |
3. Damit es bei der Verurteilung wegen Veruntreuung bleibt, ist allerdings weiter erforderlich, dass der Eigentumsvorbehalt im Zeitpunkt des Weiterverkaufs des Personenwagens durch Arpagaus vorschriftsgemäss eingetragen war, weil er nur dann wirksam war (Art. 715
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 715 - 1 Der Vorbehalt des Eigentums an einer dem Erwerber übertragenen beweglichen Sache ist nur dann wirksam, wenn er an dessen jeweiligem Wohnort in einem vom Betreibungsbeamten zu führenden öffentlichen Register eingetragen ist. |
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1 | Der Vorbehalt des Eigentums an einer dem Erwerber übertragenen beweglichen Sache ist nur dann wirksam, wenn er an dessen jeweiligem Wohnort in einem vom Betreibungsbeamten zu führenden öffentlichen Register eingetragen ist. |
2 | Beim Viehhandel ist jeder Eigentumsvorbehalt ausgeschlossen. |
BGE 82 IV 182 S. 186
Gemäss Art. 7 lit. c der VO des Bundesgerichts betreffend die Eintragung der Eigentumsvorbehalte (vom 19. Dezember 1910) muss die Eintragung u.a. Namen, Beruf und Wohnort des Veräusserers enthalten. Als solcher war in dem für die Verurteilung des Arpagaus wegen Veruntreuung massgebenden Zeitpunkt die Firma E. Wagner, Centralgarage AG, eingetragen. Von der Richtigkeit dieser Angaben kann die Wirksamkeit des Eigentumsvorbehalts aber schon deshalb nicht abhangen, weil ihnen, wie das Bundesgericht bereits in BGE 41 III 208 f. ausgesprochen hat, überhaupt keine Bedeutung zukommt. Tatsächlich lässt die Entstehungsgeschichte des Art. 715
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 715 - 1 Der Vorbehalt des Eigentums an einer dem Erwerber übertragenen beweglichen Sache ist nur dann wirksam, wenn er an dessen jeweiligem Wohnort in einem vom Betreibungsbeamten zu führenden öffentlichen Register eingetragen ist. |
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1 | Der Vorbehalt des Eigentums an einer dem Erwerber übertragenen beweglichen Sache ist nur dann wirksam, wenn er an dessen jeweiligem Wohnort in einem vom Betreibungsbeamten zu führenden öffentlichen Register eingetragen ist. |
2 | Beim Viehhandel ist jeder Eigentumsvorbehalt ausgeschlossen. |
BGE 82 IV 182 S. 187
Macht es in diesem Falle für den Fortbestand des Eigentumsvorbehaltes nichts aus, ob im Register der Berechtigte oder ein Dritter eingetragen ist, so kann auch die Begründung des Eigentumsvorbehaltes nicht davon abhängen, dass als Veräusserer der im Zeitpunkt des Registereintrages Berechtigte angegeben wird.
4. Sollte, wie Arpagaus in seinem Revisionsgesuch behauptet, der Personenwagen beim Abschluss des Kaufvertrags vom 7. Juni 1951 und auch nachher nicht der Firma E. Wagner, Centralgarage AG, sondern einem Dritten gehört haben, so wäre damit zwar dargetan, dass die im Eigentumsvorbehaltsregister eingetragenen Angaben über Namen, Beruf und Wohnort des Veräusserers falsch waren; die Wirksamkeit des Eigentumsvorbehalts würde dies nach dem in Erw. 2 und 3 Gesagten jedoch in keiner Weise berühren.
Dispositiv
Demnach erkennt der Kassationshof:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.