82 IV 1
1. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 17. Februar 1956 i.S. Bärlocher gegen Bühler und Kons.
Regeste (de):
- Art. 27 Ziff. 3 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 27 - Besondere persönliche Verhältnisse, Eigenschaften und Umstände, welche die Strafbarkeit erhöhen, vermindern oder ausschliessen, werden bei dem Täter oder Teilnehmer berücksichtigt, bei dem sie vorliegen.
- Der verantwortliche Redaktor, der durch seine Auskunftsverweigerung den Verletzten zwingt, die subsidiäre Haftung des Redaktors geltend zu machen, verwirkt das Recht, sich nachträglich dieser Haftung zu entziehen, wenn der Verfasser nach Einleitung der Strafverfolgung bekannt wird.
- Art. 16 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 27 - Besondere persönliche Verhältnisse, Eigenschaften und Umstände, welche die Strafbarkeit erhöhen, vermindern oder ausschliessen, werden bei dem Täter oder Teilnehmer berücksichtigt, bei dem sie vorliegen.
Regeste (fr):
- Art. 27 ch. 3 al. 1 CP.
- Lorsque le rédacteur, pour avoir refusé de le renseigner, a été rendu subsidiairement responsable par le lésé, il ne peut, après coup, se soustraire à sa responsabilité si l'auteur vient à être découvert postérieurement à l'ouverture de l'action pénale.
- Art. 16 al. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 27 - Besondere persönliche Verhältnisse, Eigenschaften und Umstände, welche die Strafbarkeit erhöhen, vermindern oder ausschliessen, werden bei dem Täter oder Teilnehmer berücksichtigt, bei dem sie vorliegen.
- Cette disposition légale n'est applicable que lorsqu'il s'agit d'arrêts émanant d'une cour ou du Tribunal fédéral réuni en séance plénière et rendus d'après la nouvelle organisation judiciaire du 6 octobre 1911.
Regesto (it):
- Art. 27 Num. 3 cp. 1 CP.
- Il redattore che sia stato reso responsabile in via subordinata dalla persona lesa per essersi rifiutato d'informarla non può in seguito sottrarsi a questa responsabilità, quando l'autore del reato è scoperto dopo l'apertura dell'azione penale.
- Art. 16
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 27 - Besondere persönliche Verhältnisse, Eigenschaften und Umstände, welche die Strafbarkeit erhöhen, vermindern oder ausschliessen, werden bei dem Täter oder Teilnehmer berücksichtigt, bei dem sie vorliegen.
- Questa norma legale è applicabile soltanto in caso di sentenze di una sezione o del Tribunale federale riunito in seduta plenaria che sono state pronunciate giusta la nuova organizzazione giudiziaria del 6 ottobre 1911.
Erwägungen ab Seite 1
BGE 82 IV 1 S. 1
Aus den Erwägungen:
Das Kantonsgericht St. Gallen hat aus den am 17. März 1952, am 16. Januar und am 8. Juni 1953 abgegebenen Erklärungen des Dr. Bösch, in denen er sich als Verfasser des angefochtenen Artikels bekannte, geschlossen, dass
BGE 82 IV 1 S. 2
während des Verlaufes des Prozesses gegen den Redaktor der Verfasser ermittelt worden sei. Das habe indessen nicht zur Folge, dass die Möglichkeit, den Prozess gegen den Redaktor bis zu dessen Aburteilung weiterzuführen, entfalle und nunmehr der Verfasser zur Verantwortung zu ziehen sei. Der Beschwerdeführer rügt diese Begründung des angefochtenen Urteils mit der Behauptung, sie werde "durch die rechtsgeschichtliche und rechtsvergleichende Betrachtung des Problems völlig entkräftet". Alle in irgendeiner Weise auf das belgische System der Kaskadenhaftung zurückgehenden Gesetzgebungen verlangten lediglich, dass der Verfasser im Laufe des gerichtlichen Verfahrens vor Urteilsfällung genannt oder in anderer Weise ermittelt werde, um den Redaktor zu entlasten. Dass jener schon bei Einleitung des Prozesses bekannt sein müsse, sei nicht erforderlich. Überall gelte sozusagen als Stichtag der Verantwortlichkeit der Zeitpunkt der erstinstanzlichen oder der rechtskräftigen Verurteilung. Wäre es in unserem Strafrecht anders, so müsste das StGB dies ausdrücklich vorschreiben. Aus dem Umstand, dass eine entsprechende Bestimmung fehle, könne ohne Verletzung von Art. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 1 - Eine Strafe oder Massnahme darf nur wegen einer Tat verhängt werden, die das Gesetz ausdrücklich unter Strafe stellt. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 27 - Besondere persönliche Verhältnisse, Eigenschaften und Umstände, welche die Strafbarkeit erhöhen, vermindern oder ausschliessen, werden bei dem Täter oder Teilnehmer berücksichtigt, bei dem sie vorliegen. |
BGE 82 IV 1 S. 3
die zur Erfüllung ihrer Aufgabe unter Umständen auch auf Mitarbeiter angewiesen ist, deren Namen sie nicht preisgeben will, hat sich dieses Recht auf Anonymität dadurch erworben, dass sie sich selbst bereit erklärte, einen verantwortlichen Redaktor zu stellen (BGE 76 IV 8; HAFTER, Allg. Teil S. 493 unter Hinweis auf WETTSTEIN, Prot. II. ExpKom. 2, 461). Dieser Ordnung, nach der es vom freien Willen des Redaktors abhängt, den Verfasser zu nennen oder an dessen Stelle die Verantwortung zu übernehmen, widerspräche es, die Strafverfolgung gegen den Redaktor von der Durchführung eines Ermittlungsverfahrens abhängig zu machen (BGE 76 IV 8, 67); nicht weniger verstiesse aber gegen den Sinn des Gesetzes, die schon eingeleitete und möglicherweise zur Spruchreife oder gar zum Abspruch gelangte Strafverfolgung (BGE 76 IV 69 E. 5) gegen den Redaktor selbst bei Antragsdelikten von Amtes wegen aufzuheben und dahinfallen zu lassen, wenn der Verfasser nachträglich bekannt wird. Vielmehr muss angenommen werden, dass der verantwortliche Redaktor, der durch seine Auskunftsverweigerung den Verletzten zwingt, die subsidiäre Haftung des Redaktors geltend zu machen, das Recht verwirkt, sich dieser Haftung nachträglich zu entziehen. Diese Folgerung, welche übrigens auch im früheren kantonalen Recht zu finden ist (vgl. St. Gallen § 195 StGB; SJZ 12, 237 Nr. 308), liegt nicht nur in der Sonderregelung des Art. 27
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BGE 82 IV 1 S. 4
Eine solche vorläufige Rechtsvorkehr berührt in keiner Weise die grundsätzliche Frage, die unabhängig davon zu beantworten ist, ob gegen den mutmasslichen Verfasser vorsorglich ebenfalls Klage eingeleitet sei oder nicht. Das hievon abweichende Vorbringen des Beschwerdeführers findet weder in BGE 76 IV 68 noch in BGE 79 IV 55 eine Stütze, da in keinem dieser Fälle zur Frage Stellung zu nehmen war, ob bei nachträglichem Bekanntwerden des Verfassers der bereits strafrechtlich verfolgte Redaktor von Amtes wegen von seiner Verantwortung zu entlasten sei. Dasselbe trifft auf BGE 32 I 453 zu, wo lediglich zur Beurteilung stand, ob ein Dritter als Zeuge die Aussage, wer der Verfasser sei, in einem nach zürcherischem Recht (unter Vorbehalt der definitiven Anklage gegen den zu ermittelnden Verfasser) vorläufig gegen den Redaktor geführten Ehrverletzungsprozess verweigern könne. Zu dem in diesem Zusammenhang gemachten Hinweis des Beschwerdeführers auf Art. 16 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 27 - Besondere persönliche Verhältnisse, Eigenschaften und Umstände, welche die Strafbarkeit erhöhen, vermindern oder ausschliessen, werden bei dem Täter oder Teilnehmer berücksichtigt, bei dem sie vorliegen. |
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