82 II 283
41. Urteil der II. Zivilabteilung vom 8. Mai 1956 i.S. Puorger gegen Heinrich.
Regeste (de):
- Bau auf fremdem Grundstück. Ersatzansprüche des bauenden Materialeigentümers. Art. 672 Z GB.
- 1. Wie weit ist Art. 672 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 672 - 1 Findet keine Trennung des Materials vom Boden statt, so hat der Grundeigentümer für das Material eine angemessene Entschädigung zu leisten.
1 Findet keine Trennung des Materials vom Boden statt, so hat der Grundeigentümer für das Material eine angemessene Entschädigung zu leisten. 2 Bei bösem Glauben des bauenden Grundeigentümers kann das Gericht auf vollen Schadenersatz erkennen. 3 Bei bösem Glauben des bauenden Materialeigentümers kann es auch nur dasjenige zusprechen, was der Bau für den Grundeigentümer allermindestens wert ist. - 2. Wann ist der bauende Materialeigentümer als gutgläubig zu betrachten? (Erw. 4).
- 3. Art. 672 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 672 - 1 Findet keine Trennung des Materials vom Boden statt, so hat der Grundeigentümer für das Material eine angemessene Entschädigung zu leisten.
1 Findet keine Trennung des Materials vom Boden statt, so hat der Grundeigentümer für das Material eine angemessene Entschädigung zu leisten. 2 Bei bösem Glauben des bauenden Grundeigentümers kann das Gericht auf vollen Schadenersatz erkennen. 3 Bei bösem Glauben des bauenden Materialeigentümers kann es auch nur dasjenige zusprechen, was der Bau für den Grundeigentümer allermindestens wert ist.
Regeste (fr):
- Constructions sur fonds d'autrui, créances d'indemnités du propriétaire des matériaux qui a construit, art. 672 CC.
- 1. Dans quelle mesure l'art. 672 al. 2 CC est-il applicable par analogie en faveur du propriétaire des matériaux qui a construit, spécialement en cas de mala fides superveniens du propriétaire du fonds? (consid. 3).
- 2. Quand le propriétaire des matériaux qui a construit doit-il être considéré comme de bonne foi? (consid. 4).
- 3. L'art. 672 al. 1 CC doit être complété dans ce sens que le propriétaire du fonds doit indemniser, selon l'appréciation du juge, le propriétaire des matériaux qui a construit de bonne foi à ses frais, pour les dépenses que la construction lui a causées à part la valeur des matériaux (consid. 5).
Regesto (it):
- Costruzione sul fondo altrui, risarcimento dovuto al costruttore, proprietario dei materiali. Art. 672 CC.
- 1. In quale misura l'art. 672 cp. 2 CC è applicabile per analogia in favore del costruttore, proprietario dei materiali, segnatamente nel caso di mala fides superveniens del proprietario del fondo? (consid. 3).
- 2. Quando il costruttore dev'essere considerato in buona fede? (consid. 4).
- 3. L'art. 672 cp. 1 CC dev'essere completato nel senso che il proprietario del fondo è tenuto a risarcire, secondo l'apprezzamento del giudice, il proprietario dei materiali, che ha costruito in buona fede a proprie spese, non solo per il valore dei materiali, ma anche per le altre spese di costruzione (consid. 5).
Sachverhalt ab Seite 284
BGE 82 II 283 S. 284
A.- Der in den Siebzigerjahren stehende Clà Puorger-Thun entschloss sich gegen Ende 1950, seinen Grundbesitz in Ramosch schon zu Lebzeiten auf seine fünf Kinder zu übertragen. Es handelte sich um das Wohnhaus (Nr. 62), den Anbau mit Ladenlokal und Restaurant (Nr. 62 A) und den Stall (Nr. 62 B). Am 29. Dezember 1950 wurde ein "act da partiziun" aufgesetzt, der in deutscher Übertragung lautet: "Die Ehegatten Clà und Anna Puorger-Thun sind nach reiflicher Überlegung zum Entschluss gelangt, bereits heute ihr Haus Nr. 62 A ... zwischen ihren fünf Kindern teilen zu lassen. Die Kinder ziehen unter sich das Los, und diese Losziehung hat ergeben, dass das Haus der Tochter Anna Mengia Heinrich zufällt, welche von heute an einzige Eigentümerin des obgenannten Hauses wird. Zum Haus gehört auch der umliegende Boden, welcher auch
BGE 82 II 283 S. 285
an die Tochter Anna M. übergeht, alles zusammen für den Preis von Fr. 43'100.--. Was den Garten anbelangt, wird dieser heute nicht geteilt, vielmehr wird festgestellt, dass sowohl das Haus 62 A wie das Haus 62 B ihn gemeinsam nutzen können ... Ferner wird bekräftigt, dass die Tochter Anna Mengia vom Recht ausgeschlossen wird, zu gegebener Zeit an der Losziehung über das Haus 62 B teilzunehmen ... Die Eltern haben das Recht, solange sie wollen, im Haus 62 A zu wohnen. Kraft dessen wird vorliegende Urkunde eigenhändig von allen Partnern unterfertigt." Die Urkunde trägt die Unterschrift der beiden Eltern und der fünf Kinder, ferner die Genehmigung der Vormundschaftsbehörde für den minderjährigen Sohn Lüzza. Auch Men Heinrich, der Ehemann der vom Los begünstigten Tochter Anna Mengia, unterzeichnete mit. Nach der Meinung der Vertragschliessenden sollte die begünstigte Tochter ihre Geschwister durch entsprechende Barbeträge abfinden. Unter der im Vertrag verwendeten Bezeichnung "Haus Nr. 62 A" wurde das Wohnhaus (Nr. 62) mit dem Anbau (Nr. 62 A) verstanden.
B.- Der Vertrag wurde beim Grundbuchamte zur Eintragung angemeldet. Der Grundbuchführer legte ihn dem kantonalen Grundbuchinspektorat vor, da sich Zweifel über die formelle Gültigkeit erhoben. Er erhielt Bescheid, es handle sich um einen Erbvertrag, der in der Form einer öffentlichen letztwilligen Verfügung abgeschlossen werden müsste, und wies die Anmeldung daher ab.
C.- Die Parteien gingen jedoch, ohne sich um die Schaffung einer Grundlage für die Eintragung zu kümmern, an den Vollzug ihrer Abmachung. Men Heinrich liess in der Zeit vom April bis September 1951 den einstöckigen Anbau Nr. 62 A um ein Stockwerk erhöhen, um dort mit seiner Frau Wohnung zu nehmen. Ferner errichtete er im Haus Nr. 62 ein Magazin, baute den Keller aus und liess diese Räume mit dem Anbau Nr. 62 A direkt verbinden. Vater Puorger, der bis zum 1. September 1951 Laden und Wirtschaft noch weiterführte, legte beim Aus- und Umbau bisweilen selber mit Hand an. Die gesamten Baukosten stellten sich auf Fr. 43'468.65 und wurden von Men Heinrich bezahlt. Dieser bezog auf den 1. September 1951 mit
BGE 82 II 283 S. 286
seiner Frau die im ersten Stockwerk errichtete Wohnung und übernahm vom Schwiegervater Laden und Wirtschaft. Den Steuerbehörden meldete Vater Puorger im Jahre 1951, er habe sein Vermögen den Kindern abgetreten. Die Steuern für die beiden Grundstücke liess er nun den Schwiegersohn Men Heinrich entrichten. Auf dessen Namen wurde das Haus Nr. 62 A bei der kantonalen Brandversicherungsanstalt umgeschrieben, und er zahlte die Prämien für dieses Haus wie für das Gebäude Nr. 62.
D.- Im Lauf des Jahres 1952 trat bei Vater Puorger ein Sinneswandel ein. Er hatte von einem verwandten Juristen vernommen, dass der aufgesetzte und allseits unterschriebene Vertrag vom 29. Dezember 1950 aus Formgründen unverbindlich und er Eigentümer der beiden Gebäude geblieben sei. Da sein Sohn Schimun zu dieser Zeit vor der Verehelichung stand und einer Wohnung bedurfte, wollte er nunmehr diesem das Wohnhaus Nr. 62 abtreten und den Eheleuten Heinrich nur noch den Anbau Nr. 62 A überlassen. Er legte Men Heinrich den Entwurf zu einem Kaufvertrage vor, wonach dieser den Anbau in seiner ursprünglichen Gestalt nebst Laden- und Wirtschaftsinventar zum Preise von Fr. 23'100.-- erstehen sollte. Der Entwurf enthielt zudem eine Klausel, laut welcher Keller und Magazin des Hauses Nr. 62 dem Eigentümer des Hauses Nr. 62 A vermietet werden sollten. Im Falle von Unannehmlichkeiten sollte es aber dem Eigentümer des Hauses Nr. 62 freistehen, diese Räumlichkeiten zu kündigen und den Zugang zu vermauern.
E.- Men Heinrich weigerte sich, zu diesem Vertrage Hand zu bieten. Er beharrte auf einer rechtsgültigen Abfassung und auf der Eintragung des sog. Erbvertrages vom Jahre 1950. Vater Puorger schlug dieses Begehren ab und verkaufte am 6. Juli 1952 das Wohnhaus Nr. 62 dem Sohn Schimun. Dieser kündigte in der Folgezeit dem Schwager Keller und Magazin. Die Eheleute Heinrich entschlossen sich hierauf zum Auszug. Heinrich nahm eine Stelle als Buchhalter in St. Moritz an. Am 10. Juni 1953 erfolgte
BGE 82 II 283 S. 287
unter Mitwirkung des Kreisamtes die Übergabe der Liegenschaften samt Inventar an Clà und Schimun Puorger.
F.- Am 16. Juli 1953 erhob Men Heinrich gegen seinen Schwiegervater Clà Puorger Klage auf Bezahlung der von ihm aufgewendeten Baukosten von Fr. 43'468.65 nebst Zins zu 5% seit 10. Juni 1953, ferner auf Bezahlung von Fr. 555.34 nebst Zins zu 5% seit 10. Juni 1954 aus Warenlieferung. Der Beklagte beantragte die Abweisung der Klage. Ohne Anerkennung einer Rechtspflicht bot er vor Bezirksgericht eine Entschädigung von Fr. 20'000.-- für das vom Kläger verbaute Material an.
G.- Das Bezirksgericht schützte die erste Forderung im herabgesetzten Betrag von Fr. 39'000.-- und die zweite von Fr. 555.34 ganz; sie war anerkannt unter Vorbehalt einer Gegenforderung, auf die das Gericht aus formellen Gründen nicht eintrat. Dem Kläger wurde ferner Zins zugesprochen, jedoch nur zu 3 1/2%.
H.- Gegen dieses Urteil legte der Beklagte Appellation ein, der sich der Kläger anschloss. Mit Urteil vom 23. August 1955 erhöhte das Kantonsgericht die Forderung aus Einbau auf Fr. 43'443.80 nebst Zins zu 5% seit 10. Juni 1953 und sprach ferner die Forderung aus Warenlieferung von Fr. 544.34 nebst Zins zu 5% seit 16. Juli 1953 zu.
I.- Mit vorliegender Berufung stellt der Beklagte die Anträge 1. auf Aufhebung des kantonsgerichtlichen Urteils, 2. auf bloss teilweise Gutheissung der Klage im Betrage von Fr. 20'555.34 nebst Zins zu 2 1/2% seit 10. Juni 1953, 3. eventuell auf Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Schätzung des beim Umbau seines Hauses verwendeten Baumaterials, welchen Betrag er nebst Zins zu 3% seit Fälligkeit zu zahlen hätte, 4. und 5. ... (Kosten). Der Kläger trägt auf Bestätigung des angefochtenen Urteils an.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Die Aktivlegitimation des Klägers zur Geltendmachung des streitigen Entschädigungsanspruches ist
BGE 82 II 283 S. 288
gegeben. Allerdings war das Eigentum an den Grundstücken Nr. 62 und 62 A seiner Ehefrau als Tochter des Beklagten zugedacht. Er selber hat jedoch den Um- und Ausbau auf eigene Kosten ausführen lassen und verlangt nun Ersatz seiner Aufwendungen.
2. Da das vom Kläger verwendete Material Bestandteil des im Eigentum des Beklagten verbliebenen Grund und Bodens geworden ist (Art. 667
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 667 - 1 Das Eigentum an Grund und Boden erstreckt sich nach oben und unten auf den Luftraum und das Erdreich, soweit für die Ausübung des Eigentums ein Interesse besteht. |
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1 | Das Eigentum an Grund und Boden erstreckt sich nach oben und unten auf den Luftraum und das Erdreich, soweit für die Ausübung des Eigentums ein Interesse besteht. |
2 | Es umfasst unter Vorbehalt der gesetzlichen Schranken alle Bauten und Pflanzen sowie die Quellen. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 671 - 1 Verwendet jemand zu einem Bau auf seinem Boden fremdes Material oder eigenes Material auf fremdem Boden, so wird es Bestandteil des Grundstückes. |
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1 | Verwendet jemand zu einem Bau auf seinem Boden fremdes Material oder eigenes Material auf fremdem Boden, so wird es Bestandteil des Grundstückes. |
2 | Der Eigentümer des Materials ist jedoch, wenn die Verwendung ohne seinen Willen stattgefunden hat, berechtigt, auf Kosten des Grundeigentümers die Trennung des Materials und dessen Herausgabe zu verlangen, insoweit dies ohne unverhältnismässige Schädigung möglich ist. |
3 | Unter der gleichen Voraussetzung kann der Grundeigentümer, wenn die Verwendung ohne seinen Willen stattgefunden hat, auf Kosten des Bauenden die Wegschaffung des Materials verlangen. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 672 - 1 Findet keine Trennung des Materials vom Boden statt, so hat der Grundeigentümer für das Material eine angemessene Entschädigung zu leisten. |
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1 | Findet keine Trennung des Materials vom Boden statt, so hat der Grundeigentümer für das Material eine angemessene Entschädigung zu leisten. |
2 | Bei bösem Glauben des bauenden Grundeigentümers kann das Gericht auf vollen Schadenersatz erkennen. |
3 | Bei bösem Glauben des bauenden Materialeigentümers kann es auch nur dasjenige zusprechen, was der Bau für den Grundeigentümer allermindestens wert ist. |
3. Das Kantonsgericht hat dem Kläger vollen Ersatz gewährt in Anwendung von Art. 672 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 672 - 1 Findet keine Trennung des Materials vom Boden statt, so hat der Grundeigentümer für das Material eine angemessene Entschädigung zu leisten. |
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1 | Findet keine Trennung des Materials vom Boden statt, so hat der Grundeigentümer für das Material eine angemessene Entschädigung zu leisten. |
2 | Bei bösem Glauben des bauenden Grundeigentümers kann das Gericht auf vollen Schadenersatz erkennen. |
3 | Bei bösem Glauben des bauenden Materialeigentümers kann es auch nur dasjenige zusprechen, was der Bau für den Grundeigentümer allermindestens wert ist. |
BGE 82 II 283 S. 289
darf, erklärt das Kantonsgericht selbst. Denn es hält es für glaubhaft - was angesichts der Vermutung des guten Glaubens nach Art. 3
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 3 - 1 Wo das Gesetz eine Rechtswirkung an den guten Glauben einer Person geknüpft hat, ist dessen Dasein zu vermuten. |
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1 | Wo das Gesetz eine Rechtswirkung an den guten Glauben einer Person geknüpft hat, ist dessen Dasein zu vermuten. |
2 | Wer bei der Aufmerksamkeit, wie sie nach den Umständen von ihm verlangt werden darf, nicht gutgläubig sein konnte, ist nicht berechtigt, sich auf den guten Glauben zu berufen. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 672 - 1 Findet keine Trennung des Materials vom Boden statt, so hat der Grundeigentümer für das Material eine angemessene Entschädigung zu leisten. |
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1 | Findet keine Trennung des Materials vom Boden statt, so hat der Grundeigentümer für das Material eine angemessene Entschädigung zu leisten. |
2 | Bei bösem Glauben des bauenden Grundeigentümers kann das Gericht auf vollen Schadenersatz erkennen. |
3 | Bei bösem Glauben des bauenden Materialeigentümers kann es auch nur dasjenige zusprechen, was der Bau für den Grundeigentümer allermindestens wert ist. |
4. Der Beklagte möchte seinerseits den Kläger als bösgläubig betrachtet wissen und ihn daher auf eine minimale Vergütung gemäss Art. 672 Abs. 3
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 672 - 1 Findet keine Trennung des Materials vom Boden statt, so hat der Grundeigentümer für das Material eine angemessene Entschädigung zu leisten. |
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1 | Findet keine Trennung des Materials vom Boden statt, so hat der Grundeigentümer für das Material eine angemessene Entschädigung zu leisten. |
2 | Bei bösem Glauben des bauenden Grundeigentümers kann das Gericht auf vollen Schadenersatz erkennen. |
3 | Bei bösem Glauben des bauenden Materialeigentümers kann es auch nur dasjenige zusprechen, was der Bau für den Grundeigentümer allermindestens wert ist. |
BGE 82 II 283 S. 290
Bauzeit gleich dem Beklagten der Meinung, seine Frau sei kraft des "act da partiziun" bereits Eigentümerin der beiden Grundstücke geworden. Ob er sich dieser Betrachtungsweise etwas fahrlässig hingab, ist belanglos. Denn jedenfalls baute er mit dem Willen des Eigentümers, also des Beklagten, was nach wiederholten eingehend begründeten Entscheidungen genügt, um ihn als gutgläubig gelten zu lassen (BGE 53 I 193, BGE 57 II 256). Es ist geradezu rechtsmissbräuchlich, wenn der Beklagte dem Kläger bösen Glauben vorhalten will, nachdem er es gewesen, der die Teilung seines Vermögens mit Zuweisung der beiden Grundstücke an die Tochter Anna Mengia ins Werk gesetzt hatte, bei den Bauarbeiten mithalf, den Steuerbehörden den vermeintlichen Übergang des Eigentums mitteilte und den Kläger fortwährend im Glauben liess, es handle sich um den Um- und Ausbau von Frauengut.
5. Kommt somit keine der Spezialbestimmungen, Art. 672 Abs. 2 oder Abs. 3, zur Anwendung, so bleibt es bei der allgemeinen Regel von Art. 672 Abs. 1, die den Grundeigentümer verpflichtet, "für das Material eine angemessene Entschädigung zu leisten". Diese Vorschrift bedarf indessen der Ergänzung; denn sie fasst nur das fremde Material ins Auge, sodass die Frage offen bleibt, wie es mit den übrigen Baukosten zu halten sei, die allenfalls dem bauenden Materialeigentümer oder einem Dritten erwachsen sind und deren Gegenwert nun zusammen mit dem Wert des Materials im vollendeten Bau liegt. Bei der Materialvergütung kann es sein Bewenden haben, wenn der Grundeigentümer selber das fremde Material verwendet hat, sodass die übrigen Baukosten ohnehin ihm erwachsen sind. Hat aber der Materialeigentümer, wie hier, auf eigene Kosten eingebaut, so ist dem ihm dadurch entstandenen, zum Wert des Materials hinzugetretenen Aufwande gleichfalls Rechnung zu tragen. Die einschränkende Auslegung des Art. 672 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 672 - 1 Findet keine Trennung des Materials vom Boden statt, so hat der Grundeigentümer für das Material eine angemessene Entschädigung zu leisten. |
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1 | Findet keine Trennung des Materials vom Boden statt, so hat der Grundeigentümer für das Material eine angemessene Entschädigung zu leisten. |
2 | Bei bösem Glauben des bauenden Grundeigentümers kann das Gericht auf vollen Schadenersatz erkennen. |
3 | Bei bösem Glauben des bauenden Materialeigentümers kann es auch nur dasjenige zusprechen, was der Bau für den Grundeigentümer allermindestens wert ist. |
BGE 82 II 283 S. 291
entspricht nicht dem Willen des Gesetzes. Wenn dieses nur vom Material spricht, so deshalb, weil die Art. 671 ff. an und für sich nur die Folgen der Akzession regeln. Ein vom Materialeigentümer erbrachter Bauaufwand ist ihm grundsätzlich ebenfalls zu ersetzen, wobei zur Ausfüllung der in Art. 672 Abs. 1 offen gelassenen Lücke vor allem die Grundsätze über die ungerechtfertigte Bereicherung und über die Geschäftsführung ohne Auftrag wegleitend sein müssen. Art. 672 beruht ja auf dem Grundgedanken, dass der sich aus dem Akzessionsprinzip für den Grundeigentümer beim Einbau fremden Materials ergebende Zuwachs, wiewohl nicht grundlos, so doch unverdient und in diesem Sinne ungerechtfertigt ist (BGE 81 II 431 ff.). Den baulichen Veränderungen liegt nun neben dem dafür beschafften Material die zur Ausführung erforderliche Arbeit zugrunde, wie sie denn auch die vom Kläger vorgelegten Rechnungen ausweisen. Der von Dritten geleisteten Arbeit wurde bereits bei der Ausarbeitung des Gesetzes Beachtung geschenkt (Erl. II 88). Auch in dieser Hinsicht kann der Richter nach Art. 672 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 672 - 1 Findet keine Trennung des Materials vom Boden statt, so hat der Grundeigentümer für das Material eine angemessene Entschädigung zu leisten. |
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1 | Findet keine Trennung des Materials vom Boden statt, so hat der Grundeigentümer für das Material eine angemessene Entschädigung zu leisten. |
2 | Bei bösem Glauben des bauenden Grundeigentümers kann das Gericht auf vollen Schadenersatz erkennen. |
3 | Bei bösem Glauben des bauenden Materialeigentümers kann es auch nur dasjenige zusprechen, was der Bau für den Grundeigentümer allermindestens wert ist. |
6. Im übrigen ist nur noch der Verzugszins von 5%
BGE 82 II 283 S. 292
streitig, und zwar auch für die als solche vor Bundesgericht vorbehaltlos anerkannte Warenschuld von Fr. 544.34. Allein, das Kantonsgericht hat mit Recht jenen Prozentsatz gemäss dem Klagebegehren gelten lassen. Er ist gesetzlich so bestimmt und gilt, selbst wenn die vertraglichen Zinsen weniger hoch wären (Art. 104
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 104 - 1 Ist der Schuldner mit der Zahlung einer Geldschuld in Verzug, so hat er Verzugszinse zu fünf vom Hundert für das Jahr zu bezahlen, selbst wenn die vertragsmässigen Zinse weniger betragen. |
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1 | Ist der Schuldner mit der Zahlung einer Geldschuld in Verzug, so hat er Verzugszinse zu fünf vom Hundert für das Jahr zu bezahlen, selbst wenn die vertragsmässigen Zinse weniger betragen. |
2 | Sind durch Vertrag höhere Zinse als fünf vom Hundert, sei es direkt, sei es durch Verabredung einer periodischen Bankprovision, ausbedungen worden, so können sie auch während des Verzuges gefordert werden. |
3 | Unter Kaufleuten können für die Zeit, wo der übliche Bankdiskonto am Zahlungsorte fünf vom Hundert übersteigt, die Verzugszinse zu diesem höheren Zinsfusse berechnet werden. |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 106 - 1 Hat der Gläubiger einen grösseren Schaden erlitten, als ihm durch die Verzugszinse vergütet wird, so ist der Schuldner zum Ersatze auch dieses Schadens verpflichtet, wenn er nicht beweist, dass ihm keinerlei Verschulden zur Last falle. |
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1 | Hat der Gläubiger einen grösseren Schaden erlitten, als ihm durch die Verzugszinse vergütet wird, so ist der Schuldner zum Ersatze auch dieses Schadens verpflichtet, wenn er nicht beweist, dass ihm keinerlei Verschulden zur Last falle. |
2 | Lässt sich dieser grössere Schaden zum voraus abschätzen, so kann der Richter den Ersatz schon im Urteil über den Hauptanspruch festsetzen. |
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Kantonsgerichts Graubünden vom 23. August 1955 bestätigt.