82 II 257
37. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 13. September 1956 i.S. Libanione gegen Maranta.
Regeste (de):
- Vaterschaftsklage.
- 1. Die Gerichte haben nicht zu prüfen, ob der Beistand des Kindes (Art. 311 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 311 - 1 Sind andere Kindesschutzmassnahmen erfolglos geblieben oder erscheinen sie von vornherein als ungenügend, so entzieht die Kindesschutzbehörde die elterliche Sorge:419
1 Sind andere Kindesschutzmassnahmen erfolglos geblieben oder erscheinen sie von vornherein als ungenügend, so entzieht die Kindesschutzbehörde die elterliche Sorge:419 1 wenn die Eltern wegen Unerfahrenheit, Krankheit, Gebrechen, Abwesenheit, Gewalttätigkeit oder ähnlichen Gründen ausserstande sind, die elterliche Sorge pflichtgemäss auszuüben; 2 wenn die Eltern sich um das Kind nicht ernstlich gekümmert oder ihre Pflichten gegenüber dem Kinde gröblich verletzt haben. 2 Wird beiden Eltern die Sorge entzogen, so erhalten die Kinder einen Vormund. 3 Die Entziehung ist, wenn nicht ausdrücklich das Gegenteil angeordnet wird, gegenüber allen, auch den später geborenen Kindern wirksam. - 2. Gerichtsstand im Falle der Einleitung der Klage vor der Geburt des Kindes (Art. 312 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 312 - Die Kindesschutzbehörde entzieht die elterliche Sorge:423
1 wenn die Eltern aus wichtigen Gründen darum nachsuchen; 2 wenn sie in eine künftige Adoption des Kindes durch ungenannte Dritte eingewilligt haben. SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 308 - 1 Erfordern es die Verhältnisse, so ernennt die Kindesschutzbehörde dem Kind einen Beistand, der die Eltern in ihrer Sorge um das Kind mit Rat und Tat unterstützt.
1 Erfordern es die Verhältnisse, so ernennt die Kindesschutzbehörde dem Kind einen Beistand, der die Eltern in ihrer Sorge um das Kind mit Rat und Tat unterstützt. 2 Sie kann dem Beistand besondere Befugnisse übertragen, namentlich die Vertretung des Kindes bei der Feststellung der Vaterschaft, bei der Wahrung seines Unterhaltsanspruches und anderer Rechte und die Überwachung des persönlichen Verkehrs.413 3 Die elterliche Sorge kann entsprechend beschränkt werden.
Regeste (fr):
- Action en paternité.
- 1. Les tribunaux n'ont pas à examiner si le curateur de l'enfant (art. 311 al. 1 CC) a été nommé par l'autorité tutélaire compétente en raison du lieu.
- 2. For, lorsque l'action est introduite avant la naissance de l'enfant (art. 312 al. 1 et 308 CC).
Regesto (it):
- Azione di paternità.
- 1. I tribunali non devono esaminare se il curatore dell'infante (art. 311 cp. 1 CC) è stato nominato dall'autorità tutoria competente per territorio.
- 2. Foro nel caso in cui l'azione è proposta prima della nascita dell'infante (art. 312 cp. 1 e 308 CC).
Sachverhalt ab Seite 257
BGE 82 II 257 S. 257
Der von der Vormundschaftsbehörde Oberengadin für Frl. Maranta und das von ihr erwartete Kind bestellte Beistand leitete schon vor der Geburt des Kindes beim Bezirksgericht Maloja gegen den in Lugano wohnhaften Libanione Vaterschaftsklage ein. Der Beklagte bestritt
BGE 82 II 257 S. 258
u.a. die örtliche Zuständigkeit der Vormundschaftsbehörde Oberengadin zur Bestellung des Beistands und diejenige des Bezirksgerichts Maloja zur Beurteilung der Klage. Die kantonalen Gerichte verwarfen diese Einreden. Die Berufung des Beklagten an das Bundesgericht hat keinen Erfolg.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
1. Der Beklagte hält vor Bundesgericht daran fest, dass die Vormundschaftsbehörde Oberengadin zur Ernennung eines Beistands für die Klägerinnen örtlich nicht zuständig gewesen und die erfolgte Ernennung daher ungültig sei. Er will daraus schliessen, dass der klagenden Partei die "Aktivlegitimation" (gemeint offenbar: eine gehörige Vertretung) fehle. Die Gerichte haben jedoch nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts nicht zu prüfen, ob der für eine Partei handelnde Beistand (oder Vormund) von der örtlich zuständigen Behörde bestellt worden sei; der Bestellungsakt ist für den Richter verbindlich, solange er nicht von den vormundschaftlichen Organen selbst wieder aufgehoben wird (BGE 55 II 325Erw. 2,BGE 58 I 290/91,BGE 61 II 15,BGE 73 I 234; vgl. auch BGE 81 II 421 /22). Der Einwand, dass die Vormundschaftsbehörde Oberengadin für die Beistandsbestellung örtlich nicht zuständig gewesen sei, ist daher im vorliegenden Verfahren nicht zu hören.
3. Nach Art. 312 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 312 - Die Kindesschutzbehörde entzieht die elterliche Sorge:423 |
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1 | wenn die Eltern aus wichtigen Gründen darum nachsuchen; |
2 | wenn sie in eine künftige Adoption des Kindes durch ungenannte Dritte eingewilligt haben. |
BGE 82 II 257 S. 259
schliessen, dass für die Beurteilung einer vor der Geburt eingeleiteten Klage ausschliesslich der Richter am Wohnsitz des Beklagten zur Zeit der Klage zuständig sei. Da das Gesetz in Art. 308 die Anhebung der Vaterschaftsklage vor der Geburt ausdrücklich gestattet und der Vaterschaftsbeklagte kein legitimes Interesse daran hat, dass die Gegenpartei, die nicht an seinem, sondern an ihrem Wohnsitz klagen will, mit der Klageeinleitung unter allen Umständen bis nach der Geburt zuwartet, rechtfertigt es sich vielmehr, bei der Anwendung von Art. 312 eine Klage auch dann als beim Richter am Wohnsitz der klagenden Partei zur Zeit der Geburt angebracht gelten zu lassen, wenn dieser Wohnsitz bei der Klageeinleitung noch nicht feststand, weil die Geburt damals noch nicht erfolgt war, wenn aber im Zeitpunkt, da der angerufene Richter entscheidet, auf Grund der inzwischen eingetretenen Tatsachen gesagt werden kann, dass wirklich an diesem Wohnsitz geklagt wurde. Im vorliegenden Falle hat also das Bezirksgericht Maloja, das seinen Entscheid am 13. Januar 1956 fällte, seine Zuständigkeit zur Beurteilung der am 28. Januar 1954 bei ihm eingereichten Klage mit Recht bejaht, wenn sich ergibt, dass Mutter und Kind zur Zeit der Geburt, d.h. am 21. März 1954, im Bezirk Maloja Wohnsitz hatten.