82 I 32
5. Urteil der II. Zivilabteilung vom 24. Mai 1956 i.S. Scheller gegen Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt.
Regeste (de):
- Wahl der Vornamen.
- Bei Prüfung der Frage, ob ein Vorname im Sinne von Art. 69 Abs. 2
SR 211.112.2 Zivilstandsverordnung vom 28. April 2004 (ZStV)
ZStV Art. 69 Mitwirkung - 1 Ist es für die Verlobte oder den Verlobten offensichtlich unzumutbar, im Vorbereitungsverfahren persönlich beim zuständigen Zivilstandsamt zu erscheinen, so kann insbesondere für die Entgegennahme der Erklärung nach Artikel 65 Absatz 1 die Mitwirkung des Zivilstandsamtes am Aufenthaltsort verlangt werden.
1 Ist es für die Verlobte oder den Verlobten offensichtlich unzumutbar, im Vorbereitungsverfahren persönlich beim zuständigen Zivilstandsamt zu erscheinen, so kann insbesondere für die Entgegennahme der Erklärung nach Artikel 65 Absatz 1 die Mitwirkung des Zivilstandsamtes am Aufenthaltsort verlangt werden. 2 Verlobte, die sich im Ausland aufhalten, können die Erklärung nach Artikel 65 Absatz 1 bei einer Vertretung der Schweiz abgeben. In begründeten Ausnahmefällen kann die Erklärung mit Bewilligung der Zivilstandsbeamtin oder des Zivilstandsbeamten auch bei einer ausländischen Urkundsperson abgegeben werden, welche die Unterschrift beglaubigt. - Darf ein Vorname zurückgewiesen werden, weil er in einem andern Landesteil auf das entgegengesetzte Geschlecht bezogen wird? ("Andrea" als Mädchenname in der deutschen Schweiz).
Regeste (fr):
- Choix du prénom.
- Ce qui est décisif pour savoir si un prénom est manifestement préjudiciable aux intérêts de l'enfant ou de tiers au sens de l'art. 69 al. 2 OEC, c'est la manière dont il est compris dans le peuple.
- Un prénom choisi pour un enfant d'un sexe peut-il être refusé pour le motif que, ailleurs dans le pays, il est donné à des enfants de l'autre sexe? ("Andrea" choisi comme nom de fille en Suisse alémanique).
Regesto (it):
- Scelta del nome.
- Per giudicare se un nome leda evidentemente gli interessi del bambino o di terzi a norma dell'art. 69 cp. 2 OSC, è determinante il modo in cui detto nome è inteso dal popolo.
- Puo un nome essere riflutato per il motivo che in altre regioni del paese esso è dato a bambini dell'altro sesso? ("Andrea" scelto quale nome di bambina nella Svizzera tedesca).
Sachverhalt ab Seite 33
BGE 82 I 32 S. 33
Dr. Heinz Friedrich Scheller-Amsler, von Adliswil (Zürich), in Basel, will seine am 17. Dezember 1955 in Basel geborene Tochter "Ursula Andrea" nennen. Das Zivilstandsamt des Kantons Basel-Stadt lehnte die Eintragung des Vornamens "Andrea" ab mit der Begründung, dies sei ein Knabenname, nämlich die im italienischen und rätoromanischen Sprachgebiet geltende Form von "Andreas". Das Justizdepartement und der Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt haben im gleichen Sinne entschieden. Gegen den regierungsrätlichen Entscheid vom 7. Februar 1956 führt Dr. Scheller Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht mit dem Antrag, das Zivilstandsamt sei anzuweisen, seine Tochter mit den von ihm gewünschten Vornamen ins Geburtsregister einzutragen. Der Regierungsrat beantragt Abweisung, das Eidg. Justiz- und Polizeidepartement dagegen Gutheissung der Beschwerde.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
Gemäss Art. 275 Abs. 3
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 275 - 1 Für Anordnungen über den persönlichen Verkehr ist die Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes zuständig und, sofern sie Kindesschutzmassnahmen getroffen hat oder trifft, diejenige an seinem Aufenthaltsort. |
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1 | Für Anordnungen über den persönlichen Verkehr ist die Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes zuständig und, sofern sie Kindesschutzmassnahmen getroffen hat oder trifft, diejenige an seinem Aufenthaltsort. |
2 | Regelt das Gericht nach den Bestimmungen über die Ehescheidung und den Schutz der ehelichen Gemeinschaft die elterliche Sorge, die Obhut oder den Unterhaltsbeitrag, so regelt es auch den persönlichen Verkehr.337 |
3 | Bestehen noch keine Anordnungen über den Anspruch von Vater und Mutter, so kann der persönliche Verkehr nicht gegen den Willen der Person ausgeübt werden, welcher die elterliche Sorge oder Obhut zusteht. |
SR 211.112.2 Zivilstandsverordnung vom 28. April 2004 (ZStV) ZStV Art. 69 Mitwirkung - 1 Ist es für die Verlobte oder den Verlobten offensichtlich unzumutbar, im Vorbereitungsverfahren persönlich beim zuständigen Zivilstandsamt zu erscheinen, so kann insbesondere für die Entgegennahme der Erklärung nach Artikel 65 Absatz 1 die Mitwirkung des Zivilstandsamtes am Aufenthaltsort verlangt werden. |
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1 | Ist es für die Verlobte oder den Verlobten offensichtlich unzumutbar, im Vorbereitungsverfahren persönlich beim zuständigen Zivilstandsamt zu erscheinen, so kann insbesondere für die Entgegennahme der Erklärung nach Artikel 65 Absatz 1 die Mitwirkung des Zivilstandsamtes am Aufenthaltsort verlangt werden. |
2 | Verlobte, die sich im Ausland aufhalten, können die Erklärung nach Artikel 65 Absatz 1 bei einer Vertretung der Schweiz abgeben. In begründeten Ausnahmefällen kann die Erklärung mit Bewilligung der Zivilstandsbeamtin oder des Zivilstandsbeamten auch bei einer ausländischen Urkundsperson abgegeben werden, welche die Unterschrift beglaubigt. |
BGE 82 I 32 S. 34
zutreffend hervorhebt, um sehr persönliche Dinge, in die sich der Staat nicht ohne zwingende Gründe einmischen soll. Dem freien Ermessen, das der Regierungsrat den Registerbehörden zugestehen möchte, sind also sehr enge Grenzen gesetzt. Bei Prüfung eines Vornamens unter dem Gesichtspunkte von Art. 69 Abs. 2
SR 211.112.2 Zivilstandsverordnung vom 28. April 2004 (ZStV) ZStV Art. 69 Mitwirkung - 1 Ist es für die Verlobte oder den Verlobten offensichtlich unzumutbar, im Vorbereitungsverfahren persönlich beim zuständigen Zivilstandsamt zu erscheinen, so kann insbesondere für die Entgegennahme der Erklärung nach Artikel 65 Absatz 1 die Mitwirkung des Zivilstandsamtes am Aufenthaltsort verlangt werden. |
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1 | Ist es für die Verlobte oder den Verlobten offensichtlich unzumutbar, im Vorbereitungsverfahren persönlich beim zuständigen Zivilstandsamt zu erscheinen, so kann insbesondere für die Entgegennahme der Erklärung nach Artikel 65 Absatz 1 die Mitwirkung des Zivilstandsamtes am Aufenthaltsort verlangt werden. |
2 | Verlobte, die sich im Ausland aufhalten, können die Erklärung nach Artikel 65 Absatz 1 bei einer Vertretung der Schweiz abgeben. In begründeten Ausnahmefällen kann die Erklärung mit Bewilligung der Zivilstandsbeamtin oder des Zivilstandsbeamten auch bei einer ausländischen Urkundsperson abgegeben werden, welche die Unterschrift beglaubigt. |
BGE 82 I 32 S. 35
und Österreich, wie aus den zahlreichen vom Beschwerdeführer vorgelegten Bestätigungen deutscher und österreichischer Amtsstellen hervorgeht und durch das französisch- deutsche Wörterbuch von Sachs-Villatte bestätigt wird, das "Andrée" mit "Andrea" übersetzt, aber auch für die deutsche Schweiz. Der Beschwerdeführer vermochte nachzuweisen, dass die Zivilstandsbehörden den Namen "Andrea", insbesondere zusammen mit einem andern weiblichen Vornamen, in einer ganzen Reihe deutschschweizerischer Kantone als Mädchennamen entgegennehmen. Sogar in Davos, also in unmittelbarer Nachbarschaft des romanischen Landesteils, wurde ein Mädchen mit den Namen "Andrea Leonore" eingetragen. Der Name "Andrea" hat sich also auch in der deutschen Schweiz als weiblicher Name durchgesetzt. Dass dieser Name in andern Landesgegenden als Männername gilt, ist den Deutschschweizern im allgemeinen nicht gegenwärtig. Jedenfalls wird er in der deutschen Schweiz in aller Regel dann nicht so aufgefasst, wenn er als Vorname einer Person mit einem deutschsprachigen Familiennamen erscheint. Missverständnisse sind vollends ausgeschlossen, wenn der Name "Andrea" nicht allein, sondern zusammen mit einem andern weiblichen Vornamen verwendet wird. Wenn die Eheleute Scheller in Basel ihr Kind "Ursula Andrea" benennen wollen, kann also keine Rede davon sein, dass im Sinne von Art. 69 Abs. 2
SR 211.112.2 Zivilstandsverordnung vom 28. April 2004 (ZStV) ZStV Art. 69 Mitwirkung - 1 Ist es für die Verlobte oder den Verlobten offensichtlich unzumutbar, im Vorbereitungsverfahren persönlich beim zuständigen Zivilstandsamt zu erscheinen, so kann insbesondere für die Entgegennahme der Erklärung nach Artikel 65 Absatz 1 die Mitwirkung des Zivilstandsamtes am Aufenthaltsort verlangt werden. |
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1 | Ist es für die Verlobte oder den Verlobten offensichtlich unzumutbar, im Vorbereitungsverfahren persönlich beim zuständigen Zivilstandsamt zu erscheinen, so kann insbesondere für die Entgegennahme der Erklärung nach Artikel 65 Absatz 1 die Mitwirkung des Zivilstandsamtes am Aufenthaltsort verlangt werden. |
2 | Verlobte, die sich im Ausland aufhalten, können die Erklärung nach Artikel 65 Absatz 1 bei einer Vertretung der Schweiz abgeben. In begründeten Ausnahmefällen kann die Erklärung mit Bewilligung der Zivilstandsbeamtin oder des Zivilstandsbeamten auch bei einer ausländischen Urkundsperson abgegeben werden, welche die Unterschrift beglaubigt. |
BGE 82 I 32 S. 36
Namens, und im übrigen bezeichnet das griechische Eigenschaftswort, auf das die Namen "Andreas" und "Andrea" zurückgeführt werden können, im übertragenen Sinne moralische Qualitäten, die auch einem Mädchen und einer Frau wohl anstehen (so namentlich: mutig, tapfer, tüchtig). Der angefochtene Entscheid verstösst also offensichtlich gegen Art. 275 Abs. 3
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 275 - 1 Für Anordnungen über den persönlichen Verkehr ist die Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes zuständig und, sofern sie Kindesschutzmassnahmen getroffen hat oder trifft, diejenige an seinem Aufenthaltsort. |
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1 | Für Anordnungen über den persönlichen Verkehr ist die Kindesschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes zuständig und, sofern sie Kindesschutzmassnahmen getroffen hat oder trifft, diejenige an seinem Aufenthaltsort. |
2 | Regelt das Gericht nach den Bestimmungen über die Ehescheidung und den Schutz der ehelichen Gemeinschaft die elterliche Sorge, die Obhut oder den Unterhaltsbeitrag, so regelt es auch den persönlichen Verkehr.337 |
3 | Bestehen noch keine Anordnungen über den Anspruch von Vater und Mutter, so kann der persönliche Verkehr nicht gegen den Willen der Person ausgeübt werden, welcher die elterliche Sorge oder Obhut zusteht. |
SR 211.112.2 Zivilstandsverordnung vom 28. April 2004 (ZStV) ZStV Art. 69 Mitwirkung - 1 Ist es für die Verlobte oder den Verlobten offensichtlich unzumutbar, im Vorbereitungsverfahren persönlich beim zuständigen Zivilstandsamt zu erscheinen, so kann insbesondere für die Entgegennahme der Erklärung nach Artikel 65 Absatz 1 die Mitwirkung des Zivilstandsamtes am Aufenthaltsort verlangt werden. |
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1 | Ist es für die Verlobte oder den Verlobten offensichtlich unzumutbar, im Vorbereitungsverfahren persönlich beim zuständigen Zivilstandsamt zu erscheinen, so kann insbesondere für die Entgegennahme der Erklärung nach Artikel 65 Absatz 1 die Mitwirkung des Zivilstandsamtes am Aufenthaltsort verlangt werden. |
2 | Verlobte, die sich im Ausland aufhalten, können die Erklärung nach Artikel 65 Absatz 1 bei einer Vertretung der Schweiz abgeben. In begründeten Ausnahmefällen kann die Erklärung mit Bewilligung der Zivilstandsbeamtin oder des Zivilstandsbeamten auch bei einer ausländischen Urkundsperson abgegeben werden, welche die Unterschrift beglaubigt. |
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird gutgeheissen, der angefochtene Entscheid aufgehoben und das Zivilstandsamt Basel-Stadt angewiesen, die am 17. Dezember 1955 geborene Tochter des Beschwerdeführers mit den Vornamen "Ursula Andrea" ins Geburtsregister einzutragen.