81 II 304
50. Urteil der I. Zivilabteilung vom 2. September 1955 i.S. Brechbühler gegen Invaliden-, Witwen- und Waisenversicherungskasse für die ständigen Beamten, Angestellten und Arbeiter der Einwohnergemeinde Biel.
Regeste (de):
- 1. Art. 53 Abs. 1
, 74
OG. Dem Hauptintervenienten stehen Berufung und Nichtigkeitsbeschwerde nicht zu, auch wenn er vor der letzten kantonalen Instanz Parteirechte ausgeübt hat (Erw. 1).
- 2. Art. 50 Abs. 1
, 74
OG. Unzulässigkeit der Berufung und Nichtigkeitsbeschwerde gegen einen Vorentscheid, weil das Beweisverfahren, das durch einen Endentscheid ausgeschaltet werden möchte, infolge Einstellung des Prozesses und Abwarten des Ergebnisses eines anderen Rechtsstreites ohnehin im ersteren nicht stattzufinden braucht (Erw. 2).
- 3. Art. 68 Abs. 1
OG. Unzulässigkeit der Nichtigkeitsbeschwerde, weil die Sache an sich berufungsfähig ist (Erw. 3).
Regeste (fr):
- 1. Art. 53 al. 1 et 74 OJ. L'intervenant principal n'a qualité ni pour recourir en réforme ni pour recourir en nullité, même s'il a exercé des droits de partie dans la dernière instance cantonale (consid. 1).
- 2. Art. 50 al. 1 et 74 OJ. Irrecevabilité des recours en réforme et en nullité contre un jugement préjudiciel, lorsque l'administration de preuves qui pourrait être épargnée par une décision finale sera évitée de toute façon du fait qu'on a suspendu la procédure pour attendre le résultat d'un autre procès (consid. 2).
- 3. Art. 68 al. 1 OJ. Irrecevabilité du recours en nullité parce que l'affaire est, en elle-même, susceptible de recours en réforme (consid. 3).
Regesto (it):
- 1. Art. 53
cp. 1 e 74 OG. L'intervenuto in via principale non ha veste per interporre ricorso per riforma o nullità, anche se era parte dinanzi all'ultima giurisdizione cantonale (consid. 1).
- 2. Art. 50
cp. 1 e 74 OG. Irricevibilità d'un ricorso per riforma o nullità interposto contro una decisione pregiudiziale, pel motivo che l'assunzione delle prove, che dovrebbe essere evitata con una decisione finale, non dovrà ad ogni modo aver luogo in seguito alla sospensione della procedura decretata per attendere l'esito di un altro processo (consid. 2).
- 3. Art. 68
cp. 1 OG. Inammissibilità del ricorso per nullità perchè la causa è suscettibile in sè di essere deferita al Tribunale federale mediante ricorso per riforma (consid. 3).
Sachverhalt ab Seite 305
BGE 81 II 304 S. 305
A.- Paul Born verursachte am 27. Februar 1953 beim Führen eines Motorwagens einen Unfall, durch den die Mitfahrenden Walter Brechbühler und Walter Wyss ums Leben kamen. Die Invaliden-, Witwen- und Waisenversicherungskasse für die ständigen Beamten, Angestellten und Arbeiter der Einwohnergemeinde Biel (Versicherungskasse Biel), bei der beide Getöteten versichert waren, klagte in der Folge bei der I. Zivilkammer des Obergerichts des Kantons Bern gegen die Versicherungs-Aktiengesellschaft "Alpina" als Haftpflichtversicherer des Born auf Verurteilung zur Zahlung von Fr. 128'833.-- und gegen Paul Born persönlich auf Verurteilung zur Zahlung des durch die "Alpina" nicht gedeckten Betrages, eventuell von Fr. 128'833.--, alles nebst Zins. Sie berief sich auf Art. 11 ihrer Statuten, wonach sie gegenüber einem Dritten, der mit Bezug auf einen Versicherungsfall schadenersatzpflichtig ist, bis auf die Höhe ihrer Leistungen in den Ersatzanspruch des Versicherten oder seiner Hinterbliebenen eintrete. Sie behauptete Eintritt in der Höhe der Barwerte von Fr. 100'679.--, Fr. 23, 733.-- und Fr. 4421.-- der von ihr an Rosa Brechbühler als Witwe, Alfred Brechbühler als Waise und Irène Wyss als Witwe geschuldeten Renten. Die Beklagten beantragten, die Klage sei zurückzuweisen, weil die Klägerin zur Prozessführung nicht berechtigt sei, eventuell sei sie mangels Eintritts der Klägerin in die Rechte der Hinterbliebenen ganz oder teilweise abzuweisen. Die gleichen Anträge stellten Rosa und Alfred Brechbühler, die erklärten, dem Prozess "an der Seite der Beklagten" als "Intervenienten" beizutreten.
BGE 81 II 304 S. 306
B.- Die I. Zivilkammer des Obergerichts Bern beschränkte die Verhandlung auf die Fragen ihrer sachlichen Zuständigkeit, der Parteifähigkeit der Klägerin, des Prozessführungsrechtes der Organe der Klägerin und des Umfanges des Eintrittes in die Rechte gegen die Beklagten. Sie bejahte am 16. März 1955 ihre Zuständigkeit und erkannte in der Form eines Vorentscheides, die Parteifähigkeit der Klägerin werde im.Sinne der Erwägungen anerkannt, die Organe der Klägerin seien zur Prozessführung befugt und der Subrogationsanspruch der Klägerin werde im Sinne der Erwägungen bejaht. Hierauf verfügte die I. Zivilkammer die Einstellung des Prozesses bis zur endgültigen Beurteilung einer Klage, die Rosa und Alfred Brechbühler gegen Born bei der II. Zivilkammer des bernischen Obergerichts eingereicht hatten und mit der sie Ersatz ihres Schadens, insbesondere des Versorgerschadens, verlangen.
C.- Rosa und Alfred Brechbühler führen gegen den Vorentscheid, soweit er den Eintritt der Versicherungskasse Biel in die Ansprüche der Versicherten auf Ersatz des Versorgerschadens anerkennt, "Berufung eventuell zivilrechtliche Beschwerde". Sie beantragen, er sei aufzuheben und die Sache zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen, eventuell seien die Rechtsbegehren der Klägerin, soweit sie die Entschädigungsforderung der Intervenienten wegen Verlustes ihres Versorgers geltend mache, mangels Aktivlegitimation der Klägerin im vollen, eventuell in einem durch das Gericht festzusetzenden Umfange abzuweisen.
D.- Die Versicherungskasse Biel beantragt, die Berufung sei abzuweisen und auf die eventuelle Nichtigkeitsbeschwerde sei nicht einzutreten, allenfalls sei auch diese abzuweisen.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Art. 53 Abs. 1
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BGE 81 II 304 S. 307
OG), gewährt diese Rechtsmittel auch den Nebenparteien (Litisdenunziaten, Nebenintervenienten), wenn ihnen nach dem kantonalen Gesetz Parteirechte zukommen und sie vor der letzten kantonalen Instanz am Prozess teilgenommen haben. Nebenintervention ist begrifflich ausgeschlossen, wenn das rechtliche Interesse des Intervenienten, den Rechtsstreit zugunsten der einen Partei entschieden zu sehen, sich darin erschöpft, der Gegenpartei die Legitimation zur Sache absprechen zu lassen, um hernach selber den streitigen Anspruch gegen die Partei, an deren Seite interveniert wurde, geltend machen zu können. Solches Ringen um die Legitimation zur Sache ist Hauptintervention, die, wo sie gesetzlich geregelt ist, in der Form einer selbständigen Klage zu erfolgen hat (vgl. z.B. § 40 zürch. ZPO) und auch im Kanton Bern, der sie in der geltenden Zivilprozessordnung nicht mehr kennt, einen selbständigen Prozess des "Intervenienten" erfordert, wobei dieser gegen die Partei, gegen die er einen Anspruch stellt, zu klagen hat und der andere Rechtsstreit gemäss Art. 96
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SR 272 Schweizerische Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 2008 (Zivilprozessordnung, ZPO) - Gerichtsstandsgesetz ZPO Art. 96 Tarife und Anspruch der Vertretung auf Parteientschädigung - 1 Die Kantone setzen die Tarife für die Prozesskosten fest. Vorbehalten bleibt die Gebührenregelung nach Artikel 16 Absatz 1 SchKG60. |
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1 | Die Kantone setzen die Tarife für die Prozesskosten fest. Vorbehalten bleibt die Gebührenregelung nach Artikel 16 Absatz 1 SchKG60. |
2 | Die Kantone können vorsehen, dass die Anwältin oder der Anwalt einen ausschliesslichen Anspruch auf die Honorare und Auslagen hat, die als Parteientschädigung gewährt werden. |
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BGE 81 II 304 S. 308
Rosa und Alfred Brechbühler gegen Born selbständig klagen und das auch gegen die "Alpina" tun können, sind ihre Interessen denn auch prozessual genügend gewahrt.
2. Übrigens könnte auf die Berufung und die Nichtigkeitsbeschwerde auch unter dem Gesichtspunkt des Art. 50
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3. Auf die Nichtigkeitsbeschwerde ist sodann auch
BGE 81 II 304 S. 309
deshalb nicht einzutreten, weil Art. 68 Abs. 1
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Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Auf die Berufung und Nichtigkeitsbeschwerde wird nicht eingetreten.