80 IV 147
30. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 2. September 1954 i.S. Hodel gegen Jugendanwaltschaft des Kantons Luzern.
Regeste (de):
- 1. Art. 268 Abs. 2 BStP. Zulässigkeit der Nichtigkeitsbeschwerde.
- 2. Art. 91 Ziff. 2 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 91 - 1 Gegen Gefangene und Eingewiesene, welche in schuldhafter Weise gegen Strafvollzugsvorschriften oder den Vollzugsplan verstossen, können Disziplinarsanktionen verhängt werden.
1 Gegen Gefangene und Eingewiesene, welche in schuldhafter Weise gegen Strafvollzugsvorschriften oder den Vollzugsplan verstossen, können Disziplinarsanktionen verhängt werden. 2 Disziplinarsanktionen sind: a der Verweis; b der zeitweise Entzug oder die Beschränkung der Verfügung über Geldmittel, der Freizeitbeschäftigung oder der Aussenkontakte; c die Busse; sowie d der Arrest als eine zusätzliche Freiheitsbeschränkung. 3 Die Kantone erlassen für den Straf- und Massnahmenvollzug ein Disziplinarrecht. Dieses umschreibt die Disziplinartatbestände, bestimmt die Sanktionen und deren Zumessung und regelt das Verfahren. SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 93 - 1 Mit der Bewährungshilfe sollen die betreuten Personen vor Rückfälligkeit bewahrt und sozial integriert werden. Die für die Bewährungshilfe zuständige Behörde leistet und vermittelt die hierfür erforderliche Sozial- und Fachhilfe.
1 Mit der Bewährungshilfe sollen die betreuten Personen vor Rückfälligkeit bewahrt und sozial integriert werden. Die für die Bewährungshilfe zuständige Behörde leistet und vermittelt die hierfür erforderliche Sozial- und Fachhilfe. 2 Personen, die in der Bewährungshilfe tätig sind, haben über ihre Wahrnehmungen zu schweigen. Sie dürfen Auskünfte über die persönlichen Verhältnisse der betreuten Person Dritten nur geben, wenn die betreute Person oder die für die Bewährungshilfe zuständige Person schriftlich zustimmt. 3 Die Behörden der Strafrechtspflege können bei der für die Bewährungshilfe zuständigen Behörde einen Bericht über die betreute Person einholen.
Regeste (fr):
- 1. Art. 268 al. 2 PPF. Recevabilité du pourvoi en nullité.
- 2. Art. 91 ch. 2 al. 1, art. 93 al. 1 CP. Dans quelles conditions l'éducation d'un adolescent dans une famille peut-elle être remplacée par l'éducation dans un établissement?
Regesto (it):
- 1. Art. 268 cp. 2 PPF. Ricevibilità del ricorso per cassazione.
- 2. Art. 91 cifra 2 cp. 1, art. 93 cp. 1 CP. In quali condizioni l'educazione d'un adolescente in una famiglia può essere sostituita con l'educazione in uno stabilimento?
Sachverhalt ab Seite 148
BGE 80 IV 147 S. 148
A.- Charles Hodel, geb. 1937, stahl am 6. Oktober 1953 ein Fahrrad. Das Kantonale Jugendgericht Luzern erklärte ihn daher am 3. Februar 1954 des Diebstahls schuldig und wies ihn im Sinne des Art. 91 Ziff. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 91 - 1 Gegen Gefangene und Eingewiesene, welche in schuldhafter Weise gegen Strafvollzugsvorschriften oder den Vollzugsplan verstossen, können Disziplinarsanktionen verhängt werden. |
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1 | Gegen Gefangene und Eingewiesene, welche in schuldhafter Weise gegen Strafvollzugsvorschriften oder den Vollzugsplan verstossen, können Disziplinarsanktionen verhängt werden. |
2 | Disziplinarsanktionen sind: |
a | der Verweis; |
b | der zeitweise Entzug oder die Beschränkung der Verfügung über Geldmittel, der Freizeitbeschäftigung oder der Aussenkontakte; |
c | die Busse; sowie |
d | der Arrest als eine zusätzliche Freiheitsbeschränkung. |
3 | Die Kantone erlassen für den Straf- und Massnahmenvollzug ein Disziplinarrecht. Dieses umschreibt die Disziplinartatbestände, bestimmt die Sanktionen und deren Zumessung und regelt das Verfahren. |
B.- Am 30. Juni 1954 erkannte das gleiche Gericht, Charles Hodel werde in Abänderung des Urteils vom 3. Februar 1954 im Sinne von Art. 91 Ziff. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 91 - 1 Gegen Gefangene und Eingewiesene, welche in schuldhafter Weise gegen Strafvollzugsvorschriften oder den Vollzugsplan verstossen, können Disziplinarsanktionen verhängt werden. |
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1 | Gegen Gefangene und Eingewiesene, welche in schuldhafter Weise gegen Strafvollzugsvorschriften oder den Vollzugsplan verstossen, können Disziplinarsanktionen verhängt werden. |
2 | Disziplinarsanktionen sind: |
a | der Verweis; |
b | der zeitweise Entzug oder die Beschränkung der Verfügung über Geldmittel, der Freizeitbeschäftigung oder der Aussenkontakte; |
c | die Busse; sowie |
d | der Arrest als eine zusätzliche Freiheitsbeschränkung. |
3 | Die Kantone erlassen für den Straf- und Massnahmenvollzug ein Disziplinarrecht. Dieses umschreibt die Disziplinartatbestände, bestimmt die Sanktionen und deren Zumessung und regelt das Verfahren. |
C.- Josef und Martha Hodel-Raddatz, die Eltern des Charles Hodel, führen Nichtigkeitsbeschwerde gegen den Entscheid vom 30. Juni 1954 mit dem Antrag, er sei aufzuheben und das Urteil vom 3. Februar 1954 wieder in Kraft zu setzen.
Erwägungen
Der Kassationshof zieht in Erwägung:
1. Erkenntnisse über Massnahmen gegen Jugendliche sind Urteile im Sinne des Art. 268 Abs. 2 BStP (BGE 68
BGE 80 IV 147 S. 149
IV 159). Das gleiche trifft zu für Erkenntnisse, die gemäss Art. 93 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 93 - 1 Mit der Bewährungshilfe sollen die betreuten Personen vor Rückfälligkeit bewahrt und sozial integriert werden. Die für die Bewährungshilfe zuständige Behörde leistet und vermittelt die hierfür erforderliche Sozial- und Fachhilfe. |
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1 | Mit der Bewährungshilfe sollen die betreuten Personen vor Rückfälligkeit bewahrt und sozial integriert werden. Die für die Bewährungshilfe zuständige Behörde leistet und vermittelt die hierfür erforderliche Sozial- und Fachhilfe. |
2 | Personen, die in der Bewährungshilfe tätig sind, haben über ihre Wahrnehmungen zu schweigen. Sie dürfen Auskünfte über die persönlichen Verhältnisse der betreuten Person Dritten nur geben, wenn die betreute Person oder die für die Bewährungshilfe zuständige Person schriftlich zustimmt. |
3 | Die Behörden der Strafrechtspflege können bei der für die Bewährungshilfe zuständigen Behörde einen Bericht über die betreute Person einholen. |
2. Gemäss Art. 93 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 93 - 1 Mit der Bewährungshilfe sollen die betreuten Personen vor Rückfälligkeit bewahrt und sozial integriert werden. Die für die Bewährungshilfe zuständige Behörde leistet und vermittelt die hierfür erforderliche Sozial- und Fachhilfe. |
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1 | Mit der Bewährungshilfe sollen die betreuten Personen vor Rückfälligkeit bewahrt und sozial integriert werden. Die für die Bewährungshilfe zuständige Behörde leistet und vermittelt die hierfür erforderliche Sozial- und Fachhilfe. |
2 | Personen, die in der Bewährungshilfe tätig sind, haben über ihre Wahrnehmungen zu schweigen. Sie dürfen Auskünfte über die persönlichen Verhältnisse der betreuten Person Dritten nur geben, wenn die betreute Person oder die für die Bewährungshilfe zuständige Person schriftlich zustimmt. |
3 | Die Behörden der Strafrechtspflege können bei der für die Bewährungshilfe zuständigen Behörde einen Bericht über die betreute Person einholen. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 91 - 1 Gegen Gefangene und Eingewiesene, welche in schuldhafter Weise gegen Strafvollzugsvorschriften oder den Vollzugsplan verstossen, können Disziplinarsanktionen verhängt werden. |
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1 | Gegen Gefangene und Eingewiesene, welche in schuldhafter Weise gegen Strafvollzugsvorschriften oder den Vollzugsplan verstossen, können Disziplinarsanktionen verhängt werden. |
2 | Disziplinarsanktionen sind: |
a | der Verweis; |
b | der zeitweise Entzug oder die Beschränkung der Verfügung über Geldmittel, der Freizeitbeschäftigung oder der Aussenkontakte; |
c | die Busse; sowie |
d | der Arrest als eine zusätzliche Freiheitsbeschränkung. |
3 | Die Kantone erlassen für den Straf- und Massnahmenvollzug ein Disziplinarrecht. Dieses umschreibt die Disziplinartatbestände, bestimmt die Sanktionen und deren Zumessung und regelt das Verfahren. |
BGE 80 IV 147 S. 150
sie keineswegs der Erziehung in einer Familie nachgehen, etwa in dem Sinne, dass jene nur zulässig wäre, wenn diese versagt. Liegt die Wahl der einen oder andern Massnahme von Anfang an im Ermessen der Behörde, so ist kein Grund dafür zu finden, weshalb die Erziehung in einer Anstalt nur noch unter der besonderen Voraussetzung der Nichtbewährung des Jugendlichen in einer Familie zulässig sein sollte, wenn einmal die Übergabe an eine solche verfügt worden ist. Art. 91 Ziff. 2 Abs. 1 Satz 2 ist nicht Sondervorschrift, die die Anwendung des Art. 93 Abs. 1 ausschlösse, sondern verdeutlicht bloss, dass mit dem Fehlschlagen der Familienerziehung die Sache nicht erledigt ist, die Behörde vielmehr den Versuch der Erziehung in einer Anstalt zu unternehmen hat. Dass erstere Bestimmung die letztere nicht ausschaltet, ergibt sich auch daraus, dass sonst der Übergang zu einer besonderen Behandlung im Sinne des Art. 92 ebenfalls ausgeschlossen wäre, wenn die Übergabe an eine Familie verfügt worden ist; diese Beschränkung wäre offensichtlich unvernünftig.
3. Lag somit die Einweisung des Charles Hodel in eine Erziehungsanstalt im Ermessen des Jugendgerichtes, obwohl die angeordnete Erziehung in einer fremden Familie noch nicht begonnen hatte, so ist die Beschwerde unbegründet. Das Jugendgericht hat das Ermessen nicht überschritten. Es ist nicht offenbar unvernünftig, aus dem widerspenstigen und von Einsichtslosigkeit zeugenden Verhalten der Eltern zu schliessen, dass diese der Nacherziehung ihres Sohnes in einer anderen Familie Hindernisse in den Weg legen könnten, die den Erfolg der Massnahme gefährden würden, und daher Anstaltserziehung anzuordnen, um den Jugendlichen dem ungünstigen Einflusse seiner Eltern wirksamer zu entziehen.
Dispositiv
Demnach erkennt der Kassationshof:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.