Urteilskopf

80 II 150

22. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 23. März 1954 i.S. Wydler gegen J. Müller & Co. A.-G.
Regeste (de):

Regeste (fr):

Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 150

BGE 80 II 150 S. 150

Vom Dezember 1936 bis Ende Dezember 1950 betätigte sich Hermann Wydler als Reisevertreter der Möbelfabrik J. Müller & Co. A.-G. Die Anstellungsbedingungen gewährten ihm eine Auftragsprovision, welche als Entgelt und Auslagenersatz gedacht war. Nach der Auflösung des Dienstverhältnisses belangte Wydler im März 1951 seine frühere Arbeitgeberin auf Bezahlung von Provisionsguthaben zuzüglich Spesenersatz. Die Gerichte des Kantons Thurgau'das Obergericht mit Urteil vom 22. Oktober 1953, wiesen die Klage ab. Auf die Berufung des Klägers hin, mit welcher nur noch am Provisionsanspruch festgehalten wurde, hebt das Bundesgericht das angefochtene Erkenntnis auf und weist die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurück.
BGE 80 II 150 S. 151

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

2. Art. 13 Abs. 2 HRAG verbietet im Anwendungsgebiet dieses Gesetzes eine vertragliche Abrede, dass der Ersatz für notwendige Auslagen des Reisenden im festen Gehalt oder in der Provision ganz oder teilweise inbegriffen sein soll. Hiezu wurde in BGE 74 II 62f. ausgeführt, dass eine abweichende Abmachung als Ganzes dahinfalle, alsdann die Rechtslage gleich sei, wie wenn eine Regelung überhaupt unterblieben wäre, und demzufolge der Richter im Sinne von Art. 3 Abs. 2 und 9 Abs. 2 HRAG neben dem Auslagenersatz die ein angemessenes Entgelt für die Dienstleistung des Reisenden ergebende Provision zu bestimmen habe. Doch hat die Vorinstanz diese Grundsätze zu Unrecht auf die Auseinandersetzung zwischen den Parteien übertragen. Sie stehen unter der selbstverständlichen - und hier, wie die vorgenommenen Erhebungen zeigen, nicht erfüllten - Voraussetzung, dass der Reisende durch das fragliche Abkommen in seinen berechtigten Interessen verkürzt wurde. Sonst ist keine Nichtigkeit gegeben. Das erhellt ohne weiteres aus Art. 19 Abs. 1 HRAG, wo ausdrücklich vorgesehen ist, dass gewisse Vorschriften des Gesetzes, zu denen Art. 13 zählt, nicht "zuungunsten des Reisenden" geändert werden dürfen. Freilich mag es zunächst als einigermassen befremdlich erscheinen, dass dergestalt die Nichtigkeit einseitig nur zum Vorteil des Reisenden eintritt. Allein solche Verschiedenheit in der Wirkung deckt sich mit Inhalt und Zweck dieses betont dem Schutze des Reisenden dienenden Spezialgesetzes.
3. Anhand des Gutachtens Mächler räumt die Vorinstanz zumindest als möglich ein, dass der Kläger bei Zugrundelegung der vereinbarten Provisionsansätze noch eine Restforderung habe. Sie lehnt deren Zuspruch mit der Begründung ab, der Kläger könne sich nicht auf die vertragliche Bindung stützen, da letztere gesamthaft nichtig sei. Beigefügt ist, es werde damit allerdings die Vertragsfreiheit berührt, aber der Kläger, "der sich während
BGE 80 II 150 S. 152

des Prozesses bezüglich der Spesenentschädigung auch nicht auf die Vertragsfreiheit berufen hat", müsse das hinnehmen. Diese Auffassung hält nach dem oben Dargelegten nicht stand. Die Vorinstanz verkennt, dass die Parteirechte im Geltungsbereich des HRAG ungleich sind. Weil dem so ist, kann auch nicht gesagt werden, dass ein anderslautender Entscheid die "ungerechte Prämierung eines unkorrekten Verhaltens des Klägers" bedeuten würde. Endlich bleibt, jedenfalls nachdem der Kläger auf die Spesenersatzforderung verzichtet hat, in Ansehung der klaren Bestrebungen des HRAG auch für eine Heranziehung des Art. 2
SR 210 Code civil suisse du 10 décembre 1907
CC Art. 2 - 1 Chacun est tenu d'exercer ses droits et d'exécuter ses obligations selon les règles de la bonne foi.
1    Chacun est tenu d'exercer ses droits et d'exécuter ses obligations selon les règles de la bonne foi.
2    L'abus manifeste d'un droit n'est pas protégé par la loi.
ZGB vorliegend kein Raum.
Information de décision   •   DEFRITEN
Document : 80 II 150
Date : 23 mars 1954
Publié : 31 décembre 1954
Source : Tribunal fédéral
Statut : 80 II 150
Domaine : ATF - Droit civil
Objet : Art. 13 et 19 LEVC. La clause portant que l'indemnité pour frais est comprise dans la provision n'est nulle que si elle


Répertoire des lois
CC: 2
SR 210 Code civil suisse du 10 décembre 1907
CC Art. 2 - 1 Chacun est tenu d'exercer ses droits et d'exécuter ses obligations selon les règles de la bonne foi.
1    Chacun est tenu d'exercer ses droits et d'exécuter ses obligations selon les règles de la bonne foi.
2    L'abus manifeste d'un droit n'est pas protégé par la loi.
Répertoire ATF
80-II-150
Répertoire de mots-clés
Trié par fréquence ou alphabet
nullité • autorité inférieure • remboursement de frais • liberté contractuelle • décision • motivation de la décision • autorité judiciaire • fin • pré • tribunal fédéral • cuir • thurgovie • hameau • état de fait • avantage • comportement