80 I 344
55. Urteil vom 8. Dezember 1954 i.S. Blass gegen Polizeirichteramt der Stadt Zürich und Obergericht des Kantons Zürich.
Regeste (de):
- Ausserdienstliche Verwendung von Militärfahrrädern.
- Eine kantonale Vorschrift, nach der vom Militärradfahrer für die Zulassung seines Militärrades zum Verkehr die gleichen Ausweise und Gebühren verlangt werden wie vom Zivilradfahrer, ist nicht bundesrechtswidrig.
- Art. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 2 Zweck - 1 Die Schweizerische Eidgenossenschaft schützt die Freiheit und die Rechte des Volkes und wahrt die Unabhängigkeit und die Sicherheit des Landes.
1 Die Schweizerische Eidgenossenschaft schützt die Freiheit und die Rechte des Volkes und wahrt die Unabhängigkeit und die Sicherheit des Landes. 2 Sie fördert die gemeinsame Wohlfahrt, die nachhaltige Entwicklung, den inneren Zusammenhalt und die kulturelle Vielfalt des Landes. 3 Sie sorgt für eine möglichst grosse Chancengleichheit unter den Bürgerinnen und Bürgern. 4 Sie setzt sich ein für die dauerhafte Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen und für eine friedliche und gerechte internationale Ordnung.
Regeste (fr):
- Utilisation de bicyclettes militaires hors du service.
- N'est pas contraire au droit fédéral une prescription cantonale qui exige de l'usager d'une bicyclette militaire, pour que celle-cisoit admise à circuler, les mêmes permis et taxes que de l'usager d'une bicyclette civile.
- Art. 2 disp. transit. Cst., 4 Cst., 165 OM, 71 al. 5 LA, 9 et 12 de l'ordonnance du Conseil fédéral sur les bicyclettes militaires, du 14 mars 1939, et art. 60 de l'ordonnance du Conseil fédéral sur l'équipement des troupes, du 20 juillet 1954.
Regesto (it):
- Uso di biciclette militari fuori servizio.
- Non è in urto col diritto federale una prescrizione cantonale che subordina il diritto di circolare fuori servizio con una bicicletta militare alle stesse autorizzazioni e tasse richieste a coloro che usano una bicicletta comune.
- Art. 2 disp. trans. CF, art. 4 CF, 165 OM, 71 cp. 5 LA, 9 e 12 dell'ordinanza 14 marzo 1939 del Consiglio federale sulle biciclette militari, 60 dell'ordinanza 20 luglio 1954 del consiglio federale concernente l'equipaggiamento delle truppe.
Sachverhalt ab Seite 345
BGE 80 I 344 S. 345
A.- Nach der zürch. Verordnung über den Verkehr mit Fahrrädern vom 2. November 1944 (FV) bedarf es für die Benützung eines Fahrrades im öffentlichen Verkehr eines Ausweises, der stets mitzuführen ist, und eines Kennzeichens, das am Fahrrad gut sichtbar anzubringen ist (§§ 1, 2). Ausweis und Kennzeichen werden von der zuständigen Behörde erteilt, wenn der Eigentümer des Fahrrades eine den gesetzlichen Erfordernissen entsprechende Haftpflichtversicherung abgeschlossen hat (§ 3). Die jährliche Gebühr für den Ausweis beträgt Fr. 2.-, die Gebühr für das Kennzeichen 50 Rp. (§ 16). Den Bestimmungen der FV unterliegen für den ausserdienstlichen Gebrauch auch Militärfahrräder (§ 23).
B.- Der Beschwerdeführer Heinz Blass in Zürich besitzt ein Militärfahrrad, das Eigentum des Bundes ist. Da er für 1952 wohl eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen, aber den kantonalen Ausweis und das Kennzeichen nicht eingelöst hatte, wurde er, als er das Militärfahrrad am 30. September 1952 ausserdienstlich benützte, vom Polizeirichter der Stadt Zürich wegen Übertretung der FV mit Fr. 6.- gebüsst. Blass verlangte gerichtliche Beurteilung und machte geltend, die FV verstosse inbezug auf Militärfahrräder gegen Bundesrecht. Der Einzelrichter in Strafsachen des Bezirksgerichts Zürich gab ihm recht und sprach ihn von Schuld und Strafe frei, das Obergericht des Kantons Zürich dagegen, bei dem das Polizeirichteramt
BGE 80 I 344 S. 346
Nichtigkeitsbeschwerde führte, erklärte ihn durch Urteil vom 29. April 1954 der Übertretung der §§ 1, 2 und 23 FV schuldig und verurteilte ihn zu einer Geldbusse von Fr. 6.- in der Annahme, dass die Unterstellung der Militärfahrräder unter die FV weder gegen die für solche Fahrräder geltenden bundesrechtlichen Vorschriften noch gegen den Grundsatz der Rechtsgleichheit (Art. 4
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C.- Mit der vorliegenden staatsrechtlichen Beschwerde beantragt Heinz Blass, dieses Urteil des Obergerichts sei wegen Verletzung der Art. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 2 Zweck - 1 Die Schweizerische Eidgenossenschaft schützt die Freiheit und die Rechte des Volkes und wahrt die Unabhängigkeit und die Sicherheit des Landes. |
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1 | Die Schweizerische Eidgenossenschaft schützt die Freiheit und die Rechte des Volkes und wahrt die Unabhängigkeit und die Sicherheit des Landes. |
2 | Sie fördert die gemeinsame Wohlfahrt, die nachhaltige Entwicklung, den inneren Zusammenhalt und die kulturelle Vielfalt des Landes. |
3 | Sie sorgt für eine möglichst grosse Chancengleichheit unter den Bürgerinnen und Bürgern. |
4 | Sie setzt sich ein für die dauerhafte Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen und für eine friedliche und gerechte internationale Ordnung. |
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BGE 80 I 344 S. 347
der massgebenden bundesrechtlichen Bestimmungen führe zu einer rechtsungleichen Behandlung der Militärradfahrer in den verschiedenen Kantonen und verstosse daher auch gegen Art. 4
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D.- Das Polizeirichteramt der Stadt Zürich beantragt Abweisung der Beschwerde. Das Obergericht hat auf Vernehmlassung verzichtet.
E.- Da die Streitsache sich gleichzeitig als Anstand im Sinne von Art. 111 lit. a
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Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Der Beschwerdeführer leitet aus der eidg. Verordnung betreffend die Militärfahrräder vom 14. März 1939 (MilFV) zu Unrecht ab, dass er von Bundesrechts wegen zum Verkehr mit seinem Militärfahrrad zugelassen sei und daher keiner kantonalen Bewilligung mehr bedürfe. Diese Verordnung wurde erlassen in Ausführung von Art. 89
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BGE 80 I 344 S. 348
Dass Art. 12 Abs. 1 solche kantonalen Vorschriften im Gegenteil vorbehält, ergibt sich aus Abs. 2, wonach der Militärradfahrer beim ausserdienstlichen Gebrauch der Militärfahrräder wie die übrigen Zivilradfahrer den eidgenössischen und kantonalen Verkehrs- und Polizeivorschriften untersteht. Etwas anderes folgt auch nicht aus Art. 9 MilFV, welcher den Militärradfahrer verpflichtet, für den ausserdienstlichen Gebrauch des Fahrrads eine Haftpflichtversicherung abzuschliessen. Damit wird nur zum Ausdruck gebracht, dass der Bund für den bei ausserdienstlichem Gebrauch von Militärfahrrädern verursachten Schaden keinesfalls haftet, dass also, wie Art. 60 der auf 1. Januar 1955 in Kraft tretenden Verordnung über die Mannschaftsausrüstung vom 20. Juli 1954 nun ausdrücklich sagt, die "ausserdienstliche Benützung der Militärfahrräder unter ausschliesslicher Verantwortung des Militärradfahrers erfolgt". Die Annahme, dass der diesem deshalb zur Pflicht gemachte Abschluss einer Haftpflichtversicherung von Bundesrechts wegen seine Zulassung zum Verkehr zur Folge habe, verbietet sich schon deshalb, weil Art. 9 über den Inhalt der abzuschliessenden Versicherung nichts besagt. Dessen Festsetzung konnte und wollte aber nicht einfach dem Ermessen des einzelnen Radfahrers überlassen werden, weshalb hier das kantonale Recht, dem die Fahrradhaftpflichtversicherung ja ohnehin untersteht, ergänzend eingreift. Und zwar kann dieses nicht nur Höhe, Umfang, Geltungsdauer usw. der Versicherungspflicht bestimmen, sondern auch die der Kontrolle der Erfüllung dieser Pflicht dienenden Ausweise uud Kennzeichen vorschreiben. Dass solche Kennzeichen der kantonalen Haftpflichtversicherung auch während des Dienstes am Fahrrad belassen werden müssen (Art. 9 MilFV) bzw. können (Art. 60 der erwähnten Verordnung vom 20. Juli 1954), ist bedeutungslos, da sich aus dieser für den dienstlichen Gebrauch geltenden Vorschrift nichts für die ausserdienstliche Verwendung ableiten lässt. § 23 der zürch. Fahrrad-Verordnung, wonach die Militärfahrräder
BGE 80 I 344 S. 349
für den ausserdienstlichen Gebrauch den Bestimmungen dieser Verordnung und damit auch den in den §§ 1-3 enthaltenen Vorschriften über die Zulassung zum Verkehr unterliegen, widerspricht somit keiner Vorschrift des Bundesrechts. Der Militärradfahrer, der sein Dienstrad ausserdienstlich verwendet, bedarf daher wie der Zivilradfahrer eines amtlichen Fahrradausweises und eines amtlichen Kennzeichens.
2. Nach § 16 der zürch. Fahrrad-Verordnung beträgt die jährliche Gebühr für den Fahrradausweis Fr. 2.-, die Gebühr für das Kennzeichen 50 Rp. Dass es sich dabei um wirkliche Gebühren und nicht um Steuern handelt, steht nach dem Zweck und der Höhe der Abgaben ausser Zweifel und wird denn auch vom Beschwerdeführer nicht bestritten. Er ist jedoch der Auffassung, dass auch die Erhebung von Gebühren gegen Bundesrecht verstosse, da nach Art. 165
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3. Steht den Kantonen demnach die Befugnis zu, vom Militärradfahrer für die ausserdienstliche Verwendung seines Militärrades die gleichen Ausweise und Gebühren zu
BGE 80 I 344 S. 350
verlangen wie vom Zivilradfahrer, so erweist sich auch die Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4
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Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird abgewiesen.