S. 45 / Nr. 11 Verfahren (d)

BGE 79 IV 45

11. Auszug aus dem Entscheid der Anklagekammer vom 15. Mai 1953 i. S.
Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern gegen Verhöramt des Kantons Zug.

Regeste:
1. Formelle Anforderungen an ein Gesuch nach Art. 351
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 351 - 1 Das Bundesamt für Polizei vermittelt kriminalpolizeiliche Informationen zur Verfolgung von Straftaten und zur Vollstreckung von Strafen und Massnahmen.
1    Das Bundesamt für Polizei vermittelt kriminalpolizeiliche Informationen zur Verfolgung von Straftaten und zur Vollstreckung von Strafen und Massnahmen.
2    Es kann kriminalpolizeiliche Informationen zur Verhütung von Straftaten übermitteln, wenn auf Grund konkreter Umstände mit der grossen Wahrscheinlichkeit eines Verbrechens oder Vergehens zu rechnen ist.
3    Es kann Informationen zur Suche nach Vermissten und zur Identifizierung von Unbekannten vermitteln.
4    Zur Verhinderung und Aufklärung von Straftaten kann das Bundesamt für Polizei von Privaten Informationen entgegennehmen und Private orientieren, wenn dies im Interesse der betroffenen Personen ist und deren Zustimmung vorliegt oder nach den Umständen vorausgesetzt werden kann.
StGB, Art. 264
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 351 - 1 Das Bundesamt für Polizei vermittelt kriminalpolizeiliche Informationen zur Verfolgung von Straftaten und zur Vollstreckung von Strafen und Massnahmen.
1    Das Bundesamt für Polizei vermittelt kriminalpolizeiliche Informationen zur Verfolgung von Straftaten und zur Vollstreckung von Strafen und Massnahmen.
2    Es kann kriminalpolizeiliche Informationen zur Verhütung von Straftaten übermitteln, wenn auf Grund konkreter Umstände mit der grossen Wahrscheinlichkeit eines Verbrechens oder Vergehens zu rechnen ist.
3    Es kann Informationen zur Suche nach Vermissten und zur Identifizierung von Unbekannten vermitteln.
4    Zur Verhinderung und Aufklärung von Straftaten kann das Bundesamt für Polizei von Privaten Informationen entgegennehmen und Private orientieren, wenn dies im Interesse der betroffenen Personen ist und deren Zustimmung vorliegt oder nach den Umständen vorausgesetzt werden kann.
BStP
(Erw. 1).
2. Art. 350
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 350 - 1 Das Bundesamt für Polizei nimmt die Aufgaben eines Nationalen Zentralbüros im Sinne der Statuten der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (INTERPOL) wahr.
1    Das Bundesamt für Polizei nimmt die Aufgaben eines Nationalen Zentralbüros im Sinne der Statuten der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (INTERPOL) wahr.
2    Es ist zuständig für die Informationsvermittlung zwischen den Strafverfolgungsbehörden von Bund und Kantonen einerseits sowie den Nationalen Zentralbüros anderer Staaten und dem Generalsekretariat von INTERPOL andererseits.
StGB, 263 BStP. Wo ist der Täter für strafbare Handlungen zu
verfolgen, die er auf der Flucht aus einer Strafanstalt begeht, um sich
durchzuschlagen? (Erw. 4).
1. Formes de la requête visée par les art. 351 CP et 264 PPF (consid. 1).
2. Art. 350 CP et 263 PPF. For de la poursuite d'infractions que l'auteur a
commises pour assurer sa subsistance après s'être évadé d'un pénitencier
(consid. 4).
1. Requisiti formali dell'istanza a norma degli art. 351 CP e 264 PPF (consid.
1).
2. Art. 350 CP e 263 PPF. Foro nel caso di reati che il colpevole ha commessi
per procurarsi quanto è necessario a sostentare la vita dopo l'evasione da uno
stabilimento penitenziario (consid. 4).

A. - Wigand von Mentlen und Hermann Furrer brachen in der Nacht vorn 24. auf
den 25. Dezember 1952 aus dem luzernischen Straflager Wauwilermoos aus. Auf
ihrer gemeinsamen Flucht stahlen sie in den Kantonen Luzern, Zug, Zürich,
Schwyz und St. Gallen Fahrräder, Kleider, Lebensmittel und dergleichen, um
sich durchzuschlagen.
B. - Die Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern, die während längerer Zeit das
Verhöramt des Kantons Zug erfolglos zu bestimmen versucht hat, den
Gerichtsstand Zug zur Verfolgung und Beurteilung von Mentlens und Furrers
anzuerkennen, beantragt der Anklagekammer des Bundesgerichts mit Eingabe vom
24. April 1953, die Behörden dieses Kantons zuständig zu erklären.

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Die Anklagekammer zieht in Erwägung:
1.- Wie die Anklagekammer in ihrem Kreisschreiben vom 31. Januar 1946 an die
Kantonsregierungen zu Handen der zuständigen Amtsstellen ausgeführt hat, müsse
einem Gesuche nach Art. 351
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 351 - 1 Das Bundesamt für Polizei vermittelt kriminalpolizeiliche Informationen zur Verfolgung von Straftaten und zur Vollstreckung von Strafen und Massnahmen.
1    Das Bundesamt für Polizei vermittelt kriminalpolizeiliche Informationen zur Verfolgung von Straftaten und zur Vollstreckung von Strafen und Massnahmen.
2    Es kann kriminalpolizeiliche Informationen zur Verhütung von Straftaten übermitteln, wenn auf Grund konkreter Umstände mit der grossen Wahrscheinlichkeit eines Verbrechens oder Vergehens zu rechnen ist.
3    Es kann Informationen zur Suche nach Vermissten und zur Identifizierung von Unbekannten vermitteln.
4    Zur Verhinderung und Aufklärung von Straftaten kann das Bundesamt für Polizei von Privaten Informationen entgegennehmen und Private orientieren, wenn dies im Interesse der betroffenen Personen ist und deren Zustimmung vorliegt oder nach den Umständen vorausgesetzt werden kann.
StGB und Art. 264
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 351 - 1 Das Bundesamt für Polizei vermittelt kriminalpolizeiliche Informationen zur Verfolgung von Straftaten und zur Vollstreckung von Strafen und Massnahmen.
1    Das Bundesamt für Polizei vermittelt kriminalpolizeiliche Informationen zur Verfolgung von Straftaten und zur Vollstreckung von Strafen und Massnahmen.
2    Es kann kriminalpolizeiliche Informationen zur Verhütung von Straftaten übermitteln, wenn auf Grund konkreter Umstände mit der grossen Wahrscheinlichkeit eines Verbrechens oder Vergehens zu rechnen ist.
3    Es kann Informationen zur Suche nach Vermissten und zur Identifizierung von Unbekannten vermitteln.
4    Zur Verhinderung und Aufklärung von Straftaten kann das Bundesamt für Polizei von Privaten Informationen entgegennehmen und Private orientieren, wenn dies im Interesse der betroffenen Personen ist und deren Zustimmung vorliegt oder nach den Umständen vorausgesetzt werden kann.
BStP ohne Durchsicht der Akten
die für die Bestimmung des Gerichtsstandes wesentlichen Tatsachen entnommen
werden können, hat also die gesuchstellende Behörde die dem Verfolgten
vorgeworfenen Tatbestände und deren rechtliche Würdigung in kurzer aber
vollständiger Übersicht darzulegen und summarisch die vorgenommenen
Verfolgungshandlungen anzugeben.
Die Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern hat das in ihrer Eingabe vom 24.
April 1953 nicht getan. Sie hat sich darauf beschränkt, auf ihren Brief an das
Verhöramt des Kantons Zug vom 17. April und auf die Antwort dieser Amtsstelle
vom 22. April zu verweisen und zu letzterem Schreiben Stellung zu nehmen.
Damit ist sie den erwähnten Anforderungen an ein Gesuch um Bestimmung des
Gerichtsstandes umsoweniger nachgekommen, als nicht einmal ihr Schreiben vom
17. April alle den Beschuldigten zur Last gelegten Tatbestände erwähnt,
sondern sich nur mit den im Gebiete des Kantons Luzern verübt en strafbaren
Handlungen befasst.
Im vorliegenden Falle kann es bei diesem Hinweis sein Bewenden haben, da das
Gesuch ohnehin als offensichtlich unbegründet abgewiesen werden muss und die
Strafverfolgung wegen des Streites um den Gerichtsstand schon erheblich
verzögert worden ist.
2. und 3. - ... (Ausführungen darüber, dass die im Kanton Luzern begangenen
Verbrechen nicht mit leichterer Strafe bedroht sind als die in den anderen
Kantonen verübten und dass die Behörden des Kantons Luzern die Untersuchung
zuerst angehoben haben.)
4.- Selbst wenn der eine oder andere von der Gesuchstellerin vertretene
Gesichtspunkt formell standhielte,

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könnte das Gesuch nicht gutgeheissen werden. Denn die Unterscheidungen, welche
die Gesuchstellerin macht, sind zu subtil, als dass sie gegen die Gründe der
Billigkeit und Zweckmässigkeit, die für den Gerichtsstand Luzern sprechen,
aufzukommen vermöchten. Den Beschuldigten werden ausschliesslich
Vermögensdelikte vorgeworfen, die sie begangen haben, um sich nach ihrer
Flucht aus dem Straflager Wauwilermoos durchzuschlagen, und zwar liegt das
Schwergewicht ihrer strafbaren Tätigkeit weder nach Zahl noch nach Art der
Delikte im einen oder anderen der fünf beteiligten Kantone. In solchen Fällen
ist es nicht nur zweckmässig, sondern auch billig, dass die Strafverfolgung
von den Behörden jenes Kantons durchgeführt werde, aus dessen Anstalt der
Beschuldigte entwichen ist und in dessen Gebiet er die Kette von strafbaren
Handlungen begonnen hat. In diesem Sinne hat die Anklagekammer schon bisher
entschieden.
Demnach erkennt die Anklagekammer:
Die Behörden des Kantons Luzern werden berechtigt und verpflichtet erklärt,
von Mentlen und Furrer für die ihnen zur Last gelegten strafbaren Handlungen
zu verfolgen und zu beurteilen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 79 IV 45
Datum : 01. Januar 1953
Publiziert : 15. Mai 1953
Quelle : Bundesgericht
Status : 79 IV 45
Sachgebiet : BGE - Strafrecht und Strafvollzug
Gegenstand : 1. Formelle Anforderungen an ein Gesuch nach Art. 351 StGB, Art. 264 BStP (Erw. 1).2. Art. 350...


Gesetzesregister
BStP: 264
StGB: 350 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 350 - 1 Das Bundesamt für Polizei nimmt die Aufgaben eines Nationalen Zentralbüros im Sinne der Statuten der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (INTERPOL) wahr.
1    Das Bundesamt für Polizei nimmt die Aufgaben eines Nationalen Zentralbüros im Sinne der Statuten der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (INTERPOL) wahr.
2    Es ist zuständig für die Informationsvermittlung zwischen den Strafverfolgungsbehörden von Bund und Kantonen einerseits sowie den Nationalen Zentralbüros anderer Staaten und dem Generalsekretariat von INTERPOL andererseits.
351
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 351 - 1 Das Bundesamt für Polizei vermittelt kriminalpolizeiliche Informationen zur Verfolgung von Straftaten und zur Vollstreckung von Strafen und Massnahmen.
1    Das Bundesamt für Polizei vermittelt kriminalpolizeiliche Informationen zur Verfolgung von Straftaten und zur Vollstreckung von Strafen und Massnahmen.
2    Es kann kriminalpolizeiliche Informationen zur Verhütung von Straftaten übermitteln, wenn auf Grund konkreter Umstände mit der grossen Wahrscheinlichkeit eines Verbrechens oder Vergehens zu rechnen ist.
3    Es kann Informationen zur Suche nach Vermissten und zur Identifizierung von Unbekannten vermitteln.
4    Zur Verhinderung und Aufklärung von Straftaten kann das Bundesamt für Polizei von Privaten Informationen entgegennehmen und Private orientieren, wenn dies im Interesse der betroffenen Personen ist und deren Zustimmung vorliegt oder nach den Umständen vorausgesetzt werden kann.
BGE Register
79-IV-45
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
anklagekammer • strafbare handlung • beschuldigter • flucht • strafverfolgung • zahl • strafanstalt • dauer • bundesgericht • brief • nacht • gesuchsteller • stahl