S. 155 / Nr. 27 Obligationenrecht (d)

BGE 79 II 155

27. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 31. März 1953 i. S. Frick
gegen von Arx.

Regeste:
Kauf von Aktien, Gewährleistung, Irrtum. Gewährleistung, Art. 197
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 197 - 1 Der Verkäufer haftet dem Käufer sowohl für die zugesicherten Eigenschaften als auch dafür, dass die Sache nicht körperliche oder rechtliche Mängel habe, die ihren Wert oder ihre Tauglichkeit zu dem vorausgesetzten Gebrauche aufheben oder erheblich mindern.
1    Der Verkäufer haftet dem Käufer sowohl für die zugesicherten Eigenschaften als auch dafür, dass die Sache nicht körperliche oder rechtliche Mängel habe, die ihren Wert oder ihre Tauglichkeit zu dem vorausgesetzten Gebrauche aufheben oder erheblich mindern.
2    Er haftet auch dann, wenn er die Mängel nicht gekannt hat.
OR.
Bei Wertpapieren kommen als Sachmängel nur Mängel der Urkunde als solcher in
Betracht.
Für den wirtschaftlichen Wert von Wertpapieren haftet der Verkäufer nur, wenn
er dafür besondere Zusicherungen abgegeben hat (Erw. 3).

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Grundlagenirrtum, Art. 24 Ziff. 4
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 24 - 1 Der Irrtum ist namentlich in folgenden Fällen ein wesentlicher:
1    Der Irrtum ist namentlich in folgenden Fällen ein wesentlicher:
1  wenn der Irrende einen andern Vertrag eingehen wollte als denjenigen, für den er seine Zustimmung erklärt hat;
2  wenn der Wille des Irrenden auf eine andere Sache oder, wo der Vertrag mit Rücksicht auf eine bestimmte Person abgeschlossen wurde, auf eine andere Person gerichtet war, als er erklärt hat;
3  wenn der Irrende eine Leistung von erheblich grösserem Umfange versprochen hat oder eine Gegenleistung von erheblich geringerem Umfange sich hat versprechen lassen, als es sein Wille war;
4  wenn der Irrtum einen bestimmten Sachverhalt betraf, der vom Irrenden nach Treu und Glauben im Geschäftsverkehr als eine notwendige Grundlage des Vertrages betrachtet wurde.
2    Bezieht sich dagegen der Irrtum nur auf den Beweggrund zum Vertragsabschlusse, so ist er nicht wesentlich.
3    Blosse Rechnungsfehler hindern die Verbindlichkeit des Vertrages nicht, sind aber zu berichtigen.
OR.
Die Anfechtung des Aktienkaufs wegen Irrtums über den wirtschaftlichen Wert
der Aktien ist unter besonderen Umständen zulässig.
Achat d'actions. Garantie. Erreur.
Garantie, art. 197 CO.
S'il s'agit de papiers-valeurs, seuls peuvent être considérés comme des
défauts affectant la chose ceux qui se rapportent au titre lui-même.
Le vendeur n'est tenu de garantir l'acheteur en raison de la valeur économique
de papiers-valeurs que s'il a donné des assurances spéciales à ce sujet
(consid. 3).
Cas d'erreur de l'art. 24 ch. 4 CO.
On peut dans certaines circonstances demander la révocation d'un achat
d'actions pour cause d'erreur sur leur valeur économique.
Compera di azioni. Garanzia. Errore.
Garanzia, art. 197 CO.
Se si tratta di cartevalori possono essere considerati come difetti della cosa
soltanto quelli che concernono il titolo come tale.
Il venditore è obbligato a garantire il compratore circa il valore economico
di cartevalori soltanto se ha fornito assicurazioni speciali a questo riguardo
(consid. 3).
Errore essenziale (art. 24, cifra 4 CO).
In certe circostanze si può domandare la revoca d'una compera d'azioni per
errore circa il loro valore economico.

Aus dem Tatbestand
Dr. W. Frick war Verwaltungsratspräsident der Elwa Elektro A.-G., die zur
Ausbeutung von Erfindungen des deutschen Staatsangehörigen Ing. Müller
gegründet worden war. Die Elwa erwirkt e für einen von Müller erfundenen
elektrischen Autoheber und eine elektrische Hebebühne Patente in verschiedenen
Ländern, u.a. auch in den Vereinigten Staaten von Amerika. Am Aktienkapital
von Fr. 225,000.- waren Dr. Frick und eine durch ihn vertretene Gruppe mit Fr.
175,000.- beteiligt. Wegen Differenzen mit Dr. Frick zog Müller Fürsprech Dr.
von Arx als Berater zu. Dieser wünschte als Vertreter eines Konsortiums die in
der Hand von Dr. Frick und seiner Gruppe befindlichen Aktien zu erwerben, um
die Herrschaft über das Unternehmen zu erlangen. Er trat darüber mit Dr. Frick
in Verhandlungen, im Anschluss an welche Dr. Frick am 19. November 1946 ihm
eine einlässliche schriftliche Offerte unterbreitete, die er nach weiteren
Verhandlungen

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am 29. Januar 1947 nach verschiedenen Richtungen hin abänderte. Diese
bereinigte Offerte nahm Dr. von Arx mit Schreiben vom 31. Januar 1947 an.
Gemäss dem so zustandegekommenen Vertrag erwarb Dr. von Arx von Dr. Frick
Aktien der Elwa im Nominalbetrag von Fr. 175,000.- sowie sämtliche Forderungen
aus Vorschüssen, welche die Gruppe Frick der Elwa gewährt hatte, zum Preis von
Fr. 360,000.-. Hievon wurden Fr. 160,000.- sofort bezahlt; die restlichen Fr.
200,000.- waren bis Ende 1947 zu begleichen. Im Anschluss an diesen Vertrag
trat Dr. Frick als Verwaltungsratspräsident der Elwa zurück.
Im Oktober 1947 focht Dr. von Arx den Vertrag wegen Grundlagenirrtums an, weil
sich herausgestellt habe, dass die amerikanischen Patente mit Rücksicht auf
die Beteiligung Müllers als feindliches Eigentum beschlagnahmt seien. Der vom
Beklagten erhobene Einwand, die Bestimmungen über die Anfechtung wegen Irrtums
seien überhaupt nicht anwendbar, wurde von den Gerichten des Kantons Zürich
und vom Bundesgericht zurückgewiesen.
Aus den Erwägungen:
3.- Die Berufung bezeichnet es als Verletzung von Bundesrecht, dass die
Vorinstanz die speziellen Vorschriften über die Gewährleistung beim Kauf nicht
angewendet, sondern ausschliesslich auf die allgemeinen Bestimmungen über die
Anfechtung wegen Irrtums abgestellt habe. Eine solche Rechtsanwendung sei aber
neben der Gewährleistung für Mängel nicht zulässig. Der Richter hätte daher
zunächst prüfen müssen, ob ein Fall von Gewährleistung vorliege, was zu
verneinen wäre.
Nach der Auffassung des Beklagten würde somit eine Gewährleistung ausser
Betracht fallen. Dann ist es aber unerfindlich, wie die Vorinstanz durch
Nichtanwendung der Gewährleistungsbestimmungen gegen Bundesrecht verstossen
haben könnte. Die Streitfrage, ob sich der Verkäufer auf die Bestimmungen über
den Irrtum berufen

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könne, soweit der Tatbestand der Gewährleistung gegeben ist oder war, braucht
indessen nicht entschieden zu werden. Denn Gewährleistungsansprüche des
Klägers kommen im vorliegenden Fall, wie der Beklagte zutreffend geltend
macht, überhaupt nicht in Betracht, so dass sich die Frage nach dem Verhältnis
der beiden Anspruchsarten nicht stellt.
Hinsichtlich der abgetretenen Forderungen scheidet nämlich eine Gewährleistung
nach den Grundsätzen des Kaufrechtes zum vorneherein aus, da sich bei der
Forderungsabtretung die Gewährleistung ausschliesslich nach den besonderen
Vorschriften von Art. 171 ff
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 171 - 1 Bei der entgeltlichen Abtretung haftet der Abtretende für den Bestand der Forderung zur Zeit der Abtretung.
1    Bei der entgeltlichen Abtretung haftet der Abtretende für den Bestand der Forderung zur Zeit der Abtretung.
2    Für die Zahlungsfähigkeit des Schuldners dagegen haftet der Abtretende nur dann, wenn er sich dazu verpflichtet hat.
3    Bei der unentgeltlichen Abtretung haftet der Abtretende auch nicht für den Bestand der Forderung.
. OR richtet (BGE 78 II 219 f.). Ansprüche dieser
Art stehen aber nicht in Frage.
Mit Bezug auf die Aktien, für welche allein eine Gewährleistung nach dem Recht
des Kaufvertrags in Frage kommen könnte, greift die Gewährspflicht nach Art.
197
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 197 - 1 Der Verkäufer haftet dem Käufer sowohl für die zugesicherten Eigenschaften als auch dafür, dass die Sache nicht körperliche oder rechtliche Mängel habe, die ihren Wert oder ihre Tauglichkeit zu dem vorausgesetzten Gebrauche aufheben oder erheblich mindern.
1    Der Verkäufer haftet dem Käufer sowohl für die zugesicherten Eigenschaften als auch dafür, dass die Sache nicht körperliche oder rechtliche Mängel habe, die ihren Wert oder ihre Tauglichkeit zu dem vorausgesetzten Gebrauche aufheben oder erheblich mindern.
2    Er haftet auch dann, wenn er die Mängel nicht gekannt hat.
OR, abgesehen von Zusicherungen, Platz für körperliche oder rechtliche
Mängel, welche den Wert oder die Tauglichkeit der Kaufsache aufheben oder
erheblich mindern. Als typische Sachmängel gelten aber bei Aktien, wie bei
Wertpapieren überhaupt, nur Mängel der Urkunde als solcher, d.h. des Papiers,
wie Fälschungen, Beschädigungen, das Fehlen von Bestandteilen, wie Talons,
Coupons usw. (vgl. STAUB/KOENIGE, HGB 12./13. Auflage § 381 Anm. 4). Derartige
Mängel werden nicht behauptet; vielmehr ist die ordnungsgemässe Leistung der
veräusserten Aktien anerkannt.
Aber auch das Vorliegen rechtlicher Mängel steht nicht in Frage. Die
Sperrmassnahmen der Vereinigten Staaten, wegen welcher der Kauf angefochten
wird, beziehen sich nicht auf die dem Kläger verkauften Aktien, sondern auf
der Gesellschaft zustehende Patentrechte. Bei einer Gesellschaft, die wie
gerade die Elwa die Ausbeutung von Erfindungen bezweckt, kann allerdings die
Verfügungsmacht über Patente auf den von der Ertragsfähigkeit abhängenden Wert
des Unternehmens und damit auf den Wert der

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Aktien von massgebendem Einfluss sein. Beim Aktienkauf greift jedoch die
spezifische gesetzliche Haftung des Verkäufers für den vorausgesetzten
wirtschaftlichen Wert des Unternehmens (Rentabilität und sonstige tatsächliche
Verhältnisse) nicht Platz (STAUB HGB Anm. 4 zu § 381; CARRY in Festschrift für
Prof. Guhl S. 188); denn die Beschaffenheit des Vermögens einer Vereinigung
mit Rechtspersönlichkeit bildet keine Eigenschaft des einzelnen
Mitgliedschaftsrechtes (PISKO im Kommentar KLANG zum österr. BGB II 2 S. 530).
Dagegen können wirtschaftliche Verhältnisse, somit auch Ertragsfaktoren, zum
Gegenstand von Zusicherungen gemacht werden. Dann hat der Verkäufer für ihr
Vorhandensein im Sinne einer zugesicherten Eigenschaft nach Art. 197
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 197 - 1 Der Verkäufer haftet dem Käufer sowohl für die zugesicherten Eigenschaften als auch dafür, dass die Sache nicht körperliche oder rechtliche Mängel habe, die ihren Wert oder ihre Tauglichkeit zu dem vorausgesetzten Gebrauche aufheben oder erheblich mindern.
1    Der Verkäufer haftet dem Käufer sowohl für die zugesicherten Eigenschaften als auch dafür, dass die Sache nicht körperliche oder rechtliche Mängel habe, die ihren Wert oder ihre Tauglichkeit zu dem vorausgesetzten Gebrauche aufheben oder erheblich mindern.
2    Er haftet auch dann, wenn er die Mängel nicht gekannt hat.
OR
einzustehen (BGE 63 II 79, 45 II 445). Der Kläger macht denn auch geltend, es
sei ihm für den Bestand der Hauptaktiven der Firma, nämlich der Patente,
garantiert worden. Ob er sich damit auf Zusicherung von Eigenschaften der
Kaufsache gemäss Art. 197
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 197 - 1 Der Verkäufer haftet dem Käufer sowohl für die zugesicherten Eigenschaften als auch dafür, dass die Sache nicht körperliche oder rechtliche Mängel habe, die ihren Wert oder ihre Tauglichkeit zu dem vorausgesetzten Gebrauche aufheben oder erheblich mindern.
1    Der Verkäufer haftet dem Käufer sowohl für die zugesicherten Eigenschaften als auch dafür, dass die Sache nicht körperliche oder rechtliche Mängel habe, die ihren Wert oder ihre Tauglichkeit zu dem vorausgesetzten Gebrauche aufheben oder erheblich mindern.
2    Er haftet auch dann, wenn er die Mängel nicht gekannt hat.
OR oder auf ein darüber hinausgehendes besonderes
Garantieversprechen stützen will, mag offen bleiben. Denn von der Übernahme
einer solchen Garantie durch den Beklagten kann ernstlich überhaupt nicht die
Rede sein. Der Kläger will eine solche Übernahme erblicken in Ziffer 8 Abs. 2
der Offerte vom 19. November 1946, worin der Beklagte erklärte: «Ich bestätige
Ihnen gleichzeitig ausdrücklich, dass irgendwelche Rechts- oder sonstige
Ansprüche Dritter auf die Erwerbung von Auslandslizenzen für die Hebebühne und
den Elektro-Autoheber nicht mehr bestehen, so dass deren Vergebung mit
Ausnahme der Hebebühnelizenz für die Schweiz in der ganzen Welt frei ist.»
Diese Garantie bezieht sich aber unmissverständlich nur auf das Nicht bestehen
von Lizenzrechten und erstreckt sich nicht auf staatliche Massnahmen, wie
Sperren, Beschlagnahmen und dergleichen. Der Kläger selbst hat die Klau sei in
seinen Schreiben vom 15./16. Januar 1947 an den Beklagten in einer
ausführlichen Interpretation im Sinne einer blossen Zusicherung der Freiheit
von

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Auslandslizenzen ausgelegt. Es verstösst daher gegen Treu und Glauben, wenn er
der Klau sei heute eine grössere Tragweite beimessen will.
4.- a) Der Entscheidung der Vorinstanz, dass der Vertrag wegen
Grundlagenirrtums für den Kläger unverbindlich sei, hält der Beklagte
entgegen, der Kläger könne sich auf Irrtum überhaupt nicht berufen, da nach
Ziff. 5 der bereinigten Offerte vom 29. Januar 1947 die Erhebung irgendwelcher
Einreden ausgeschlossen sein sollte.
Die genannte Vertragsbestimmung lautet, die Zahlung der ersten Rate von Fr.
160,000., des Restkaufpreises von Fr. 200,000.- und des vereinbarten Zinses
habe unter Verzicht auf jede Einrede oder Verrechnung zu erfolgen. Die
Erwähnung des Einredeverzichts in unmittelbarem Zusammenhang mit der
Festlegung der Modalitäten für die Zahlung des Kaufpreises lässt jedoch darauf
schliessen, dass die Parteien dabei lediglich Einreden im Auge hatten, die
sich auf den Kaufpreis, auf dessen Höhe und Fälligkeit und dergleichen
bezogen. Hätte es die Meinung gehabt, dass auch Einreden gegen die Gültigkeit
des Vertrages wegbedungen sein sollten, so wäre dies wohl zum Inhalt einer
besonderen Vertragsbestimmung gemacht oder doch zum mindesten in Ziffer 5
ausdrücklich gesagt worden. Für die Behauptung, dass im Laufe der
Vertragsverhandlungen die Parteien übereinstimmend der Verzichtsklausel den
von ihm im Prozess vertretenen umfassenden Sinn beigelegt hätten, hat der
Beklagte nach der verbindlichen Feststellung der Vorinstanz den Beweis nicht
zu erbringen vermocht. Ist danach als Verzichtserklärung nur im oben
erwähnten, eingeschränkten Sinne zu verstehen, so erübrigt sich eine
Stellungnahme zu der Streitfrage, ob ein zum voraus erklärter vertraglicher
Verzicht auf die Geltendmachung eines allfälligen Irrtums überhaupt statthaft
sei.
b) Die Berufung nimmt weiter den Standpunkt ein, die Anfechtung des Geschäfts
wegen Irrtums sei ausgeschlossen, weil es sich um eine als Wertschriftenkauf
und reines Forfaitgeschäft getätigte Veräusserung von Aktien gehandelt

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habe. Der Übergang der Patente sei nur die Folge des Aktienkaufs gewesen.
Dieser habe den Charakter einer Spekulation gehabt, so dass ein Irrtum über
den Wert der gekauften Aktien höchstens einen unbeachtlichen Motivirrtum
darstellen würde. Die Festsetzung des Kaufpreises sei denn auch nicht auf
Grund einer Bewertung der Patente erfolgt, sondern ausschliesslich unter dem
Gesichtspunkt der Investierungen der einzelnen Aktionäre.
aa) Sofern die Bezeichnung des Geschäfts als «reiner Wertschriftenkauf» in
Ziffer 2 Abs. 1 der Offerte vom 19. November 1946 als Regelung der Frage der
Gewährleistungspflicht zu verstehen sein sollte, so wäre damit, soweit durch
die Klau sei die Gewährleistung bzw. Garantie als abgelehnt zu gelten hätte,
eine Irrtumsanfechtung in der Tat ausgeschlossen. Eine deutliche Ablehnung
jeglicher Gewährspflicht ist jedoch aus der gewählten Ausdrucksweise nicht
herauszulesen. Daher kann die Berufung auf Irrtum nicht wegen Ausschlusses
jeglicher Gewährleistung von vorneherein als unzulässig erachtet werden.
Mit der Wendung, es handle sich um einen reinen Wertschriftenkauf, sollte
lediglich klargestellt werden, dass Kaufgegenstand nicht das Unternehmen,
sondern eine bestimmte Anzahl von Aktien sei. Eine solche Klarstellung lag
deshalb nahe, weil neben der Veräusserung von Aktien auch eine Abtretung von
Guthaben gegenüber der Elwa erfolgte, also Passiven des Unternehmens beglichen
wurden.
bb) Die Anfechtung eines Aktienkaufs wegen Irrtums über den Wert der
erworbenen Aktien ist entgegen der Meinung des Beklagten nicht schlechthin
ausgeschlossen. Das Bundesgericht hat zwar den Irrtum über den Wert an der
Börse gekaufter, kursfähiger Papiere grundsätzlich als nicht wesentlich
erklärt, weil bei solchen Geschäften der Erwerber mit der Möglichkeit rechnen
müsse, dass dem Papier der Wert, der ihm vorher im allgemeinen auf Grund
bekannter Unterlagen beigelegt wurde, in Wirklichkeit abgehe oder dass es
sogar wertlos sei (BGE 41 II 575

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Erw. 5). Ebenso wurde der Irrtum über den Wert von Aktien als Kaufsgegenstand
in einem späteren Entscheid (BGE 43 II 493) grundsätzlich als unwesentlich
erklärt, die Irrtumsanfechtung dagegen zugelassen mit Rücksicht auf die
besonderen Umstände des Falles, nämlich weil es sich um Aktien einer Bank
handelte, die drei Tage nach Vertragsschluss in Konkurs geriet. Ähnlich wie
das Bundesgericht liess auch das deutsche Reichsgericht beim Kauf kotierter
Pfandbriefe die Berufung auf Grundlagenirrtum wegen besonderer Verhältnisse zu
in einem Falle, wo der wirkliche Kurs des Papiers das Tausendfache des
berechneten Kurses betrug (RGZ 116 S. 18). Nach diesen Grundsätzen ist somit
davon auszugehen, dass der Irrtum über den Wert gekaufter Aktien ausnahmsweise
zur Anfechtung des Vertrages berechtigen kann.
cc) Das hier in Frage stehende Geschäft weist nun insofern gewisse
Besonderheiten auf, als die Parteien damit nach der verbindlichen Feststellung
der Vorinstanz den Zweck verfolgten, dem Kläger die Verfügung über die Elwa
und die dieser gehörenden Patente zu verschaffen. Allerdings wurden daneben
auch Guthaben abgetreten, aber auch das erfolgte zur Bereinigung der Situation
bei der Elwa, um dem Käufer der Aktien die freie Verfügung über die
Gesellschaft und deren Aktiven zu ermöglichen. Darauf war der ganze Vertrag
angelegt. Weil die Elwa die Ausbeutung von Erfindungen bezweckte, musste die
durch den Aktienerwerb angestrebte Verschaffung der Herrschaft über die
Gesellschaft mit der unbeschränkten Verfügungsmöglichkeit über die Patente
gleichbedeutend sein. Es verhält sich damit nicht anders als beim Kauf der
sämtlichen Aktien einer Immobiliengesellschaft zum Zweck, die rechtliche
Verfügungsmacht über die der Gesellschaft gehörenden Grundstücke zu erlangen.
Dort wird ein Irrtum über Eigenschaften des Grundstücks, die offensichtlich
als Grundlage für die Berechnung des Übernahmepreises der Aktien gedient
haben, als wesentlich angesehen, wenn vernünftigerweise anzunehmen ist, dass
der

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Käufer bei Kenntnis des wahren Sachverhaltes den Vertrag nicht oder nicht zu
den vereinbarten Bedingungen abgeschlossen hätte. Das muss auch gelten für
Patente, über die zu verfügen letzten Endes das Ziel des Aktienerwerbes
bildet.
Im vorliegenden Falle übermittelte der Beklagte am 3. Juni 1946 dem Kläger
«Richtlinien, welche er «als Diskussionsgrundlage für eine gegebenenfalls
zwischen Herrn Müller und mir zu erzielende Gesamtverständigung entworfen»
habe. In diesen Richtlinien ist in Bezug auf den «Komplex Elwa Elektro A.-G.
eine Lösung skizziert, die in grossen Zügen der im späteren Vertrag
getroffenen entspricht: Es wird zunächst die Übernahme der Aktien des
Beklagten und seiner Gruppe durch Müller vorgesehen (Ziff. 1 und 2), sodann
das Ausscheiden des Beklagten und zweier weiterer Mitglieder seiner Gruppe aus
dem Verwaltungsrat (Ziff. 3), und in Ziff. 4 wird dann «festgestellt, dass mit
Erfüllung von Ziff. 1-3 W. Müller alleiniger Eigentümer der Elwa Elektro A.-G.
mit allen darin enthaltenen Rechten an der Columbus-Hebebühne und am Autoheber
ist...»
Am 3. September 1946 ersuchte der Kläger den Beklagten unter Bezugnahme auf
eine vorausgegangene Besprechung u.a. um Zusendung von Photokopien
«2... des Vertrags betreffend Einlage der Patente über die Hebebühne Columbus
in die Elwa Elektro A.-G.,
3... des amerikanischen Patentes über die Hebebühne Columbus,
4... des englischen Patents über den kleinen Autoheber.»
Diesem Begehren entsprach der Beklagte gleichentags durch Zustellung der
amerikanischen Patente für die Hebebühne und den Autoheber. Auf Grund einer
weiteren Besprechung übersandte er ihm sodann am 4. September 1946 u.a. ein
Verzeichnis sämtlicher im Besitz der Elwa stehenden Patente für Hebebühne und
Elektroheber. Im Schreiben vom 3. September 1946 hatte der Kläger ferner

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den Beklagten ersucht, inzwischen keine Lizenzverhandlungen zum Abschluss zu
bringen oder weiterzuführen. Dem wurde während der Dauer der Verhandlungen
nachgelebt.
Damit war der durch das abzuschliessende Geschäft angestrebte Erfolg
unmissverständlich festgelegt. Unter diesen Umständen und bei Mit
Berücksichtigung des Wortlauts der nachherigen endgültigen Vertragsofferten
drängt sich daher der Schluss auf, dass beide Parteien die unumschränkte
Verfügungsmöglichkeit über die Patente im Prinzip als notwendige
Vertragsgrundlage betrachten. Ein Nichtvorliegen dieses gemeinsam
unterstellten Sachverhaltes ist daher an sich geeignet, die Grundlage für eine
Irrtumsanfechtung abzugeben, wenn angenommen werden kann, dass der
Vertragsschluss bei Kenntnis des Klägers vom wahren Sachverhalt unterblieben
wäre.
Der Einwand des Beklagten, ein Irrtum des Klägers hinsichtlich der freien
Verfügungsmöglichkeit über die Patente der Elwa wäre nicht als
Grundlagenirrtum anzusehen, weil er sich nicht auf die Kaufsache, d.h. auf die
Aktien, beziehe, geht fehl. Notwendige Grundlage des Vertrages kann jeder nach
Treu und Glauben im Geschäftsverkehr dafür in Betracht kommende bestimmte
Sachverhalt bilden. Art. 24 Ziff. 4
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 24 - 1 Der Irrtum ist namentlich in folgenden Fällen ein wesentlicher:
1    Der Irrtum ist namentlich in folgenden Fällen ein wesentlicher:
1  wenn der Irrende einen andern Vertrag eingehen wollte als denjenigen, für den er seine Zustimmung erklärt hat;
2  wenn der Wille des Irrenden auf eine andere Sache oder, wo der Vertrag mit Rücksicht auf eine bestimmte Person abgeschlossen wurde, auf eine andere Person gerichtet war, als er erklärt hat;
3  wenn der Irrende eine Leistung von erheblich grösserem Umfange versprochen hat oder eine Gegenleistung von erheblich geringerem Umfange sich hat versprechen lassen, als es sein Wille war;
4  wenn der Irrtum einen bestimmten Sachverhalt betraf, der vom Irrenden nach Treu und Glauben im Geschäftsverkehr als eine notwendige Grundlage des Vertrages betrachtet wurde.
2    Bezieht sich dagegen der Irrtum nur auf den Beweggrund zum Vertragsabschlusse, so ist er nicht wesentlich.
3    Blosse Rechnungsfehler hindern die Verbindlichkeit des Vertrages nicht, sind aber zu berichtigen.
OR hat sogar in erster Linie gerade den
Fall im Auge, dass sich der Irrtum nicht auf den Vertragsinhalt bezieht,
sondern auf einen Umstand, der beim Vertragsschluss als gegeben vorausgesetzt
wurde, und der derart wichtig ist, dass er bei objektiver Betrachtung vom
Standpunkt des loyalen Geschäftsverkehrs aus als unerlässlich erscheint, so
dass ein Irrtum über ihn nicht als blosser unbeachtlicher Motivirrtum
angesehen werden kann. In der neueren Rechtsprechung wurde dann lediglich
festgestellt, dass ein Grundlagenirrtum sich auch auf einen
Vertragsbestandteil beziehen könne (BGE 56 II 425); es wurde aber keineswegs
erklärt, ein Sachverhalt komme für die Irrtumsanfechtung nicht in Betracht,
weil er nicht zum Vertragsinhalt erhoben worden sei.
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 79 II 155
Date : 01. Januar 1953
Published : 31. März 1953
Source : Bundesgericht
Status : 79 II 155
Subject area : BGE - Zivilrecht
Subject : Kauf von Aktien, Gewährleistung, Irrtum. Gewährleistung, Art. 197 OR.Bei Wertpapieren kommen als...


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