S. 248 / Nr. 45 Bundesrechtliche Abgaben (d)

BGE 79 I 248

45. Urteil vom 13. November 1953 i. S. Müggler gegen
Wehrsteuer-Rekurskommission des Kantons Zürich.


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Regeste:
Wehrsteuer: Verjährung.
Impôt pour la défense nationale: Prescription.
Imposta per la difesa nazionale: Prescrizione.

A. - Der Beschwerdeführer hat am 5. Mai 1947 seine Steuererklärung für die IV.
Periode der Wehrsteuer (Steuerjahre 1947 und 1948) eingereicht und am 20.
Oktober 1947 eine provisorische Steuerrechnung erhalten. Die damit
eingeforderte Steuer wurde bezahlt.
Am 30. Oktober 1952 schrieb ihm die Wehrsteuerverwaltung des Kantons Zürich:
Bis heute war es dem für Ihre Einschätzung zuständigen Steuerkommissär noch
nicht möglich, die definitive Veranlagung vorzunehmen. Zweck dieses Schreibens
ist, Sie zur Unterbrechung der Bezugsverjährung im Sinne des Art. 128 des
Wehrsteuerbeschlusses darauf aufmerksam zu machen, dass wir Ihnen gegenüber
für die vierte Periode noch weitere, heute noch nicht feststellbare
Steuerforderungen geltend machen, die Ihnen jedoch erst nach Vornahme der
Veranlagung durch den Steuerkommissär bekannt gegeben werden können.

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Wir bitten Sie, unsere heutige Zuschrift gemäss Art. 128 des
Wehrsteuerbeschlusses zur gefl. Kenntnis zu nehmen, welche den Lauf der
Bezugsverjährungsfristen für die ganze nach endgültiger Veranlagung
geschuldete Wehrsteuer der vierten Periode 1947/48 unterbricht.
Gegenüber der am 5. Januar 1953 erlassenen Veranlagungsverfügung erhob der
Beschwerdeführer u.a. die Einrede, die Steuer für das Jahr 1947 sei verjährt.
Die Wehrsteuer-Rekurskommission des Kantons Zürich hat die Beschwerde mit
Entscheid vom 7. Juli 1953 abgewiesen mit der Begründung, das Schreiben der
Wehrsteuerverwaltung vom 30. Oktober 1952 habe die Verjährung der
Wehrsteuerforderung für das Steuerjahr 1947 unterbrochen.
B. - Hiegegen richtet sich die Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag,
den angefochtenen Entscheid aufzuheben und festzustellen, dass die
Nachtragsforderung für das Jahr 1947 verjährt sei. Zur Begründung wird im
wesentlichen vorgebracht, das erwähnte Schreiben könne nicht als
Einforderungshandlung im Sinne von Art. 128 WStB angesehen werden. Im
Zeitpunkt der Zustellung der Steuerrechnung sei die Forderung für 1947
verjährt gewesen.
C. - Die Wehrsteuer-Rekurskommission und die Wehrsteuerverwaltung des Kantons
Zürich sowie die eidgenössische Steuerverwaltung beantragen Abweisung der
Beschwerde.
Das Bundesgericht hat die Beschwerde gutgeheissen und den angefochtenen
Entscheid aufgehoben
in Erwägung:
1.- Nach Art. 128 WStB verjähren Wehrsteuerforderungen in fünf Jahren. Der
Lauf der Verjährung beginnt mit der Fälligkeit. Er wird durch jede
Einforderungshandlung unterbrochen; er ruht, solange der Steuerpflichtige in
der Schweiz nicht betrieben werden kann. Nach dieser Ordnung hat man es mit
einer Bezugsverjährung zu tun

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(vgl. I. BLUMENSTEIN, Wehrsteuer S. 266). Das Gesetz stellt auf die
Einforderung ab, was offenbar bedeutet, dass der Bezug der Steuer innert der
Verjährungsfrist eingeleitet werden muss. Ist dies der Fall, so beginnt mit
jeder Einforderungshandlung der Lauf der Verjährung von neuem.
Ob diese Ordnung die Bedeutung hat, dass nur eigentlich auf den Bezug
gerichtete Massnahmen (Zahlungsaufforderungen, Betreibungshandlungen,
Sicherstellungsverfügungen und dergleichen) die Unterbrechung des Frist
-ablaufs bewirken (I. BLUMENSTEIN, a.a.O.), kann dahingestellt bleiben. Es
wäre an sich denkbar, dass dem Ausdrucke «Einforderungshandlung» ein etwas
weiterer Sinn beigemessen, darunter noch andere auf Durchführung der
Besteuerung gerichtete Vorkehren der Steuerbehörden verstanden werden könnten,
vor allem Massnahmen im Veranlagungsverführen, z.B. die Steuerfestsetzung
selbst (vgl. dazu auch BGE 73 I 133, 4). Indessen wäre dies hier ohne
Bedeutung, weil der Brief, aus dem die Unterbrechung der Verjährung abgeleitet
wird, keine derartige Massnahme ist. Mit ihm wird die Veranlagung nicht
weitergeführt, sondern es wird lediglich eine später für einen Unbestimmten
Zeitpunkt vorgesehene Durchführung des Veranlagungsverführens in Aussieht
gestellt. Eine solche Erklärung ist offensichtlich keine
Einforderungshandlung, sondern höchstens das Zugeständnis, dass z.Z. - nämlich
bei Eintritt der Verjährung die verfahrensmässigen Voraussetzungen für die
Einforderung der Steuer nicht erfüllt sind. Da das Gesetz ausdrücklich eine
Einforderungshandlung verlangt, vermag ein solcher Brief die Unterbrechung der
Verjährung nicht zu bewirken. Anders ist es unter Umständen dort, wo das
Gesetz über Unterbrechung der Verjährung nichts bestimmt und die Ordnung
dieses Problems durch die Praxis selbst getroffen werden muss. Hier kann die
Art der Steuer u.U. dazu führen, den Weiterbestand eines Besteuerungsrechts
schon dann anzunehmen, wenn es vor Ablauf der Verjährungsfrist für einen
konkreten Tatbestand

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bestimmt in Anspruch genommen wird (BGE 73 I 133).
Die Steuerbehörden möchten dem Briefe vom 30. Oktober 1952 eine ähnliche
Wirkung beilegen, wie sie die Praxis der provisorischen Veranlagung
beigemessen hat. Sie weisen darauf hin, dass die provisorische Veranlagung die
Unterbrechung der Verjährung für den Teil der Steuer bewirkt, der sich
möglicherweise aus einer später vorzunehmenden Veranlagung ergeben wird und
dessen späterer Bezug vorbehalten bleibt (BGE 75 1178, Erw. 4). In
entsprechender Weise stelle auch der Brief einen Vorbehalt späterer
Besteuerung auf, was einer Geltendmachung des Steueranspruchs gleich komme.
Indessen bewirkt die provisorische Veranlagung nach Art. 128 WStB die
Unterbrechung der Verjährung nur deshalb, weil mit ihr die Bezahlung der
Steuer verlangt oder mindestens ermöglicht wird, was ihr den Charakter einer
Einforderungshandlung im Sinne des Gesetzes verleiht (BGE 75 I 178, Erw. 3).
Dem Briefe, der lediglich eine spätere Einforderung in Aussicht stellt, fehlt
diese Eigenschaft, die - nach der gesetzlichen Ordnung notwendig ist, um eine
Unterbrechung der Verjährung herbeizuführen.
2.- Hier wurde dem Beschwerdeführer vor Eintritt der Fälligkeit die
provisorische Steuerberechtigung zugestellt. Nachher ist während der ganzen
Dauer der Verjährungsfrist nichts mehr vorgekehrt worden, was als
Einforderungshandlung angesehen werden könnte. Der Beschwerdeführer hat sich
daher der Veranlagung für 1947 gegenüber mit Recht auf Verjährung berufen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 79 I 248
Datum : 01. Januar 1953
Publiziert : 13. November 1953
Quelle : Bundesgericht
Status : 79 I 248
Sachgebiet : BGE - Verfassungsrecht
Gegenstand : Wehrsteuer: Verjährung.Impôt pour la défense nationale: Prescription.Imposta per la difesa...


Gesetzesregister
WStB: 128
BGE Register
73-I-125 • 75-I-174 • 79-I-248
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
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