S. 209 / Nr. 47 Strafgesetzbuch (d)

BGE 78 IV 209

47. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 12. Dezember 1952 i. S.
Knechtle gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich.


Seite: 209
Regeste:
Art. 13 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 13 - 1 Handelt der Täter in einer irrigen Vorstellung über den Sachverhalt, so beurteilt das Gericht die Tat zu Gunsten des Täters nach dem Sachverhalt, den sich der Täter vorgestellt hat.
1    Handelt der Täter in einer irrigen Vorstellung über den Sachverhalt, so beurteilt das Gericht die Tat zu Gunsten des Täters nach dem Sachverhalt, den sich der Täter vorgestellt hat.
2    Hätte der Täter den Irrtum bei pflichtgemässer Vorsicht vermeiden können, so ist er wegen Fahrlässigkeit strafbar, wenn die fahrlässige Begehung der Tat mit Strafe bedroht ist.
StGB, Art. 269 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 13 - 1 Handelt der Täter in einer irrigen Vorstellung über den Sachverhalt, so beurteilt das Gericht die Tat zu Gunsten des Täters nach dem Sachverhalt, den sich der Täter vorgestellt hat.
1    Handelt der Täter in einer irrigen Vorstellung über den Sachverhalt, so beurteilt das Gericht die Tat zu Gunsten des Täters nach dem Sachverhalt, den sich der Täter vorgestellt hat.
2    Hätte der Täter den Irrtum bei pflichtgemässer Vorsicht vermeiden können, so ist er wegen Fahrlässigkeit strafbar, wenn die fahrlässige Begehung der Tat mit Strafe bedroht ist.
, 277bis Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 13 - 1 Handelt der Täter in einer irrigen Vorstellung über den Sachverhalt, so beurteilt das Gericht die Tat zu Gunsten des Täters nach dem Sachverhalt, den sich der Täter vorgestellt hat.
1    Handelt der Täter in einer irrigen Vorstellung über den Sachverhalt, so beurteilt das Gericht die Tat zu Gunsten des Täters nach dem Sachverhalt, den sich der Täter vorgestellt hat.
2    Hätte der Täter den Irrtum bei pflichtgemässer Vorsicht vermeiden können, so ist er wegen Fahrlässigkeit strafbar, wenn die fahrlässige Begehung der Tat mit Strafe bedroht ist.
BStP. Wann kann der
Kassationshof ein Urteil aufheben, durch das der kantonale Richter Zweifel in
die Zurechnungsfähigkeit des Verurteilten verneint hat?
Art. 11
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 11 - 1 Ein Verbrechen oder Vergehen kann auch durch pflichtwidriges Untätigbleiben begangen werden.
1    Ein Verbrechen oder Vergehen kann auch durch pflichtwidriges Untätigbleiben begangen werden.
2    Pflichtwidrig untätig bleibt, wer die Gefährdung oder Verletzung eines strafrechtlich geschützten Rechtsgutes nicht verhindert, obwohl er aufgrund seiner Rechtstellung dazu verpflichtet ist, namentlich auf Grund:
a  des Gesetzes;
b  eines Vertrages;
c  einer freiwillig eingegangenen Gefahrengemeinschaft; oder
d  der Schaffung einer Gefahr.
3    Wer pflichtwidrig untätig bleibt, ist gestützt auf den entsprechenden Tatbestand nur dann strafbar, wenn ihm nach den Umständen der Tat derselbe Vorwurf gemacht werden kann, wie wenn er die Tat durch ein aktives Tun begangen hätte.
4    Das Gericht kann die Strafe mildern.
StGB. Bedeutung psychischer Eigenarten (Geldgier) für die
Zurechnungsfähigkeit.
Art. 13 al. 1 CP, 269 al. 1 et 277bis al. 1 PPF. Quand la Cour de cassation
peut-elle annuler la décision d'un juge cantonal qui n'a pas été en doute sur
la responsabilité de l'inculpé?
Art. 11 CP. Influence de particularités psychiques (cupidité) sur la
responsabilité.
Art. 13 cp. 1 CP, 269 cp. 1, 277bis cp. 1 PPF. Quando la Corto di cassazione
può annullare la decisione d'un giudice cantonale che non ha dubitato della
responsabilità dell'imputato?
Art. 11 CP. Influsso di fatti psichici (cupidità) sulla responsabilità.

A. - Josef Knechtle, Einkäufer der Gebr. Niedermann A. G. in Zürich, trug in
der Zeit vom 9. April 1949 bis 12. Januar 1952 auf Kontoblätter seiner
Arbeitgeberin Käufe von Fleischwaren ein, die tatsächlich nicht gemacht worden
waren, täuschte damit andere in der Firma arbeitende Personen und erwirkte so
fortgesetzt unrechtmässige Auszahlungen. Er bereicherte sich um insgesamt Fr.
105443.14.
Im Strafverfahren vor dem Obergericht des Kantons Zürich beantragte der
Verteidiger, der Geisteszustand Knechtles sei durch einen oder mehrere
Sachverständige untersuchen zu lassen. Er legte einen Bericht des Nervenarztes
Dr. Erich Katzenstein vom 8. Juni 1952 vor, den er eingeholt hatte und der
Zweifel in die Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten erwecke. Der Bericht hält
das

Seite: 210
Ergebnis «viermaliger eingehender Untersuchungen und der Vornahme zahlreicher
Psychoteste» fest und drückt die Ansicht des Dr. Katzenstein wie folgt aus:
«Überblickt man die frühkindliche Entwicklung, sowie den weiteren Lebenslauf
des Exploranden bis zu seinen deliktischen Handlungen, so springt vor allen
Dingen die schon früh begonnene Affektstauung hervor. Die schon frühzeitig
verdrängten Aggressionen richteten sich immer mehr gegen ihn selbst, bis zu
einer eigentlichen Selbstsabotage. Die jedem Menschen innewohnende
Gewissenszensur wurde immer mehr verdrängt. Dieser ganze Mechanismus muss
betrachtet werden auf dem Boden einer psychopathischen, schizoiden
Persönlichkeit mit starken Introversionstendenzen und nach innen gerichteter
Aggression. Dabei ist der Explorand sentimental, wenig differenziert bei bis
zu einem gewissen Grade formal guter Intelligenz. Seine Unsicherheit und seine
Angst ist unverarbeitet, und er wählt den Weg zur Kompensation seiner
Minderwertigkeitsgefühle in der vermeintlichen Sicherung durch Geldanhäufung.
Es standen ihm keine anderen Kompensationen geistig-seelischer Art zur
Bewältigung seiner Angst zur Verfügung. Sein Bedürfnis, Liebesbeziehungen zu
den Eltern, zu den Frauen herzustellen, bewirkte nur
Sentimentalitätsäusserungen und -handlungen (Häuserkäufe), ohne dass es zu
echten mitmenschlichen Beziehungen laugte. Man wird sein Bedürfnis nach
Sicherung durch Geld durch den Versuch der Bannung seiner Ungeborgenheit
erklären dürfen. Er ist von Lebensangst besessen das Versagen der moralischen
Selbstzensur geschieht auf fast zwangshafter (psychopathischer) Haltung. Er
betreibt eine Eigensabotage, verbunden mit mangelhaftem affektivem Kontakt.
Daraus entstand die Einengung des Lebensgefühls und der Lebenstriebe,
vornehmlich auf die vermeintliche Existenzsicherung durch Hamsterung von Geld.
Das Asoziale und Rechtswidrige seines Verhaltens ist erklärlich aus dem
Zusammenspiel von früh entstandener Lebensangst und Kompensationsbedürfnis
seiner Minderwertigkeitsgefühle. Aus Gründen seiner Psychopathologie erscheint
Knechtle nur bedingt zurechnungsfähig für das begangene Dauerdelikt. Obgleich
er nach seiner Intelligenz in der Lage gewesen ist, das Unrecht seines
Handelns einzusehen, war seine Möglichkeit, seine deliktische Haltung
aufzugeben, stark beeinträchtigt».
B. - Das Obergericht des Kantons Zürich verurteilte Knechtle am 19. Juni 1952
wegen fortgesetzter Urkundenfälschung und fortgesetzten Betruges zu zwei
Jahren und sechs Monaten Zuchthaus, abzüglich 103 Tage Untersuchungshaft, und
stellte ihn für drei Jahre in der bürgerlichen Ehrenfähigkeit ein.
C. - Knechtle führt Nichtigkeitsbeschwerde gemäss Art. 268 ff
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 11 - 1 Ein Verbrechen oder Vergehen kann auch durch pflichtwidriges Untätigbleiben begangen werden.
1    Ein Verbrechen oder Vergehen kann auch durch pflichtwidriges Untätigbleiben begangen werden.
2    Pflichtwidrig untätig bleibt, wer die Gefährdung oder Verletzung eines strafrechtlich geschützten Rechtsgutes nicht verhindert, obwohl er aufgrund seiner Rechtstellung dazu verpflichtet ist, namentlich auf Grund:
a  des Gesetzes;
b  eines Vertrages;
c  einer freiwillig eingegangenen Gefahrengemeinschaft; oder
d  der Schaffung einer Gefahr.
3    Wer pflichtwidrig untätig bleibt, ist gestützt auf den entsprechenden Tatbestand nur dann strafbar, wenn ihm nach den Umständen der Tat derselbe Vorwurf gemacht werden kann, wie wenn er die Tat durch ein aktives Tun begangen hätte.
4    Das Gericht kann die Strafe mildern.
. BStP mit dem
Antrag, das Urteil sei aufzuheben und die Sache zur psychiatrischen
Begutachtung

Seite: 211
des Beschwerdeführers an das Obergericht zurückzuweisen. Nach seiner
Auffassung verletzt die Nichteinholung eines Gutachtens Art. 13
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 13 - 1 Handelt der Täter in einer irrigen Vorstellung über den Sachverhalt, so beurteilt das Gericht die Tat zu Gunsten des Täters nach dem Sachverhalt, den sich der Täter vorgestellt hat.
1    Handelt der Täter in einer irrigen Vorstellung über den Sachverhalt, so beurteilt das Gericht die Tat zu Gunsten des Täters nach dem Sachverhalt, den sich der Täter vorgestellt hat.
2    Hätte der Täter den Irrtum bei pflichtgemässer Vorsicht vermeiden können, so ist er wegen Fahrlässigkeit strafbar, wenn die fahrlässige Begehung der Tat mit Strafe bedroht ist.
StGB.
Der Kassationshof zieht in Erwägung:
2.- Der Richter hat den Geisteszustand des Beschuldigten durch einen oder
mehrere Sachverständige untersuchen zu lassen wenn er an der
Zurechnungsfähigkeit des Beschuldigten zweifelt (Art. 13 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 13 - 1 Handelt der Täter in einer irrigen Vorstellung über den Sachverhalt, so beurteilt das Gericht die Tat zu Gunsten des Täters nach dem Sachverhalt, den sich der Täter vorgestellt hat.
1    Handelt der Täter in einer irrigen Vorstellung über den Sachverhalt, so beurteilt das Gericht die Tat zu Gunsten des Täters nach dem Sachverhalt, den sich der Täter vorgestellt hat.
2    Hätte der Täter den Irrtum bei pflichtgemässer Vorsicht vermeiden können, so ist er wegen Fahrlässigkeit strafbar, wenn die fahrlässige Begehung der Tat mit Strafe bedroht ist.
StGB). Ein
ohne Begutachtung ergangenes Urteil kann gestützt auf diese Bestimmung nur
aufgehoben werden, wenn der Sachrichter an der Zurechnungsfähigkeit des
Verurteilten gezweifelt hat oder ihm Tatsachen bekannt gewesen sind, die so
gebieterisch Zweifel aufdrängen, dass er solche schlechterdings nicht hat
unterdrücken dürfen. Dagegen hat der Kassationshof nicht nach Art einer
Appellationsinstanz zu prüfen, ob er selber allenfalls an der
Zurechnungsfähigkeit des Verurteilten zweifeln könnte. Er hat die Frage, ob
sich Zweifel aufdrängen, auch nicht auf Grund von Tatsachen zu beurteilen, die
im Verfahren zwar geltend gemacht worden sind und von denen vielleicht auch
ein privater Begutachter ausgegangen ist, die aber der Sachrichter als nicht
bewiesen angenommen hat; der Kassationshof ist bei Beantwortung der Frage, ob
Art. 13 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 13 - 1 Handelt der Täter in einer irrigen Vorstellung über den Sachverhalt, so beurteilt das Gericht die Tat zu Gunsten des Täters nach dem Sachverhalt, den sich der Täter vorgestellt hat.
1    Handelt der Täter in einer irrigen Vorstellung über den Sachverhalt, so beurteilt das Gericht die Tat zu Gunsten des Täters nach dem Sachverhalt, den sich der Täter vorgestellt hat.
2    Hätte der Täter den Irrtum bei pflichtgemässer Vorsicht vermeiden können, so ist er wegen Fahrlässigkeit strafbar, wenn die fahrlässige Begehung der Tat mit Strafe bedroht ist.
StGB richtig angewendet worden sei, an tatsächliche
Feststellungen des kantonalen Richters, auch an negative, wie immer gebunden
(Art. 277bis Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 13 - 1 Handelt der Täter in einer irrigen Vorstellung über den Sachverhalt, so beurteilt das Gericht die Tat zu Gunsten des Täters nach dem Sachverhalt, den sich der Täter vorgestellt hat.
1    Handelt der Täter in einer irrigen Vorstellung über den Sachverhalt, so beurteilt das Gericht die Tat zu Gunsten des Täters nach dem Sachverhalt, den sich der Täter vorgestellt hat.
2    Hätte der Täter den Irrtum bei pflichtgemässer Vorsicht vermeiden können, so ist er wegen Fahrlässigkeit strafbar, wenn die fahrlässige Begehung der Tat mit Strafe bedroht ist.
, 273 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 13 - 1 Handelt der Täter in einer irrigen Vorstellung über den Sachverhalt, so beurteilt das Gericht die Tat zu Gunsten des Täters nach dem Sachverhalt, den sich der Täter vorgestellt hat.
1    Handelt der Täter in einer irrigen Vorstellung über den Sachverhalt, so beurteilt das Gericht die Tat zu Gunsten des Täters nach dem Sachverhalt, den sich der Täter vorgestellt hat.
2    Hätte der Täter den Irrtum bei pflichtgemässer Vorsicht vermeiden können, so ist er wegen Fahrlässigkeit strafbar, wenn die fahrlässige Begehung der Tat mit Strafe bedroht ist.
lit. b BStP).
3.- ... e) Dr. Katzenstein schreibt dem Beschwerdeführer nach innen gerichtete
Aggressionen, unverarbeitete Unsicherheit und Lebensangst,
Minderwertigkeitsgefühle zu und nimmt an, der Beschwerdeführer habe diese
nicht anders bewältigen können als durch eine der Sicherung dienende
Geldanhäufung. Das Obergericht verneint indessen die Angst- und
Minderwertigkeitsgefühle; sie seien durch die gute Erziehung, die der
Beschwerdeführer von

Seite: 212
der Mutter erhalten habe, erheblich gebremst worden und durch die gesamte
Entwicklung des Beschwerdeführers Zu einem tüchtigen Berufsmann in
langjähriger mit Auszeichnung versehener und sehr gut bezahlter
Vertrauensstellung widerlegt. Diese Feststellung bindet den Kassationshof. Was
der Beschwerdeführer dagegen vorbringt, ist Anfechtung der Beweiswürdigung und
daher nicht zu hören. Damit ist den Schlussfolgerungen Dr. Katzensteins der
Boden entzogen.
Zudem ist nicht einzusehen, weshalb die Lebensangst und das Bedürfnis nach
Kompensation von Minderwertigkeitsgefühlen durch Hamsterung von Geld die
Willensfreiheit des Beschwerdeführers im Sinne des Art. 11
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 11 - 1 Ein Verbrechen oder Vergehen kann auch durch pflichtwidriges Untätigbleiben begangen werden.
1    Ein Verbrechen oder Vergehen kann auch durch pflichtwidriges Untätigbleiben begangen werden.
2    Pflichtwidrig untätig bleibt, wer die Gefährdung oder Verletzung eines strafrechtlich geschützten Rechtsgutes nicht verhindert, obwohl er aufgrund seiner Rechtstellung dazu verpflichtet ist, namentlich auf Grund:
a  des Gesetzes;
b  eines Vertrages;
c  einer freiwillig eingegangenen Gefahrengemeinschaft; oder
d  der Schaffung einer Gefahr.
3    Wer pflichtwidrig untätig bleibt, ist gestützt auf den entsprechenden Tatbestand nur dann strafbar, wenn ihm nach den Umständen der Tat derselbe Vorwurf gemacht werden kann, wie wenn er die Tat durch ein aktives Tun begangen hätte.
4    Das Gericht kann die Strafe mildern.
StGB beeinträchtigt
haben könnte. Geldgier allein mindert die Schuld nicht, selbst dann nicht,
wenn sie gewisse andere seelische Eigenarten des Täters kompensiert. Wie jeder
andere hat auch der Geldgierige seine Lust mit dem Willen zu überwinden. Dr.
Katzenstein verschweigt, weshalb die moralische Selbstzensur, mit welcher der
Beschwerdeführer seiner Gier hätte begegnen sollen, immer mehr verdrängt
worden sei und «fast zwangshaft» versagt habe. Nicht jede psychische Eigenart
vermindert die Möglichkeit der Selbstzensur durch das Gewissen. Zweifel an der
Zurechnungsfähigkeit würden sich nur aufdrängen, wenn Tatsachen glaubhaft
gemacht wären, die es dem Beschwerdeführer verunmöglichten, seine
Skrupellosigkeit mit normaler Willensanstrengung zu überwinden. Solche
Tatsachen liegen keine vor, weder wenn man die Anbringen des Beschwerdeführers
einzeln, noch wenn man sie gesamthaft betrachtet. Der Begriff des normalen
Menschen ist nicht eng zu fassen (vgl. BINDER, SJZ 47 101 ff. BGE 73 IV 210).
Demnach erkennt der Kassationshof:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 78 IV 209
Datum : 01. Januar 1952
Publiziert : 12. Dezember 1952
Quelle : Bundesgericht
Status : 78 IV 209
Sachgebiet : BGE - Strafrecht und Strafvollzug
Gegenstand : Art. 13 Abs. 1 StGB, Art. 269 Abs. 1, 277bis Abs. 1 BStP. Wann kann der Kassationshof ein Urteil...


Gesetzesregister
BStP: 268  269  273  277bis
StGB: 11 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 11 - 1 Ein Verbrechen oder Vergehen kann auch durch pflichtwidriges Untätigbleiben begangen werden.
1    Ein Verbrechen oder Vergehen kann auch durch pflichtwidriges Untätigbleiben begangen werden.
2    Pflichtwidrig untätig bleibt, wer die Gefährdung oder Verletzung eines strafrechtlich geschützten Rechtsgutes nicht verhindert, obwohl er aufgrund seiner Rechtstellung dazu verpflichtet ist, namentlich auf Grund:
a  des Gesetzes;
b  eines Vertrages;
c  einer freiwillig eingegangenen Gefahrengemeinschaft; oder
d  der Schaffung einer Gefahr.
3    Wer pflichtwidrig untätig bleibt, ist gestützt auf den entsprechenden Tatbestand nur dann strafbar, wenn ihm nach den Umständen der Tat derselbe Vorwurf gemacht werden kann, wie wenn er die Tat durch ein aktives Tun begangen hätte.
4    Das Gericht kann die Strafe mildern.
13
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 13 - 1 Handelt der Täter in einer irrigen Vorstellung über den Sachverhalt, so beurteilt das Gericht die Tat zu Gunsten des Täters nach dem Sachverhalt, den sich der Täter vorgestellt hat.
1    Handelt der Täter in einer irrigen Vorstellung über den Sachverhalt, so beurteilt das Gericht die Tat zu Gunsten des Täters nach dem Sachverhalt, den sich der Täter vorgestellt hat.
2    Hätte der Täter den Irrtum bei pflichtgemässer Vorsicht vermeiden können, so ist er wegen Fahrlässigkeit strafbar, wenn die fahrlässige Begehung der Tat mit Strafe bedroht ist.
BGE Register
73-IV-209 • 78-IV-209
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
kassationshof • zweifel • verurteilter • geld • beschuldigter • sachrichter • frage • strafgesetzbuch • widerrechtlichkeit • entscheid • lebenslauf • monat • wille • verhalten • dauerdelikt • betrug • tag • mutter • untersuchungshaft • richtigkeit
SJZ
47 S.101