S. 57 / Nr. 7 Bundesrechtliche Abgaben (d)
BGE 78 I 57
7. Auszug aus dem Urteil vom 25. Januar 1952 i. S. Gebr. Ryffel gegen Eidg.
Amt für Verkehr.
Regeste:
Rückerstattung eidgenössischer Abgaben:
1. Beschwerden über die Erledigung von Begehren auf Rückerstattung
eidgenössischer Abgaben fallen in die Zuständigkeit des Bundesgerichts als
Verwaltungsgerichtshof.
2. Auf Grund rechtskräftiger Veranlagung bezogene Abgaben können nur
zurückerstattet werden, wenn die Veranlagung nachträglich abgeändert werden
muss. Voraussetzung ist das Vorliegen eines Revisionsgrundes.
Restitution de contributions fédérales
1. Les recours contre les décisions relatives à la restitution de
contributions fédérales rentrent dans la compétence du Tribunal fédéral comme
tribunal administratif.
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2. Les contributions perçues en vertu d'une taxation passée en force ne
peuvent être restituées que lors qu'il y a lieu de modifier cette taxation,
c'est-à-dire lors qu'il existe un motif de révision.
Restituzione di contribuzioni federali
1. I ricorsi contre le decisioni concernenti la restituzione di contribuzioni
federali rientrano nelle competenze del Tribunale federale come tribunale
amministrativo.
2. Le contribuzioni percepite in base ad una tassazione cresciuta in giudicato
possono essere restituite soltanto quando la tassazione dev'essere modificata,
vale a dire quando esiste un motivo di revisione.
A. - Durch Bundesbeschluss vom 30. September 1938 über den Transport von
Personen und Sachen mit Motor-fahrzeugen auf öffentlichen Strassen
(Autotransportordnung, im folgenden ATO) wurde die gewerbsmässige Beförderung
von Personen und Sachen auf öffentlichen Strassen unter Verwendung von
Motorfahrzeugen und Anhängern der Bewilligungspflicht unterstellt (Art. 3).
Die Bewilligung sollte auf Gesuch hin erteilt werden, wenn für die beantragte
Transportart ein Bedürfnis besteht und wenn der Bewerber in persönlicher und
finanzieller Beziehung für Sicherheit und Leistungsfähigkeit seines Betriebes
genügend Gewähr bietet (Art. 14). Wer beim Inkrafttreten des Beschlusses
gewerbsmässigen Personen- oder Gütertransport betrieben hatte, durfte diese
Transporte bis zur Erledigung seines Gesuchs fortsetzen und erhielt die hiefür
erforderlichen Ausweise (Art. 31 Abs. i ATO und Verordnung III,
Bewilligungsverfahren, vom 30. Juli 1940, bes. Art. 11-15). Die Kosten der
Durchführung der ATO sollten durch Gebühren gedeckt werden, vor allem durch
bei Erteilung der Bewilligung festzusetzende «Konzessionsgebühren».
Der Bundesbeschluss wurde als dringlich erklärt und sollte bis zum Erlasse
eines ihn ablösenden Bundesgesetzes über den Transport mit Motorfahrzeugen,
längstens jedoch fünf Jahre, gelten (Art. 39). Er wurde vom Bundesrate auf den
15. August 1940 in Kraft gesetzt (Bundesratsbeschluss vom 30. Juli 1940) und
in der Folge, da sich die Vorbereitung des in Aussicht genommenen
Bundesgesetzes hinauszog,
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durch dringliche Bundesbeschlüsse vom 22. Juni 1945 und 21. Dezember 1950
verlängert. Seine Gültigkeit lief am 31. März 1951 ab. Ein allgemein
verbindlicher Bundesbeschluss vom 23. Juni 1950, der ihn hätte ablösen und den
gewerbsmässigen Personen- und Gütertransport mit Motorfahrzeugen auf drei
Jahre hätte regeln sollen, war in der Volksabstimmung vom 25. Februar 1951
verworfen worden.
B. Von 1947 an wurden Anzahlungen auf Rechnung der «Konzessionsgebühr»
erhoben. Den Inhabern von Transportkonzessionen wurden die Zahlungen als
«Raten der bei Erteilung der Konzession festgesetzten Gebühr auferlegt mit der
Bestimmung, dass sie «zur Deckung der Kosten des durch die
Autotransportverordnung verursachten Verwaltungsaufwandes» zu dienen haben
(Art. 1 des BRB vom 4. Juli 1950). Von den Inhabern provisorischer Ausweise
wurden die Leistungen als «Anzahlungen an die künftig fällig werdende
Konzessionsgebühr» gefordert (Art. 2). «Wird die Konzession erteilt, so werden
sämtliche im Konzessionsverfahren geleisteten Anzahlungen an die in der
Konzessionsurkunde festgesetzte Gebühr angerechnet. ... Kann die Konzession
nicht erteilt werden, so werden die Anzahlungen voll zurückerstattet mit
Ausnahme der bei Einreichung des Gesuches vorweg bezahlten Gebühr ... «(Art. 3
Abs. I und 3).
D. - Die Beschwerdeführerin, die in Wädenswil eine Fuhrhalterei und
Transportunternehmung betreibt, hatte bei Einführung der ATO ein Gesuch um die
Bewilligung gewerbsmässiger Gütertransporte eingereicht und die provisorischen
Ausweise gemäss Art. 11 ff. der VO III vom:30. Juli 1940 erhalten. Sie hat die
den Besitzern von provisorischen Ausweisen auferlegten Anzahlungen geleistet
-Am 25. Januar 1951 erhielt sie die erbetene Konzession. Die Gebühr wurde auf
Fr. 2448.- festgesetzt. Sie wurde nicht angefochten. Am 28. Februar 1951
erteilte das Amt für Verkehr die Abrechnung über die Anzahlungen auf die
Gebührenrechnung. Die Beschwerdeführerin hatte Anzahlungen
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im Betrage von Fr. 2630.- geleistet. Sie erhielt daher Fr. 182.- zurück. Die
Abrechnung blieb unangefochten.
E. - Am 22. Mai 1951 richtete die Beschwerdeführerin an das eidg. Amt ein
Gesuch um Rückerstattung der früher bezahlten Gebühren. Das Gesuch beruhte auf
der Annahme, die Beschwerdeführerin habe gestützt auf die ATO nur die
provisorischen Ausweise erhalten; eine definitive Konzessionierung sei nie
erfolgt. Das eidg. Amt für Verkehr hat das Gesuch mit Schreiben vom 25. Mai
1951 abgewiesen. Die Gebühren seien geschuldet gewesen und verfallen und
könnten daher nicht zurückerstattet werden.
F. - Die Kollektivgesellschaft Gebr. Ryffel erhebt die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Sie beantragt, den angefochtenen Entscheid
aufzuheben und das eidg. Amt für Verkehr anzuhalten, der Beschwerdeführerin
die bezahlten Konzessionsgebühren im Betrage von Fr. 2448.- ganz, eventuell
unter Abzug eines bei Einreichung des Gesuches verfallenen Betrages
zurückzuerstatten.
Aus den Erwägungen:
1.- Die Beschwerde richtet sich gegen einen Brief des eidg. Amtes für Verkehr,
vom 25. Mai 1951, womit der Beschwerdeführerin mitgeteilt wurde, dass und
warum die auf Fr. 2448.- festgesetzten Konzessionsgebühren nicht
zurückerstattet werden können. Der Brief war die Antwort auf ein formelles
Gesuch um Rückerstattung der bezahlten Gebühren, und er enthielt die
Erledigung dieses Gesuches durch die mit der Berechnung und dem Einzug der
Gebühren betraute Behörde (Art. 1 Satz 2 der VO IV zur ATO vom 30. Juli 1940,
Gebührenordnung). Er war der Entscheid der zuständigen Behörde über das
Rückerstattungsgesuch.
Entscheide über die Rückerstattung eidgenössischer Abgaben unterliegen der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht (Art. 97 Abs. 1 OG), sofern
sie von einer eidgenössischen Mittelinstanz ausgehen (Art. 102 lit. a OG
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und Art. 23 Abs. 2 BG über die Organisation der Bundesverwaltung) und für sie
kein Spezialverwaltungsgericht eingesetzt ist (Art. 101 lit. b OG). Das eidg.
Amt für Verkehr ist Mittelinstanz für die Bemessung und für den Bezug der für
den Vollzug der ATO vorgesehenen Gebühren (VO IV l.c.). Ein
Spezialverwaltungsgericht ist für Beschwerden über ATO-Gebühren nicht
eingesetzt. Die eidg. Transportkommission ist Beschwerdeinstanz für
Verfügungen über die im Gesetze vorgesehenen Bewilligungen (Art. 24 ATO),
nicht für die nach Art. 37 ATO zu erhebenden Gebühren. Streitigkeiten über
Gebühren für die ATO fallen daher in die Zuständigkeit des für Gebühren
allgemein eingesetzten Gerichts. Darauf, ob das Gesetz Bestimmungen über
Rückerstattung der hier in Frage stehenden Gebühren enthält, kommt es für den
Rechtsweg an das Verwaltungsgericht nicht an. Die Frage, was aus dem Fehlen
einer Regelung der Rückerstattung der bei Durchführung der ATO erhobenen
Gebühren zu schliessen sei, betrifft die materielle Begründetheit oder
Unbegründetheit des erhobenen Anspruchs, nicht den Gegenstand des Streites als
eines solchen über die Rückerstattung bundesrechtlicher Abgaben, nach dem sich
gemäss Art. 97 OG die Zulässigkeit der Beschwerde bestimmt. Die Bemerkung in
der Botschaft zum VDG (BBl. 1925 II S. 223), auf die sich das Amt beruft,
enthält eine beiläufige Meinungsäusserung über den Bestand eines Anspruchs auf
Rückerstattung eidgenössischer Steuern. Die verfahrenrechtliche Frage richtet
sich nicht danach, ob ein Anspruch besteht, sondern ob und unter welchen
Gesichtspunkten er erhoben wird.
Hier wird ein Anspruch auf Rückerstattung einer als Konzessionsgebühr
bezeichneten eidgenössischen Abgabe erhoben. Der Streit hierüber fällt nach
Art. 97 OG in den Geschäftskreis des Bundesgerichts als
Verwaltungsgerichtshof.
2.- Die Gebühr, deren Rückerstattung verlangt wird, ist am 25. Januar 1951
festgesetzt worden. Der Gebührentscheid wurde nicht angefochten. Er ist in
Rechtskraft
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erwachsen. Die Abrechnung vom 28. Februar 1951 über die geleisteten
Anzahlungen war der Vollzug eines für die Verwaltung und für den beteiligten
Privaten verbindlichen Gebührenentscheides. Die damit eingezogenen Gebühren
waren nach dem Gebührenentscheid geschuldet. Eine Rückerstattung dieser
Gebühren kann nur in Frage kommen, wenn ein Grund vorliegt, auf den
Gebührenentscheid zurückzukommen, wenn dieser nachträglich entweder ganz
aufgehoben oder wenigstens abgeändert, durch einen eine niedrigere Gebühr
festsetzenden Entscheid ersetzt werden muss. Voraussetzung dafür ist das
Vorliegen eines Revisionsgrundes. Die Beschwerdeführerin beruft sich auf die
durch den negativen Volksentscheid eingetretene Lage, wonach zufolge Wegfalls
der Bewilligungspflicht auch der Rechtsgrund der Konzessionsgebühr weggefallen
sei, und anderseits auf Rechtsungleichheit, sachwidrige Benachteiligung
gegenüber den Bewerbern um Bewilligungen, deren Gesuch im Zeitpunkt des
Ablaufs der ATO nicht erledigt waren und denen die geleisteten Anzahlungen in
weitem Umfang zurückerstattet wurden.
Von diesen Einwendungen betrifft jedenfalls die erste, die Berufung auf die
durch den negativen Volksentscheid geschaffene Lage, die Geltendmachung einer
neuen, erst nach Erlass der Gebührenfestsetzung eingetretenen Tatsache.
Insofern kann das Vorliegen eines Revisionsgrundes angenommen werden. Ob die
übrigen Voraussetzungen für die Behandlung des im Rückerstattungsgesuche
enthaltenen Revisionsbegehrens erfüllt wären, kann dahingestellt bleiben. Das
Transportamt hat sich nicht nur auf die Rechtskraft der Gebührenfestsetzung
berufen, sondern sich auch über die materielle Begründetheit des
Rückerstattungsgesuches ausgesprochen und einen Sachentscheid gefällt, der der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde unterliegt.