S. 172 / Nr. 39 Strafgesetzbuch (d)

BGE 77 IV 172

39. Urteil des Kassationshofes vom 22. Juni 1951 i. S. Huber gegen
Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich.

Regeste:
1. Art. 110 Ziff. 5 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 110 - 1 Angehörige einer Person sind ihr Ehegatte, ihre eingetragene Partnerin oder ihr eingetragener Partner, ihre Verwandten gerader Linie, ihre vollbürtigen und halbbürtigen Geschwister, ihre Adoptiveltern, ihre Adoptivgeschwister und Adoptivkinder.150
1    Angehörige einer Person sind ihr Ehegatte, ihre eingetragene Partnerin oder ihr eingetragener Partner, ihre Verwandten gerader Linie, ihre vollbürtigen und halbbürtigen Geschwister, ihre Adoptiveltern, ihre Adoptivgeschwister und Adoptivkinder.150
2    Familiengenossen sind Personen, die in gemeinsamem Haushalt leben.
3    Als Beamte gelten die Beamten und Angestellten einer öffentlichen Verwaltung und der Rechtspflege sowie die Personen, die provisorisch ein Amt bekleiden oder provisorisch bei einer öffentlichen Verwaltung oder der Rechtspflege angestellt sind oder vorübergehend amtliche Funktionen ausüben.
3bis    Stellt eine Bestimmung auf den Begriff der Sache ab, so findet sie entsprechende Anwendung auf Tiere.151
4    Urkunden sind Schriften, die bestimmt und geeignet sind, oder Zeichen, die bestimmt sind, eine Tatsache von rechtlicher Bedeutung zu beweisen. Die Aufzeichnung auf Bild- und Datenträgern steht der Schriftform gleich, sofern sie demselben Zweck dient.
5    Öffentliche Urkunden sind Urkunden, die von Mitgliedern einer Behörde, Beamten und Personen öffentlichen Glaubens in Wahrnehmung hoheitlicher Funktionen ausgestellt werden. Nicht als öffentliche Urkunden gelten Urkunden, die von der Verwaltung der wirtschaftlichen Unternehmungen und Monopolbetriebe des Staates oder anderer öffentlich-rechtlicher Körperschaften und Anstalten in zivilrechtlichen Geschäften ausgestellt werden.
6    Der Tag hat 24 aufeinander folgende Stunden. Der Monat und das Jahr werden nach der Kalenderzeit berechnet.
7    Untersuchungshaft ist jede in einem Strafverfahren verhängte Haft, Untersuchungs-, Sicherheits- und Auslieferungshaft.
StGB. Poststempel sind nicht Urkunden (Erw. 1).
2. Art. 245 Ziff. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 245 - 1. Wer amtliche Wertzeichen, namentlich Postmarken, Stempel- oder Gebührenmarken, fälscht oder verfälscht, um sie als echt oder unverfälscht zu verwenden,
1    Wer amtliche Wertzeichen, namentlich Postmarken, Stempel- oder Gebührenmarken, fälscht oder verfälscht, um sie als echt oder unverfälscht zu verwenden,
2    Wer falsche, verfälschte oder entwertete amtliche Wertzeichen als echt, unverfälscht oder gültig verwendet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
, 317 Ziff. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 317 - 1. Beamte oder Personen öffentlichen Glaubens, die vorsätzlich eine Urkunde fälschen oder verfälschen oder die echte Unterschrift oder das echte Handzeichen eines andern zur Herstellung einer unechten Urkunde benützen,
1    Beamte oder Personen öffentlichen Glaubens, die vorsätzlich eine Urkunde fälschen oder verfälschen oder die echte Unterschrift oder das echte Handzeichen eines andern zur Herstellung einer unechten Urkunde benützen,
2    Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Geldstrafe.428
, 153
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 153 - Wer eine Handelsregisterbehörde zu einer unwahren Eintragung veranlasst oder ihr eine eintragungspflichtige Tatsache verschweigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
StGB. Der Postbeamte, der Postmarken auf
Verlangen ihres Eigentümers mit einem zurückdatierten Stempelaufdruck
versieht, verfälscht sie nicht (Erw. 2),

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noch begeht er eine Falschbeurkundung; seine Tat ist eine Warenfälschung, wenn
sie zum Zwecke der Täuschung im Handel und Verkehr erfolgt (Erw. 3).
1. Art. 110 ch. 5 al. 1 CP. Des timbres à date ne sont pas des titres (consid.
1).
2. Art. 245 ch. 1, 317 ch. 1, 153 CP. L'employé postal qui munit des timbres
d'une oblitération antidatée ne les falsifie pas (consid. 2) et ne procède pas
non plus à une constatation fausse; son acte constitue une falsification de
marchandises, s'il tend à tromper dans les relations d'affaires (consid. 3).
1. Art. 110, cifra 5, cp. 1 CP. Il bollo postale non è un documento (consid.
1).
2. Art. 245, cifra 1, 317, cifra 1, 153 CP. L'impiegato postale che appone sui
francobolli un bollo antidatato non li altera (consid. 2) e nemmeno procede ad
una falsa attestazione; il suo atto costituisce una contraffazione di merci,
se è avvenuto a scopo di frode nelle relazioni d'affari (consid. 3).

A. - Der postbetriebsgehilfe Huber versah von Mitte 1948 bis 5. Dezember 1949
etwa 140 noch nicht entwertete, aber ausser Kurs gesetzte Schweizerische
«Pax»- und Flugpost-Briefmarken des Walter Koch mit dem Aufdruck eines
Poststempels, den er zu diesem Zwecke zurückdatierte, um den Anschein zu
erwecken, die Marken seien während der Dauer ihrer Gültigkeit entwertet
worden. Er wollte ihnen einen höheren Sammlerwert verleihen. Koch verkaufte
sie mit Gewinn an einen Briefmarkenhändler:
B. - Am 9. Februar 1951 verurteilte das Obergericht des Kantons Zürich Huber
wegen wiederholter Urkundenfälschung im Sinne von Art. 317 Ziff. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 317 - 1. Beamte oder Personen öffentlichen Glaubens, die vorsätzlich eine Urkunde fälschen oder verfälschen oder die echte Unterschrift oder das echte Handzeichen eines andern zur Herstellung einer unechten Urkunde benützen,
1    Beamte oder Personen öffentlichen Glaubens, die vorsätzlich eine Urkunde fälschen oder verfälschen oder die echte Unterschrift oder das echte Handzeichen eines andern zur Herstellung einer unechten Urkunde benützen,
2    Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Geldstrafe.428
StGB zu
einer bedingt vollziehbaren Gefängnisstrafe von sieben Monaten.
Es vertrat die Auffassung, er habe durch Zurückstellen des Datums den
Poststempel und durch die Abstempelung die Marken verfälscht. Letztere seien
Urkunden im Sinne von Art. 110 Ziff. 5
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 110 - 1 Angehörige einer Person sind ihr Ehegatte, ihre eingetragene Partnerin oder ihr eingetragener Partner, ihre Verwandten gerader Linie, ihre vollbürtigen und halbbürtigen Geschwister, ihre Adoptiveltern, ihre Adoptivgeschwister und Adoptivkinder.150
1    Angehörige einer Person sind ihr Ehegatte, ihre eingetragene Partnerin oder ihr eingetragener Partner, ihre Verwandten gerader Linie, ihre vollbürtigen und halbbürtigen Geschwister, ihre Adoptiveltern, ihre Adoptivgeschwister und Adoptivkinder.150
2    Familiengenossen sind Personen, die in gemeinsamem Haushalt leben.
3    Als Beamte gelten die Beamten und Angestellten einer öffentlichen Verwaltung und der Rechtspflege sowie die Personen, die provisorisch ein Amt bekleiden oder provisorisch bei einer öffentlichen Verwaltung oder der Rechtspflege angestellt sind oder vorübergehend amtliche Funktionen ausüben.
3bis    Stellt eine Bestimmung auf den Begriff der Sache ab, so findet sie entsprechende Anwendung auf Tiere.151
4    Urkunden sind Schriften, die bestimmt und geeignet sind, oder Zeichen, die bestimmt sind, eine Tatsache von rechtlicher Bedeutung zu beweisen. Die Aufzeichnung auf Bild- und Datenträgern steht der Schriftform gleich, sofern sie demselben Zweck dient.
5    Öffentliche Urkunden sind Urkunden, die von Mitgliedern einer Behörde, Beamten und Personen öffentlichen Glaubens in Wahrnehmung hoheitlicher Funktionen ausgestellt werden. Nicht als öffentliche Urkunden gelten Urkunden, die von der Verwaltung der wirtschaftlichen Unternehmungen und Monopolbetriebe des Staates oder anderer öffentlich-rechtlicher Körperschaften und Anstalten in zivilrechtlichen Geschäften ausgestellt werden.
6    Der Tag hat 24 aufeinander folgende Stunden. Der Monat und das Jahr werden nach der Kalenderzeit berechnet.
7    Untersuchungshaft ist jede in einem Strafverfahren verhängte Haft, Untersuchungs-, Sicherheits- und Auslieferungshaft.
StGB. Gewiss sei mit der
Ausserkurssetzung der Marken der von ihnen bescheinigte Beförderungsanspruch
untergegangen, während der Quittungscharakter für die Bezahlung der Gebühr an
Bedeutung verloren habe. «Die Innehabung dieser offiziellen Funktionen, wenn
auch teilweise in der Vergangenheit», hätten sie aber nach wie vor bewiesen.
Gerade das habe ihnen einen Sammlerwert verliehen. Huber habe zudem in eigens

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dafür bestimmter Form, also wiederum im Sinne einer Urkunde, unrichtigerweise
bescheinigt, dass die Marken auf Poststücken, die das betreffende Postamt am
angegebenen Tage entgegengenommen habe, in Verkehr gegeben worden seien. Diese
Tatsache sei von erheblicher rechtlicher Bedeutung, z. B. als Beweis für die
rechtzeitige Aufgabe zur Einhaltung einer Frist oder für den Sammlerwert der
Postmarke. Im Strafmass wurde Huber zugute gehalten, dass er aus seinen
Verfehlungen keinen Gewinn gezogen habe und dass er der Meinung gewesen sei,
Koch würde die Marken der eigenen Sammlung einverleiben.
C. - Huber führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil sei
aufzuheben und die Sache zur Freisprechung an das Obergericht zurückzuweisen.
D. - Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich beantragt, die Beschwerde sei
abzuweisen. Sie macht geltend, dass nicht eine Fälschung der Briefmarken, wohl
aber eine solche der Stempel in Frage stehe.
Der Kassationshof zieht in Erwägung
1.- Art. 317 Ziff. 1 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 317 - 1. Beamte oder Personen öffentlichen Glaubens, die vorsätzlich eine Urkunde fälschen oder verfälschen oder die echte Unterschrift oder das echte Handzeichen eines andern zur Herstellung einer unechten Urkunde benützen,
1    Beamte oder Personen öffentlichen Glaubens, die vorsätzlich eine Urkunde fälschen oder verfälschen oder die echte Unterschrift oder das echte Handzeichen eines andern zur Herstellung einer unechten Urkunde benützen,
2    Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Geldstrafe.428
StGB bedroht mit Strafe «Beamte oder Personen
öffentlichen Glaubens, die vorsätzlich eine Urkunde fälschen oder verfälschen
oder die echte Unterschrift oder das echte Handzeichen eines andern zur
Herstellung einer unwahren Urkunde benützen». Urkunden im Sinne dieser
Bestimmung sind «Schriften, die bestimmt oder geeignet sind, oder Zeichen, die
bestimmt sind, eine Tatsache von rechtlicher Bedeutung zu beweisen» (Art. 110
Ziff. 5
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 110 - 1 Angehörige einer Person sind ihr Ehegatte, ihre eingetragene Partnerin oder ihr eingetragener Partner, ihre Verwandten gerader Linie, ihre vollbürtigen und halbbürtigen Geschwister, ihre Adoptiveltern, ihre Adoptivgeschwister und Adoptivkinder.150
1    Angehörige einer Person sind ihr Ehegatte, ihre eingetragene Partnerin oder ihr eingetragener Partner, ihre Verwandten gerader Linie, ihre vollbürtigen und halbbürtigen Geschwister, ihre Adoptiveltern, ihre Adoptivgeschwister und Adoptivkinder.150
2    Familiengenossen sind Personen, die in gemeinsamem Haushalt leben.
3    Als Beamte gelten die Beamten und Angestellten einer öffentlichen Verwaltung und der Rechtspflege sowie die Personen, die provisorisch ein Amt bekleiden oder provisorisch bei einer öffentlichen Verwaltung oder der Rechtspflege angestellt sind oder vorübergehend amtliche Funktionen ausüben.
3bis    Stellt eine Bestimmung auf den Begriff der Sache ab, so findet sie entsprechende Anwendung auf Tiere.151
4    Urkunden sind Schriften, die bestimmt und geeignet sind, oder Zeichen, die bestimmt sind, eine Tatsache von rechtlicher Bedeutung zu beweisen. Die Aufzeichnung auf Bild- und Datenträgern steht der Schriftform gleich, sofern sie demselben Zweck dient.
5    Öffentliche Urkunden sind Urkunden, die von Mitgliedern einer Behörde, Beamten und Personen öffentlichen Glaubens in Wahrnehmung hoheitlicher Funktionen ausgestellt werden. Nicht als öffentliche Urkunden gelten Urkunden, die von der Verwaltung der wirtschaftlichen Unternehmungen und Monopolbetriebe des Staates oder anderer öffentlich-rechtlicher Körperschaften und Anstalten in zivilrechtlichen Geschäften ausgestellt werden.
6    Der Tag hat 24 aufeinander folgende Stunden. Der Monat und das Jahr werden nach der Kalenderzeit berechnet.
7    Untersuchungshaft ist jede in einem Strafverfahren verhängte Haft, Untersuchungs-, Sicherheits- und Auslieferungshaft.
StGB).
Ein Poststempel ist keine Urkunde. Er ist weder bestimmt noch geeignet, eine
Tatsache von rechtlicher Bedeutung zu beweisen. Er ist ein technisches Mittel
zur Anfertigung einer Schrift, ähnlich wie z. B. eine Schreibfeder, eine
Schreibmaschine oder ein Stempel mit der Aufschrift «Obergericht des
eidgenössischen Standes Zürich». Wer an einem Poststempel die Vorrichtung zur
Stempelung des Datums zurückstellt, verfälscht daher keine Urkunde. Er tut das
selbst dann nicht, wenn er

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beabsichtigt, mit dem veränderten Stempel etwas abzustempeln; darin liegt
lediglich eine Vorbereitung für die Anfertigung eines inhaltlich unwahren
Stempelabdruckes.
Der Beschwerdeführer ist daher zu Unrecht wegen Verfälschung eines
Poststempels bestraft worden.
2.- Die Postmarke ist ein amtliches Wertzeichen, dessen Verfälschung im
allgemeinen unter die Sonderbestimmung des Art. 245
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 245 - 1. Wer amtliche Wertzeichen, namentlich Postmarken, Stempel- oder Gebührenmarken, fälscht oder verfälscht, um sie als echt oder unverfälscht zu verwenden,
1    Wer amtliche Wertzeichen, namentlich Postmarken, Stempel- oder Gebührenmarken, fälscht oder verfälscht, um sie als echt oder unverfälscht zu verwenden,
2    Wer falsche, verfälschte oder entwertete amtliche Wertzeichen als echt, unverfälscht oder gültig verwendet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
StGB fällt. Ob dieser
Artikel auch anzuwenden ist, wenn die Tat von einem Beamten begangen wird,
oder ob in diesem Falle Art. 317
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 317 - 1. Beamte oder Personen öffentlichen Glaubens, die vorsätzlich eine Urkunde fälschen oder verfälschen oder die echte Unterschrift oder das echte Handzeichen eines andern zur Herstellung einer unechten Urkunde benützen,
1    Beamte oder Personen öffentlichen Glaubens, die vorsätzlich eine Urkunde fälschen oder verfälschen oder die echte Unterschrift oder das echte Handzeichen eines andern zur Herstellung einer unechten Urkunde benützen,
2    Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Geldstrafe.428
StGB zutrifft, kann dahingestellt bleiben.
Denn Huber hat durch die Abstempelung die Postmarken nicht «verfälscht».
Die Eigenschaft als amtliche Wertzeichen hatten sie nicht mehr, seitdem sie
ausser Kurs waren; sie hatten keinen amtlichen Wert mehr, sondern nur noch
Sammlerwert; sie waren zur blossen Ware geworden. Durch die Abstempelung
wurden sie als Ware, nicht als amtliche Wertzeichen, verändert. Aber selbst
wenn sie die Eigenschaft als Wertzeichen noch gehabt hätten, wären sie durch
die Abstempelung nicht verfälscht, sondern lediglich entwertet worden. Die
Abstempelung hätte keinen gedanklichen Inhalt vorgetäuscht, den die Marken in
Wirklichkeit nicht hatten, sondern hätte ihnen offen ihre Eigenschaft als
amtliche Wertzeichen genommen, sie zu einem blossen Stück Papier gemacht, das
im Verhältnis zur Post keinerlei Wert mehr hatte, kurz gesagt, sie als
Wertzeichen vernichtet.
Auch unter dem Gesichtspunkt des Art. 317
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 317 - 1. Beamte oder Personen öffentlichen Glaubens, die vorsätzlich eine Urkunde fälschen oder verfälschen oder die echte Unterschrift oder das echte Handzeichen eines andern zur Herstellung einer unechten Urkunde benützen,
1    Beamte oder Personen öffentlichen Glaubens, die vorsätzlich eine Urkunde fälschen oder verfälschen oder die echte Unterschrift oder das echte Handzeichen eines andern zur Herstellung einer unechten Urkunde benützen,
2    Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Geldstrafe.428
StGB sind sie nicht verfälscht
worden. Nachdem sie ausser Kurs gesetzt waren, ging ihnen der
Urkundencharakter ab, wenn sie ihn überhaupt jemals gehabt hatten; sie
bewiesen keine rechtserhebliche Tatsache mehr. Die rechtliche Erheblichkeit
hätte ja lediglich darin bestehen können, dass der Besitzer der Marke
gegenüber der Post Anspruch auf Beförderung eines Poststückes oder auf
Rückerstattung der Gebühr (gegen Rückgabe der Marke) gehabt hätte, diese
Ansprüche aber waren durch Ablauf der Gültigkeitsdauer der Marken
(Ausserkurssetzung) untergegangen.

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Aber sogar wenn die ausser Kurs gesetzten Marken immer noch die Eigenschaft
von Urkunden gehabt hätten, wären sie durch die Abstempelung nicht verfälscht
worden. Der Stempelaufdruck täuschte keinen anderen gedanklichen Inhalt vor,
sondern nahm ihnen offen den Urkundencharakter, in dem Sinne, dass die
Tatsachen, die sie bewiesen hatten (Bezahlung der Gebühr, Anspruch auf
Beförderung eines Poststückes), fortan nicht mehr rechtserheblich waren. Der
Stempelaufdruck verfälschte die Urkunde nicht, sondern vernichtete sie, wenn
die Marke überhaupt jemals Urkunde war.
Der Beschwerdeführer ist daher zu Unrecht wegen Verfälschung von Postmarken
bestraft worden.
3. Nach Art. 317 Ziff. 1 Abs. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 317 - 1. Beamte oder Personen öffentlichen Glaubens, die vorsätzlich eine Urkunde fälschen oder verfälschen oder die echte Unterschrift oder das echte Handzeichen eines andern zur Herstellung einer unechten Urkunde benützen,
1    Beamte oder Personen öffentlichen Glaubens, die vorsätzlich eine Urkunde fälschen oder verfälschen oder die echte Unterschrift oder das echte Handzeichen eines andern zur Herstellung einer unechten Urkunde benützen,
2    Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Geldstrafe.428
StGB sind strafbar «Beamte oder Personen
öffentlichen Glaubens, die vorsätzlich eine rechtlich erhebliche Tatsache
unrichtig beurkunden, namentlich eine falsche Unterschrift oder ein falsches
Handzeichen oder eine unrichtige Abschrift beglaubigen».
Beurkundet ist eine Tatsache nur, wenn die Schrift oder das Zeichen bestimmt
oder geeignet ist, gerade die erlogene Tatsache zu beweisen (BGE 72 IV 71,
139; 73 IV 50, 109). Der Beschwerdeführer hat sich daher durch Abstempelung
der Postmarke nicht schon dann der Falschbeurkundung schuldig gemacht, wenn
ein Stempelabdruck auf einer Briefmarke im allgemeinen bestimmt oder geeignet
ist, eine Tatsache von rechtlicher Bedeutung zu beweisen, sondern nur dann,
wenn im vorliegenden Falle die angebrachten Stempelaufdrucke bestimmt oder
geeignet waren, Tatsachen von rechtlicher Bedeutung zu beweisen. Dass ein
Poststempel sich im allgemeinen eignet, die Aufgabe eines bestimmten
Poststückes und deren Datum zu beweisen, macht deshalb die Tat des
Beschwerdeführers nicht zur Falschbeurkundung. Der Beschwerdeführer hat nicht
Post stücke, sondern bloss Briefmarken abgestempelt. Die von ihm angebrachten
Stempelaufdrucke waren weder bestimmt noch geeignet, die Aufgabe

Seite: 177
oder das Datum der Aufgabe eines Poststückes zu beweisen. Dem Stempelaufdruck
auf den Marken konnte lediglich entnommen werden, dass die Marken an einem
bestimmten Tage entwertet worden seien. Die Entwertung als solche war jedoch
rechtlich schon deshalb bedeutungslos, weil die Marken ausser Kurs waren. Sie
war auch ohnehin keine Falschbeurkundung, weil der Eigentümer der Marken
selbst ihre Entwertung verlangte, die Abstempelung also eine wahre Tatsache,
eben die der rechtmässigen Entwertung, bescheinigte. Auch auf den Zeitpunkt
der Entwertung konnte rechtlich nichts ankommen. Selbst für den Sammler waren
Stempelaufdruck und Datum desselben nicht Tatsachen, die rechtlich irgendwie
erheblich gewesen wären und die er mit den abgestempelten Marken hätte
beweisen können oder wollen. Sowenig wie die Postmarken erfüllte der
Stempelaufdruck auf denselben in der Hand des Sammlers die Aufgabe eines
Beweismittels. Für den Sammler ist die Marke allein oder zusammen mit dem
Stempelaufdruck blosse Handelsware. Die Anbringung eines unwahren
Stempelaufdrucks ist eine Warenfälschung, wenn sie zum Zwecke der Täuschung im
Handel und Verkehr erfolgt (Art. 153
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 153 - Wer eine Handelsregisterbehörde zu einer unwahren Eintragung veranlasst oder ihr eine eintragungspflichtige Tatsache verschweigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
StGB). Im vorliegenden Falle kann jedoch
diese Bestimmung nicht angewendet werden, da das Obergericht festgestellt hat,
der Beschwerdeführer sei der Meinung gewesen, Koch wurde die Marken der
eigenen Sammlung einverleiben.
Der Beschwerdeführer ist daher freizusprechen.
4.- Eine Entschädigung für das Verfahren vor Bundesgericht gebührt dem
Beschwerdeführer nicht, da sein Vorgehen nicht korrekt war.
Demnach erkennt der Kassationshof:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts des
Kantons Zürich vom 9. Februar 1951 aufgehoben und die Sache zur Freisprechung
des Beschwerdeführers an das Obergericht zurückgewiesen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 77 IV 172
Datum : 01. Januar 1951
Publiziert : 22. Juni 1951
Quelle : Bundesgericht
Status : 77 IV 172
Sachgebiet : BGE - Strafrecht und Strafvollzug
Gegenstand : 1. Art. 110 Ziff. 5 Abs. 1 StGB. Poststempel sind nicht Urkunden (Erw. 1).2. Art. 245 Ziff. 1, 317...


Gesetzesregister
StGB: 110 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 110 - 1 Angehörige einer Person sind ihr Ehegatte, ihre eingetragene Partnerin oder ihr eingetragener Partner, ihre Verwandten gerader Linie, ihre vollbürtigen und halbbürtigen Geschwister, ihre Adoptiveltern, ihre Adoptivgeschwister und Adoptivkinder.150
1    Angehörige einer Person sind ihr Ehegatte, ihre eingetragene Partnerin oder ihr eingetragener Partner, ihre Verwandten gerader Linie, ihre vollbürtigen und halbbürtigen Geschwister, ihre Adoptiveltern, ihre Adoptivgeschwister und Adoptivkinder.150
2    Familiengenossen sind Personen, die in gemeinsamem Haushalt leben.
3    Als Beamte gelten die Beamten und Angestellten einer öffentlichen Verwaltung und der Rechtspflege sowie die Personen, die provisorisch ein Amt bekleiden oder provisorisch bei einer öffentlichen Verwaltung oder der Rechtspflege angestellt sind oder vorübergehend amtliche Funktionen ausüben.
3bis    Stellt eine Bestimmung auf den Begriff der Sache ab, so findet sie entsprechende Anwendung auf Tiere.151
4    Urkunden sind Schriften, die bestimmt und geeignet sind, oder Zeichen, die bestimmt sind, eine Tatsache von rechtlicher Bedeutung zu beweisen. Die Aufzeichnung auf Bild- und Datenträgern steht der Schriftform gleich, sofern sie demselben Zweck dient.
5    Öffentliche Urkunden sind Urkunden, die von Mitgliedern einer Behörde, Beamten und Personen öffentlichen Glaubens in Wahrnehmung hoheitlicher Funktionen ausgestellt werden. Nicht als öffentliche Urkunden gelten Urkunden, die von der Verwaltung der wirtschaftlichen Unternehmungen und Monopolbetriebe des Staates oder anderer öffentlich-rechtlicher Körperschaften und Anstalten in zivilrechtlichen Geschäften ausgestellt werden.
6    Der Tag hat 24 aufeinander folgende Stunden. Der Monat und das Jahr werden nach der Kalenderzeit berechnet.
7    Untersuchungshaft ist jede in einem Strafverfahren verhängte Haft, Untersuchungs-, Sicherheits- und Auslieferungshaft.
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SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 153 - Wer eine Handelsregisterbehörde zu einer unwahren Eintragung veranlasst oder ihr eine eintragungspflichtige Tatsache verschweigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
245 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 245 - 1. Wer amtliche Wertzeichen, namentlich Postmarken, Stempel- oder Gebührenmarken, fälscht oder verfälscht, um sie als echt oder unverfälscht zu verwenden,
1    Wer amtliche Wertzeichen, namentlich Postmarken, Stempel- oder Gebührenmarken, fälscht oder verfälscht, um sie als echt oder unverfälscht zu verwenden,
2    Wer falsche, verfälschte oder entwertete amtliche Wertzeichen als echt, unverfälscht oder gültig verwendet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft.
317
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 317 - 1. Beamte oder Personen öffentlichen Glaubens, die vorsätzlich eine Urkunde fälschen oder verfälschen oder die echte Unterschrift oder das echte Handzeichen eines andern zur Herstellung einer unechten Urkunde benützen,
1    Beamte oder Personen öffentlichen Glaubens, die vorsätzlich eine Urkunde fälschen oder verfälschen oder die echte Unterschrift oder das echte Handzeichen eines andern zur Herstellung einer unechten Urkunde benützen,
2    Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Geldstrafe.428
BGE Register
72-IV-71 • 73-IV-47 • 77-IV-172
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
wertzeichen • stempel • koch • falschbeurkundung • eigenschaft • kassationshof • sammlung • tag • unterschrift • weiler • strafgesetzbuch • stichtag • form und inhalt • produktion • beglaubigung • monat • frage • bundesgericht • verurteilter • beweismittel
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