S. 23 / Nr. 7 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (d)

BGE 77 III 23

7. Entscheid vom 24. Januar 1951 i. S. Wälle.

Regeste:
Aufschub der Verwerfung bei Abschlagszahlungen.
Wird der Gläubiger während des Aufschubes zur Vorschussleistung für die Kosten
der allfällig durchzuführenden Verwertung aufgefordert, so ist diese Verfügung
mangels aktuellen Interesses nichtig. Art. 17 ff
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 17 - 1 Mit Ausnahme der Fälle, in denen dieses Gesetz den Weg der gerichtlichen Klage vorschreibt, kann gegen jede Verfügung eines Betreibungs- oder eines Konkursamtes bei der Aufsichtsbehörde wegen Gesetzesverletzung oder Unangemessenheit Beschwerde geführt werden.25
1    Mit Ausnahme der Fälle, in denen dieses Gesetz den Weg der gerichtlichen Klage vorschreibt, kann gegen jede Verfügung eines Betreibungs- oder eines Konkursamtes bei der Aufsichtsbehörde wegen Gesetzesverletzung oder Unangemessenheit Beschwerde geführt werden.25
2    Die Beschwerde muss binnen zehn Tagen seit dem Tage, an welchem der Beschwerdeführer von der Verfügung Kenntnis erhalten hat, angebracht werden.
3    Wegen Rechtsverweigerung oder Rechtsverzögerung kann jederzeit Beschwerde geführt werden.
4    Das Amt kann bis zu seiner Vernehmlassung die angefochtene Verfügung in Wiedererwägung ziehen. Trifft es eine neue Verfügung, so eröffnet es sie unverzüglich den Parteien und setzt die Aufsichtsbehörde in Kenntnis.26
., 68, 123 SchKG.

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Renvoi de la vente en cas de versements d'acomptes.
La décision par laquelle l'office des poursuites invite le créancier durant le
sursis prévu par l'art. 123 LP à faire l'avance d'une éventuelle réalisation
est nulle, faute d'intérêt actuel. Art. 17 et suiv., 68, 123 LP.
Differimento della vendita in seguito al pagamento di acconti.
La decisione con la quale l'ufficio d'esecuzione invita i creditori durante la
proroga prevista dall'art. 123 LEF ad anticipare le spese per un'eventuale
realizzazione è nulla per mancanza d'Interesse attuale. Art. 17 sgg., 68 e 123
LEF.

A. - Der Rekurrent stellte am 27. September 1950 in der Grundpfandbetreibung
gegen Frey das Verwertungsbegehren. Nachdem der Schuldner am 19. Oktober Fr.
30.- beim Amt einbezahlt hatte, gewährte ihm dieses einen Verwertungsaufschub
von 7 Monaten bei Abschlagszahlungen von Fr. 30. am 19. jedes Monats. Am
25./26. Oktober teilte es den Aufschub dem Gläubiger mit und überwies ihm
netto Fr. 29.70, daneben aber verlangte es von ihm einen
Verwertungskostenvorschuss von Fr. 250.-. In der mittels des Formulars Nr. 43
getroffenen Verfügung war einerseits von der Verwertung die Rede, die «bei
Nichteinhaltung der Ratazahlungen gem. Aufschubsbewilligung» erfolgen könne
anderseits blieb der Formulartext stehen, wonach der Vorschuss binnen der (auf
10 Tage bemessenen) Frist «von heute an gerechnet» zu leisten sei, ansonst das
Verwertungsbegehren als zurückgezogen gelte.
B. - Darauf antwortete der Gläubiger am 1. November: «Dies gibt es nicht wenn
der Schuldner die 2te oder weitere Zahlungen nicht leistet oder leisten will,
bzw. muss, dann können Sie mich zur Vorschussleistung auffordern und vorher
nicht, ich beharre auf meinem Begehren...»
C. - Als dann bis anfangs Dezember nichts gegangen, namentlich keine weitere
Abschlagszahlung abgeliefert worden war, beschwerte sich der Gläubiger bei der
untern Aufsichtsbehörde. Er brachte vor, der Verwertungsaufschub sei nun
dahingefallen und die ganze Schuld fällig geworden. Eventuell müsse die
Verwertung stattfinden; einen Vorschuss könne das Amt von ihm erst nach
Hinfall des Aufschubes verlangen, sonst wäre ihm ja unter

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Umständen während 7 Monaten unnützerweise ein Zinsausfall erwachsen.
D. - Die untere Aufsichtsbehörde wies die Beschwerde mit Hinweis auf den
Bericht des Betreibungsamtes ab, das erklärte, das Verwertungsbegehren habe
als zurückgezogen zu gelten.
E. - Die obere Aufsichtsbehörde, an die der Gläubiger die Sache weiterzog,
bestätigte am 6. Januar 1951 den erstinstanzlichen Entscheid. Sie bezeichnete
die Aufforderung, einen Verwertungskostenvorschuss zu leisten, allerdings als
für jenen Zeitpunkt der Aufschubsbewilligung unangemessen. Sie sei jedoch
rechtskräftig geworden, da der Gläubiger dagegen nicht Beschwerde geführt
habe. Und da der Vorschuss «bis heute» ausgeblieben sei, bleibe dem Gläubiger
nichts anderes übrig, als das Verwertungsbegehren zu erneuern.
F. - Mit vorliegendem Rekurs hält der Gläubiger an der Beschwerde fest. Er
glaubt mit seinem Schreiben vom 1. November 1950 an das Amt seinen Standpunkt
richtig gewahrt zu haben Das Amt habe ihn nicht auf den Beschwerdeweg
gewiesen; sonst hätte er diesen Weg sogleich beschritten.
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:
Nach Eintreffen des Verwertungsbegehrens hätte das Betreibungsamt sogleich
einen Vorschuss für die Verwertung verlangen dürfen. Wäre diese dann
aufgeschoben worden, so hätte sich gefragt, ob der Vorschuss zurückzuerstatten
sei (allenfalls nach Abzug eines Betrages für laufende Aufwendungen während
des Aufschubes, sofern der dafür benötigte Betrag nicht der ersten
Aufschubsrate entnommen werden konnte; im vorliegenden Falle scheint das
Betreibungsamt mit solchen Aufwendungen gar nicht gerechnet zu haben). Nachdem
aber, noch bevor ein Vorschussbegehren an den Gläubiger ergangen war, der
Schuldner eine Abschlagszahlung leistete und einen Verwertungsaufschub

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von 7 Monaten bewilligt erhielt, bestand vorderhand gar keine Veranlassung zur
Einforderung eines Vorschusses für die ja aufgeschobene und überhaupt
ungewisse Durchführung der Verwertung. In der gleichwohl getroffenen
dahingehenden Verfügung wies denn auch das Betreibungsamt selbst darauf hin,
dass die Verwertung nur bei Hin fall des Verwertungsaufschubes stattfinden
werde. Im Zusammenhang mit dieser Bemerkung durfte der Gläubiger sehr wohl der
Ansicht sein, die Frist von zehn Tagen zur Vorschussleistung laufe (natürlich)
nur bei Eintritt jener Bedingung und von da an. Eine derartige Aufforderung
mit Fristansetzung auf ein zu künftiges, zudem noch ganz ungewisses Ereignis
hin (mit einer Schwebezeit bis zu 7 Monaten) war nun aber nicht bloss
unangemessen, sondern gesetzwidrig. Ja, sie verdient als völlig wirkungslos,
mit andern Worten als nichtig zu gelten. Einmal war der Tag, von dem an die
Frist allenfalls in Zukunft zu laufen hätte, in der Verfügung nicht angegeben;
es war einfach der durch jenen Hinweis auf den Aufschub unanwendbar gewordene
Formulartext «von heute an gerechnet» stehen geblieben. Sodann war der
massgebende Zeitpunkt des Fristbeginns auch gar nicht zum vornherein
bestimmbar. Eine Säumnis des Schuldners genügte keinesfalls, um die Frist in
Gang zu setzen, die Säumnis musste ausserdem zur Kenntnis des Gläubigers
gelangen, am besten durch amtliche Anzeige (die am 5. Dezember, als der
Gläubiger seiner Ungeduld durch Beschwerdeführung Ausdruck gab, noch ausstand;
im übrigen steht dahin, ob er der Säumnis ganz gewiss war oder mit einer
Verzögerung der Geldüberweisung durch das Betreibungsamt rechnete). Auch wenn
übrigens die Verfügung vom 26. Oktober 1950 zum vornherein bestimmt hätte, die
Frist werde dann gegebenenfalls von der Anzeige einer Säumnis des Schuldners
an laufen, hätte der Gläubiger sie nicht zu beachten brauchen. Es wäre ihm
nicht zuzumuten gewesen, sich eine solche gewissermassen auf Vorrat ergangene
Fristansetzung auf eine ungewisse Zukunft

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hinaus einzuprägen. Ebenso wenig war er gehalten, die vorliegende Verfügung
etwa gerade wegen der hinsichtlich des Fristbeginns bestehenden Unklarheit
durch Beschwerde anzufechten. Die bedingte Verfügung entbehrte jeden aktuellen
Interesses. Bei ordnungsmässiger Abwicklung der Abschlagszahlungen musste die
Frage einer Vorschussleistung überhaupt gegenstandslos werden. Die
Aufsichtsbehörden sollen von solchen nicht aktuellen (und unter Umständen nie
aktuell werdenden) Angelegenheiten unbehelligt bleiben.
Dass das Betreibungsamt das Verwertungsbegehren als zurückgezogen betrachtete,
ersah der Gläubiger erst aus dem im Entscheid der untern Aufsichtsbehörde
wiedergegebenen Amtsbericht. Er konnte dagegen ohne weiteres durch Rekurs an
die obere Aufsichtsbehörde auftreten, da die untere offenbar die
Betrachtungsweise des Betreibungsamtes billigte. Sein Standpunkt ist nach dem
Gesagten zu schützen. Die nochmalige Fristansetzung braucht nun nicht dem
Betreibungsamt aufgegeben zu werden. Sie ist einfach im gegenwärtigen
Entscheide vorzunehmen, in dem Sinne, dass die Frist von der Zustellung des
Rechtsspruches an laufe.
Die Bemessung des Vorschusses ist nicht angefochten.
Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:
Der Rekurs wird dahin begründet erklärt, dass der angefochtene Entscheid
aufgehoben und das Betreibungsamt angewiesen wird, die Verwertung
durchzuführen, wenn der Rekurrent binnen 10 Tagen seit Empfang des Dispositivs
dieses Entscheides Fr. 250.- Kostenvorschuss leistet.
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 77 III 23
Date : 01. Januar 1951
Published : 24. Januar 1951
Source : Bundesgericht
Status : 77 III 23
Subject area : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Subject : Aufschub der Verwerfung bei Abschlagszahlungen.Wird der Gläubiger während des Aufschubes zur...


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