S. 239 / Nr. 39 Zollsachen (d)

BGE 77 I 239

39. Urteil vom 5. Oktober 1951 i. S. Frank gegen Oberzolldirektion.

Regeste:
Sicherstellungsverfügung für Zollansprüche: Ein Begehren auf Revision einer
solchen Sicherstellungsverfügung kann nicht auf Gründe gestützt werden, die
der von der Verfügung Betroffene im ordentlichen Beschwerdeverfahren hätte zur
Geltung bringen können.
Ordonnance portant réquisition de sûretés pour des prétentions douanières: Une
demande de révision d'une telle ordonnance ne peut être fondée sur des motifs
que la personne visée aurait pu invoquer dans la procédure ordinaire de
recours.
Decreto statuente l'obbligo di prestare delle garanzie per delle pretese
doganali: L'istanza di revisione di un tale decreto non può essere fondata su
motivi che l'istante avrebbe potuto invocare nella procedura ordinaria di
ricorso.

A. - Die Zollverwaltung eröffnete anfangs September 1950 gegen den
Beschwerdeführer eine Untersuchung wegen Zollvergehen. Da der Beschwerdeführer
sich seit Ende Juli in Brasilien befand, erliess die Zollkreisdirektion
Schaffhausen am 18. September 1950 eine Sicherstellungsverfügung im Betrage
von Fr. 200000.-. Als Grund wurde angegeben «mangelnder Wohnsitz in der
Schweiz». Die Verfügung wurde an die Adresse des Beschwerdeführers in Rio de
Janeiro zugestellt. Da Frank im weiteren Verlaufe der gegen ihn geführten
Untersuchung für Zollvergehen

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behauptete, er habe die nach Rio de Janeiro adressierte
Sicherstellungsverfügung nicht erhalten, wurde ihm am 12. Januar 1951 eine
Kopie der Verfügung und des Begleitschreibens ausgehändigt. Am 18. Januar 1951
wurden auch dem Anwalt des Beschwerdeführers Kopien der beiden Aktenstücke
zugestellt.
B. - Am 15. März 1951 focht der Beschwerdeführer die Sicherstellungsverfügung
vom 15. September 1950 an mit der Behauptung, sie sei ihm nicht formgerecht
zugestellt worden. Die Oberzolldirektion ist auf die Beschwerde wegen
Verspätung nicht eingetreten. Sie hat beigefügt, dass die
Sicherstellungsverfügung übrigens selbst dann nicht aufgehoben werden könnte,
wenn der Beschwerdeführer zur Zeit ihres Erlasses seinen Wohnsitz, entgegen
der Annahme der Zollbehörden, in Zürich gehabt hätte denn auf alle Fälle wäre
der Sicherstellungsgrund einer Gefährdung zollrechtlicher Ansprüche im Sinne
von Art. 123
SR 631.0 Zollgesetz vom 18. März 2005 (ZG)
ZG Art. 123 Versuch - Der Versuch einer Zollwiderhandlung ist strafbar.
ZG erfüllt gewesen (Entscheid vom 16. April 1951).
Dieser Entscheid ist nicht weitergezogen worden. Der Vertreter des
Beschwerdeführers hat sich in einer Zuschrift an die Oberzolldirektion vom 5.
Juni 1951 auf den Standpunkt gestellt, er sei rechtskräftig geworden.
C. - Dagegen hat der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 9. Mai 1951 an die
Oberzolldirektion die Aufhebung der Sicherstellungsverfügung beantragt mit der
Behauptung, er sei seit dem 16. Januar 1951 in Zürich angemeldet und habe dort
auch seinen Wohnsitz. Damit sei der Grund der Sicherstellungsverfügung vom 18.
September 1950 dahin gefallen. Er legte eine Bescheinigung der
Einwohnerkontrolle ein, wonach er seinen Wohnsitz seit dem genannten Datum in
Zürich habe.
Die Oberzolldirektion hat die Wiedererwägung ihrer Verfügung mit Entscheid vom
18. Mai 1951 abgelehnt.
D. - Hiegegen richtet sich die Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrage,
die Oberzolldirektion anzuweisen, auf das Begehren des Beschwerdeführers
einzutreten,

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eventuell dieses, sofern ein ordentlicher Wohnsitz vorliege, gutzuheissen,
eventuell die Sicherstellungsverfügung aufzuheben. Zur Begründung wird im
wesentlichen ausgeführt, die Gültigkeit und Dauer einer verwaltungsrechtlichen
Verfügung - im Besonderen auch einer Sicherstellungsverfügung in Zollsachen -
reiche im allgemeinen nur so weit als ihre Gründe. Darum müsse die
Verwaltungsbehörde, wenn sich die Verhältnisse geändert hätten, auf die Sache
zurückkommen. Der Beschwerdeführer habe einen Anspruch, dass auf Sein Begehren
auf Aufhebung der Sicherstellungsverfügung eingetreten werde. Hier sei die
einzige Tatsache, auf die die Sicherstellungsverfügung vom 18. September 1950
gestützt worden war, durch die Wiederherstellung des Wohnsitzes des
Beschwerdeführers in Zürich weggefallen. Die Sicherstellungsverfügung Sei
daher aufzuheben. Gegen die Aufhebung beständen umsoweniger Bedenken, als die
Sicherstellungsverfügung an sich schon nur vorübergehenden Charakter habe. Die
Auffassung der Zollverwaltung, die ordentlichen Rechtsmittel gegen die
Sicherstellungsverfügung vom 18. September 1950 seien nicht erschöpft worden,
sei unzutreffend.
E. - Die Oberzolldirektion beantragt Abweisung der Beschwerde.
Das Bundesgericht hat die Beschwerde abgewiesen in Erwägung:
1.- Der Beschwerdeführer verlangt, dass auf eine Sicherstellungsverfügung vom
18. September 1950 zurückgekommen werde, von der er selbst zu gibt, dass sie
in Rechtskraft erwachsen ist. Er begründet sein Begehren mit der Behauptung,
er habe seit dem 16. Januar 1951 oder kurz nachher in Zürich Wohnsitz
genommen. Damit sei der Grund, auf den sich die Sicherstellungsverfügung vom
18. September gestützt habe, dahingefallen.
2.- Die Abänderung in Rechtskraft erwachsener Verwaltungsverfügungen kann - in
der Regel - nur unter

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Berufung auf Tatsachen beantragt werden, die der von der Verfügung Betroffene
im ordentlichen Beschwerdeverfahren nicht vorbringen konnte, vor allem
Tatsachen, die ihm erst nach Ablauf der Beschwerdefrist bekannt wurden (neue
Tatsachen), oder unter Umständen Tatsachen, die erst nach Ablauf der
Beschwerdefrist eingetreten sind (veränderte Verhältnisse).
3.- Die Tatsache, auf die sich der Beschwerdeführer beruft, ist aber nicht neu
im angeführten Sinne, und sie kann erst recht nicht als «Veränderung» in Frage
kommen.
Da der Beschwerdeführer behauptet hatte, die ihm nach Rio de Janeiro
zugestellte Sicherstellungsverfügung nicht erhalten zu haben, wurde deren
Wortlaut am 12. Januar 1951 ihm und am 18. Januar 1951 seinem Anwalt bekannt
gegeben. Eine um jene Zeit. erfolgte Wohnsitznahme in Zürich hätte daher im
Anschluss an diese neue Eröffnung der Sicherstellungsverfügung im ordentlichen
Beschwerdeweg angerufen werden können. Die Verwaltung durfte, nachdem hievon
kein Gebrauch gemacht worden war, die Wiedererwägung der in Rechtskraft
erwachsenen Sicherstellungsverfügung ablehnen.
4.- Übrigens könnte die Sicherstellungsverfügung selbst dann nicht aufgehoben
werden, wenn die Wiederaufnahme des Wohnsitzes in Zürich im ordentlichen
Beschwerdeweg geltend gemacht worden wäre. Denn dann hätte die
Beschwerdeinstanz es nicht bei der Überprüfung des in der
Sicherstellungsverfügung erwähnten Grundes mangelnden Wohnsitzes in der
Schweiz bewenden lassen dürfen, sondern sie hätte auch prüfen müssen, ob nicht
der Sicherstellungsgrund einer Gefährdung der zollrechtlichen Ansprüche
gegeben sei (nicht publ. Urteil vom 11. März 1949 i. S. Schmid, Erw. 2). Eine
Gefährdung der zollrechtlichen Ansprüche wäre aber bei dem Verhalten des
Beschwerdeführers, wie es sich aus den Akten und der zusammenfassenden
Darstellung in der Vernehmlassung der Verwaltung zu der Beschwerde ergibt,
ohne weiteres anzunehmen gewesen.
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 77 I 239
Date : 01. Januar 1951
Published : 05. Oktober 1951
Source : Bundesgericht
Status : 77 I 239
Subject area : BGE - Verfassungsrecht
Subject : Sicherstellungsverfügung für Zollansprüche: Ein Begehren auf Revision einer solchen...


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77-I-239
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