BGE-76-IV-273
S. 273 / Nr. 59 Strafgesetzbuch (d)
BGE 76 IV 273
59. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 28. Dezember 1950 i. S.
Gysin gegen Jugendanwaltschaft des Kantons Solothurn.
Seite: 273
Regeste:
Art. 10

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 10 - 1 Dieses Gesetz unterscheidet die Verbrechen von den Vergehen nach der Schwere der Strafen, mit der die Taten bedroht sind. |

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 11 - 1 Ein Verbrechen oder Vergehen kann auch durch pflichtwidriges Untätigbleiben begangen werden. |
Les art. 10 et 11 CP ne s'appliquent ni aux enfants ni aux adolescents.
Gli art. 10 e 11 CP non si applicano nè ai fanciulli, nè agli adolescenti.
A. - Die am 16. November 1934 geborene Margrith Gysin machte in einem
Strafverfahren gegen Werner Borer am 29. Juni 1950 vor dem Obergericht des
Kantons Solothurn als Zeugin nach Ermahnung zur Wahrheit Aussagen, die von dem
abwichen, was sie vorher vor der Polizei und dem Untersuchungsrichter
ausgesagt hatte. Das Jugendgericht von Dorneck-Thierstein und in zweiter
Instanz die Jugendgerichtskammer des solothurnischen Obergerichts, letztere
mit Urteil vom 17. Oktober 1950, erklärten sie daher des falschen Zeugnisses
(Art. 307 Abs. 1

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 307 - 1 Wer in einem gerichtlichen Verfahren als Zeuge, Sachverständiger, Übersetzer oder Dolmetscher zur Sache falsch aussagt, einen falschen Befund oder ein falsches Gutachten abgibt oder falsch übersetzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
Ziff. 2 Abs. 1

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 91 - 1 Gegen Gefangene und Eingewiesene, welche in schuldhafter Weise gegen Strafvollzugsvorschriften oder den Vollzugsplan verstossen, können Disziplinarsanktionen verhängt werden. |
fand, es bestünden keine Anhaltspunkte, die auf eine Unzurechnungsfähigkeit
oder, wie die Begutachterin sich äussere, auf «weitgehende»
Unzurechnungsfähigkeit schliessen liessen.
B. - Margrith Gysin führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrage, das Urteil
der Jugendgerichtskammer sei aufzuheben und die Sache zur Freisprechung der
Beschwerdeführerin an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Seite: 274
Der Kassationshof zieht in Erwägung:
2.- Die Beschwerdeführerin macht geltend, das angefochtene Urteil verletze
Art. 10

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 10 - 1 Dieses Gesetz unterscheidet die Verbrechen von den Vergehen nach der Schwere der Strafen, mit der die Taten bedroht sind. |

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 11 - 1 Ein Verbrechen oder Vergehen kann auch durch pflichtwidriges Untätigbleiben begangen werden. |
Auf die Rüge ist daher mangels einer der Vorschrift des Art. 273 Abs. 1 lit. b

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 11 - 1 Ein Verbrechen oder Vergehen kann auch durch pflichtwidriges Untätigbleiben begangen werden. |
BStP entsprechenden Begründung nicht einzutreten.
Übrigens setzt die Anwendung des Art. 91

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 91 - 1 Gegen Gefangene und Eingewiesene, welche in schuldhafter Weise gegen Strafvollzugsvorschriften oder den Vollzugsplan verstossen, können Disziplinarsanktionen verhängt werden. |
Jugendliche die Tat im Zustande voller Zurechnungsfähigkeit begangen habe,
sondern bloss, dass er sittlich verwahrlost, sittlich verdorben oder gefährdet
sei. Die Massnahmen gegen Kinder und Jugendliche dienen nicht der Vergeltung,
sondern bloss der Erziehung. Das Gesetz passt sie dem Alter und der
Persönlichkeit des Täters an. Für die Wahl der Massnahme sind die in Art. 82
ff

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 82 - Dem Gefangenen ist bei Eignung nach Möglichkeit Gelegenheit zu einer seinen Fähigkeiten entsprechenden Aus- und Weiterbildung zu geben. |
der Art. 10

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 10 - 1 Dieses Gesetz unterscheidet die Verbrechen von den Vergehen nach der Schwere der Strafen, mit der die Taten bedroht sind. |

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 11 - 1 Ein Verbrechen oder Vergehen kann auch durch pflichtwidriges Untätigbleiben begangen werden. |
85

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 85 - 1 Die persönlichen Effekten und die Unterkunft des Gefangenen können zum Schutz der Ordnung und Sicherheit der Strafanstalt durchsucht werden. |

SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 92 - Der Vollzug von Strafen und Massnahmen darf aus wichtigen Gründen unterbrochen werden. |
taubstumme, epileptische, trunksüchtige oder in der geistigen oder sittlichen
Entwicklung ungewöhnlich znrückgebliebene Kinder und Jugendliche eine ihrem
Zustande angepasste besondere Behandlung vorsehen. Auch aus Art. 10 und 11
selber ist zu schliessen, dass sie gegenüber Kindern und Jugendlichen nicht
anwendbar sind nach Art. 10 ist der Unzurechnungsfähige nicht strafbar und
Art. 11 sieht für den vermindert Zurechnungsfähigen die Milderung der Strafe
vor, wobei durch Verweisung auf Art. 66 gesagt ist, auf welche Weise zu
mildern sei. Die Massnahmen der Art. 82 ff. und 89 ff. sind nicht Strafen und
einer Milderung im Sinne des Art. 66 nicht zugänglich. Diese Auslegung
entspricht auch der in der Literatur vertretenen Auffassung (vgl.
THORMANNI/VON OVERBECK. Vorbem. zu Art. 82-100 N. 6, 7 LOGOZ, S. 332 lit. bb
und cc und S. 352 lit. b)
Gesetzesregister
BStP 273
StGB 10
StGB 11
StGB 82
StGB 85
StGB 91
StGB 92
StGB 307
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 10 - 1 Dieses Gesetz unterscheidet die Verbrechen von den Vergehen nach der Schwere der Strafen, mit der die Taten bedroht sind. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 11 - 1 Ein Verbrechen oder Vergehen kann auch durch pflichtwidriges Untätigbleiben begangen werden. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 82 - Dem Gefangenen ist bei Eignung nach Möglichkeit Gelegenheit zu einer seinen Fähigkeiten entsprechenden Aus- und Weiterbildung zu geben. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 85 - 1 Die persönlichen Effekten und die Unterkunft des Gefangenen können zum Schutz der Ordnung und Sicherheit der Strafanstalt durchsucht werden. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 91 - 1 Gegen Gefangene und Eingewiesene, welche in schuldhafter Weise gegen Strafvollzugsvorschriften oder den Vollzugsplan verstossen, können Disziplinarsanktionen verhängt werden. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 92 - Der Vollzug von Strafen und Massnahmen darf aus wichtigen Gründen unterbrochen werden. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 307 - 1 Wer in einem gerichtlichen Verfahren als Zeuge, Sachverständiger, Übersetzer oder Dolmetscher zur Sache falsch aussagt, einen falschen Befund oder ein falsches Gutachten abgibt oder falsch übersetzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
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