BGE 76 IV 27
7. Urteil des Kassationshofes vom 24. Februar 1950 i. S. Gattiker gegen
Duttweiler.
Regeste:
Art. 173
SR 311.0 Codice penale svizzero del 21 dicembre 1937 CP Art. 173 - 1. Chiunque, comunicando con un terzo, incolpa o rende sospetta una persona di condotta disonorevole o di altri fatti che possano nuocere alla riputazione di lei, |
Art. 173 CP. on n'entame pas l'honneur d'une personne en disant qu'elle est
malade des nerfs.
Art. 173 CP. Non si offende l'onore d'una persona dicendo ch'essa è malata di
nervi.
A. - Heinrich Gattiker ist Verfasser eines Inserates, das am 7. Oktober 1947
in den Zeitungen «Volksrecht» und «Neue Zürcher Nachrichten» erschien und
Gottlieb Duttweiler unter anderem folgendes vorwirft:
«Um Sauberkeit kann es Ihnen nicht gehen, denn wer wie Sie schon siebenmal
wegen unlauteren Wettbewerbes, Verleumdung,
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Kreditschädigung, Amtsehrbeleidigung, Beschimpfung und Zuwiderhandlung gegen
kriegswirtschaftliche Vorschriften strafrechtlich verurteilt werden musste,
hat das Recht verwirkt, als Sauberkeitsapostel andern Lehren zu erteilen. Es
bleiben also nur noch Politik und Geschäft... Nehmen Sie es nicht übel, wenn
man sich bei all den Widersprüchen und Ihrer krankhaft anmutenden Neigung zu
steter Konfusion und haltloser Verdächtigung hin und wieder frägt, ob Sie
nicht besser den Arzt kousultieren sollten, statt hemmungslos Zeitungsartikel
zu schreiben.
B. - Auf Klage des Verletzten erklärte das Obergericht des Kantons Zürich
Gattiker am 28. September 1949 wegen dieser Äusserungen der üblen Nachrede
(Art. 173
SR 311.0 Codice penale svizzero del 21 dicembre 1937 CP Art. 173 - 1. Chiunque, comunicando con un terzo, incolpa o rende sospetta una persona di condotta disonorevole o di altri fatti che possano nuocere alla riputazione di lei, |
C. - Gattiker führt Nichtigkeitsbeschwerde mit den Anträgen, das Urteil sei
aufzuheben und die Sache zur Zulassung des Wahrheitsbeweises, zur
Freisprechung des Beschwerdeführers und zur Auferlegung der Kosten des
kantonalen Verfahrens an den Beschwerdegegner an die Vorinstanz
zurückzuweisen, alles unter Kosten- und Entschädigungsfolge gemäss Art. 278
SR 311.0 Codice penale svizzero del 21 dicembre 1937 CP Art. 173 - 1. Chiunque, comunicando con un terzo, incolpa o rende sospetta una persona di condotta disonorevole o di altri fatti che possano nuocere alla riputazione di lei, |
BStP.
D. - Duttweiler beantragt, die Beschwerde sei unter Kosten - und
Entschädigungsfolge abzuweisen.
Der Kassationshof zieht in Erwägung:
1.- Vom Beschwerdeführer nicht aufgeworfen, aber von Amtes wegen zu prüfen ist
die Frage, inwieweit die eingeklagten Äusserungen überhaupt unter Art. 173
Ziff. 1
SR 311.0 Codice penale svizzero del 21 dicembre 1937 CP Art. 173 - 1. Chiunque, comunicando con un terzo, incolpa o rende sospetta una persona di condotta disonorevole o di altri fatti che possano nuocere alla riputazione di lei, |
Nach dieser Bestimmung wird bestraft, wer jemanden bei einem andern eines
unehrenhaften Verhaltens oder anderer Tatsachen, die geeignet sind, seinen Ruf
zu schädigen, beschuldigt oder verdächtigt oder eine solche Beschuldigung oder
Verdächtigung weiter verbreitet. Das Verhalten, das Gegenstand des Vorwurfes
ist, muss «unehrenhaft» sein, d. h. den Betroffenen in seiner Ehre, seiner
Geltung als achtbarer Mensch herabsetzen. Gleiche Auswirkungen muss der
Vorwurf haben können, wenn er sich nicht auf ein «Verhalten», sondern auf
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«andere Tatsachen» bezieht. Gewiss sagt das Gesetz nicht, diese Tatsachen
müssten an der Ehre des Betroffenen rühren, sondern sie müssten sich eignen,
seinen Ruf zu schädigen («porter atteinte à sa considération», «nuocere alla
reputazione»). Gemeint ist jedoch der Ruf als ehrbarer Mensch, nicht auch z.
B. der gute Ruf als Künstler (BGE 71 IV 230), als Geschäftsmann (BGE 72 IV
172), als fähiger Berufsmann (nicht veröffentlichtes Urteil des
Kassationshofes vom 23. Januar 1948 i. S. Frei), als verträglicher
Hausbewohner (nicht veröffentlichtes Urteil des Kassationshofes vom 28.
Oktober 1949 i. S. Rousselot). Art. 173
SR 311.0 Codice penale svizzero del 21 dicembre 1937 CP Art. 173 - 1. Chiunque, comunicando con un terzo, incolpa o rende sospetta una persona di condotta disonorevole o di altri fatti che possano nuocere alla riputazione di lei, |
oben umschriebenen Sinn. Das ergibt sich nicht nur aus der Überschrift zum
dritten Titel der besonderen Bestimmungen des Strafgesetzbuches und aus dem
Randtitel zu Art. 173-178 («Ehrverletzungen»), sondern auch aus Art. 177,
wonach wegen Beschimpfung strafbar ist, wer jemanden «in anderer Weise», d. h.
auf andere als die in Art. 173 und 174 umschriebene Art, «in seiner Ehre
angreift» («aura attaqué autrui dans son honneur»).
Durch den Vorwurf: «Nehmen Sie es nicht übel, wenn man sich bei all den
Widersprüchen und Ihrer krankhaft anmutenden Neigung zu steter Konfusion und
haltloser Verdächtigung hin und wieder frägt, ob Sie nicht besser den Arzt
konsultieren sollten, statt hemmungslos Zeitungsartikel zu schreiben», hat der
Beschwerdeführer den Beschwerdegegner in seiner Ehre nicht verletzt. Der Satz
verdächtigt oder beschuldigt den Beschwerdegegner nicht eines unehrenhaften
Verhaltens oder anderer moralisch verwerflicher, ihn in seiner Achtung als
Mensch herabsetzender Tatsachen, sondern drückt bloss den Verdacht aus, dass
die Neigung zu steter Konfusion und haltloser Verdächtigung auf eine Krankheit
des Beschwerdegegners zurückzuführen sei. Das ergibt sich daraus, dass sie als
«krankhaft anmutend» bezeichnet und dass die Frage aufgeworfen wird, ob der
Beschwerdegegner nicht besser täte, den Arzt zu konsultieren. Eine Erkrankung
der
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Nerven, auch wenn sie sich in einer «Neigung zu steter Konfusion und haltloser
Verdächtigung» äussert, tut der Ehre des Kranken nicht Eintrag, da er für
seinen Zustand nicht verantwortlich ist. Eine Herabsetzung in der Ehre kann
auch nicht darin gesehen werden, dass dem Beschwerdegegner vorgeworfen werde,
er sollte zur bessern Einsicht kommen, dass er den Arzt nötig habe. Es ist für
einen Nervenkranken nicht unehrenhaft, seine Krankheit nicht einzusehen, denn
gerade sie kann ihn daran hindern, seinen Zustand zu erkennen.
Der Beschwerdeführer kann daher wegen des erwähnten Vorhaltes nicht bestraft
werden. Die Frage, ob der Beschwerdeführer zum Wahrheitsbeweis zugelassen
werden müsste, stellt sich nicht.
2.- Entgegen der Auffassung des Beschwerdegegners ist nicht anzunehmen, dass
das Obergericht die Busse gleich hoch bemessen hätte, wenn es den
Beschwerdeführer nur wegen des Vorhaltes der Vorstrafen bestraft hätte. Es hat
alles in die Wagschale geworfen, was seiner Meinung nach die Schuld des
Beschwerdeführers minderte, und hätte ihm zweifellos auch den Freispruch im
einen der beiden Anklagepunkte zugute gehalten. Das angefochtene Urteil muss
daher aufgehoben werden.
Damit entfällt die Möglichkeit, den Beschwerdeführer für den Vorhalt der
Vorstrafen weiter zu verfolgen und zu bestrafen. Die Verfolgung strafbarer
Handlungen, die durch das Mittel der Druckerpresse begangen werden, verjährt
in einem Jahre seit der Veröffentlichung der Druckschrift (Art. 27 Ziff. 6
SR 311.0 Codice penale svizzero del 21 dicembre 1937 CP Art. 27 - Si tiene conto delle speciali relazioni, qualità e circostanze personali che aggravano, attenuano o escludono la punibilità solo per l'autore o il compartecipe a cui si riferiscono. |
StGB), und die Verjährung ist ungeachtet aller Unterbrechungen jedenfalls
eingetreten, wenn diese Frist um ihre ganze Dauer überschritten ist (Art. 72
Ziff. 2 Abs. 2
SR 311.0 Codice penale svizzero del 21 dicembre 1937 CP Art. 72 - Il giudice ordina la confisca di tutti i valori patrimoniali di cui un'organizzazione criminale o terroristica ha facoltà di disporre. I valori appartenenti a una persona che abbia partecipato a una simile organizzazione o l'abbia sostenuta (art. 260ter) sono presunti sottoposti, fino a prova del contrario, alla facoltà di disporre dell'organizzazione. |
Oktober 1949 verjährt.
Unter diesen Umständen kann dahingestellt bleiben, ob der Beschwerdeführer
durch den Vorhalt der Vorstrafen des Beschwerdegegners sich überhaupt strafbar
gemacht hat.
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Demnach erkennt der Kassationshof:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts des
Kantons Zürich vom 28. September 1949 aufgehoben und die Sache an die
Vorinstanz zurückgewiesen, damit sie unter Berücksichtigung der eingetretenen
Verfolgungsverjährung neu urteile.